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21.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101457

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 19.01.2010 – 11 K 4253/08

1. Die im Rahmen einer erstmaligen Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entstandenen Kosten sind nach § 12 Nr. 5 EStG nicht als vorab entstandene Werbugskosten abziehbar, sondern nur als begrenzt abzugsfähige Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.



2. § 12 Nr. 5 EStG ist nicht verfassungswidrig und verstößt weder gegen das objektive Nettoprinzip noch gegen das Rückwirkungsverbot.



3. § 12 Nr. 5 EStG trägt der geänderten Lebenswirklichkeit Rechnung, dass Berufsanfänger heute anders als vor 20 Jahren nicht mehr davon ausgehen können, den einmal erlernten Beruf ein ganzes Berufsleben lang ausüben zu können.


FG Baden-Württemberg v. 19.01.2010

11 K 4253/08

Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit der Kosten einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Der am … 1982 in X geborene, im Streitjahr 2004 ledige Kläger hat nach Ablegung der allgemeinen Hochschulreife (im Jahr 2002 am …-Gymnasium in Y; einem allgemein bildenden Gymnasium im Sinne des § 1 Abs. 1 der Verordnung des Kultusministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 12. Juli 2000, GBl. 2000, 551) und Ableistung des Zivildienstes im … in Z (in den Jahren 2002 und 2003) im Januar 2004 einen Vertrag mit der Pilot GmbH (nachfolgend Pilot GmbH) über die ATP(A) Ausbildung zur Ausübung einer Tätigkeit als Copilot auf mehrmotorigen Flugzeugen mit zwei Piloten bei der gewerbsmäßigen Beförderung und für den Erwerb der CPL(A)/IR nach den Vorgaben des Luftverkehrsgesetzes abgeschlossen und diese Ausbildung sodann im Februar 2004 aufgenommen; wegen der Einzelheiten der genannten Vereinbarung wird auf die vom Kläger vorgelegte Vertragskopie (FG-ABl. 68 bis 78) Bezug genommen. Im Hinblick auf diese Ausbildung hatte er bereits im Februar 2002 eine psychologische Eignungsuntersuchung und im November 2003 eine Fliegertauglichkeitsuntersuchung absolviert. Eine Vergütung erhielt er während der Ausbildung bei der Pilot GmbH nicht.

Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Ausbildung im Jahr 2005 fand er zunächst (ab Februar 2006) eine Anstellung als First Officer bei der Airline A 1 in …, Türkei. Ausweislich einer Mitteilung der Meldestelle der Gemeinde P vom 01. Februar 2006 ist der Kläger zu diesem Zeitpunkt unter Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes in die Türkei gezogen. Deshalb und wegen des Ergebnisses weiterer Ermittlungen ist das beklagte Finanzamt (FA) davon ausgegangen, dass er ab Februar 2006 im Inland nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig war. Seit Oktober 2007 ist er bei der A 2 AG in Frankfurt beschäftigt und wohnt auch wieder im Inland.

Für 2004 reichte der Kläger im März 2005 beim FA eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs ein, in der er ihm im Zusammenhang mit der Ausbildung zum Flugzeugführer entstandene Aufwendungen als Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte. Den Gesamtbetrag in Höhe von 71.813 EUR hat er hierzu im Einzelnen aufgegliedert. Er enthält die folgenden Aufwandspositionen:

Fahrten zwischen Wohnung (in …) und Arbeitsstätte 83,00 EUR
quasidoppelte Haushaltsführung (alleinstehend ohne eigenen Haushalt) 6.796,00 EUR
Verpflegungsmehraufwand 948,00 EUR
Aufwendungen für Dienstreisen 4.949,00 EUR
weitere Ausbildungskosten (insbes. Schulungsgebühren) 59.036,34 EUR
insgesamt 71.812,34 EUR

Steuerpflichtige Einnahmen erzielte der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 nicht.

Mit Bescheid vom 09. Mai 2005 lehnte das FA den Antrag auf Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2004 ab und wies einen hiergegen eingelegten Einspruch durch Entscheidung vom 13. Oktober 2005 als unbegründet zurück. Dabei vertrat es die Auffassung, dass die Aufwendungen des Klägers nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lediglich bis zur Höhe von 4.000 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt werden, als solche jedoch nicht zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte führen könnten. Eine Berücksichtigung als vorab entstandene Werbungskosten scheitere an der im Streitjahr beschlossenen Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG, welcher den Werbungskostenabzug für Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung, die außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses erfolge, ausschließe. Dass diese Regelung erst während des Jahres 2004 Gesetz geworden ist, stehe aufgrund der getroffenen Anwendungsregelung ihrer Anwendbarkeit für das gesamte Jahr 2004 nicht entgegen; die unechte Rückwirkung mache die Regelung nicht verfassungswidrig.

Dagegen richtet sich die vorliegende – beim Finanzgericht am 14. November 2005 eingegangene – Klage, mit der der Kläger weiterhin die Berücksichtigung seiner Berufsausbildungskosten im Rahmen eines Bescheids zur Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs geltend macht.

Diese Aufwendungen habe er im Hinblick auf die von ihm angestrebte Berufstätigkeit auf sich genommen. Sie seien durch die spätere Berufstätigkeit veranlasst und stellten deshalb – vorab entstandene – Werbungskosten dar. Soweit deren Berücksichtigung § 12 Nr. 5 EStG in seiner im Juli 2004 beschlossenen Fassung entgegen stehen sollte, sei die Neuregelung wegen der dazu angeordneten Rückwirkung verfassungswidrig.

Der Gesetzgeber habe nicht innerhalb des laufenden Veranlagungszeitraums durch rückwirkende Neuregelung steuerrechtlicher Normen bereits getroffene Dispositionen des Steuerpflichtigen entwerten dürfen, indem er die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen, die der Bundesfinanzhof (BFH) erst kurz zuvor (durch Entscheidungen in den Jahren 2002 und 2003) anerkannt hatte, einschränkt. Dadurch dass er dies dennoch getan hat, habe er gegen die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoßen. Er – der Kläger – habe im Vertrauen auf die steuerliche Abzugsfähigkeit der damit verbundenen Kosten eine Ausbildung zum Flugzeugführer begonnen. Hierzu habe er sich bereits im Vorfeld, nämlich im Februar 2002 einer psychologischen Eignungsuntersuchung und im November 2003 einer Fliegertauglichkeitsuntersuchung unterzogen. Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des § 12 Nr. 5 EStG im Juli 2004 habe er darüber hinaus bereits erhebliche Beträge für seine Flugzeugführerausbildung bezahlt gehabt. Aber auch hinsichtlich der erst danach fällig gewordenen Monatsraten sei er bereits im Januar 2004 eine vertragliche Verpflichtung eingegangen, zu einem Zeitpunkt also, zu dem der Abzugsfähigkeit der streitbefangenen Art noch keine gesetzliche Regelung entgegen stand.

Der Feststellung eines Verlustabzugs stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass er – der Kläger – im Februar 2006 seine erste Anstellung als Co-Pilot in der Türkei gefunden habe. Die streitbefangenen Berufsausbildungskosten seien nicht nur auf die erste Anstellung, sondern auf seine gesamte spätere Berufstätigkeit bezogen. Sie seien deshalb als vorabentstandene Werbungskosten unabhängig davon abzugsfähig, ob die ersten ihm aus der Tätigkeit als Pilot zugeflossenen Einnahmen im Inland steuerbefreit gewesen seien. § 3 c EStG sei unter diesen Umständen nicht anwendbar. Im Übrigen sei er seit Oktober 2007 bei der Lufthansa in Deutschland beschäftigt und erziele seither im Inland steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Wegen weiterer Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die für den Kläger eingereichten Schriftsätze, namentlich auf denjenigen vom 21. Januar 2006 Bezug genommen.

Einen bezifferten Klagantrag hat der Kläger bislang nicht gestellt. Unter Berücksichtigung und Anerkennung der vom FA im Schriftsatz vom 04. November 2009 gemachten Ausführungen, auf die Bezug genommen wird, hat er sein ursprüngliches Begehren betragsmäßig entsprechend eingeschränkt (vgl. den Schriftsatz vom 17. November 2009). Sein Begehren geht nunmehr dahin, das FA unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Mai 2005 und der diesen bestätigenden Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2005 zu verpflichten, zum 31. Dezember 2004 einen verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer in Höhe von 64.949 EUR festzustellen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Auffassung fest, dass nach den für das Streitjahr getroffenen gesetzlichen Regelungen die Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs wegen Ausgaben der in § 12 Nr. 5 EStG genannten Art nicht in Betracht komme. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Einführung der genannten Regelung bestünden keine Bedenken. Eine unechte Rückwirkung sei nämlich grundsätzlich zulässig, sofern das Vertrauen des Einzelnen in die Fortgeltung der bestehenden Rechtslage nicht überwiege. Auch beim Kläger verdiene das Vertrauen in die Fortgeltung der vor der Einfügung der Nr. 5 in § 12 EStG bestehenden Rechtslage keinen besonderen Schutz. Immerhin habe dieser nach seinem Vorbringen bereits im Jahr 2002 Maßnahmen zur Vorbereitung der im Streitjahr aufgenommenen Berufsausbildung getroffen. Nach der seinerzeit bestehenden Gesetzes- und Rechtslage hätten Aufwendungen für eine Pilotenausbildung indessen nur im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Berücksichtigung finden können. Ist der Kläger, wie er es im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung für 2006 vorgetragen hat und wie die diesbezüglichen Ermittlungen ergeben haben, im Februar 2006 unter Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes in die Türkei umgezogen, dann stünde auch § 3 c EStG einer Berücksichtigung der streitbefangenen Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten entgegen.

Dem Gericht lagen bei seiner Entscheidung außer den Prozessakten zwei Bände der vom FA für den Kläger geführten ESt-Akten (diejenigen für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008) vor.



Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.

Die Ablehnung der Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2004 entspricht geltendem Recht.

Nach § 10 d Abs. 4 EStG in Verbindung mit den Abs. 1 und 2 der genannten Vorschrift sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, als verbleibender Verlustvortrag gesondert festzustellen, sofern sie nicht im unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden. Solche negativen Einkünfte können insbesondere im Vorbereitungsstadium der Einnahmeerzielung entstehen, wenn zwar noch keine steuerpflichtige Einnahmen vorliegen, jedoch bereits durch die geplante Einnahmeerzielung veranlasste Aufwendungen entstanden sind. Das kann bei vorab entstandenen Werbungskosten auch in Bezug auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Fall sein.

Obwohl dem Kläger im Jahr 2004 durch seine (spätere) Berufstätigkeit veranlasste Aufwendungen entstanden sind, denen in jenem Jahr noch keine Einnahmen aus der geplanten Tätigkeit gegenüberstanden, und ein Ausgleich dieser Ausgabenüberschüsse durch andere positive Einkünfte weder im Jahr 2004 noch im Jahr 2003 möglich war, vermag es der Senat nicht zu beanstanden, dass das FA die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags in der entsprechenden Höhe abgelehnt hat. Diese Ausgabenüberschüsse können nämlich nicht als negative Einkünfte berücksichtigt werden.

1. Der Senat lässt offen, ob dies schon daraus folgt, dass der Kläger Einnahmen aus der Tätigkeit, zu deren Ausübung er sich mit den streitbefangenen Kosten qualifiziert hat, ab 2006 zunächst in der Türkei erzielt und insoweit im Inland auch nicht versteuert hat.

Insofern war die Anwendung des vom Steuergesetzgeber in § 3c Abs. 1 EStG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedankens zu erwägen. Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Nach der vom erkennenden Senat für zutreffend erachteten Auffassung des BFH kommt in dieser Regelung ein Rechtsgedanke zum Ausdruck, der nicht nur für mit steuerfreien, sondern auch für mit nicht steuerbaren Einnahmen in Zusammenhang stehende Ausgaben gilt (speziell für Berufsausbildungskosten vgl. z. B. das Urteil vom 24. April 1992 VI R 141/89, BStBl II 1992, 666 m. w. N.). Insofern liegt seine Anwendung auch auf die vorliegend streitbefangenen Ausbildungskosten nahe.

Denn nach den – mit den bei der Meldestelle der Gemeinde P gespeicherten Daten übereinstimmenden – Angaben des Klägers im Besteuerungsverfahren für 2006 hat er seinen Wohnsitz in Deutschland aus Anlass der erstmaligen Aufnahme seiner Berufstätigkeit im Februar 2006 aufgegeben und ist seinerzeit an den Sitz seines Arbeitgebers in die Türkei umgezogen. Unter diesen Umständen ist ein Zusammenhang der Berufsausbildungskosten mit im Inland nicht steuerbaren Einkünften nicht von der Hand zu weisen. Hatte er hier keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt mehr, dann sind die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit für die Airline A 1 nämlich wegen Fehlens der persönlichen Steuerpflicht im Inland nicht steuerbar gewesen.

Allerdings hat der Senat Zweifel, ob immer dann, wenn die erstmalige Berufstätigkeit eines Steuerpflichtigen entweder zu nach einem Doppelbesteuerungsabkommen im Inland steuerbefreiten oder nicht steuerbaren Einkünften führt, eine steuerliche Berücksichtigung von diese Einkünfte erst ermöglichenden Aufwendungen im Inland (bis zur Höhe der Einnahmen) schon aus diesem Grunde ausscheidet (so wohl die Auffassung des BFH, vgl. das Urteil vom 19. April 1996 VI R 24/95, BStBl II 1996, 452; dort unter 4. der Gründe). Immerhin hat der Kläger die Aufwendungen nicht lediglich im Hinblick auf die konkrete Anstellung in der Türkei, sondern zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation getätigt, die ihm eine Betätigung auch im Inland ermöglichen sollte, wo er zwischenzeitlich (seit Oktober 2007) auch beschäftigt ist. Insofern stehen sie auch mit im Inland erzielten und steuerpflichtigen Einkünften in einem Veranlassungszusammenhang. Dieser ist sachlich ebenso eng, wie der Zusammenhang zu den in der Türkei erzielten Einkünften; lediglich in zeitlicher Hinsicht lässt sich eine Differenzierung begründen.

Der Senat kann diese Frage jedoch offen lassen, weil eine Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten des Klägers im Wege der Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags bereits aus anderen Gründen nicht in Betracht kommt.

2. Die streitbefangenen Berufsausbildungskosten des Klägers können nämlich schon deshalb nicht zu einem verbleibenden Verlustvortrag führen, weil § 12 Nr. 5 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 ( BGBl 2004 I S. 1753, BStBl I 2005, 343) dem entgegen steht. Diese Vorschrift ist ihrem Wortlaut nach einschlägig (vgl. dazu a). Sie mag zwar verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sein; da der Senat indessen von ihrer Verfassungswidrigkeit nicht überzeugt ist, hat er sie auf den Streitfall anzuwenden (vgl. dazu b).

a) Dass es sich bei den streitbefangenen Kosten um solche der in § 12 Nr. 5 EStG bezeichneten Art handelt, bestreitet auch der Kläger nicht. Die Aufwendungen sind ihm für seine erstmalige Berufsausbildung entstanden, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattgefunden hat.

aa) Die mit diesen Kosten finanzierte Ausbildung zum Flugzeugführer hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben (vgl. den eingereichten Lebenslauf; FG-ABl. 61 u. 62), an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, im Anschluss an seine Schulausbildung und den Zivildienst aufgenommen. Sie sollte ihm die Ausübung des von ihm angestrebten Berufs des Flugzeugführers ermöglichen und war damit Teil seiner erstmaligen Berufsausbildung. Die vorausgegangene Ablegung der Prüfung zur allgemeinen Hochschulreife im Alter von 19 Jahren bedeutete zwar den Abschluss seiner Schulausbildung, nicht hingegen den Abschluss seiner Berufsausbildung.

Die streitbefangenen Aufwendungen scheiden nicht deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 12 Nr. 5 EStG aus, weil sie durch die künftige Berufstätigkeit des Klägers veranlasst sind und insofern auch die Voraussetzungen des Werbungskostenbegriffs (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) erfüllen. § 12 Nr. 5 EStG ist insoweit als die speziellere Regelung gegenüber § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG vorrangig. Bei einem anderen Verständnis des Konkurrenzverhältnisses zwischen den genannten Regelungen liefe § 12 Nr. 5 EStG jedenfalls in ihrem Bezug auf das Tatbestandsmerkmal „erstmalige Berufsausbildungskosten” leer. Ein Beruf wird nämlich üblicherweise zur Erzielung von Einkünften ausgeübt. Und Aufwendungen, die getätigt werden, um Einkünfte zu erzielen, sind je nach dem, ob die Tätigkeit nichtselbständig oder unternehmerisch ausgeübt wird, Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Wenn der Gesetzgeber für Kosten der erstmaligen Berufsausbildung in § 12 Nr. 5 EStG deren Abzug (jedenfalls im Rahmen der Einkünfteermittlung) ausschließt, dann schränkt er damit nicht die Definition des Werbungskostenbegriffs ein, sondern begründet für Werbungskosten (und Betriebsausgaben) eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass diese bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Abzugsposten zu berücksichtigen sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Dafür, dass der Gesetzgeber von den Kosten der erstmaligen Berufsausbildung bestimmte Kosten ausnehmen wollte, gibt es keine Hinweise. Der Senat hält deshalb ein irgendwie geartetes einschränkendes Verständnis des Tatbestandsmerkmals „erstmalige Berufsausbildung”, welches der BFH für das Merkmal „Erststudium” in Fällen einer zuvor abgeschlossenen Berufsausbildung aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten erachtet (vgl. die Entscheidungen vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFH/NV 2009, 1875; VI R 6/07, BFH/NV 2009, 1796; VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; VI R 49/07, BFH/NV 2009, 1799), für nicht mit dem Wortlaut des § 12 Nr. 5 EStG vereinbar.

bb) Bei dem Vertragsverhältnis mit der Pilot GmbH (FG-ABl. 70), in dessen Rahmen die streitbefangenen Aufwendungen entstanden sind, handelte es sich auch nicht um ein Dienstverhältnis im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG. Dass der Schulungsvertrag die Pilot GmbH zur Erbringung von Schulungsleistungen verpflichtete, ändert daran nichts. Entscheidend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG ist nicht, ob im Rahmen einer Ausbildung das Ausbildungsinstitut dem Steuerpflichtigen, sondern ob dieser selbst dem Ausbildungsunternehmen gegenüber Dienstleistungen zu erbringen hat. Die mit dem letzten Halbsatz des § 12 Nr. 5 EStG erfolgte Einschränkung des Abzugsverbots soll ersichtlich diejenigen Fälle betreffen, in denen den Berufsausbildungskosten (steuerpflichtige) Einnahmen gegenüber stehen, und jedenfalls insofern dem Nettoprinzip Rechnung tragen. Der Schulungsvertrag begründete zwar neben der Pflicht zur Zahlung der Schulungsgebühren unter Nr. 5 auch eine Reihe weiterer Pflichten des Klägers; diese waren aber nicht auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet.

b) Die durch Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 eingeführte – im Streitfall nach den vorstehenden Ausführungen auch einschlägige – Regelung des § 12 Nr. 5 EStG und die zu deren Inkrafttreten in Art. 6 Abs. 2 dieses Gesetzes getroffene Bestimmung mögen verfassungsrechtlich umstritten sein. Das bedeutet indessen nicht, dass der Senat sie bis zur abschließenden Klärung der damit verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen nicht anwenden dürfte. Im Hinblick auf seine Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes – GG –) muss er vielmehr auch bei diesbezüglichen Zweifeln den Geltungsanspruch jedes formell ordnungsmäßig zustande gekommenen Bundesgesetzes grundsätzlich befolgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt wäre. Dann –aber auch nur dann – hätte der Senat das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und ein Normenkontrollverfahren einzuleiten, um so die dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorbehaltene verbindliche Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Norm herbeizuführen. Der Senat ist allerdings von der Verfassungswidrigkeit der genannten gesetzlichen Regelungen nicht überzeugt. Der Gesetzgeber war aus verfassungsrechtlichen Gründen weder daran gehindert, die Kosten der erstmaligen Berufsausbildung in der durch § 12 Nr. 5 EStG erfolgten Weise typisierend den steuerrechtlich nicht abzugsfähigen Kosten der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen (dazu aa), noch war es ihm unter den gegebenen Umständen versagt, eine dahingehende Regelung im Verlauf des Jahres 2004 mit Wirkung ab dem 01. Januar 2004 in Kraft zu setzen (dazu bb).

aa) Der Senat hält § 12 Nr. 5 EStG für mit dem Grundgesetz vereinbar.

Die Vorschrift hat zwar zur Folge, dass Aufwendungen, die der Erlangung von Fähigkeiten und Kenntnissen zur Ausübung eines bestimmten Berufs dienen, entgegen §§ 2 Abs. 2 Nr. 2 und 9 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht als Werbungskosten (sondern nur – betragsmäßig eingeschränkt – als Sonderausgaben; § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) abgezogen werden können. Für die darin liegende Ungleichbehandlung solcher Kosten im Vergleich zu anderen durch die Berufsausübung veranlassten Kosten lassen sich indessen sachliche Gründe anführen, die die unterschiedliche Behandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen vermögen.

Diese liegen in der das Einkommensteuerrecht prägenden Unterscheidung zwischen der Sphäre der privaten Lebensführung und derjenigen der Einkunftserzielung. Zu beiden dieser Sphären weist die erstmalige Berufsausbildung Bezüge auf. Sie schließt sich in der Regel unmittelbar – unterbrochen allenfalls durch Wehr- oder Ersatzdienstzeiten – an die eine Allgemeinbildung vermittelnde Schulausbildung an und bereitet den Übergang ins Erwerbsleben vor, ohne dass bereits feststünde, ob und ggf. wann es zur Ausübung der Tätigkeit, für die die jeweilige Ausbildung qualifiziert, kommt. Anders als die Aufwendungen für Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf sind die Kosten der erstmaligen Berufsausbildung deshalb ungeachtet ihres unbestreitbaren beruflichen Bezugs von der Rechtsprechung des BFH bis Ende des Jahres 2002 stets als nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG betragsmäßig nur begrenzt abzugsfähige Sonderausgaben beurteilt worden (vgl. die Urteile vom 09. März 1979 VI R 141/77, BStBl II 1979, 337; vom 06. November 1992 VI R 12/90, BStBl II BStBl 1990 II S. 1993, BStBl 1990 II S. 108; sowie den eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision mit Rücksicht auf diese Sichtweise noch im Jahr 2001 zurückweisenden Beschluss vom 22. August 2001 X B 9/01 BFH/NV 2002, 326). Das BVerfG hat diese Rechtsprechung unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel gebilligt (vgl. den Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 08. Juli 1993 – 2 BvR 773/93, NJW 1994, 847). Sie sei Ausprägung einer zulässigen, typisierenden Differenzierung zur Abgrenzung der steuerlich grundsätzlich unbeachtlichen Privatsphäre von der steuerlich erheblichen Berufstätigkeit.

Nachdem der BFH diese typisierende Grenzziehung (zunächst im Urteil vom 04. Dezember 2002 VI R 120/01, BStBl II 2003, 403 für Kosten einer einen Berufswechsel vorbereitenden Umschulungsmaßnahme, sodann im Urteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BStBl II 2003, 407 betreffend die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium und schließlich mit Urteil vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BStBl II BStBl 2001 II S. 2004, BStBl 2001 II S. 884 für die Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung zum Berufspiloten aufgrund eines Schulungsvertrags) aufgegeben und nunmehr den beruflichen Veranlassungszusammenhang als allein maßgeblich angesehen hatte, ist der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 für Berufsausbildungskosten – wenn auch mit einem im Vergleich zur früheren Rechtsprechung enger gefassten Anwendungsbereich – wieder zur früheren Rechtslage zurückgekehrt. Die mit diesem Gesetz neu eingefügte Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wird zwar im Fachschrifttum (auch losgelöst von ihrer rückwirkenden Inkraftsetzung) für verfassungsrechtlich bedenklich, wenn nicht gar für verfassungswidrig erachtet (vgl. insbesondere Drenseck in DStR 2004, 1766; derselbe in L. Schmidt, EStG, 28. Auflage 2009, Rz. 57 zu § 12 und die dort zitierten weiteren Autoren). Sie ist indessen in der Rechtsprechung der Finanzgerichte bislang unbeanstandet geblieben (vgl. etwa das allerdings noch nicht rechtskräftige Urteil des FG Düsseldorf vom 03. Dezember 2008 2 K 3575/07 F, EFG 2009, 1201 mit Anm. Wagner, gegen das beim BFH unter VI R 8/09 ein Revisionsverfahren anhängig ist, sowie die verfassungsrechtlichen Ausführungen des aus anderen Gründen vom BFH aufgehobenen Urteils des niedersächsischen FG vom 15. Mai 2007 13 K 570/06, EFG 2007, 1431). Der erkennende Senat hält die im Schrifttum gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 5 EStG geltend gemachten Erwägungen durchaus für beachtlich. Er ist indessen gleichwohl der Auffassung, dass es noch innerhalb des dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraums lag und liegt, die Kosten der erstmaligen Berufsausübung – zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten – vereinfachend und typisierend der privaten Lebensführung zuzuweisen und sie – wie etwa in den §§ 10 Abs. 1 Nr. 7, 32 Abs. 4 Nr. 2, 33a Abs. 1 und 2 EStG sowie den kindergeldrechtlichen Regelungen – in gewissen betragsmäßigen Grenzen außerhalb der Einkünfteermittlung zu berücksichtigen.

Dagegen kann jedenfalls nicht eingewendet werden, dass sich die berufliche Lebenswirklichkeit seit der Entscheidung des BVerfG gewichtig verändert habe (so aber u. a. Drenseck in Schmidt, EStG, 28. Auflage 2009, Rz. 57 zu § 12). Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist heute ebenso wie Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts Voraussetzung für beruflichen Erfolg und die Aussicht, mit der Berufstätigkeit – nachhaltig –Einkünfte zu erzielen. Geändert haben mögen sich die Verhältnisse in den letzten Jahrzehnten allerdings insofern, als ein Berufsanfänger heute anders als noch vor 20 Jahren nicht mehr davon ausgehen kann, den einmal erlernten Beruf sein ganzes Berufsleben lang ausüben zu können. Diesen Veränderungen trägt die Regelung des § 12 Nr. 5 EStG mit der Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf die Kosten der erstmaligen Berufsausübung und das Erststudium aber gerade Rechnung.

Soweit die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit an das objektive Nettoprinzip anknüpfen, ist ihnen entgegen zu halten, dass das BVerfG bislang ausdrücklich (zuletzt etwa in seiner Entscheidung zur Pendlerpauschale vgl. das Urteil vom 09. Dezember 2008 – 2 BvL 1/07 u. a. – BFH/NV 2009, 338, dort unter C. I. 3. a; und ferner im Beschluss 12. Mai 2009 – 2 BvL 1/00-BFH/NV 2009, 1382, dort unter B. I. 1. c) offen gelassen hat, ob dieses in § 2 Abs. 2 EStG Ausdruck findende Prinzip Verfassungsrang hat; es stehe jedenfalls Durchbrechungen durch generalisierende, typisierende oder pauschalierende Regelungen nicht von vornherein entgegen, sofern hierfür gewichtige Gründe vorliegen und das Gebot der Folgerichtigkeit beachtet wird. Für den Bereich der Berufsausbildungskosten ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Bezug der hierfür aufgewendeten Kosten zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften ungeachtet eines bestehenden Veranlassungszusammenhangs gelockert ist. Dies gilt zum einen in zeitlicher Hinsicht, da die Kosten der Berufsausbildung – mitunter durchaus geraume Zeit – vor der Erzielung auf ihrer Grundlage angestrebter Einnahmen anfallen. In sachlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass im Zeitraum der Berufsausbildung häufig noch gar nicht feststeht, ob die Berufsausübung überhaupt zu im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führt. Gerade der vorliegende Fall lässt dies deutlich werden. Im Zusammenhang mit der erstmaligen Aufnahme seiner Berufstätigkeit ist der Kläger in die Türkei umgezogen und hat dort – auf der Grundlage seiner im Inland absolvierten Berufsausbildung – Einkünfte erzielt, die wegen Aufgabe des inländischen Wohnsitzes im Inland nicht steuerbar waren. Nach den vom I. Senat des BFH im Urteil vom 11. Februar 2009 I R 25/08 (BFH/NV 2009, 1318) ausgeführten Erwägungen läge es nahe, den steuerlichen Abzug solcher Kosten schon aus diesem Grunde scheitern zu lassen. Es erschiene jedenfalls ungereimt, Berufsausbildungskosten bei gleichzeitiger Erzielung steuerfreier Arbeitseinkünfte deswegen (teilweise) vom Abzug als Werbungskosten auszuschließen, dies aber anders beurteilen zu wollen, wenn die Ausbildung der Erzielung von (steuerbefreiten oder nicht steuerbaren) Einkünften zeitlich vorgelagert ist.

Der Senat verkennt nicht, dass die mit der Regelung des § 12 Nr. 5 EStG verbundene Typisierung gerade im Hinblick auf die Ausbildung zum Flugzeugführer hart erscheinen mag. Immerhin beschränkt sich der Nutzen dieser Ausbildung auf nur ein einziges Berufsbild und sind die Kosten dieser Ausbildung – wie der Streitfall zeigt –außerdem relativ hoch. Jedoch sind gewisse Härten im Grenzbereich typisierender Regelungen letztlich unvermeidbar. Die im Verzicht auf einer weitere Ausdifferenzierung der Gesetzestatbestände liegende Verallgemeinerung ist Folge der damit bezweckten Rechtsvereinfachung und bedeutet noch keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (vgl. auch den Beschluss des Zweiten Senats des BVerfG vom 22. Mai 2009 – 2 BvR 310/07BStBl II 2009, 884; dort unter II. 2. a. aa). Eine Regelung, bei der für die Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten nach einem – wie auch immer zu bestimmenden – Grad der Berufsbezogenheit oder aber danach differenziert würde, ob die damit finanzierte Qualifikation den Zugang zu einem, zwei oder mehreren Berufen eröffnet, wäre im Übrigen weder gerechter noch leichter zu handhaben. Inwieweit dennoch im Einzelfall wegen der Höhe der Ausbildungskosten aus Billigkeitsgründen deren Berücksichtigung zur Milderung der auf die unmittelbar anschließende Berufstätigkeit entfallende Steuerbelastung notwendig ist, kann vorliegend offen bleiben. Denn dies hat weder einen Einfluss auf die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 5 EStG noch auf die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids. In diesem Zusammenhang merkt das Gericht allerdings an, dass der Kläger die auf der Grundlage der streitbefangenen Ausbildung im Jahr 2006 erstmals erzielten Einkünfte im Inland ohnehin nicht versteuert hat.

bb) Trotz gewisser Bedenken geht der Senat auch davon aus, dass die in Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 zum Inkrafttreten des § 12 Nr. 5 EStG getroffene Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Aufgrund dieser Regelung sind zwar bereits entstandene und abgeflossene Berufsausbildungskosten rückwirkend steuerlich weitgehend entwertet worden. Die in den ersten Monaten des Jahres 2004 verausgabten Berufsausbildungskosten waren nämlich im Lichte der vom BFH in den Jahren 2002/03 herbeigeführten Rechtsprechungsänderung bei einem hinreichend konkreten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erzielung steuerbarer Einnahmen als vorab entstandene Werbungskosten zu beurteilen. Bei unveränderter Gesetzeslage wären sie deshalb mit Ablauf des Kalenderjahres 2004 bei Entstehung des diesen Veranlagungszeitraum betreffenden Steueranspruchs (§ 36 Abs. 1 EStG) in voller Höhe mindernd zu berücksichtigen gewesen oder hätten mangels entsprechender positiver Einkünfte zu einem nach § 10d Abs. 4 EStG festzustellenden verbleibenden Verlustvortrags führen können. Indem der Gesetzgeber in Art. 6 Abs. 2 das Inkrafttreten eines Teils (Art. 3) des am 21. Juli 2004 verkündeten Gesetzes auf den 01. Januar 2004 festgelegt hat, hat er dies verhindert. Insoweit liegt eine Regelung vor, die für einen vor der Verkündung des Gesetzes liegenden Sachverhalt geänderte Rechtsfolgen vorsieht (sog. Rückbewirkung von Rechtsfolgen).

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes ist dennoch nicht verletzt. Denn eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen kann ungeachtet der darin liegenden Beeinträchtigung des Vertrauens auf den Fortbestandes der bisherigen Rechtslage zulässig sein. Das ist namentlich dann der Fall, wenn sich hierauf bezogen kein schützenswertes Vertrauen bilden konnte.

Einen solchen Fall hat das BVerfG angenommen, wenn der Gesetzgeber mit einer auch bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume betreffenden Regelung die Rechtslage wieder hergestellt hat, wie sie zuvor bis zu einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch den BFH sowohl in der Rechtsprechung und der Praxis der Finanzverwaltung als auch der daran orientierten Rechtsanwendungspraxis auf Seiten der Steuerpflichtigen entsprochen hatte (vgl. den Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2006 – 1 BvR 1138/06 –, auszugsweise abgedruckt in HFR 2009, 187, unter III. 1. b. der Gründe). Denn es widerspreche weder dem Rechtsstaatsprinzip noch dem Gewaltenteilungsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsprechungsänderung korrigiert, die auf der Grundlage der seinerzeit bestehenden Gesetzeslage zwar mit gutem Grund erfolgt sein mag, deren Ergebnis er aber für nicht sachgerecht hält; nicht die Rücksicht auf die rechtsprechende Gewalt und deren Befugnis zur Letztentscheidung über die bestehende Gesetzeslage, sondern nur das sonstige Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrechte der Steuerpflichtigen, begrenzten die Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zur Bestätigung der alten Rechtpraxis durch entsprechende gesetzliche Klarstellung (BVerfG, a. a. O.). Diese Ausführungen hat auch der Zweite Senat des BVerfG in seinem Beschluss vom 12. Mai 2009 – 1 BvL 1/00 –, BFH/NV 2009, 1382, dort unter B. II.) in seine Spruchpraxis aufgenommen. Dem Gesetzgeber kommt danach die Befugnis zu, durch gesetzliche Bestätigung der früheren Rechtsanwendungspraxis einer diese verwerfenden Entscheidung des BFH für davor liegende Zeiträume ihre über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zu nehmen.

Gestützt auf diese Grundsätze hat das BVerfG den Vertrauensschutz aber auch für Zeiträume relativiert, die sich an das Bekanntwerden einer Rechtsprechungsänderung des BFH anschließen; allenfalls für solche Zeiträume konnte die geänderte Rechtsprechung überhaupt einen Vertrauenstatbestand begründen. Ob dieses Vertrauen schutzwürdig ist oder nicht, richtet sich danach, ob bei objektiver Betrachtung mit dem Fortbestand der vom BFH neu beurteilten Rechtslage gerechnet werden konnte (vgl. den Beschluss des BVerfG vom 12. Mai 2009 , a. a. O.). Das hat das BVerfG in der zitierten Entscheidung verneint, in der es um die Verfassungsmäßigkeit einer Übergangsregelung (nämlich der durch Art. 1 Nr. 73 e des Steuerreformgesetzes 1990 in § 52 Abs. 6 EStG getroffenen Regelungen) ging, die der Gesetzgeber am 25. Juli 1988 verabschiedet und mit der er der weiteren Anwendung der im BFH-Urteil vom 05. Februar 1987 IV R 81/84 (BStBl II 1987, 845) erfolgten Beurteilung sog. Jubiläumsrückstellungen die normative Grundlage entzogen hatte.

An dieser Auffassung des BVerfG gemessen geht der erkennende Senat davon aus, dass sich im Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. Mai 2003 VI R 33/01 hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung vor der Verkündung des Gesetzes zur Änderung der AO und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 noch kein schutzwürdiges Vertrauen hat bilden können. Über die allgemeine – über den Einzelfall hinausgehende – Anwendung dieses Urteils war zunächst innerhalb der Finanzverwaltung keine Entscheidung getroffen worden. Anders als die Urteile des BFH vom Dezember 2002 (vgl. BStBl II 2003, 403 ff., 407 ff.) zu Ausbildungskosten nach bereits abgeschlossener Erstausbildung ist das Urteil vom 27. Mai 2003 zunächst nicht in dem vom Bundesministerium der Finanzen herausgegeben BStBl. II veröffentlicht worden. Dieses ist erst im November 2004 – nämlich in Heft 20 des Jahrgangs 2004, dort auf Seite 884 – unter gleichzeitigem Hinweis auf die seit dem 01. Januar 2004 geänderte Rechtslage abgedruckt worden. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hatte bereits im Rahmen der am 24. März 2004 aufgenommenen Beratungen eines Gesetzentwurfs des Bundesrats zur Änderung der AO (BT-Drucksache 15/904) eine Erweiterung des Gesetzesvorhabens u. a. um die vorliegend streitbefangene Regelung des § 12 Nr. 5 EStG erwogen und letztendlich auch empfohlen (vgl. dazu BT-Drucksache 15/3339, zur kontroversen Diskussion hierüber dort Seite 7 und 8); Hintergrund waren nicht zuletzt die aufgrund einer Anwendung der neueren Rechtsprechung befürchteten Steuerausfälle, die in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses unter D. (saldiert mit den Auswirkungen der ebenfalls empfohlenen und zeitgleich in Kraft getretenen Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) auf 1,15 Mrd. EUR geschätzt worden waren. Die durch die neuere Rechtsprechung des BFH geänderte Rechtslage zur Abzugsfähigkeit von Berufsausbildungskosten hatte sich danach Anfang des Jahres 2004 noch nicht so weit verfestigt, dass sich Steuerpflichtige hätten darauf verlassen können, dass es dabei bleiben werde. Mit Rücksicht auf die zwar weithin angegriffene, vom BVerfG aber noch nicht aufgegebene „Veranlagungszeitraum-Rechtsprechung” (zur diesbezüglichen Entwicklung der Rspr. des BVerfG vgl. Treiber in Der Betrieb 2004, 453 f.) musste vielmehr damit gerechnet werden, dass der Gesetzgeber auch im Verlauf des Veranlagungszeitraums 2004 durch eine gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Kosten der Berufsausbildung noch Einfluss auf den erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2004 entstehenden Steueranspruch (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 1 EStG) nehmen werde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da den mit der Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG im Streitjahr verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen rechtsgrundsätzliche Bedeutung zukommt.

Nachdem die entscheidungserheblichen Tatsache nicht streitig sind, die Beteiligten ausreichend Gelegenheit hatten, zu den aufgeworfenen Rechtsfragen Stellung zu nehmen, und eine mündliche Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse erwarten ließ, hielt es der Senat für sachgerecht, von der in § 90a FGO eröffneten Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid Gebrauch zu machen. Infolge der darin erfolgten Zulassung der Revision ist es dem unterlegenen Kläger möglich, gegen diese Entscheidung unmittelbar den BFH anrufen (§ 90a Abs. 2 Satz 2 FGO).

RechtsgebieteEStG, GGVorschriftenEStG § 12 Nr. 5 EStG § 10d Abs. 4 EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7 GG Art. 3 Abs. 1 GG Art. 2 Abs. 1 GG Art. 20 Abs. 3

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