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11.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101517

Finanzgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 26.02.2009 – 1 K 313/05

1. Der Werbungskostenabzug für eine leerstehende, zur Vermietung vorgesehene Wohnung setzt voraus, dass für Außenstehende erkennbar ist, dass die Vermietung aus Gründen, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat, nicht möglich war und eine ernsthafte Vermietungsabsicht während der gesamten Zeit bestanden hat. Die Darlegungs- und Beweislast liegt im Zweifel beim Steuerpflichtigen.



2. Es spricht gegen eine ernsthafte Vermietungsabsicht von zwei Ärzten als Eigentümer leerstehender Praxisräume, wenn sie in den vier Jahren nach dem Auszug des letzten Mieters u.a. keine Vermietungsanzeigen in Zeitungen oder im Internet aufgegeben, allenfalls einmal kurzfristig einen Makler mit der Vermietung beauftragt, zur besseren Vermietbarkeit erforderliche Renovierungsmaßnahmen unterlassen und sich im Übrigen auf „Mundpropaganda” in ihren jeweiligen Praxen beschränkt haben.


FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 26.02.2009

1 K 313/05

Tatbestand
Die beiden Kläger sind seit dem Jahr 1994 Eigentümer eines Gebäudes im W., dessen Erdgeschoss vom Kläger zu 1) und dessen Obergeschoss vom Kläger zu 2) als Arztpraxis genutzt, entsprechend als Betriebsvermögen ausgewiesen und im Rahmen der jeweiligen Jahresabschlüsse berücksichtigt wurde.

Das hier streitige Dachgeschoss mit einer Fläche von 88 m² wurde zunächst als Praxis an eine beim Landkreis tätige Psychologin vermietet und die entsprechenden Einkünfte wurden einheitlich und gesondert festgestellt. Seit deren Auszug im Jahr 1997 stand das Dachgeschoss jedoch weitgehend leer und bewirkte wegen anteiliger Schuldzinsen und AfA Verluste. Im Oktober 2001 wurde das Grundstück in zwei Wohneinheiten aufgeteilt, jeder der Kläger erhielt eine Einheit zum Alleineigentum und die Grundstücksgemeinschaft wurde aufgelöst.

Die von der Grundstücksgemeinschaft wegen des Dachgeschosses bis dahin erklärten Verluste erkannte der Beklagte im Jahr 1998 mit Bescheid vom 22. Juni 2000, im Jahr 1999 mit Bescheid vom 25. September 2001 und im Jahr 2000 (nach anfänglicher Null- Schätzung unter Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 17. Juni 2002) mit Bescheid vom 6. August 2002 zwar zunächst an, aber hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht nur vorläufig. Und er schätzte für das Jahr 2001 – wenn auch unter Vorbehalt der Nachprüfung – mit Bescheid vom 18. Juli 2003 sogar einen Gewinn. Letztlich aber stellte er in den für endgültig erklärten Änderungsbescheiden 1998 bis 2001, jeweils vom 11. März 2004, die Einkünfte der Grundstücksgemeinschaft mit 0 DM fest und wies auch den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch mit Bescheid vom 4. Februar 2005 als unbegründet zurück, weil er die Einkünfteerzielungsabsicht verneinte. Dagegen richtet sich die am 2. März 2005 erhobene Klage.

Die Kläger meinen, sie hätten sehr wohl die Absicht gehabt, die Räume im Dachgeschoss wieder zu vermieten. Sie hätten nämlich beide innerhalb ihrer Praxen direkt Interessenten angesprochen, Aushänge gemacht und es sogar über Mundpropaganda versucht und zwar intensiv und ständig. Zwar ließen sie noch im Veranlagungsverfahren in einem Schreiben ihres damaligen Steuerberaters vom 5. Juni 2000 mitteilen, dass auf die Einschaltung eines Maklers oder auf kostenintensive Werbeanzeigen „derzeit” verzichtet werde, weil die Lage auf dem Vermietungsmarkt sehr angespannt sei. Seit dem Klageverfahren behaupten sie aber, dass sie sehr wohl eine Immobilienmaklerin zur Vermietung einer Wohnung eingeschaltet hätten. Dazu verweisen sie auf ein Schreiben eines Jürgen Möser vom 18. April 2005, wonach er das Dachgeschoss dieses Hauses „in den Jahren 1998 bis 2000 leider nicht vermieten” konnte, weil es „keinerlei Resonanz” für eine Fläche dieser Größe „von ca. 120 m²” gegeben habe, wonach er aber hoffe, „dass später mehr Anfragen kommen”. Die Diskrepanz zwischen dem Vorbringen im Einspruchs- und Klageverfahren hat die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung damit erklärt, dass der Bevollmächtigte des Einspruchsverfahrens vornehmlich vom Kläger zu 2) eingeschaltet und informiert worden sei und daher nicht über die Informationen verfügt habe, die der im Klageverfahren vornehmlich vom Kläger zu 1) instruierte Prozessbevollmächtigte nunmehr habe.

Im Übrigen behaupten die Kläger, dass sie die Räume auch teilweise als kurzfristige Abstellräume für ihre Praxen genutzt hätten, so dass die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Dachgeschosswohnung zumindest bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien.

Die Kläger beantragen,

die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1998, 1999, 2000 und 2001 vom 23. April 2004 in Form der Einspruchsentscheidung vom 4. Februar 2005 aufzuheben

sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Aufwendungen für eine nach Vermietung leerstehende Wohnung seien nur bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, solange der Steuerpflichtige seine Vermietungsabsicht nicht endgültig aufgegeben habe, sich also noch ernsthaft und nachhaltig um eine erneute Vermietung bemühe. Die Darlegungs- und Beweislast liege beim Steuerpflichtigen. Die Kläger hätten bisher aber keinerlei Beweise für ihr eigenes Vermietungsbemühen erbracht oder angeboten, sondern mit ihrer Behauptung einer gewerblichen Nutzung eher das Gegenteil indiziert. Auch das Schreiben der Maklerin sei, insbesondere angesichts der vorhergehenden Behauptung, keinen Makler beauftragt zu haben, nicht ausreichend.

Im Übrigen seien die Aufwendungen auch nicht bei den Einkünften der Kläger aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen, denn auch dafür hätte es eines glaubhaften Nachweises bedurft.

Dem Gericht hat die Feststellungs- sowie die Rechtsbehelfsakte vorgelegen.



Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.

Die Aufwendungen der Kläger für das streitbefangene Dachgeschoss können nicht als Werbungskosten und damit als Verluste im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG geltend gemacht werden, weil der Kläger für die Streitjahre eine Vermietungsabsicht nicht überzeugend dargelegt haben.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 des EStG unterliegen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Einkommensteuer. Sie werden gemäß § 2 Abs.2 Nr. 2 EStG als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der erkennende Senat legt diese Vorschrift in Übereinstimmung mit dem BFH dahingehend aus, dass als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich alle Aufwendungen zu beurteilen sind, bei denen objektiv ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung dieser Form der Nutzungsüberlassung gemacht werden (BFH Urt. v. 21. Juni 1994, IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108 m.w.N.). Dabei muss die Absicht zur Einnahmeerzielung anhand objektiver Umstände feststellbar sein (vgl. BFH Urt. v. 19. September 1990, IX R 5/86, BStBl II 1990, 1030 m.w.N.). Fallen die Kosten an, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, so muss für vorab entstandene Werbungskosten zusätzlich nachgewiesen werden, dass der Entschluss zur Einkünfteerzielung nicht nur endgültig gefasst wurde, sondern dass er auch beibehalten wurde. Infolgedessen muss gerade bei Leerständen von Wohnungen für Außenstehende erkennbar sein, dass die Vermietung aus Gründen, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat, nicht möglich war und eine Vermietungsabsicht während der gesamten Zeit bestanden hat (vgl. Hessisches Finanzgericht Urt. v. 16. November 1989 10 K 998/89, EFG 1990, 428). Die Darlegungs- und Beweislast liegt im Zweifel beim Steuerpflichtigen ( BFH, Urt. v. 9. Juli 2002 , BStBl. II BStBl 2002 II S. 2003, BStBl 2002 II S. 580).

Vorliegend haben die Kläger aber nicht einmal überzeugend vorgetragen, dass sie sich ernsthaft um eine Vermietung bemüht hätten, geschweige denn dafür Beweise angeboten. Wenn die Kläger tatsächlich – wie sie sagen – die hohen Maklergebühren scheuten, wäre doch bei einer ernsthaften Vermietungsabsicht wenigstens eine Anzeige in der lokalen Zeitung oder ein Hinweis im Internet, bspw. Immobilienscout 24, zu erwarten gewesen; die Kläger haben aber weder das Eine noch das Andere geschaltet. Ihre Behauptung, sie hätten Patienten angesprochen und Aushänge in ihrer jeweiligen Praxis gemacht, ist hinsichtlich der betreffenden Personen bzw. des konkreten Aushangortes wie auch hinsichtlich des jeweiligen Zeitraumes so vage und unbestimmt, dass jeglicher Überprüfungsversuch eine Ermittlung ins Blaue hinein bedeuten würde. Das gilt erst recht, soweit sich die Kläger auf Mundpropaganda berufen. Die Behauptung, ihre Vermietungsabsichten seien durch die Beauftragung eines Maklers ersichtlich, hat schon deshalb wenig Indizwirkung, weil einer der beiden Kläger davon offensichtlich gar keine Kenntnis hatte und der andere sich erst nach Jahren der Vorbehaltsfestsetzung, nach diversen Rückfragen des Finanzamtes und nach einem erfolglosen Rechtsbehelfsverfahren wieder daran erinnert zu haben scheint, mithin der Sache selbst keine große Bedeutung oder Erfolgsaussicht beigemessen haben kann. Und in der Tat kann ein einziger Maklerauftrag über eine Laufzeit von möglicherweise vier bis fünf Jahren (der Zeitraum wurde nicht vorgetragen) ein hinreichend intensives Vermietungsbemühen ohnehin nicht signalisieren. Wenn der Senat dann auch noch berücksichtigt, dass das hier möglicherweise eingeschaltete Maklerbüro allem Anschein nach nicht einmal über die zu vermietenden m² informiert war, obwohl sich nach dessen Auskunft gerade die Größe der zu vermietenden Fläche als Hemmschuh erwiesen haben soll, so spricht die Art der Maklerbeauftragung sogar eher noch gegen ernsthafte Vermietungsbemühungen. Ganz abgesehen davon wurde ohnehin nicht vorgetragen, wer wann wen für welchen Zeitraum beauftragt haben könnte, so dass eine Beweiserhebung sich als Ausforschungsbeweis darstellen würde. Letztlich wurde sie trotz Rückfragen des Gerichts vom Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.

Demgegenüber haben nicht nur der Beklagte, sondern sogar die Kläger überzeugende Indizien gegen eine Vermietungsabsicht vorgetragen oder erkennen lassen. Nachdem die letzte Vermietung des Dachgeschosses im Jahr 1997 geendet hatte, hätten die Kläger bei ernsthaften Vermietungsabsichten eigentlich Renovierungen oder Instandsetzungen einleiten müssen, um die ehemals vermieteten Räume nach Beendigung des Mietverhältnisses auf den ursprünglichen Renovierungsstand zurückzuführen und Beschädigungen zu beseitigen. Das gilt umso mehr, wenn sie statt der bisherigen Vermietung als Arztpraxis nunmehr ernsthaft die Vermietung einer Wohnung beabsichtigt hätten, wie sie behaupten. Wenn also im vorliegenden Fall keinerlei derartige Maßnahmen ersichtlich sind, spricht das gegen eine Vermietungsabsicht. Hinzu kommt, dass die Kläger nach ihrer glaubhaften Einlassung beide die entsprechende Fläche als Abstellraum für ihre Praxen genutzt haben. Derartiges mag eine parallel bestehende Vermietungsabsicht nicht ausschließen, weckt aber zumindest weitere Zweifel an einem intensiven Vermietungsbemühen, zumal die Räume dann bei einer möglichen Besichtigung auch kaum präsentabel gewesen sein dürften. Zuletzt ist auch zu berücksichtigen, dass die Kläger ihre ohnehin unzureichenden Vermietungsbemühungen nicht einmal dann umgestellt haben, als die Räume schon seit über drei Jahren leer standen. Selbst dann haben sie nämlich ihre Bemühungen weder gesteigert oder verändert noch auf mehr Erfolg versprechende Medien ausgedehnt noch versucht, den angeblich beauftragten Makler und seine Tätigkeit zu überwachen. Das ist für den Senat um so weniger nachvollziehbar, als der Beklagte die Vermietungsabsichten durch seine Vorbehaltsfestsetzungen und Rückfragen nahezu von Beginn an in Frage gestellt hatte und daher gerade bei gebildeten und steuerlich beratenen Steuerpflichtigen wie den Klägern nicht nur eine entsprechende Vorsorge, sondern auch eine entsprechende Reaktion zu erwarten gewesen wäre.

Soweit die Kläger alternativ eine Berücksichtigung ihrer Aufwendungen bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit begehren, befinden sie sich mit der Anfechtung des Feststellungsbescheides schlicht im falschen Verfahren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EStG § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG § 9 Abs. 1 S. 1

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