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28.04.2010 · IWW-Abrufnummer 101158

Amtsgericht Heidenheim: Urteil vom 29.01.2010 – 1 C 1012/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Geschäftsnummer: 1 C 1012/09
Verkündet am 29.01.2010
Amtsgericht Heidenheim
Zivilabteilung
Im Namen des Volkes
UrteiI
In Sachen XXX
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Heidenheim an der Brenz durch XXX auf die mündliche Verhandlung vom 12.01.2010 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 1.773,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.09.2009 sowie vorgerichtlich nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 229,55 Euro zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gegenstandswert: bis zu 2.000,00 Euro.
Tatbestand:
Mit der Klage begehrt die Klägerin Schadenersatz wegen einer locker gesessenen Ölablassschraube.
Die Klägerin erwarb am 27.02.2009 von der Beklagten einen Pkw Honda Civic (siehe hierzu den entsprechenden Kaufvertrag, Anlage K 1). Mit der Beklagten wurde vereinbart, dass sie noch vor Übergabe des Fahrzeugs auf ihre Kosten einen Ölwechsel durchführen lasse. Das tat die Beklagte, indem sie die Streitverkündete damit beauftragte.
Am 19.03.2009 befuhr der Sohn der Klägerin, der Zeuge XXX, mit diesem Fahrzeug eine längere Strecke auf der Autobahn.
Die Klägerin trägt vor, dass ihr Sohn nach etwa 120 km Fahrt plötzlich ein Poltern gehört habe, die Ölwarnleuchte sei angegangen und die Fahrzeugleistung habe rapide nachgelassen. Dieser Umstand habe ihn dazu veranlasst, sofort die Autobahn zu verlassen und das Fahrzeug auf der Standspur abzustellen.
Er habe feststellen können, dass sich unter dem Fahrzeug eine große Öllache bildete. Das liegen gebliebene Fahrzeug sei von einem Abschleppdienst zur nächst gelegenen Vertragswerkstatt geschleppt worden. Beim Aufnehmen des Fahrzeugs sei festgestellt worden, dass an der Ölwanne die Ölablassschraube fehlte.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2009 wurde der Beklagten der Vorgang mitgeteilt und sie wurde aufgefordert, den Mangel nachzubessern und die eingetretenen Mangelfolgeschäden auszugleichen. Die Beklagte lehnte jedoch sämtliche Gewährleistungsansprüche ab.
Die beauftragte Reparaturwerkstatt hatte sich ohne vorherige Untersuchung des Fahrzeugs außer Stande gesehen, dasselbe zu reparieren, weshalb die Klägerin das Fahrzeug beim IngenieurbüroXXX und Partner überprüfen ließ. Der Gutachter stellte fest, dass kein hörbarer Motorschaden vorliege, aufgrund des eingetretenen Ölmangels könnten jedoch Kleinstschäden an den Motorlagern entstanden sein. Das selbständige Lösen der Ölablassschraube sei auf einen unzureichenden Anzugsdrehmoment der Schraube zurückzuführen (siehe hierzu das Sachverständigengutachten des Ingenieurbüros XXX & Partner, Anlage K 6).
Für die Überprüfung des Fahrzeuges musste die Klägerin an Gutachterkosten 942,72 Euro aufbringen.
Nach dem Liegenbleiben des Fahrzeuges mussten durch das Abschleppunternehmen auf der Autobahn Bindemittel aufgebracht werden. Eine Plateau- und Straßenreinigung musste durchgeführt werden. Hierfür musste die Klägerin einen Betrag in Höhe von 179,69 Euro aufwenden.
Für das Wiedereinfüllen des ausgetretenen Motoröls, die Durchführung einer Motorwäsche, eines Ölfilterwechsels sowie das Anbringen einer neuen Ablassschraube musste die Klägerin weitere 158,27 Euro bezahlen.
Ein neuer Ölwechsel wurde nach kurzer Fahrzeit durchgeführt, wofür die Klägerin weitere 92,58 Euro bezahlte.
Darüber hinaus macht die Klägerin einen Minderwert an dem Fahrzeug in Höhe von 500,00 Euro geltend. Bei einem Weiterverkauf des Fahrzeuges sei sie gehalten, auf mögliche Kleinstschäden am Motor aufgrund des Betriebes des Motors ohne Motoröl hinzuweisen. Hierdurch werde der zu erzielende Wiederverkaufswert des Fahrzeuges um zumindest 500,00 Euro gemindert.
Insgesamt sei ihr ein Schaden in Höhe von 1.873.26 Euro entstanden.
Die Klägerin beantragt zu erkennen:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.873,26 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtlich nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 229,55 Euro zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es sei zutreffend, dass das Fahrzeug der Klägerin vor Übereignung von der Streitverkündeten - einem Fachbetrieb - untersucht und ein Ölwechsel durchgeführt wurde. Dieser Auftrag sei jedoch korrekt erledigt worden.
Das Fahrzeug habe bei Übergabe keinerlei Mängel aufgewiesen. Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass sich eine nicht festgezogene Ölablassschraube für gewöhnlich innerhalb weniger Kilometer löse und es ausgeschlossen sei, dass die Klägerin erst 700 Kilometer mit dem Fahrzeug fährt und dann die Ölablassschraube verloren gehe.
Gewährleistungsansprüche bestünden demnach nicht.
Die Parteien fertigten und unterzeichneten im Übrigen gemeinsam einen Zustandsbericht vom Fahrzeug. Die Motoröldichtigkeit sei klägerseits in dieser Anlage unter "Motor/Motorraum-Sichtkontrolle" als "in Ordnung" bestätigt worden (siehe hierzu Zustandsbericht, Anlage zum Kaufvertrag B 1).
Die Kosten eines vor einem Rechtsstreit eingeholten Sachverständigengutachtens seien nur ausnahmsweise erstattungsfähig; die Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Die Kosten für die Unterbodenwäsche und die weiteren Ölwechseln seien nicht erstattungsfähig, da nicht notwendig. Der Minderwert wird bestritten.
Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 12.01.2010 den Zeugen XXX zur Frage des Schadenshergangs vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird verwiesen auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 12.01.2010 (BI. 40/44 d. A.). Gemäß Beschluss vom selben Tag hat der Sachverständige, XXX, Dipl-Ing. der DEKRA AG, ein Gutachten zu den aufgeworfenen technischen Frage erstattet. Auch insoweit wird auf das entsprechende Protokoll verwiesen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Der Beklagte hat der von ihr mit dem Ölwechsel betrauten Fa. Autoservice XXX den Streit verkündet; diese ist allerdings nicht beigetreten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat weitestgehend Erfolg.
I.
Der klägerische Anspruch ergibt aus §§ 280 Abs. 1, 249 BGB.
1. Zwischen den Parteien wurde ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen, der die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ölwechsels vor Übergabe des Fahrzeug beinhaltete (§ 433 BGB).
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die Streitverkündete, die die Beklagte mit dem Ölwechsel betraut hat, diesen nicht korrekt ausgeführt hat. Der Sachverständige Dipl.-Ing. XXX hat dargelegt, dass nach dem tatsächlichen Geschehensablauf die Ölablassschraube nicht dem technischen Standard entsprechend eingesetzt wurde. Entweder sei sie nicht mit einer neuen Kupferdichtung versehen und damit ausreichend abgedichtet worden oder die Schraube sei nicht den Vorgaben entsprechend angezogen worden. Die Schraube müsse grundsätzlich mit einem Drehmomentschlüssel entsprechend dem vom Hersteller vorgegebenen Drehmoment angezogen werden. Werde dies durchgeführt, sei ausgeschlossen, dass sich die Ölablassschraube durch auftretende Schwingungen des Motors nachher wieder löse. Ein Lösen der Schraube komme nur dann in Betracht, wenn beispielsweise eine alte Dichtung verwendet oder die Schraube nicht mit dem vorgegebenen Anzugsmoment angezogen worden sei. Aus technischer Sicht könne deshalb davon ausgegangen werden, dass ein standard- und ordnungsgemäßes, zuverlässiges Verschrauben der Ölablassschraube hier nicht vorgelegen haben kann. Die Angaben des Zeugen XXX zu dem Ölverlust sind mit den sachverständigen Feststellungen in Einklang zu bringen.
Insoweit ist festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin das streitbefangene Fahrzeug mit einem Sachmangel, nämlich einer nicht an die Ölwanne korrekt angebrachten Ölablassschraube, überlassen hat.
3. Der Mangel ist von der Beklagten zu vertreten (§§ 280 Abs. 1 Satz 2, 276, 278 BGB). Die Beklagte traf zwar keine eigene Untersuchungspflicht, da die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) von dem Verkäufer regelmäßig keine Untersuchung der Kaufsache verlangt. Die Beklagte muss sich jedoch das Verschulden der von ihr beauftragten Werkstatt zurechnen lassen (§ 278 BGB), der sie sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten bedient hat.
4. Ein Ausschluss der Mängelhaftung ergibt sich nicht aus der Anlage zum Kaufvertrag (B 1, BI. 17 d. A). Dort ist weder die Ölablassschraube noch die Ölwanne erwähnt. Die Klägerin wird im Übrigen wohl kaum gehalten gewesen sein, eine Unterbodenbesichtigung vorzunehmen.
In der Folge hat die Beklagte deshalb Schadenersatz zu leisten.
II.
1. Die Klägerin darf die Kosten des vorgerichtlich zur Schadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens verlangen. Dieses diente im Zeitpunkt der Beauftragung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 249 BGB. Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Unter diesem Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens dann in Betracht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 2001, 432 = DAR 2002, 125; OLG Frankfurt a.M., OLG-Report 1996, 216; SP 2000, 323; KG, AGS 1999, 63 [64]; OLG Koblenz, Rpfleger 2002, 483). Das kann das Gericht unter den gegebenen Umständen bejahen. Die Klägerin ist als technisch nicht versierte Partei nicht in der Lage, Schadensgrund und Höhe oder die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu prüfen.
2. Die Klägerin darf nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ferner die Kosten für die Ölwechsel und die Motorwäsche verlangen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. XXX, hat die Ölwechsel aus technischer Sicht eindeutig für erforderlich gehalten, nachdem das Motoröl entwichen und zunächst mit gebrauchtem Öl der Motor testweise laufen gelassen worden war. Es musste sicher gestellt werden, dass nicht ansatzweise an Lagern oder sonstigen Bauteilen Minimalschäden eingetreten sind. Um dies zu ermitteln mussten sämtliche aufgetretenen Späne aus dem Ölkreislauf entfernt werden, weshalb ein weiterer Ölwechsel unabdingbar erforderlich gewesen war. Zwischen den Ölwechseln war es erforderlich, den Motor zu reinigen. Die Kosten sind der Höhe nach nicht zu beanstanden, von der Klägerin konnte insbesondere nicht verlangt werden, die Motorwäsche außerhalb der Werkstatt durchzuführen.
3. Die weiteren Kosten für das Abschleppen und das Binden des Öls auf der Autobahn sind ebenfalls Mangelfolgeschäden und daher von der Beklagten zu erstatten.
4. Lediglich die verlangte Wertminderung war um 100,00 Euro zu reduzieren, nachdem der Sachverständige die Höhe der Wertminderung mit etwa 10 % eines Tauschmotors in Ansatz gebracht hat. Den Tauschmotor beim vorliegenden Fahrzeug hat er mit 4.000,00 Euro bewertet.
III.
Der Zinsanspruch und die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung sind unter Verzugsgesichtspunkten nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht verneint.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
V.
Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt § 709 Satz 2 ZPO.

RechtsgebietKaufrechtVorschriften§§ 280 I, 249 BGB

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