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08.04.2010 · IWW-Abrufnummer 101116

Finanzgericht Münster: Urteil vom 20.01.2010 – 10 K 5155/05

Eine Überkreuzvermietung zweier Wohnungen, die die verwandten Angehörigen zuvor getauscht haben, ist ohne weitere wirtschaftliche Gründe steuerlich nicht anzuerkennen, wenn dadurch nach ausgelaufener Förderung des selbstgenutzten Wohnungseigentums lediglich Aufwendungen abziehbar gemacht und negative Einkünfte erzielt werden sollen.


FG Münster

20.01.2010
10 K 5155/05 E

Tatbestand
I.

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen nahen Angehörigen.

Der Kläger war Zeitsoldat und wurde in den Streitjahren 2002 und 2003 als Offizier im Panzerartilleriebataillon … in der Kaserne B eingesetzt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Bundeswehr nahm der Kläger im Jahr 2004 eine nichtselbständige Tätigkeit in C auf und verzog an seinen jetzigen Wohnort nach T. Dort gründete er eine Familie.

In den Streitjahren wurde der Kläger einzeln zur Einkommensteuer veranlagt.

Mit notariellem Vertrag vom 28.5.1993 erwarb der Kläger zusammen mit seinen Eltern, den Eheleuten N D (geb. am …1951) und F D (geb. am …1947), das 598 qm große Grundstück in U, Siedlung … (Grundbuch des Amtsgerichts O, Bl. … und …, Gemarkung U, Flur …, Flurstück …). Auf dem Grundstück errichteten der Kläger und seine Eltern in der Folge ein Zweifamilienhaus.

Im Juli 1994 teilten der Kläger sowie die Eheleute D das auf dem Grundstück U, Siedlung … errichtete Gebäude in Wohnungseigentum auf. Die Aufteilung erfolgte – ausweislich des notariellen Vertrages vom 5.7.1994 (UR Nr. …/94 des Notars A), auf den verwiesen wird – in einen Miteigentumsanteil von 66/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. I bezeichneten Wohnung nebst den dazugehörigen, nicht Wohnzwecken dienenden Räumen und in einen Miteigentumsanteil von 34/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. II bezeichneten Wohnung. Nach § 6 des Vertrages ist jeder Wohnungseigentümer nur mit Zustimmung des anderen Wohnungseigentümers berechtigt, sein Wohnungseigentum zu vermieten oder zu veräußern. Des Weiteren bewilligten und beantragten die Vertragsteile, die im Grundbuch in Abt. III unter Nr. 1 eingetragene Grundschuld i.H.v. 403.000 DM nebst 15 % Zinsen der E-bank, Niederlassung F zur Gesamthaft auf die zu bildenden Wohnungsgrundbücher einzutragen.

Zugleich erklärten der Kläger und seine Eltern mit notariellem Vertrag vom 5.7.1994 (UR Nr. …/94 des Notars A), auf den ebenfalls Bezug genommen wird, die Aufhebung der an den Grundstück U, Siedlung … bestehenden Bruchteilsgemeinschaft und übertrugen den Miteigentumsanteil von 66/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. I nebst den nicht Wohnzwecken dienenden Räumen zu je ½ auf die Eltern des Klägers sowie den Miteigentumsanteil von 34/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. II auf den Kläger.

Für die Jahre 1994 – 2001 nahmen sowohl der Kläger als auch die Eheleute D die Wohnungseigentumsförderung nach § 10e Einkommensteuergesetz (EStG) für die jeweils in ihrem Eigentum stehende und von ihnen bewohnte Wohnung in Anspruch.

Mit Notarvertrag vom 19.4.2002 erfolgte ein Tausch der mit Vertrag vom 5.7.1994 durch Teilung entstandenen Eigentumswohnungen. Die Eheleute D übertrugen ihren Miteigentumsanteil von 66/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. I bezeichnen Wohnung im Erdgeschoss sowie zwei Räumen im Kellergeschoss auf den Kläger. Der Kläger übertrug zugleich seinen Miteigentumsanteil von 34/100 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. II bezeichneten Wohnung im Dachgeschoss sowie einem Raum im Kellergeschoß auf seine Eltern zu je ½. Die Tauschwerte betrugen gem. § 3 des Notarvertrages vom 19.4.2002 140.000 EUR für die auf den Kläger übertragene Wohnung sowie 85.000 EUR für die auf die Eheleute D übertragene Wohnung. Auf den notariellen Vertrag vom 19.4.2002 wird verwiesen.

In diesem Zusammenhang übernahm der Kläger am 23.5.2002 das zuvor an seine Eltern ausgezahlte Darlehen der H-bank AG Niederlassung F, Kto.-Nr. … in der zur Zeit der Übernahme noch valutierenden Höhe von 130.387,09 EUR. Auf den Darlehensvertrag sowie die Anlage zum Darlehensvertrag jeweils vom 23.5.2002 wird Bezug genommen. Die Eheleute D übernahmen im Gegenzug das vom Kläger zur Errichtung des Wohngebäudes aufgenommene Darlehen. Nach der gegenseitigen Übernahme der Darlehensverträge betragen die an die H-bank AG monatlich zu entrichtenden Zins- und Tilgungsleistungen für den Kläger 758,52 EUR und für die Eheleute D 422,34 EUR.

Ebenfalls am 19.4.2002 schlossen der Kläger und seine Eltern Mietverträge über die von ihnen wie zuvor bewohnten Wohnungen. Der Kläger mietete daher von seinen Eltern die von ihm bewohnte Dachgeschosswohnung für eine monatliche Miete i.H.v. 140 EUR zuzügl. 75 EUR Nebenkosten (insgesamt = 215 EUR). Die Eheleute D mieteten im Gegenzug die von ihnen bewohnte Wohnung für einen Mietpreis i.H.v. 280 EUR zuzügl. 150 EUR Nebenkosten (insgesamt = 430 EUR) von ihrem Sohn an. Auf die Mietverträge vom 19.4.2002 wird verwiesen. Die Mietzahlung erfolgte durch Verrechnung der gegenseitig bestehenden Mietzinsverpflichtungen.

Da der Kläger in den Streitjahren als Zeitsoldat in B stationiert war, hielt er sich nur gelegentlich – vorwiegend an den Wochenenden – in U auf. Die Eltern des Klägers übernahmen daher den Einkauf von Lebensmitteln sowie das Waschen und Bügeln der Wäsche für den Kläger. Hierfür berechneten sie dem Kläger monatlich einen Betrag i.H.v. 58,82 EUR.

Auf dem Konto des Klägers ging daher monatlich ein Betrag i.H.v. 156,18 EUR ein, der sich wie folgt zusammensetzt:

Mietzinsverpflichtung der Eheleute D 430,00 EUR
Mietzinsverpflichtung des Klägers ./. 215,00 EUR
Mietzinsdifferenz 215,00 EUR
Einbehalt für Lebensmittel etc. ./. 58,82 EUR
Überweisung an den Kläger 156,18 EUR

Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2002 und 2003 erklärte der Kläger die folgenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

Veranlagungszeitraum 2002:

Einnahmen 3.668 EUR
Werbungskosten 10.034 EUR
Einkünfte ./. 6.366 EUR

Veranlagungszeitraum 2003

Einnahmen 5.532 EUR
Werbungskosten 11.896 EUR
Einkünfte ./. 6.364 EUR

Die Werbungskosten betrafen hierbei im Wesentlichen die geleisteten Schuldzinsen sowie die Absetzung für Abnutzung.

Mit Einkommensteuerbescheiden vom 22.5.2003 (für den Veranlagungszeitraum 2002) sowie vom 15.6.2004 (für den Veranlagungszeitraum 2003) berücksichtigte der Beklagte unter Hinweis auf das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abgabenordnung (AO) die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung jeweils mit 0 EUR. Zudem ließ der Beklagte einen Teil der dem Kläger als Zeitsoldat entstandenen Reisekosten (Mehraufwendungen für Verpflegung und Unterkunftskosten) nicht zum Abzug zu.

Mit seinen Einsprüchen vom 13.6.2003 (betr. die Einkommensteuerfestsetzung 2002) und vom 20.7.2004 (betr. die Einkommensteuerfestsetzung 2003) wandte sich der Kläger gegen die Nichtanerkennung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung sowie die Nichtberücksichtigung der Reisekosten.

Den Einkommensteuerbescheid 2002 änderte der Beklagte während des Einspruchsverfahrens mit Bescheid vom 30.7.2003 aus nicht das Klageverfahren betreffenden Gründen. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30.7.2003 wurde gem. § 365 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 23.11.2005 gewährte der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf die Einkommensteuerfestsetzung 2003 gem. § 110 AO Wiedereinsetzung in die versäumte, bereits mit Ablauf des 19.7.2004 abgelaufene Einspruchsfrist, da der Kläger den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 15.6.2004 umzugsbedingt erst verspätet erhalten habe. Des Weiteren erkannte der Beklagte Mehraufwendungen für Verpflegung sowie Unterkunftskosten im Jahr 2002 i.H.v. 648 EUR und im Jahr 2003 i.H.v. 4.449 EUR als Werbungskosten bei den Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit an. Im Übrigen wies er die Einsprüche als unbegründet zurück.

Im Rahmen seiner hiergegen am 22.12.2005 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, das Mietverhältnis mit seinen Eltern sei steuerrechtlich anzuerkennen.

Bei dem Wohnungstausch und der anschließenden Vermietung handele es sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht um ein Scheingeschäft.

Die Steuerpflichtigen seien frei, ihre rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere Steuerbelastung ergebe. Es habe dem Kläger daher freigestanden, über sein Eigentum durch Tausch der Wohnungen zu verfügen.

Mit der gewählten Gestaltung habe sichergestellt werden sollen, dass dem Kläger für den Fall einer Familiengründung eine größere Wohnung zur Verfügung stehe. Da der Kläger noch keine Familie gegründet hatte, habe es nahegelegen, den Eltern des Klägers die größere Wohnung zunächst weiterhin zu überlassen. In den Streitjahren habe es für den Kläger noch keine Notwendigkeit gegeben, die größere Wohnung selbst zu bewohnen, da sich die Arbeitsstelle des Klägers nicht in der Nähe der Wohnung befunden habe und er sich daher häufig auswärts aufgehalten habe.

Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen vertraglichen Gestaltung habe der Kläger die Absicht gehabt, seinen Lebensmittelpunkt im Rahmen einer zu gründenden Familie nach U zu verlegen. Es habe daher keinen Sinn gemacht, dass der Kläger die künftig von ihm zu beziehende Wohnung hätte von seinen Eltern anmieten müssen.

Die vertragliche Gestaltung entspreche daher den avisierten Nutzungsintentionen.

Darüber hinaus trägt der Kläger vor, seine Schwester habe im Zeitpunkt des Wohnungstausches noch zusammen mit seinen Eltern in der Erdgeschosswohnung gewohnt. Mit der gewählten Gestaltung habe man erbrechtlichen Problemen vorbeugen wollen. Nähere Angaben macht der Kläger in diesem Zusammenhang jedoch nicht.

Er vertritt ferner vielmehr die Auffassung, es liege kein Gestaltungsmissbrauch vor. Das Mietverhältnis halte dem Fremdvergleich stand.

Die Vereinbarung im Notarvertrag vom 5.7.1994, nach der jeder Wohnungseigentümer sein Wohneigentum nur mit Zustimmung des anderen Eigentümers vermieten oder veräußern dürfe, stelle eine übliche Regelung dar. Dies gelte wegen der großen räumlichen Nähe insbesondere bei aus lediglich zwei Wohneinheiten bestehendem Wohnungseigentum, das selbst genutzt werde.

Ferner habe der Durchschnittspreis bei Fremdvermietungen ausweislich einer Internetrecherche bei 4,59 EUR/qm gelegen. Die Stadt I vermiete nach ihrem Amts- und Informationsblatt eigene Wohnungen für 3,65 EUR/qm. Bei einer Vermietung an Verwandte sei ein Abschlag vorzunehmen, so dass der Mietpreis von 2,50 EUR/qm im Rahmen des Üblichen liege.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30.7.2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23.11.2005 dahingehend zu ändern, dass im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Verlust i.H.v. 6.366 EUR anerkannt wird,

den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 15.6.2004 in Form der Einspruchsentscheidung vom 23.11.2005 dahingehend zu ändern, dass im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Verlust i.H.v. 6.364 EUR anerkannt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und trägt darüber hinaus vor, die Erdgeschosswohnung habe, nur um im Falle einer etwaigen Familiengründung eine größere Wohnung zur Verfügung zu haben, nicht zwangsläufig bereits im Vorfeld übertragen und von dem bisherigen Eigentümer zurückgemietet werden müssen.

Der Beklagte verweist ferner darauf, dass im Jahr 2004 eine Familiengründung in T und nicht in U erfolgt und zudem eine Arbeitsstelle in C angetreten worden sei. Beide Orte lägen in der unmittelbaren Umgebung von B.

Ferner gebe es keine rechtliche Grundlage dafür, dass bei einer Vermietung an Verwandte ein Abschlag vom Mietpreis vorzunehmen sei. Vielmehr sei gerade bei Verträgen unter nahen Angehörigen zu prüfen, ob die Verträge dem unter fremden Dritten Üblichen entsprächen.

Die Notwendigkeit des Wohnungstausches und der Rückanmietung der jeweiligen Wohnung sei nicht erkennbar. Es liege daher ein Scheingeschäft i.S.d. § 41 AO vor. Der vorgenommene Tausch und die sich anschließende Vermietung seien nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe veranlasst worden.

Der Sinn der gewählten Gestaltung habe offensichtlich darin bestanden, über den Ablauf der Förderung nach § 10e EStG hinaus dem Finanzamt gegenüber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erklären und somit Abschreibungen, Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen geltend machen zu können.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.



Gründe
II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30.7.2003 sowie der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 15.6.2004 jeweils in Form der Einspruchsentscheidung vom 23.11.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der Beklagte hat die Berücksichtigung der Verluste aus Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren 2002 und 2003 zu Recht abgelehnt.

1. Es kann dahinstehen, ob der Mietvertrag des Klägers mit den Eheleuten D als Scheingeschäft i.S.d. § 117 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu beurteilen ist, das nach § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unbeachtlich wäre.

2. Es kann ferner offenbleiben, ob der Überschuss der Aufwendungen nach den Grundsätzen der „Liebhaberei” außer Ansatz zu lassen ist.

3. Das wechselseitige Mietverhältnis des Klägers mit seinen Eltern kann jedenfalls als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Bürgerlichen Rechts nach § 42 AO nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden.

Nach dieser Vorschrift kann durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen

rechtlichen Gestaltung entsteht. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn eine unangemessene Gestaltung für die Verwirklichung des Tatbestands einer begünstigenden Gesetzesvorschrift gewählt wird ( BFH-Urteil vom 1.4.1993 V R 85/91, V R 86/91 , BFH/NV 1994 S. 64; BFH-Urteil vom 19.6.1991 IX R 134/86, BStBl. II 1991 S. 904).

Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO in der für die Streitjahre geltenden Fassung ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.

Bei der rechtlichen Gestaltung wirtschaftlicher Vorgänge ist der Steuerpflichtige zwar im Rahmen der Gesetze frei. Daher ist aus steuerrechtlicher Sicht grundsätzlich von der gewählten (bürgerlich-)rechtlichen Gestaltung auszugehen. Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind.

Eine Rechtsgestaltung ist jedoch unangemessen, wenn verständige Parteien in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht in der gewählten Weise verfahren wären. Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige, dessen Steuerschuld zu beurteilen ist, die vom Gesetzgeber bei seiner Regelung vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen bestimmter wirtschaftlicher Ziele nicht gebraucht und hierfür keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe vorliegen, oder ob er vielmehr auf einem ungewöhnlichen Weg einen Erfolg zu erreichen versucht, der nach den Wertungen des Gesetzgebers auf diesem Wege nicht erreicht werden soll. Maßgebend sind die gesamten Umstände des Einzelfalles ( BFH-Urteil vom 1.4.1993 V R 85/91, V R 86/91 , BFH/NV 1994 S. 64; BFH-Urteil vom 19.6.1991 IX R 134/86, BStBl. II 1991 S. 904; BFH-Urteil vom 12.9.1995 IX R 54/93, BStBl. II 1996 S. 158).

Nach diesen Grundsätzen ist die vom Kläger und seinen Eltern gewählte wechselseitige Vermietung bezogen auf den vorliegenden wirtschaftlichen Vorgang als unangemessen zu beurteilen. Die bürgerlich-rechtlichen Vertragsbeziehungen des Klägers mit seinen Eltern sind nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe zu rechtfertigen. Sie bilden lediglich eine rein formale Anknüpfung zum Zwecke der Minderung der Einkommensteuerbelastung des Klägers sowie seiner Eltern.

Ein verständiger Eigentümer hätte nicht seine Eigentumswohnung vermietet und zugleich von seinem Mieter dessen Eigentumswohnung angemietet, um sich in diesen Räumen sodann nur selten aufzuhalten.

Der einzige Sinn der wechselseitigen Vermietung der Eigentumswohnungen des Klägers und seiner Eltern bestand darin, jeweils gegenüber dem Finanzamt den Tatbestand einer Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 EStG zu verwirklichen und – nachdem die Wohneigentumsförderung gem. § 10e EStG ausgelaufen ist – Schuldzinsen und sonstige mit dem Grundeigentum im Zusammenhang stehende Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen zu können.

Der Kläger war als Zeitsoldat in B stationiert und hielt sich daher nur selten – vornehmlich an den Wochenenden – in seiner Dachgeschosswohnung in U auf. Er hatte – nach seinen Angaben – zwar geplant, nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr seinen Lebensmittelpunkt nach U zurückzuverlegen und dort eine Familie zu gründen. Diese Planungen befanden sich in den Streitjahren jedoch in einem sehr frühen Stadium und waren noch nicht ausgereift. Weder nach dem Vortrag des Klägers noch nach der Aktenlage ist erkennbar, dass die Gründung einer Familie in U bzw. die Aufnahme einer neuen Berufstätigkeit in U und Umgebung unmittelbar bevorstand. Es handelte sich in diesem Zusammenhang vielmehr um vage Pläne des Klägers.

Nachdem die Wohnungseigentumsförderung nach § 10e EStG sowohl für den Kläger als auch die Eheleute D im Jahr 2001 ausgelaufen war, bestand nicht mehr die Möglichkeit, das Objekt Siedlung … in U steuerlich zu berücksichtigen. Durch den Tausch der Wohnungen und die sich anschließende Über-Kreuz-Vermietung erhielten der Kläger sowie seine Eltern die Möglichkeit, die mit dem Haus im Zusammenhang stehenden Aufwendungen steuerlich geltend zu machen.

Die Über-Kreuz-Vermietung war nach Auffassung des Senats allein dadurch veranlasst, dass die Beteiligten Schuldzinsen und sonstige Belastungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen wollten, die anderenfalls steuerlich nicht abzugsfähig gewesen wären.

Der Tausch der Wohnungen und die anschließende Über-Kreuz-Vermietung sind Vorgänge, die sich aus Sicht des Gerichts – trotz der unterschiedlichen Wohnungsgröße – wirtschaftlich für beide Beteiligte neutralisierten.

Der Kläger erhielt die größere Wohnung, die einen höheren Verkehrswert aufweist und übernahm im Gegenzug das von seinen Eltern aufgenommene Darlehen. Zudem erhält er die entsprechenden Mietzahlungen von seinen Eltern. Die Eheleute D wurden demgegenüber, ohne eine Ausgleichszahlung zu erhalten, zwar nur Eigentümer der kleineren Dachgeschosswohnung. Durch den gleichzeitigen Tausch der bestehenden Darlehen, wurden sie jedoch zugleich von einem Teil der Darlehensverbindlichkeiten befreit.

Nach dem Tausch der Wohnungen erhöhte sich die monatliche Belastung des Klägers um ca. 120 EUR, wobei die Mieteinnahmen, die Mietzinsverpflichtungen sowie die monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen in die Ermittlung der Belastung einzubeziehen sind und die so errechnete Belastung mit der vorherigen Zins- und Tilgungsleistung zu vergleichen ist. Nicht in die Berechnung einzubeziehen ist der Ausgleich für den Lebensmitteleinkauf sowie für das Bügeln und Waschen. Die Belastung der Eltern des Klägers verringerte sich pro Monat um etwa denselben Betrag. Die sich ergebende höhere Belastung pro Monat wird nach Auffassung des Senats wertmäßig dadurch kompensiert, dass der Kläger nunmehr Eigentümer der größeren Wohnung Nr. I geworden ist.

Dass die gewählte Gestaltung erbrechtlichen Problemen vorbeugen sollte, da die Schwester des Klägers die Erdgeschosswohnung noch gemeinsam mit den Eheleuten D bewohnte, ist nicht nachvollziehbar und als außersteuerlicher Grund daher nicht beachtlich. Der Kläger hat zu der bestehenden erbrechtlichen Situation keine näheren Angaben gemacht. Nach der Aktenlage ist nicht erkennbar, dass die Eheleute D im Zusammenhang mit dem Tausch der Wohnungen im Jahr 2002 ihre Erbfolge regeln wollten. Anhaltspunkte für eine Ausgleichszahlung des Klägers an seine Schwester bestehen nicht. Zudem waren die Eltern des Klägers beim Tausch der Wohnung und der anschließenden Rückanmietung erst 50 bzw. 54 Jahre alt.

Ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs ist die Tatsache, dass die vereinbarte Miete von 2,50 EUR/qm erheblich unter der ortsüblich zu erzielenden Miete liegt. Nach den Angaben des Klägers beläuft sich die ortsübliche Miete auf 4,59 EUR/qm. Der vereinbarte Mietzins beträgt somit lediglich 54,5 % der ortsüblichen Miete. Entgegen der Auffassung des Klägers ist bei einer Vermietung an nahe Angehörige kein Abschlag vorzunehmen. Soweit das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 % der ortsüblichen Miete beträgt, ist die Nutzungsüberlassung gem. § 21 Abs. 2 EStG vielmehr in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

4. Es kann dahin stehen, ob die Klage wegen Einkommensteuer 2003 bereits deshalb unbegründet ist, weil der Einspruch gegen den Bescheid vom 15.6.2004 erst am 20.7.2004 – und somit um einen Tag verspätet – beim Beklagten eingegangen ist und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren war. Die Klage wegen Einkommensteuer 2003 ist jedenfalls wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 42 AO unbegründet.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

RechtsgebieteAO, EStGVorschriftenAO § 41 Abs 2 EStG § 21 EStG § 9 Abs 1 AO § 42

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