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08.04.2010 · IWW-Abrufnummer 101051

Amtsgericht Bernau: Urteil vom 01.02.2010 – 10 C 549/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


10 C 549/09 (073)
(Geschäftsnummer)
Amtsgericht Bernau
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit XXX
hat das Amtsgericht Bernau
auf die mündliche Verhandlung vom 11.01.21010
durch den Richter am Amtsgericht …
für R e c h t erkannt:
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 849,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem11.2.2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach diesem Urteil vorläufig vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert: 1.742,64 €.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 16.8.2008 in 16356 Eiche auf der Landsberger Chaussee, Kreuzung Hellersdorfer Weg. Der Kläger ist Eigentümer des Pkw Toyota mit dem amtlichen Kennzeichen pp…. Die Beklagte zu 1) war Fahrerin, der Zweitbeklagte ist der Halter des bei der Drittbeklagten versicherten Fahrzeugs Pkw Kia mit dem amtlichen Kennzeichen pp….
Am Vorfallstag befuhr der Kläger die zweispurige Landsberger Chaussee in Richtung Berlin auf der rechten Geradeausspur. Die Erstbeklagte befuhr die Landsberger Chaussee im Gegenverkehr und beabsichtigte, im Kreuzungsbereich Landsberger Chaussee/Hellersdorfer nach links in den Hellersdorfer Weg abzubiegen. Die Kreuzung ist durch eine Ampel geregelt, in Fahrtrichtung der linksabbiegenden Beklagten zu 2) befand sich eine Abbiegerampel. Nachdem die Klägerin zu 2) mit ihrem Fahrzeug die Kreuzung beinahe vollständig passiert hatte, kam es zum streitgegenständlichen Verkehrsunfall, in dem der vorfahrtsberechtigte Kläger noch im Kreuzungsbereich mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 2) in dessen Heckbereich kollidierte (hinten rechts). Zur Finanzierung der Reparaturkosten hat der Kläger seine Kaskoversicherung in Anspruch genommen. Diese hat abzüglich der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung von 300,00 € den Fahrzeugschaden (5.441,02 €) reguliert.
Vorprozessual hat die Beklagte zu 3) die Haftung zu 50 % anerkannt und dementsprechend reguliert. Diese Schadensregulierung erfolgte aufgrund des Abrechnungsschreibens der Beklagten zu 3) vom 11.2.2009.
Mit der Klage begehrt der Kläger nunmehr den Schadensersatz in Höhe von 100 % seines Schadens, da er der Meinung ist, die Beklagte zu 1) habe den für ihn unabwendbaren Verkehrsunfall allein verschuldet, da sie infolge von Unachtsamkeit die Vorfahrt des geradeaus fahrenden klägerischen Fahrzeugs missachtet habe und es deshalb zum Unfall gekommen sei.
Der Kläger macht folgende Positionen als Schadensersatz geltend:
1. Sachverständigenkosten 214,20 €
2. Unkostenpauschale 12,50 €
3. Mietwagenkosten 969,25 €
4. Rechtsanwaltskosten für die
Kaskoinanspruchnahme 546,69 €
insgesamt somit 1.742,64 €.
Die Beklagte zu 3) hatte entsprechend der von ihr angenommenen Haftungsquote zu
50 % die Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 428,40 € und die Unkostenpauschale von 25,00 € jeweils zur Hälfte reguliert. Von den dem Kläger berechneten Mietwagenkosten in Höhe von 1.278,06 € hatte sie unter Zugrundelegung einer eigenen Berechnung und der Haftungsquote von 50 % lediglich 308,81 € ausgeglichen, der Kläger macht diesbezüglich die restlichen 969,25 € geltend. Die Kosten für die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung des Klägers hat die Beklagte nicht erstattet, hier macht der Kläger die Kosten seines Rechtsanwalts in Höhe von 546,69 € geltend.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger
1.742,64 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz
der EZB seit dem 11.2.2009 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen:
Die Klage abzuweisen.
Sie sind der Auffassung, dem Kläger stünde ein weitergehender Schadensersatz nicht zu. Ihn treffe an dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall zumindest die hälftige Mitschuld, da er bei rotem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren sei und das Beklagtenfahrzeug erst dann in dessen hinteren Bereich getroffen habe, als es die gegenüberliegende Fahrbahnhälfte schon fast gänzlich gekreuzt hatte. Der Unfall sei für die Beklagte nicht zu vermeiden gewesen, sondern vom Kläger allein verursacht und verschuldet, indem dieser bei rotem Ampellicht unberechtigter Weise in die Kreuzung eingefahren sei.
Des weiteren streiten die Parteien insbesondere um die Mietwagenkosten und hier über die für deren Berechnung heranzuziehende Schätzungsgrundlage. Während der Kläger behauptet, das beschädigte Fahrzeug sei der Fahrzeugklasse 6 nach der Eurotax Schwacke-Tabelle 208 (Toyota Avensis Sol, 1794 ccm, 95 KW, Baujahr 2003, Fahrzeuggruppe F/6) einzustufen, sind die Beklagten der Auffassung, das Fahrzeug sei der Mietwagenklasse 5 zuzuordnen. Insbesondere streiten die Parten jedenfalls allerdings um die geeignete Schätzgrundlage für die Bestimmung der Erforderlichkeit von erstattungsfähigen Mietwagenkosten, während der Kläger den sogenannten „Schwacke-Mietpreisspiegel“ zugrunde legt, berechnen die Beklagten diesen Teil des klägerischen Schadensersatzanspruchs nach dem „Marktpreisspiegel Mietwagen“ des Frauenhofer Instituts.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird insbesondere hinsichtlich des „Glaubenskrieges“ zur Anwendbarkeit der Studie des Frauenhofer Institutes bzw. des „Schwacke-Marktpreisspiegels“ als geeignete Schätzungsgrundlage für die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im darüber hinausgehenden Umfang unbegründet.
Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte zu 1) den Unfall allein verschuldet hat, indem sie gegen § 9 Abs. 3 StVO beim Abbiegevorgang die Vorfahrt des ihr entgegenkommenden Fahrzeugs des Klägers missachtet hat. Dass die Beklagte zu 1) erst bei Aufleuchten des in ihrer Fahrtrichtung befindlichen grünen Linksabbiegerpfeil den Abbiegevorgang begonnen hat, konnten die Beklagten nicht beweisen. Ein Mitverschulden des Klägers konnten sie ebenfalls nicht beweisen, da sie weder den Nachweis zu erbringen vermochten, der Kläger sei mit überhöhter Geschwindigkeit und/oder erst bei für seine Fahrtrichtung geltendem roten Ampellicht in den Kreuzungsbereich eingefahren. Zur diesbezüglich für den Kläger maßgeblichen Ampelschaltung vermochten die dazu vernommenen Zeugen keinerlei Angaben zu machen. Ebenso hat die Beweisaufnahme eine - von den Beklagten ohnehin nur unsubstantiiert behauptete - Geschwindigkeitsüberschreitung des Klägers nicht ergeben. Diesbezüglich hat lediglich der Zeuge O. - der im Hellersdorfer Weg (in den die Beklagte zu 1) abbiegen wollte) stand und somit den Unfallvorgang direkt vor sich hatte - nur angeben können, der Kläger sei mit „sehr schneller Geschwindigkeit“ angekommen und hätte ihm - dem Zeugen - nach dem Unfall gegenüber erklärt, er habe „nachbeschleunigt“, um die Kreuzung noch zu überqueren, weil er bei gelbem Ampellicht in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Diese Zeugenaussage ist jedoch ausreichend nicht, um Feststellungen der Art zu treffen, dass der Kläger mit überhöhter Geschwindigkeit in den Kreuzungsbereich eingefahren ist.
Der Unfall war jedoch für den Kläger nicht unvermeidbar, da die Vorfahrtspflichtverletzung durch die Beklagte zu 1) für ihn vorhersehbar gewesen ist. Davon ist das Gericht nach der in der Beweisaufnahme erfolgten Zeugenvernehmung überzeugt. Diese hatte ergeben, dass vor dem Fahrzeug der Beklagten zu 1) bereits zwei weitere Fahrzeuge nach links abgebogen waren, denen dann das Fahrzeug der Beklagten zu 1) folgte. Diesen Abbiegevorgang von mehreren Kfz war auf der in dessen Blickrichtung deutlich einsehbaren Kreuzung für den Kläger erkennbar, er musste somit mit der Vorfahrtspflichtverletzung der Beklagten zu 1) rechnen und sein Fahrverhalten darauf einstellen. Dies hat er nach Aussage des Zeugen O. jedoch gerade nicht getan, indem er nicht etwa die Fahrgeschwindigkeit der Verkehrssituation entsprechend reduziert hatte oder gar in Bremsbereitschaft gefahren ist, sondern sein Fahrzeug noch „nachbeschleunigt“ hatte, um den Kreuzungsbereich noch überqueren zu können, nachdem er bei gelbem Ampellicht in diesen eingefahren war. Bereits aufgrund der vom Kläger wahrgenommenen eigenen Ampelschaltung hätte er den für ihn erkennbaren Linksabbiegeverkehr erhöhte Aufmerksamkeit schenken müssen, dies hat er jedoch nicht getan. Für die Vermeidbarkeit des Unfalls spricht auch die Aussage der Zeugin B., die die Landsberger Chaussee in der gleichen Richtung befuhr wie der Kläger und sich mit ihrem Pkw auf der Fahrspur neben diesem befand. Die Zeugin hatte ihr Fahrverhalten jedoch auf die (auch) für sie erkennbare Vorfahrtspflichtverletzung der Klägerin zu 1) eingestellt und durch eine entsprechende Vollbremsung ihr Fahrzeug noch rechtzeitig anhalten können, während der Kläger mit dem Heck des seine Fahrtrichtung kreuzenden Pkw der Beklagten zu 1) kollidierte, weil er eben gerade nicht bremste.
Angesichts dieser Umstände haftet der Kläger in Höhe der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs, die das Gericht mit 20 % bemisst.
Nach erfolgter Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung war der unmittelbare Sachschaden - hier lediglich noch die Sachverständigenkosten - entsprechend der Haftungsquote der Parteien wie folgt zu regulieren. Die Sachverständigenkosten in Höhe von 428,40 € waren von den Beklagten zu 80 % und somit in Höhe in Höhe von 342,72 € zu erstatten. Da die Beklagten auf diese Forderung bereits 214,20 € (unter Annahme einer Haftungsquote von 50 %) gezahlt hatten, verblieb es insoweit bei einem Anspruch in Höhe von 128,52 €.
Die Sachverständigenkosten waren entgegen der Ansicht des Klägers nicht als „schadenskongruente“ Position in Höhe von 100 %, sondern wie dargestellt, entsprechend den Haftungsquoten auszugleichen. Zwar sprechen einige Argumente für eine vollständige Erstattung dieser Kosten auch bei Haftungsführung (vgl. dazu Poppe in DAR 12/2005, Seite 669 ff.), jedoch folgt das Gericht diesbezüglich der ständigen Rechtsprechung im hiesigen Landgerichtsbezirk, wonach regelmäßig eine quotenmäßige Aufteilung der Gutachterkosten entsprechend der Haftungsquote vorzunehmen ist.
Bezüglich der Sachfolgeschäden, hier die Mietwagenkosten und die Unkostenpauschale, war ebenfalls eine quotenmäßige Aufteilung entsprechend der Haftungsanteile der Parteien vorzunehmen. Bei der Pauschale - die das Gericht ebenso wie der Kläger - mit 25,00 € bemisst, besteht somit ein Anspruch des Klägers auf 80 %igen Ausgleich und somit auf 20,00 €. Nach Abzug der bereits gezahlten 12,50 € verbleibt ein klägerischer Anspruch in Höhe von 7,50 €.
Bezüglich des Hauptstreitpunktes zwischen den Parteien - den Mietwagenkosten - folgt das Gericht der Auffassung des Klägers, wonach dieser Berechnung die „Schwacke-Liste“ und nicht die Erhebung über die Marktpreise bei Mietwagen durch das Frauenhofer Institut zugrunde zu legen ist. Auch insoweit folgt das Gericht der im hiesigen Bezirk bestehenden gefestigten Rechtsprechung. Zwar hat das Gericht nicht verkannt, dass es sowohl in Literatur und auch Rechtsprechung Bedenken gegen die Anwendbarkeit der „Schwacke-Liste“ als Schätzungsgrundlage gibt, jedoch bedurfte es einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dieser sehr umstrittenen Problematik nicht, da die Beklagten nicht hinreichend substantiiert vorgetragen haben, inwieweit sich die in Literatur und Rechtsprechung geäußerten grundsätzlichen Bedenken gegen die Anwendbarkeit der „Schwacke-Liste“ auf den vorliegenden Rechtsstreit konkret ausgewirkt hätten. Ihre eigene Berechnung bezüglich der Mietwagenkosten haben die Beklagten weder dargelegt noch begründet. Ebenso haben sie lediglich unerhebliche die von dem Kläger - nach Auffassung des Gerichts richtig vorgenommene - Eingruppierung des klägerischen Fahrzeugs in die Liste von Eurotax Schwacke (Fahrzeuggruppe F/6) bestritten. Aufgrund dieses Umstandes und der Tatsache, dass ausweislich des Mietvertrages der Kläger einen Pkw zwar unbekannten Typs, aber jedenfalls eine Fahrzeugklasse tiefer (Fahrzeugklasse 5) angemietet hatte, musste sich der Kläger bei der Abrechnung der Mietwagenkosten auch nicht ersparte Eigenaufwendungen zurechnen lassen, da diese bereits durch die Anmietung eines Fahrzeugs einer Fahrzeugklasse tiefer kompensiert worden sind. Angesichts der vom Kläger somit zu Recht geltend gemachten Kosten in Höhe von 1.278,06 € besteht ein Anspruch des Klägers unter Zugrundlegung einer 80 %igen Haftungsquote zu Lasten der Beklagten von 1.022,45 €. Davon in Abzug zu bringen sind die von dem Beklagten bereits gezahlten 308,81 €, so dass für die Position Mietwagenkosten ein restlicher Anspruch von 713,64 € verbleibt.
Bezüglich der Rechtsanwaltskosten, die für die Geltendmachung des klägerischen Anspruchs bei der Kaskoversicherung des Klägers in Ansatz gebracht werden, war die Klage abzuweisen. Zwar sind solche Kosten grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. BGH in NJW 16/2005, Blatt 11, 12 ff.), jedoch folgt nach Auffassung des Gerichts aus der grundsätzlich bestehenden Schadensminderungspflicht, dass sich eine solche Haftung auf erforderliche - schwierige - Fälle beschränkt. Gründe dafür, dass es zu einer Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung nach einem Verkehrsunfall erforderlich gewesen wäre, sich eines Rechtsanwalts zu bedienen und nicht lediglich eine einfache schriftliche oder telefonische Mitteilung der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung aufgrund eines Verkehrsunfall seitens des Geschädigten (Klägers) selbst ausgereicht hätte, hat der Kläger nichts vorgetragen.
Es verbleibt somit bei folgenden vom Gericht als ersatzfähig angesehenen Schadenspositionen:
Restliche Sachverständigenkosten: 128,52 €
Mietwagenkosten: 713,64 €
Unkostenpauschale: 7,50 €
Schadensersatzanspruch somit insgesamt: 849,66 €.

Die Zinsentscheidung folgt aus dem Verzug der Beklagten mit der Schadensregulierung, nachdem diese mit dem Abrechnungsschreiben vom 11.2.2009 eine weitergehende Regulierung, wie vom Kläger gefordert, endgültig abgelehnt hatten.
Entsprechend der Quote des Obsiegens und Unterliegens der Parteien war die Kostenentscheidung gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zu treffen. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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