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15.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100893

Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Urteil vom 01.04.2009 – 7 U 163/08

Zur Frage der Kausalität eines Auffahrunfalls für einen Bandscheibenvorfall.


Gründe
I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte restliche Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, für dessen Schadensfolgen die Beklagte in vollem Umfang einzustehen verpflichtet ist. Der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Pkw war am 9.9.2004 auf einen Kastenwagen aufgefahren, der auf das Heck des vom Kläger gesteuerten Pkw aufgeschoben wurde. Nach Angaben des Klägers wurde sein Pkw noch auf ein vor ihm stehendes Fahrzeug aufgeschoben. Das eingeholte Kraftfahrzeuggutachten bezüglich des von dem Kläger gesteuerten Fahrzeuges wies einen substanziellen Anstoß im Heckwagen mit Schwerpunkt Mitte aus. Das gesamte Heck war im mittleren Bereich nach vorne gestaucht und erheblich beschädigt. Die äußerlichen Anbauteile und Rückleuchten sowie Verkleidungsteile wurden erheblich nach vorne gestaucht. Das Rückwandblech sowie der Kofferraumboden wurden erheblich deformiert und beschädigt. Die Längsträger rechts und links hinten wurden an den Enden jeweils gestaucht und nach vorne deformiert. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Bl. 47 ff. d.A. verwiesen.

Der damals 37 Jahre alte Kläger begab sich nach dem Unfall zunächst nach Hause und stellte sich am Folgetag beim Hausarzt Dr. A vor. Über die dort vorgenommene Untersuchungen und Feststellungen liegen keine Unterlagen vor. Am 16.9.2004 begab sich der Kläger zu dem Orthopäden B, der bei der Untersuchung eine schmerzhafte Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule mit Druckschmerz in Höhe C3/4 links und eine diffuse Sensibilitätsstörung der Finger der linken Hand feststellte. Die Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule ergab keine knöchernen Verletzungen. Bei der Befundkontrolle am 27.9.2004 waren die Beschwerden weitgehend unverändert. Es erfolgte eine Überweisung zum Neurologen, der eine radikuläre Läsion der Armnerven ausschloss. Aufgrund anhaltender von dem Kläger angeführter Beschwerden wurde am 2.11.2004 eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule durchgeführt, bei der sich Bandscheibenvorfälle C5/6 und C6/7 ergaben. In einem Gutachten von Dr. C vom 3.2.2006 wurde aufgrund eines MRT vom 2.1.2006 eine deutliche Rückbildung des Bandscheibenvorfalles C6/7 festgestellt. Weiterhin wurde ein noch geringer Bandscheibenvorfall im Bereich C5/6 angegeben. Der Kläger gab an, aufgrund seiner chronischen Schmerzen unter Schlafstörungen, Schwindel, Gereiztheit, Minderbelastbarkeit, Gedächtnisstörungen und Kopfschmerzen zu leiden. Weiterhin bestünden Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule und der Kniegelenke, die belastungs- und witterungsabhängig zu wiederkehrenden Schmerzen mit eingeschränkter Belastbarkeit führten. Eine daneben bestehende Bluthochdruckerkrankung wurde hausärztlich behandelt.

Mit der Klage hat der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes über die bereits gezahlten 3.000,-- € hinaus geltend gemacht. Weiterhin hat er die Verurteilung der Beklagten zum Ersatz entgangenen Verdienstes von über 60.000,00 € verfolgt.

Hierzu hat er ausgeführt, bei seiner Arbeitssuche vor dem Schadensereignis von der Firma D ein Stellenangebot zum 15.11.2004 erhalten zu haben. Aufgrund der eingetretenen Erwerbsunfähigkeit sei er nicht in der Lage gewesen, dieses Stellenangebot anzunehmen. Bei einem ihm entstandenen Bruttogehalt von 3.800,00 € pro Monat zuzüglich 550,00 € Urlaubsgeld und unter Abzug erhaltener Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld und Krankengeld) sei ihm ein Schaden von 60.108,06 € erwachsen. Weiterhin hat der Kläger den Ausspruch der Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

Durch den Unfall habe er eine Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule und Bandscheibenvorfälle an den Wirbeln C5/C6 und C6/C7 erlitten, die dazu geführt hätten, dass der Kläger nahezu erwerbsunfähig sei und seitdem einer kontinuierlichen ärztlichen Behandlung bedürfe. Eine entsprechende Vorerkrankung des Klägers habe nicht bestanden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

a. ein über den gezahlten Betrag von 3.000,00 € hinaus gehendes angemessenes Schmerzensgeld,

b. einen Betrag in Höhe von 60.108,06 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen;

2. festzustellen dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Verkehrsunfall mit der Versicherungsnehmerin der Beklagten, Frau E , am 9.9.2004 in O1 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass der Auffahrunfall am 9.9.2004 die von dem Kläger behaupteten Verletzungen hervorgerufen habe. Da objektivierbare Befunde nicht vorlägen, die Diagnoseerstellung der von dem Kläger konsultierten Ärzte allein aufgrund der von dem Kläger angegebenen subjektiven Beschwerden erfolgt sei, sei der Nachweis eines unfallbedingten Bandscheibenvorfalles, die äußerst selten seien, nicht geführt. Vielmehr sei Ursache für die eingeschränkte Belastbarkeit des Klägers sein massives Übergewicht, seine Bluthochdruckerkrankung und die Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule sowie der Kniegelenke.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, er habe infolge des Unfalls vom 9.9.2004 zwei Bandscheibenvorfälle erlitten, so dass er trotz durchgeführter Behandlungen nach wie vor arbeitsunfähig sei, durch Einholung eines schriftlichen Zusammenhangsgutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. F. Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Gutachtens vom 23.11.2007 wird auf Bl. 78 bis 110 d.A. verwiesen. Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 3.6.2008 den schließlich gestellten Antrag auf Anhörung des Sachverständigen mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Kläger diesen Antrag nicht so rechtzeitig gestellt habe, dass der Sachverständige zu der letzten mündlichen Verhandlung am 3.6.2008 habe geladen werden können.

Das Landgericht hat sodann in dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen (Bl. 151 bis 157 d.A.).

Gegen dieses, dem Kläger am 3.7.2008 zugestellte Urteil richtet sich seine am 1.8.2008 eingelegte Berufung, die der Kläger am 2.9.2008 hat begründen lassen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Verurteilung der Beklagten entsprechend den zuletzt gestellten erstinstanzlichen Anträgen, hilfsweise die Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, dass das Landgericht verfahrensfehlerhaft den Sachverständigen nicht angehört habe, und wendet sich gegen das Gutachten, das nach seiner Ansicht schwere Mängel aufweise.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

a. ein über den gezahlten Betrag von 3.000,00 € hinaus gehendes angemessenes Schmerzensgeld,

b. einen Betrag in Höhe von 60.108,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aus dem Verkehrsunfall mit der Versicherungsnehmerin der Beklagten, Frau E , am 9.9.2004 in O1 noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist;

hilfsweise den Rechtsstreit den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Sachverständige Prof. F hat sein schriftliches Gutachten im Termin vom 28.1.2009 mündlich erläutert. Wegen der Einzelheiten seiner Angaben wird auf Bl. 254 bis 258 d.A. verwiesen.

II.

Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit Recht das Bestehen der mit der Klage verfolgten Ansprüche auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes, auf Ersatz des Verdienstausfalls und auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Ersatzpflicht künftiger aus dem Verkehrsunfall herrührender übergangsfähiger Schäden gemäß § 3 Nr. 1 PflVersG a.F. verneint. Der Kläger hat nicht den ihm obliegenden Nachweis der Ursächlichkeit des Auffahrunfalls für die von ihm behauptete schädigende Folge zweier Bandscheibenvorfälle geführt. Da der Auffahrunfall nach dem unstreitigen Sachverhalt zu einer Primärverletzung des Klägers geführt hatte, die ansonsten nach § 286 ZPO im Wege des Vollbeweises nachzuweisen war, waren die von dem Kläger behaupteten Bandscheibenvorfälle mit dem Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO nachzuweisen, der nicht auf Folgeschäden einer einzelnen Verletzung beschränkt ist, sondern auch die neben der feststehenden Körperverletzung entstehenden weiteren Schäden aus derselben Schädigungsursache umfasst (vgl. BGH VersR 2009, 69 (70); BGH VersR 2003, 474 (475); BGH VersR 1972, 372 (374)). Dieser Beweis wäre nur dann als geführt anzusehen, wenn eine erhebliche, überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass der Auffahrunfall die Bandscheibenvorfälle des Klägers herbeigeführt hat (vgl. BGH NJW-RR 2002, 166 (167) [BGH 17.10.2001 - IV ZR 205/00]; BGH NJW 1996, 775 (776) [BGH 05.12.1995 - X ZR 121/93]; VBGH JZ 1973, 427 (428) [BGH 27.02.1973 - VI ZR 27/72]; OLG Koblenz Neue Versicherungszeitschrift 2001, 269). Der Kläger hat diesen Nachweis jedoch nicht erbracht.

Das hierzu eingeholte gerichtliche Gutachten des Sachverständigen Prof. F, der sein Gutachten vor dem Senat mündlich erläutert hat, hat nicht den erforderlichen Nachweis einer Unfallkausalität für die aufgetretenen Bandscheibenvorfälle ergeben. Dass die biomechanische Belastung des Körpers des Klägers durch den Auffahrunfall dazu geführt hat, dass eine Verlagerung von Bandscheibengewebe außerhalb der normalen Zirkumferenz der Bandscheibe aufgetreten ist, ist nach den Feststellungen des Gutachters jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Der Sachverständige hat diese Feststellung unter Würdigung sowohl des Unfallmechanismus wie auch der unfallnah ärztlich dokumentierten Beschwerden, Auffälligkeiten und Befunde gewonnen. Hinsichtlich des Unfallmechanismus ist der Sachverständige in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass es bei dem Verkehrsunfall vom 9.9.2004 zu einer höheren heckseitig einwirkenden biomechanischen Belastung gekommen ist. Der Sachverständige hat hierbei, was ebenfalls nicht zu beanstanden ist, eine Differenzgeschwindigkeit zwischen 30 bis 40 km/h zugrunde gelegt, die auf das Fahrzeug und den Körper des Klägers einwirkten. Da eine verkehrstechnische Analyse nicht durchgeführt worden ist, durfte der Sachverständige diesen Ausgangspunkt wählen, der sich zum Vorteil des Klägers auswirkte, um so mehr, als der Sachverständige zum Hergang des Unfalls die Schilderung des Klägers hierzu im Übrigen zugrunde gelegt hat. Der Sachverständige hat allein aus dem Unfallmechanismus abzuleitende Bedenken dagegen angeführt, dass die mit dem Auffahrunfall verbundene biomechanische Belastung geeignet war, die Bandscheibenvorfälle herbei zu führen. Den hierfür von dem Sachverständige mitgeteilten Studien, die sich auf die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule beziehen, kann bei einer Übertragung auf die Halswirbelsäule entnommen werden, dass nur bei einer Überflexion, einer Vorbeugung über die physiologische Grenze hinaus, der Faserring der Bandscheibe reißen oder sich von der Endplatte lösen könne. Ein solcher Mechanismus war jedoch bei dem Unfallhergang deshalb nicht denkbar, weil der Kopf relativ zum Rumpf nach kurzer anfänglicher Flexionsbewegung im Wesentlichen eine Translationsbewegung nach hinten ausführte, und der Kopf gegen die Kopfstütze geriet. Damit war eine für einen Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule geeignete einwirkende biomechanische Belastung, die aus einer Vorbeugung über die physiologische Grenze hinaus bestand, nicht gegeben, so dass der Unfallmechanismus eher dagegen sprach, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule mit dem Verkehrsunfall vom 9.9.2004 bestand. Den Ausschlag dafür, anzunehmen, dass eine Ursächlichkeit des Auffahrunfalls für die Bandscheibenvorfälle nicht bestand, geben jedoch die unfallnah festgestellten ärztlich dokumentierten Beschwerden, Auffälligkeiten und Befunde.

Soweit der Kläger bei der persönlichen Begutachtung vom 11.9.2007 geschildert hatte, dass sofort nach dem Unfall Nacken-Kopfschmerzen sowie Schwindelgefühle eingetreten seien, und Schmerzen am linken Handgelenk und ein Kribbeln in den Fingern beschrieben hatte, hat der Gutachter überzeugend festgestellt, dass diese Beschwerden aus orthopädischer Sicht unspezifisch seien, sie sowohl bei unfallabhängigen wie auch bei unfallunabhängigen Beschwerdebildern im Bereich der Halswirbelsäule vorkommen können. Ein sicherer Hinweis darauf, dass diese Beschwerden im Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehen, sei damit nicht gegeben. Gegen die Annahme eines Zusammenhangs der Empfindungsstörungen im Bereich der linken Hand mit einer bandscheibendingten Problematik spricht es auch, dass nach den Feststellungen des Neurologen vom 27.9.2004 eine nervenwurzelbezogene Schädigung ausgeschlossen worden ist. Da beim bildgebenden Verfahren eine leichte Vorwölbung der Bandscheibe rechtsseitig festgestellt worden ist, konnte ein Kribbeln linksseitig nicht damit in Verbindung stehen. Der Sachverständige hat im übrigen mit Recht darauf hingewiesen, dass die von dem Kläger beschriebene Empfindungsstörung im Sinne eines Kribbelns in dem ärztlichen Befundbericht vom 16.9.2004 nicht beschrieben worden ist, desgleichen die von dem Kläger beschriebene Ausstrahlung bzw. ein Aufsteigen in den linken Unterarm bis über den Ellenbogen hinweg. Weiterhin konnten die nach dem Unfall beschriebenen Kopfschmerzen und Schwindelgefühle nicht dahin gedeutet werden, dass sie mit einer etwaigen Bandscheibenproblematik in den Segmenten C5/C6 und/oder C6/C7 stehen. Kopfschmerzen und Schwindel wären vielmehr allein bei Problemen der oberen drei Halswirbelsäulensegmente erklärbar, da in diesen oberen HWS-Segmenten Zusammenhänge zwischen Nervenwurzel und Hirnnerven bestehen. Zusammenfassend hat der Sachverständige es als sehr unwahrscheinlich bezeichnet, dass die beiden Bandscheibenvorwölbungen unfallbedingt hervorgerufen worden seien.

Durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen des Sachverständigen bestehen nicht. Soweit der Kläger angeführt hat, er sei von dem Sachverständigen nicht umfassend untersucht worden, der unzutreffende Befundtatsachen wie ein flottes Gangbild des Klägers, fehlende Schmerzen beim Zusammendrücken des Brustkorbes, eine Untersuchung in Bauchlage, die Fähigkeit des Klägers zum zügigen sich vorne Überbeugen, zu dem kräftigen Faustschluss des Klägers und zum Erreichen der Daumenspitzen mit allen Langfingerkuppen angenommen habe, hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Sachverständige alle die von ihm in seinem Gutachten vorgenommenen Untersuchungen vorgenommen hat. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass sich der Sachverständige nach seinen eigenen Angaben persönlich an den Kläger und den Untersuchungstermin nicht mehr erinnern konnte. Der Sachverständige hat jedoch glaubhaft bekundet, dass er regelmäßig die angeführten Untersuchungen selbst vorgenommen und Feststellungen getroffen hat, die in sein Gutachten eingeflossen sind. Es genügt, davon auszugehen, dass die in dem Gutachten geschilderte umfassende Untersuchung vorgenommen worden ist. Soweit der Kläger angeführt hat, der Sachverständige habe eine bestimmte Kopfstellung des Klägers zum Unfallzeitpunkt unterstellt, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst gehalten war, sich hinsichtlich dieser Anknüpfungstatsache festzulegen. Im Übrigen hat der Sachverständige unter Hinweis auf seine Ausführungen in NZV 2008, 113 (116) festgestellt, dass nach dem bisherigen Stand der medizinischen Forschung eine Verbindung zwischen der Kopfhaltung zum Zeitpunkt der Heckkollision mit dem Auftreten von Schmerzen nicht bestehe. Soweit gegen die Richtigkeit des Gutachtens weiterhin eingewandt wird, der Sachverständige habe keine gesicherte Aussage zu der auf den Kläger einwirkenden Energie treffen können, weil weder die Aufprallgeschwindigkeit noch die Masse des auffahrenden Fahrzeuges berücksichtigt worden sei, wird kein Fehler des Gutachtens des Sachverständigen aufgezeigt. Zum einen hatte das Gutachten des Sachverständigen eine Aufprallgeschwindigkeit von 30 bis 40 km/h angenommen, zum anderen hatten gerade die unfallnah festgestellten Beschwerden zu einer Verneinung der erheblichen Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Aufprall und den Bandscheibenvorfällen geführt, so dass es auf die Aufprallenergie und deren etwaige Auswirkung auf den Körper des Klägers nicht entscheidend ankommt. Weiterhin stellte es keinen Fehler des Gutachtens dar, dass der Sachverständige sich nicht mit den Auswirkungen des Unfalls auf die zum Bandscheibenschaden geneigte Konstitution des Klägers auseinandergesetzt hatte. In seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige im Anschluss an die von ihm veröffentlichte Studie (NZV 2008, 113 (115 f.) festgestellt, dass mehr Gesichtspunkte gegen eine prinzipielle höhere Verletzungsempfindlichkeit der verschleißbedingt veränderten Halswirbelsäule sprechen als dafür. Schließlich kann gegen die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen nicht eingewandt werden, dass er veraltete Literatur verwandt habe. Der Sachverständige hat hierzu glaubhaft angegeben, dass neuere Literatur hierzu nicht vorhanden sei. Etwas anderes kann auch nicht aus der von dem Kläger mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 4.3.2009 vorgelegten Studie abgeleitet werden. Die auf ältere Studien gestützte Untersuchung gibt für die Frage des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den aufgetretenen Bandscheibenvorfällen nichts her. Die statistische Aussage der Studie, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen einem Verkehrsunfall mit einem Bandscheibenvorfall in 41,15 % der untersuchten Fälle bejaht worden sei, ist für den von dem gerichtlichen Gutachter umfassend untersuchten Sachverhalt ohne Bedeutung. Im Übrigen hat der Gutachter auffällige Degenerationserscheinungen unter Auswertung der radiologischen Befunde glaubhaft verneint, so dass dieser Ansatzpunkt für den in der vorgelegten Studie anzunehmenden Anscheinsbeweis aus dem Vorliegen eines adäquaten Traumas, einer Beschwerdefreiheit unmittelbar vor dem Ereignis und dem Einsetzen einer neuen typischen Symptomatik bei Vorliegen eines erheblichen Vorschadens nicht gegeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nicht vorliegen.

RechtsgebietZPOVorschriften§ 286 ZPO

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