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20.11.2009 · IWW-Abrufnummer 093729

Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 11.02.2009 – 2 K 508/08 F

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 K 508/08 F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht den Werbungskostenabzug nach § 160 der Abgabenordnung (AO) teilweise versagt hat.

Der Kläger erzielt Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Gewerbehallen. Im Jahre 2000 ließ er schadhafte Lichtbänder in den Hallen durch Fenster ersetzen. Auf eine Zeitungsanzeige meldete sich die im November 1999 gegründete A GmbH (GmbH). Deren Geschäftsführer legte einen beglaubigten Handelsregisterauszug, eine Bestätigung seiner Gewerbeanmeldung, Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts sowie der Sozialversicherungsträger vor. Ein schriftlicher Werkvertrag wurde nicht geschlossen. Es wurden drei Maurer tätig, darunter ein X aus M. Sie mauerten zunächst Zwischenstege ein. Fensterbauer setzten dann die Fenster ein, die von den Maurern bei- und angeputzt wurden. Die im Namen der GmbH erteilten Rechnungen über insg. 80.070 DM zahlte der Kläger mit über 30 Verrechnungsschecks. Der Empfänger der Schecks quittierte den Empfang jeweils auf den Rechnungen mit unleserlichem Namen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die in der Betriebsprüfungshandakte befindlichen Kopien der Rechnungen.

Geschäftsführer der GmbH war der belgische Staatsbürger Y. Nach den Feststellungen der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ..... und ..... im straf- und steuerrechtlichen Abschlussbericht vom 29.7.2003 handelt es sich bei der GmbH um eine Strohmann-GmbH "im klassischen Sinne", die von einer kriminellen Vereinigung vorwiegend italienischer Staatsbürger beherrscht wurde. Es wurden keinerlei Steuerbeträge entrichtet, tatsächlich aber Rechnungen in Höhe von 11,1 Millionen DM erteilt. Die Aussagen u.a. des Konzessionsträgers bestätigten, dass es sich um eine "reine Strohmanngesellschaft" gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21-30 des Berichts in der Betriebsprüfungshandakte Bezug genommen.

Die Rädelsführer der kriminellen Vereinigung verurteilte die 3. Große Strafkammer des Landgerichts O in ihrem rechtskräftigen Urteil vom 21.11.2002 wegen Steuerhinterziehung und gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu Freiheitsstrafen. Nach den Feststellungen der Großen Strafkammer gehört die GmbH zu einem Kreis von "Scheinfirmen" bzw. "Serviceunternehmen", die Schwarzarbeitern und ihren Auftraggebern die Hinterziehung von Lohn- und Umsatzsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträgen ermöglicht haben. Für diese Dienstleistungen erhielten die vermutlich der italienischen Mafia nahestehenden Angeklagten von ihren Kunden, den Kolonnenschiebern und Rechnungskäufern, jeweils eine Provision, die sie nicht versteuerten. Zu den Dienstleistungen der GmbHs gehörte neben der Erstellung von Scheinrechnungen auch die Bereitstellung von sog. "Unbedenklichkeitspaketen". Die Große Strafkammer führte aus, dass die Auftraggeber vielfach, um sich formal abzusichern, solche Nachweise verlangten. Mit den von den Serviceunternehmen bereit gestellten Unterlagen könnten die Auftraggeber die gezahlte Vergütung "zu Unrecht als Betriebsausgaben und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer steuerlich geltend machen". Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen der Großen Strafkammer, Bl. 13-24 der Urteilsgründe (Betriebsprüfungshandakte), Bezug genommen. Die Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der Angeklagten.

Der Kläger machte die Zahlungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 2000 zunächst wie erklärt mit null DM fest und stellte den verbleibenden Verlustvortrag zum 31.12.2000 auf 296.567 DM fest. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ..... fand im Jahre 2004 eine Außenprüfung zur Einkommen- und Umsatzsteuer 2000 bei dem Kläger statt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die GmbH sei eine Scheingesellschaft und könne daher nicht der Empfänger der Leistungen sein. Der Kläger erläuterte, der "Scheck-Abholer" habe wohl "Z" oder ähnlich geheißen. Er vertrat die Auffassung, Empfänger der Zahlungen sei die A GmbH gewesen, die keine Schein- oder Domizilgesellschaft gewesen sei, sondern mit eigenen Mitarbeitern die Werkleistungen erbracht habe. Der Prüfer kam -neben anderen, nicht streitigen Feststellungen- demgegenüber zu dem Ergebnis, dass nach § 160 AO der Werbungskostenabzug hins. der Zahlungen an die A GmbH in Höhe des Bruttobetrages von 83.070 DM zu versagen sei.

Am 15.2.2005 erließ der Beklagte dementsprechend auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderungsbescheide und stellte den verbleibenden Verlustvortrag mit 198.599 DM fest. Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als der Beklagte die nach § 160 AO nicht abzugsfähigen Werbungskosten auf den Nettobetrag in Höhe von 71.612 DM beschränkte und den Verlustvortrag auf 210.057 DM festsetzte.

Der Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung aus, dass die Aufforderung zur Benennung des Empfängers geboten sei, weil die GmbH als Servicegesellschaft nicht Empfängerin der Leistung gewesen sein könne. Es bestehe die Vermutung, dass die wahren Empfänger die Leistungen nicht versteuert hätten. Der Kläger trage das Täuschungsrisiko, weil er Anlass gehabt hätte, an der Seriosität und Redlichkeit seines Geschäftspartners zu zweifeln. Ungewöhnlich sei schon, dass der Geschäftsführer bei dem ersten geschäftlichen Kontakt einen Handelsregisterauszug, die Gewerbeanmeldung und etliche andere Unterlagen präsentiert habe. Einem erfahrenen Kaufmann wie dem Kläger oder seinem Handlungsbevollmächtigten hätte ein "solch offensives Vorgehen" auffallen oder zumindest Zweifel an der Lauterkeit des Geschäftspartners erwecken müssen. Ungewöhnlich sei weiter, dass der Kläger mit einem unbekannten Unternehmen keinen schriftlichen Vertrag bei einem Auftragsvolumen von rund 80.000 DM geschlossen habe. Schließlich spreche gegen den Kläger, dass die Zahlung mit über 30 Verrechnungsschecks als unlauteres Geschäftsgebaren anzusehen sei.

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Kürzung der Werbungskosten. Er ist der Auffassung, zivilrechtliche Gläubigerin und damit zugleich auch Empfängerin im Sinne des § 160 AO sei die A GmbH gewesen. Die vom Beklagten für seine gegenteilige Rechtsansicht zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) beträfen die ganze andere Konstellation der Domizilgesellschaften. Weil zwei bis drei Maurer keine Kolonne seien, müsse die GmbH auch eigene Arbeitskräfte gehabt haben, denn die vorliegende Konstellation sei für einen großen Systembetrug zu kleinteilig. Die Serviceunternehmen hätten in dem System einen gewissen Freiraum gehabt, selbst Steuern zu hinterziehen und davon zu profitieren.

Hilfsweise müssten die von der Strafkammer verurteilten Angeklagten oder die auf der Baustelle erschienen Maurer als die Empfänger angesehen werden. Die Angeklagten habe der Kläger nicht gekannt, wohl aber der Beklagte aufgrund der Kontrollmitteilungen. Sofern diese das Geld an Kolonnenschieber weiter geleitet hätten, so schließe dies nicht aus, dass es zunächst zu Einkünften bei den Angeklagten geführt habe. Sofern das Finanzamt annehme, dass die Kolonnenschieber die Empfänger der Leistung gewesen seien, so müssten die zwei oder drei Maurer in der Form einer GbR organisiert gewesen sein. Der Kläger benenne einen von ihnen als X. Alle Gesellschafter einer GbR seien vertretungs- und empfangsbefugt.

Zum Sachverhalt trägt der Kläger ergänzend vor, er sei kein Bauunternehmer, sondern habe einen Komplex von Gewerbehallen geerbt, die früher zu einem Unternehmen seiner Familie gehört hätten. Für diese Arbeiten habe der zwischenzeitlich verstorbene Bevollmächtigte des Klägers per Zeitungsanzeige Bauunternehmen gesucht. Gemeldet habe sich die A GmbH. Der Kläger habe die von ihr vorgelegten Bescheinigungen als hilfreich angesehen, da es nach der Art der Arbeiten und wegen der Annoncierung nicht fernliegend gewesen sei, dass sich Schwarzarbeiter melden würden. Es wäre seiner Ansicht nach abwegig gewesen, einen (schriftlichen) Werkvertrag zu schließen, denn es habe sich um "Flick- und Fummelarbeiten" gehandelt, die nur über einen Stundenlohn hätte entgolten werden können. Auf diesem Wege hätte er den Auftrag auch unkompliziert beenden können. Der Kläger habe sich weder mit Werkverträgen noch im Rohbaubereich ausgekannt.

Die A GmbH habe zugesagt, zwei bis drei Arbeiter bereit zu stellen, deren Arbeit vom Bevollmächtigten des Klägers leicht zu überwachen gewesen sei. Die GmbH habe jeweils, wenn ein Auftragsvolumen von 5.000 DM erreicht war, eine Rechnung erteilt. Der Bevollmächtigte des Klägers habe immer erst einen Teilbetrag und nach Prüfung der Leistung den Restbetrag - wiederum per Scheck - gezahlt. Teilweise habe er auch die Rechnungen korrigiert. Der Scheck sei an einen Angestellten der GmbH, nicht an einen der Maurer, übergeben worden, der diese mit "i.A. T" oder ähnlich quittiert habe.

Der Kläger habe nichts von den kriminellen Machenschaften der GmbH gewusst. Erst über ein Jahr später habe er von der Staatsanwaltschaft von den Vorgängen erfahren. Besonders empörend sei, dass das Finanzamt aus dem Umstand, dass die GmbH Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorgelegt habe, schließe, dass der Kläger wusste bzw. wissen konnte, dass die GmbH eine Servicegesellschaft war.

Der Kläger beantragt,

den Änderungsbescheid vom 15.2.2005 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.1.2008 dahin zu ändern, dass der Verlustvortrag um 71.612 DM erhöht wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht den Werbungskostenabzug in Höhe der Nettobeträge gem. § 160 AO versagt und den auf den 31.12.2000 festzustellenden verbleibenden Verlustvortrag (§ 10 d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG) entsprechend gemindert.

Nach § 160 Abs. 1 S. 1 AO sind u.a. Werbungskosten steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder Empfänger genau zu benennen. Die Ermessensausübung vollzieht sich in zwei Stufen: Das Finanzamt entscheidet zunächst nach pflichtgemäßem Ermessen, ob ein Benennungsverlangen geboten ist. Auf der zweiten Stufe der Ermessensausübung entscheidet das Finanzamt, ob und inwieweit die in § 160 Abs.1 AO genannten Ausgaben, bei denen der Empfänger nicht genau benannt ist, zum Abzug zuzulassen sind (u.a. BFH-Urteil vom 30.8.1995 I R 126/94, BFH/NV 1996, 267). Die Ausübung des Ermessens kann vom Gericht uneingeschränkt überprüft werden (vgl. § 96 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO; BFH-Urt. v. 25.11.1986 VIII R 350/82, BStBl. 1987 II, 286, 287).

1. Hinsichtlich der Anwendung des § 160 AO in vergleichbaren Fällen liegt eine gefestigte Rechtsprechung vor, nach der folgende Grundsätze zu beachten sind (siehe umfassend BFH-Urt. vom 20.4.2005 X R 40/04 BFH/NV 2005, 1739 jeweils mit umfangreichen Nachweisen):

a) Empfänger im Sinne des § 160 AO ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte derjenige, dem der in der Betriebsausgabe enthaltene wirtschaftliche Wert übertragen wurde. Ist eine natürliche oder juristische Person, die die Zahlungen unmittelbar entgegennahm, lediglich zwischengeschaltet, weil sie entweder mangels eigener wirtschaftlicher Betätigung die ausbedungenen Leistungen nicht erbringen konnte oder weil sie aus anderen Gründen die ihr erteilten Aufträge und die empfangenen Gelder an Dritte weiterleitete, ist sie nicht Empfänger im Sinne des § 160 Abs. 1 S. 1 AO, so dass die hinter ihr stehenden Personen, an die die Gelder letztlich gelangt sind, zu benennen sind. Denn der Zweck des § 160 AO ist die Verhinderung von Steuerausfällen. Es soll sichergestellt werden, dass nicht nur die steuermindernde Ausgabe beim Steuerpflichtigen, sondern auch die damit korrespondierende Einnahme beim Geschäftspartner erfasst wird (BFH a.a.O.).

b) Ein Benennungsverlangen ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn aufgrund der Lebenserfahrung die Vermutung nahe liegt, dass der Empfänger einer Zahlung den Bezug zu Unrecht nicht versteuert hat. Das ist regelmäßig der Fall, wenn anzunehmen ist, dass die Angaben über den Empfänger einer Zahlung (Name und Anschrift) in der Buchführung unzutreffend oder nicht vollständig sind. Mit dem Ziel einer zutreffenden und gleichmäßigen Steuererhebung hat die Finanzbehörde dann ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe des zutreffenden Namens und der richtigen Adresse, um ohne besondere Schwierigkeiten und Zeitaufwand in der Lage zu sein, den Empfänger zu ermitteln und die Beträge bei ihm zu erfassen (BFH a.a.O.).

c) Allerdings steht das Benennungsverlangen in besonderem Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Das bedeutet, dass das Verlangen nicht unverhältnismäßig sein darf und die für den Steuerpflichtigen zu befürchtenden Nachteile (z.B. wirtschaftliche Existenzgefährdung) nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg (z.B. geringfügige Steuernachholung bei den Empfängern) stehen dürfen. Bei der Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens kann nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist, inwieweit für den Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen (BFH a.a.O.).

2. Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat der Beklagte sein Ermessen recht- und zweckmäßig ausgeübt:

a) Die Aufforderung, die Empfänger der Leistung zu benennen, ist im Streitfall geboten, weil Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese die Leistungen nicht versteuert haben.

aa) Empfänger bzw. Gläubiger im Sinne des § 160 AO ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht notwendigerweise der zivilrechtliche Gläubiger der Forderung. Wird wie im Streitfall eine juristische Person zwischengeschaltet, so sind - wie bereits ausgeführt - die Hintermänner die Empfänger im Sinne des § 160 AO. Dies gilt nicht nur dann, wenn es sich bei dem unmittelbaren Zahlungsempfänger um eine sog. (ausländische) Domizilgesellschaft handelt, sondern auch bei der Zwischenschaltung einer sog. Servicegesellschaft im Baugewerbe (vgl. Finanzgericht Düsseldorf Beschl. vom 15.7.1999 3 V 3741/98 A (G,U,F) bei [...], Finanzgericht Düsseldorf Urt. vom 19.7.2001 10 K 332/99 F, EFG 2001, 1340; Hessisches Finanzgericht Urt. v. 6.2.2002 4 K 1505/99, EFG 2002, 1563; Finanzgericht Bremen Beschl. v. 11.1.2005 2 V 79/04 (5), EFG 2005, 671).

Aufgrund der Feststellungen der Großen Strafkammer und der Steuerfahndung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die A GmbH nicht selbst die Bauleistungen erbracht hat, sondern als sog. Servicegesellschaft tätig geworden ist und Rechnungen für die eigentlichen Bauunternehmer, die "Kolonnenschieber", ausgestellt hat. Das andere typische Geschäftsmodell einer "Servicegesellschaft", die Ausstellung von Scheinrechnungen für sog. Rechnungskäufer, ist im Streitfall nicht einschlägig, jedenfalls haben weder die Steuerfahndung noch der Beklagte entsprechende Anhaltspunkte dafür gefunden. Der Senat geht daher davon aus, dass die Bauleistungen tatsächlich von - bis heute unbekannten - Bauunternehmern, den Kolonnenschiebern, erbracht worden sind.

Die gegen diese Feststellung erhobenen Einwendungen des Klägers sind unsubstantiiert. Der Ansicht des Klägers, bei drei Maurern könne man nicht von einer "Kolonne" sprechen, so dass die Möglichkeit verbleibe, dass die A GmbH doch ausnahmsweise selbst als Bauunternehmerin tätig geworden sei, folgt der Senat nicht. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung wurde die A GmbH ausschließlich als Servicegesellschaft tätig. Diese Feststellung wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass bei dem Kläger nur drei Maurer tätig wurden. Es ist nicht ersichtlich, warum sog. "Kolonnenschieber" nicht auch vergleichsweise kleinere Aufträge übernehmen sollten, zumal das Gesamtvolumen des Auftrags mit über 80.000 DM nicht mehr als geringfügig anzusehen ist.

bb) Die Hintermänner wären auch dann als die Empfänger im Sinne des § 160 AO anzusehen, wenn die A GmbH umsatzsteuerlich als Leistende anzusehen wäre. Denn der Beklagte hat den Abzug der Werbungskosten nur hins. des Nettobetrages versagt. Entscheidend ist demnach, wer ertragsteuerlich die mit der Zahlung verbundenen Einnahmen zu versteuern gehabt hätte.

b) Der Kläger hat die Empfänger nicht "genau" benannt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die von der Großen Strafkammer verurteilten Angeklagten oder die vor Ort erschienen Maurer die Empfänger im Sinne des § 160 AO waren. Die Weiterleitung des Entgelts von der GmbH an die Kolonnenschieber führt nicht dazu, dass die GmbH oder die hinter ihr stehenden "Rädelsführer" die Leistungen zu versteuern hätten. Sie verwirklichen den Tatbestand der Einkunftserzielung nur hinsichtlich der Provisionen für die Ausstellung der Rechnungen. Warum die Maurer im Streitfall in Form einer GbR selbst unternehmerisch tätig geworden sein sollten, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Es handelt sich dabei um eine unsubstantiierten Behauptung "ins Blaue" hinein, die in keiner Weise nachprüfbar ist.

c) Das Benennungsverlangen war dem Kläger - unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsgrundsätze - zuzumuten. Unzumutbar ist das Benennungsverlangen insb. dann, wenn der Kläger selbst Opfer einer für ihn nicht durchschaubaren Täuschung geworden ist und sich ihm nicht Zweifel hinsichtlich seines Geschäftspartners aufdrängen mussten (BFH-Urt. v. 4.4.1996 IV R 55/04, BFH/NV 1996, 801, 802). Es dürfen von dem Steuerpflichtigen dabei keine Erkundigungen verlangt werden, zu denen selbst die Finanzbehörden nicht in der Lage sind (BFH-Urt. v. 17.10.2001 I R 19/01, BFH/NV 2002, 609).

Nach eingehender Würdigung aller Gesichtspunkte kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass im Streitfall ausreichende Gesichtspunkte vorliegen, um auszuschließen, dass der Kläger das Opfer einer undurchschaubaren Täuschung geworden ist, sondern dass sich ihm Zweifel an dem Empfänger seiner Zahlungen aufdrängen mussten. Dafür sind folgende Überlegungen maßgebend:

aa) Die Art der Geschäftsanbahnung - Meldung einer erst vor kurzer Zeit gegründeten, sonst unbekannten GmbH auf eine Zeitungsannonce - musste bereits Anlass zu der Sorge sein, dass sich Schwarzarbeiter für die Arbeiten melden würden. Das räumt auch der Kläger ein, der sich aber darauf beruft, dass er wegen der Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigungen keinen Grund gehabt habe, weitere Erkundigungen vorzunehmen.

Grundsätzlich nimmt der Senat an, dass ein Steuerpflichtiger auf behördliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen vertrauen darf (so auch Finanzgericht Düsseldorf Urt. v. 19.7.2001 a.a.O. S. 1341 mit zust. Anm. Valentin), wenn nicht zusätzliche Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Steuerpflichtige gehalten ist, weitere Erkundigungen vorzunehmen. Ausnahmsweise kann allerdings gerade umgekehrt die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen ein Indiz dafür sein, dass der Auftraggeber an der Redlichkeit des Geschäftspartners zweifeln musste (so etwa im Fall des Finanzgerichts Düsseldorf Beschl. vom 15.7.1999 a.a.O.; siehe auch Finanzgericht Bremen Beschl. v. 11.1.2005 a.a.O.). Dies hat der Beklagte in der Einspruchsentscheidung angenommen.

Im Streitfall folgt der Senat nicht der Ansicht des Beklagten, dass schon die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigungen für den Kläger Anlass gewesen sein müsste, an der Redlichkeit der A GmbH zu zweifeln. Wie sich auch aus den Feststellungen der Großen Strafkammer ergibt, gehört es allerdings zu den typischen Funktionen einer Servicegesellschaft, Unbedenklichkeitsbescheinigungen für die Schwarzarbeit der Kolonnenschieber bereit zu stellen. Deshalb kann der Umstand, dass eine GmbH unaufgefordert Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorlegt, wie sie eine seriöse Firma nicht vorlegen würde, durchaus ein Grund für den Auftraggeber sein, weitere Nachforschungen anzustellen. Dies setzt allerdings nach Auffassung des Senats zumindest voraus, dass der Steuerpflichtige mit den Usancen der Schattenwirtschaft im Baugewerbe und ggf. sogar mit dem Geschäftsmodell derartiger Servicegesellschaften vertraut ist. Dafür fehlen im Streitfall die nötigen Anhaltspunkte. Der Kläger ist schließlich kein Bauunternehmer und auch nicht in der Baubranche tätig.

bb) Im Streitfall liegen jedoch besondere Umstände vor, weshalb der Kläger nicht auf die Unbedenklichkeitsbescheinigungen vertrauen durfte. Der Senat hält es insoweit für geboten, im Bereich der Bauwirtschaft grundsätzlich einen vergleichsweise strengen Maßstab anzuwenden. Denn dieser Bereich ist nicht nur objektiv besonders anfällig für Schwarzarbeit, sondern dafür auch allgemein bekannt (so auch BFH-Beschluss vom 30.11.2004 XI B 48/04, BFH/NV 2005, 1209).

Neben der Art der Geschäftsanbahnung misst der Senat dem Umstand, dass der Kläger keinen schriftlichen Werkvertrag abgeschlossen hat, entscheidendes Gewicht bei. Es entspricht nicht ordentlichem Geschäftsgebaren, einen Auftrag mit einem Gesamtvolumen von über 80.000 DM ohne Kostenvoranschläge und ohne Abschluss eines schriftlichen Werkvertrags an eine erst vor kurzer Zeit gegründete und bis dahin nicht bekannte GmbH zu vergeben. Gerade wenn der Kläger, wie er vorträgt, erkannt hatte, dass die Gefahr bestand, dass sich Schwarzarbeiter melden würden, so fragt sich, warum er keinen schriftlichen Vertrag geschlossen hat, und stattdessen die Arbeiten je nach Bedarf ausgeführt und jeweils zum Ende der Woche abgerechnet wurden. Der Kläger hat zur Erklärung vorgetragen, dies sei sehr praktisch gewesen, da es sich um "Fummelarbeiten" gehandelt habe und er auf diesem Wege jederzeit den Auftrag hätte beenden können. Eine solche "Flexibilität" des Bauunternehmens musste aber auch Zweifel an der Redlichkeit der A GmbH erzeugen und hätte erwarten lassen, dass der Kläger weitere Erkundigungen über die Redlichkeit und Zuverlässigkeit der GmbH vornehmen würde.

cc) Der Umstand, dass die Zahlungen trotz der auf den Rechnungen angegebenen Bankverbindung etwa wöchentlich per Verrechnungsscheck erfolgten und der Scheckabholer nicht identifiziert werden konnte, bestätigt dieses Ergebnis. Der BFH hat entschieden, dass es nicht allgemeiner Geschäftsübung im ordentlichen Geschäftsverkehr entspreche, hohe Beträge bar auszuzahlen (BFH-Beschluss vom 30.11.2004 a.a.O.). Die Zahlung per Verrechnungsscheck dürfte demgegenüber für sich genommen nicht so aussagekräftig wie Barzahlungen sein, schon weil die Servicegesellschaften nach den Feststellungen der Großen Strafkammer gerade aus diesem Grunde von Barzahlungen zu Scheckzahlungen übergegangen sind. Zusammen mit den übrigen Indizien gesehen spricht aber auch die Zahlungsweise dafür, dass sich dem Kläger der Verdacht aufdrängen musste, dass die A GmbH kein redlicher Geschäftspartner sein konnte.

3. Der Beklagte hat den Werbungskostenabzug in Höhe der Nettobeträge versagt. Dagegen bestehen keine Bedenken, da nach den Feststellungen der Steuerfahndung und der Großen Strafkammer davon auszugehen ist, dass die Empfänger die mit den Werbungskosten korrespondierenden Einnahmen nicht versteuert haben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sind nicht ersichtlich.

RechtsgebietAOVorschriftenAO § 160

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