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29.07.2009 · IWW-Abrufnummer 092469

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 02.04.2009 – 1 K 2778/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


HESSISCHES FINANZGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Geschäftsnummer:
1 K 2778/07

In dem Rechtsstreit

wegen Erbschaftsteuer

hat der 1. Senat des Hessischen Finanzgerichts mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 2. April 2009 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
des Richters am Hessischen Finanzgericht
der ehrenamtlichen Richterin
des ehrenamtlichen Richters

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Erwerb des Klägers aus einer Lebensversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) der Erbschaftsteuer unterliegt.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger ist zu 1/2 Miterbe nach der am ... 2004 verstorbenen E (Erblasserin).

Außerdem ist er Begünstigter einer Lebensversicherung der Erblasserin.

Die Erblasserin hatte mit der X Lebensversicherung - AG als Versicherungsnehmerin eine Versicherung auf ihr Leben abgeschlossen und den Kläger als Begünstigten eingesetzt. Die monatlichen Versicherungsprämien in Höhe von ... DM (... ¤) wurden von der Erblasserin von ihrem Konto bezahlt.

Der Kläger lebte seit ... ( über 20 Jahre ) bis zu deren Tode mit der Erblasserin in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Sie führten einen gemeinsamen Haushalt und eine gemeinsame Kasse für den täglichen Lebensunterhalt.

Durch Steuerbescheid vom 3. Dezember 2004 setzte der Beklagte gegen den Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von ... ¤ fest. Neben einem Erwerb durch Erbanfall in Höhe von ... ¤ berücksichtigte der Beklagte auch die ausgezahlte Lebensversicherungssumme von ... ¤ als sonstigen Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu Gunsten des Klägers.

Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die Lebensversicherung dürfe bei der Erbschaftsteuerfestsetzung nicht berücksichtigt werden, wurde durch Einspruchsentscheidung vom 5. September 2007 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger verfolgt auch im Klageverfahren sein Ziel weiter, dass die Lebensversicherungssumme nicht als steuerpflichtiger Erwerb zu berücksichtigen sei.

Zwar habe er die Beiträge zur Lebensversicherung nicht selbst bezahlt. Auf Anraten des Versicherungsvertreters seien die monatlichen Prämien vom Konto der Erblasserin beglichen worden. Die Erblasserin habe die Versicherungsbeiträge aber nur deshalb erbringen können, da er sie bei den Ausgaben des täglichen Lebens unterstützt habe. Da er ein höheres Einkommen erzielt habe, habe er etwa 2/3 der Lebenshaltungskosten getragen. Gemeinsame Versicherungen (Haftpflicht, Hausrat, Kfz) habe er alleine bezahlt. Größere Anschaffungen und Urlaubsreisen habe er alleine finanziert. Wirtschaftlich gesehen habe er somit letztlich selbst die Lebensversicherungsbeiträge geleistet. Aus diesem Grunde stelle der Erwerb aus der Lebensversicherung für ihn keine Bereicherung dar.

Der Erwerb müsse als steuerfrei behandelt werden.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 5. September 2007 und Abänderung des Erbschaftsteuerbescheides vom 3. Dezember 2004 die Erbschaftsteuer auf null Euro herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Da die Erblasserin die Versicherungsbeiträge von ihrem eigenen Konto geleistet habe und dem Kläger die Versicherungssumme als Begünstigter zugeflossen sei, sei dieser Erwerb auch bei der Erbschaftsteuerfestsetzung mitzuberücksichtigen.

Wirtschaftlich gesehen sei daher auch von einer Bereicherung des Klägers auszugehen. Der Kläger könne sich auch nicht auf das Urteil des Finanzgerichts München vom 26. Juli 2006, 4 K 4359/03, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2006, 1921, berufen. In dem dort entschiedenen Fall habe der Erbe die Versicherungsprämien nachweislich von seinem Konto und damit aus seinem Vermögen geleistet, was hier aber gerade nicht der Fall gewesen sei.

Dem Senat lag ein Band Erbschaftsteuerakte (Steuernummer: ...) vor.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - ohne mündliche Verhandlung.

Die Klage ist unbegründet.

Der angegriffene Erbschaftsteuerbescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Recht den Erwerb des Klägers als Bezugsberechtigter der Lebensversicherung der Erblasserin als Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) erfasst.

Nach dieser Norm gilt als Erwerb von Todes wegen jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird.

Ein Vertrag zu Gunsten Dritter gemäß § 331 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch, bei dem die Leistung an einen Dritten nach dem Tode desjenigen erfolgen soll, welchem sie versprochen worden ist, führt beim Tod des Versprechensempfängers (hier der Erblasserin) regelmäßig zu einem derartigen Erwerb von Todes wegen bei dem Dritten (hier dem Kläger). Allerdings setzt die Steuerbarkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG voraus, dass die Zuwendung an den Dritten im Verhältnis zum Erblasser (sog. Valutaverhältnis) alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigebigen Zuwendung aufweist (vgl. dazu Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum ErbStG, § 3 Anm. 278 m.w.H.). Bei dem nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerpflichtigen Erwerb durch Vertrag zu Gunsten Dritter handelt es sich vom Typus her um eine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die nur deshalb dem Erwerb von Todes wegen zugerechnet wird, weil die die Steuerpflicht auslösende Bereicherung des Dritten erst beim Tode des Erblassers als Zuwendendem eintritt. Daher verlangt auch der Erwerb im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eine objektive Bereicherung des Dritten und ein Entreicherung des Erblassers.

Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt hier ein steuerpflichtiger Erwerb des Klägers gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor.

Durch die Auszahlung der Versicherungssumme ist der Kläger auf Kosten der Erblasserin bereichert worden. Da die Erblasserin sämtliche Versicherungsprämien aus ihrem eigenen Vermögen bezahlt hat und nicht der Kläger die monatlichen Zahlungen erbrachte, liegen eine Entreicherung der Erblasserin und eine Bereicherung des Klägers vor. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass daher die Entscheidung des Finanzgerichts München vom 26. Juli 2006, 4 K 4359/03 a.a.O. auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist. In dieser Entscheidung hatte das Finanzgericht München eine Bereicherung des Erben insoweit verneint, als der Erbe selbst Versicherungsprämien gezahlt hatte.

Nach Ansicht des Senates entfällt eine Bereicherung des Klägers nicht aufgrund der Tatsache, dass er über mehr als 20 Jahre mit der Erblasserin in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft gelebt hat und im Rahmen dieser einen höheren Unterhaltsbeitrag als die Klägerin geleistet hat. Zwar ist davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der Tatsache, dass er ein höheres jährliches Einkommen erzielte als die Erblasserin, auch einen höheren Beitrag zu dem gemeinsamen Lebensunterhalt gezahlt hat. Dass demgegenüber aber praktisch als "Gegenleistung" von der Erblasserin die Versicherungsleistung aus der Lebensversicherung erbracht werden sollte, wird vom Kläger selbst nicht vorgetragen.

Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Kläger und der Erblasserin ein solches Valutaverhältnis vereinbart wurde, sind auch für den Senat nach Aktenlage nicht erkennbar. Die Erblasserin war aufgrund ihrer Einkommensund Vermögensverhältnisse, so gehörte zum Nachlass Geldvermögen von über ... ¤, auch jederzeit in der Lage, die monatlichen Versicherungsprämien aus ihrem eigenen Vermögen zu zahlen und war zur Zahlung der Prämien nicht auf die Unterstützung des Klägers angewiesen. Dass in einer Partnerschaft derjenige, der über ein höheres Einkommen verfügt, regelmäßig höhere Beiträge zum gemeinsamen Lebensunterhalt erbringt, ändert nichts an dieser rechtlichen Wertung (im Ergebnis ebenso Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Dezember 1993, 4 K 1130/93, EFG 1994, 665). Wirtschaftlich gesehen führt dies im vorliegenden Fall keineswegs dazu, dass der Kläger deshalb im Innenverhältnis zur Erblasserin etwa die Stellung des Versicherungsnehmers der hier streitigen Lebensversicherung erlangen sollte oder er seine Stellung als Begünstigter entgeltlich erworben hat (vgl. dazu auch Urteile des Hessischen Finanzgerichts vom 11. April 1989 X 182-183/82, EFG 1989, 518 sowie des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. Februar 199 III R 334/94, EFG 1999, 1141).

Unter Berücksichtigung dieser Gesamtumstände stellt der Erlös des Klägers aus der Lebensversicherung einen Erwerb im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dar.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

RechtsgebietErbStGVorschriftenErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4

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