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06.05.2009 · IWW-Abrufnummer 091019

Finanzgericht Bremen: Beschluss vom 11.12.2008 – 2 K 100/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BREMEN

2 K 100/08 (1)

IM NAMEN DES VOLKES

GERICHTSBESCHEID

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 2006

hat das Finanzgericht Bremen - 2. Senat - am 11. Dezember 2008 XXX für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Nichtberücksichtigung von Malerarbeiten (Tapezieren und Streichen von Innenwänden und Decken) als haushaltsnahe Dienstleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG).

Die Kläger sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2006) als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG und eine Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG.

Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG beliefen sich auf 3.000,- €. Dieser Betrag war den Klägern von dem Meisterbetrieb Firma F als Arbeitskosten i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG für im Jahr 2006 erbrachte Malerarbeiten in Rechnung gestellt worden. Ausweislich der im Klageverfahren vorgelegten Bestätigung der Firma F handelte es sich um Malerarbeiten im Treppenhaus und im Flur der 1. Etage des von den Klägern bewohnten Hauses. Es wurden Tapeten an den Wänden und Decken entfernt, kleinere Unebenheiten ausgespachtelt, Haftgrund aufgebracht, Wände und Decken mit Rauhfasertapete neu tapeziert und mit weißer Binderfarbe gestrichen. Nach den Angaben der Firma F setzten diese Arbeiten keine besonderen handwerklichen Fertigkeiten und Kenntnisse voraus und können regelmäßig durch Haushaltsangehörige erbracht werden.

Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG beliefen sich auf 2.320,- €. Bei diesem Betrag handelte es sich um Arbeitskosten i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG, die bei der Neugestaltung des Eingangsbereichs des von den Klägern bewohnten Hauses im Jahr 2006 angefallen und von der Firma M in Rechnung gestellt worden waren. Die Arbeiten bestanden im fachgerechten Abbruch der bestehenden Windfangwände einschließlich der Türzarge unter gleichzeitiger fachmännischer Abstützung der darüber befindlichen Galerie, im fachgerechten Abbruch einer mehrere Quadratmeter großen Glasbaustein-Wand im Eingangsbereich nebst Vorbereitungsarbeiten zum Einbau der neuen Eingangselemente unter Abstützung der hinter der Glasbaustein-Wand befindlichen Heizkörper, außerdem in der Entfernung des alten Bodenbelags im Eingangsbereich, der Glättung des Estrich-Untergrundes sowie der Neuverlegung von Fliesen einschließlich der Anbringung von Sockelleisten und des Einsetzens eines Fliesenmosaiks.

Die Neugestaltung des Eingangsbereichs einerseits und die Malerarbeiten im Treppenhaus und im Flur der 1. Etage andererseits wurden zeitlich nacheinander ausgeführt. Sie standen in keinem räumlichen oder inhaltlichen Zusammenhang.

Die Kläger wiesen dem Beklagten ihre vorgenannten Aufwendungen i.H.v. 3.000,- € und 2.320,- € durch Vorlage von im Jahr 2006 erteilten Rechnungen und die jeweils im Jahr 2006 getätigten Zahlungen auf das Konto der Firma F bzw. der Firma M durch Vorlage von Kontoauszügen nach.

Abweichend von der Einkommensteuererklärung der Kläger ordnete der Beklagte die Malerarbeiten in Treppenhaus und Flur der 1. Etage nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ein, sondern behandelte sie als Handwerkerleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG, weil sie von Handwerkern ausgeführt worden waren. Dementsprechend ging er von Aufwendungen für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.H.v. insgesamt 5.320,- € (= 2.320,- € + 3.000,- €) aus und gewährte den Höchstbetrag der Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG von 600,- €. Gegen den entsprechend ergangenen Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. August 2007 legten die Kläger am 21. September 2007 Einspruch ein.
Zur Begründung ihres Einspruchs machten die Kläger geltend, dass es sich bei den Malerarbeiten in Treppenhaus und Flur der 1. Etage nicht um Handwerkerleistungen handele. Das Tapezieren und Streichen von Innenwänden nach Abwohnung seien Tätigkeiten, die gewöhnlich von Familienangehörigen, also haushaltsnah erledigt würden. Auf diese Abgrenzung sei entgegen der neueren Auffassung des BMF im Schreiben vom 3. November 2006 (IV C 4 - S 2296 b - 60/06, BStBl I 2006, 711) weiterhin abzustellen (z.B. Blümich/Erhard § 35a EStG Rz 42, m.w.N.). Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 35a Abs. 2 EStG (haushaltsnahe Dienstleistungen) durch die zusätzliche Abzugsfähigkeit von Handwerkerleistungen sei nicht begründbar. Weder aus dem Gesetzestext noch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass der Gesetzgeber durch die neue Abzugsmöglichkeit alle handwerklichen Leistungen habe „konzentrieren“ und damit den Anwendungsbereich der haushaltsnahen Dienstleistungen habe einschränken wollen. Vor dem Hintergrund der erfolgreichen Einführung der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen stelle die Schaffung einer Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen eine Ausweitung dar, die den bisherigen Anwendungsbereich der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht berühre. Wenn Arbeiten an Innenwänden bislang zu Recht als haushaltsnahe Dienstleistungen eingeordnet worden seien, weil sie üblicherweise von Haushaltsmitgliedern durchgeführt würden, so könne sich daran durch die Abzugsfähigkeit von (anderen) handwerklichen Leistungen nichts geändert haben.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.

Gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ermäßige sich für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach Satz 2 seien, die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, höchstens 600,- €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßige sich die tarifliche Einkommensteuer ebenfalls um 20 %, höchstens 600,- €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen (§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG).

§ 35a Abs. 2 Satz 2 EStG gelte dabei für alle handwerklichen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder kleine Ausbesserungsarbeiten handele, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt würden, oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die im Regelfall nur von Fachkräften durchgeführt würden (BMF-Schreiben in BStBI I 2006, 711). Als handwerkliche Tätigkeiten habe das BMF u.a. Arbeiten an Innen- und Außenwänden angesehen.

Da im Streitfall sämtliche Arbeiten (Maler- und Renovierungsarbeiten) von Handwerkern durchgeführt worden seien, seien zu Recht sämtliche Aufwendungen unter § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG gefasst und hiernach die Höhe der Steuerermäßigung ermittelt worden.

Ob Malerarbeiten grundsätzlich auch von Familienangehörigen hätten vorgenommen werden können, sei dabei unerheblich, da das Steuerrecht keine fiktiven Möglichkeiten, sondern nur den tatsächlichen Sachverhalt würdige.

Am 21. Juli 2008 haben die Kläger ihre Klage erhoben. Bei den Tapezier- und Streicharbeiten handele es sich um übliche Auffrischungsarbeiten, die alle paar Jahre durchgeführt und regelmäßig durch Haushaltsangehörige erbracht würden. Zur bisherigen Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen sei – auch durch das BMF (z.B. BMF-Schreiben vom 14. August 2003 IV A 5 - S 2296 b - 13/03, BStBl I 2003, 408, Rz 4 und 5) – anerkannt, dass Arbeiten an Innenwänden in den Anwendungsbereich fielen, weil sie üblicherweise von Haushaltsmitgliedern durchgeführt würden und keine besonderen Kenntnisse und Fertigkeiten erforderten. Das neue BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 711 sei schon im Ansatz unzutreffend. Darin werde ausgeführt, dass § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG für alle „handwerklichen Tätigkeiten“ gelte.

In § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG sei hingegen von „Handwerkerleistungen“ die Rede. Diese Vorschrift sei daher nur dann anwendbar, wenn „Handwerker Leistungen“ erbrächten. Würden nur „handwerkliche“ Tätigkeiten erbracht, unterfielen diese nicht § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG, sondern ggfls. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Äußerungen von Schmidt/Drenseck (EStG, 27. Aufl., § 35a Rz 18) und Heß/Görn (DStR 2007, 1804). Diese Autoren beschränkten sich darauf, ohne jede Begründung die Auffassung der Finanzverwaltung wiederzugeben.
Der Gesetzgeber habe mit der Schaffung einer Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen den Anwendungsbereich der Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen nicht einschränken wollen. Mit der Formulierung in Satz 1 der Vorschrift („die nicht Dienstleistungen nach Satz 2 sind“) habe er nicht etwa alle bisher den haushaltsnahen Dienstleistungen zuzuordnenden Innenarbeiten in den Anwendungsbereich von Satz 2 „verschieben“ wollen. Vielmehr habe er die ihm bekannte, von der Finanzgerichtsbarkeit entwickelte Abgrenzung dieser Arbeiten von den fachmännischen Handwerkerleistungen, die besondere Kenntnisse und Fertigkeiten erforderten, übernommen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. August 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 14. März 2008 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer auf den Betrag festgesetzt wird, der sich ergibt, wenn eine Steuerermäßigung i.H.v. 464,- € für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG und eine Steuerermäßigung i.H.v. 600,- € für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und hebt hervor, dass nach dem Wortlaut des § 35a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG und nach Rz 11 des zu § 35a EStG ergangenen BMF-Schreibens in BStBl I 2006, 711 Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungsmaßnahmen nur nach Satz 2 dieser Vorschrift begünstigt seien, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder kleine Ausbesserungsarbeiten handele, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt würden. Das BMF führe als handwerkliche Tätigkeiten ausdrücklich auch Arbeiten an Innenwänden auf. Um solche Tätigkeiten handele es sich bei den von der Firma F im Haus der Kläger durchgeführten Arbeiten. Die im Klageverfahren vorgelegte Bestätigung der Firma F, dass die von Handwerkern durchgeführten Arbeiten auch von Haushaltsangehörigen hätten erledigt werden können, ändere nichts daran, dass Handwerkerleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG vorlägen.

Nach Satz 1 des § 35a Abs. 2 EStG seien nur noch Dienstleistungen begünstigt, die nicht von Handwerkern erbracht würden, sondern von sonstigen selbständigen Dienstleistern, z.B. von Hausmeister-Service-Betrieben. Dies ergebe sich aus den unter Tz. 5 des BMF-Schreibens in BStBl I 2006, 711 aufgeführten Beispielsfällen. Danach seien nur Arbeiten wie die Reinigung der Wohnung oder Gartenpflegearbeiten begünstigt, die typischerweise nicht von Handwerksbetrieben ausgeführt würden, sondern von sonstigen selbständig tätigen Dienstleistern.

Die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung werde auch in der Literatur bestätigt. So heiße es etwa bei Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 35a Rz 18: „Handwerkerleistungen, auch wenn sie haushaltsnahe Dienstleistungen darstellen, sind nur nach § 35a II 2 zu berücksichtigen, was von Bedeutung ist, wenn die Höchstbeträge für Handwerkerleistungen ausgeschöpft sind, die für haushaltsnahe Dienstleistungen aber noch nicht.“ Im gleichen Sinne äußerten sich auch Heß/Görn in DStR 2007, 1804, 1805, Ziffer 3.2 a.E.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2006 vom 23. August 2007 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 14. März 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I. Der Beklagte hat den Klägern zu Recht keine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Malerarbeiten (Tapezieren und Streichen von Innenwänden und Decken) gewährt.

1. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG gilt nach seinem Wortlaut nur „[f]ür die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach Satz 2 sind“.

Dienstleistungen nach Satz 2 des § 35a Abs. 2 EStG sind „Handwerkerleistungen für Renovie-rungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden“. Bei den Malerarbeiten im Treppenhaus und im Flur der 1. Etage des von den Klägern bewohnten Hauses handelt es sich um Handwerkerleistungen für Renovierungsmaßnahmen im vorgenannten Sinne. Denn sie wurden von Handwerkern erbracht und stellten eine Renovierung dar. Hieran vermag die von der Firma F bestätigte Einschätzung der Kläger, dass die Arbeiten auch durch Mitglieder des Haushalts hätten bewerkstelligt werden können, nichts zu ändern.

Indem der Gesetzgeber Handwerkerleistungen für Renovierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, ausdrücklich vom Anwendungsbereich des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG ausnimmt, macht er deutlich, dass sich die Anwendungsbereiche der Sätze 1 und 2 des § 35a Abs. 2 EStG nicht überschneiden. Handwerkerleistungen der vorgenannten Art können daher nur zu einer Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG führen. Hieran vermag der Umstand, dass der Höchstbetrag der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG von 600,- € bereits bei Aufwendungen für Handwerkerleistungen (Arbeitskosten) i.H.v. 3.000,- € erreicht ist, nichts zu ändern. Wird dieser Betrag – wie im Streitfall – überschritten, ist es nicht möglich, insoweit einen noch nicht ausgeschöpften Höchstbetrag der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG von ebenfalls 600,- € in Anspruch zu nehmen.

2. Auch aus den Gesetzesmaterialen ergibt sich, dass sich die Anwendungsbereiche der Sätze 1 und 2 des § 35a Abs. 2 EStG nach dem Willen des Gesetzgebers nicht überschneiden.
§ 35a Abs. 2 EStG wurde durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 (BGBl I 2006, 1091) geändert. In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Sätze 1 und 2 wörtlich (BT-Drs 16/643, S. 10 f. [fette Hervorhebung vom Gericht]): „Satz 1 gilt wie bisher für haushaltsnahe Dienstleistungen, zu denen auch von Umzugsspeditionen durchgeführte Umzüge für Privatpersonen gehören, mit Ausnahme der in Satz 2 genannten Leistungen. […] Satz 2 gilt für alle handwerklichen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Begünstigt sind handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. [i…]“.

Danach sind von der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG nach Wortlaut und Gesetzesbegründung Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, ausgenommen, weil dafür die spezielle Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG gilt. Die Begriffe „Handwerkerleistungen“ und „handwerkliche Tätigkeiten“ sind nach der Gesetzesbegründung synonym.

3. Soweit vor der Änderung des § 35a Abs. 2 EStG durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 (a.a.O.) seitens des BMF (z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 408, Rz 4 und 5) und einiger Finanzgerichte (siehe die Nachweise – auch der kritischen Stimmen – im Urteil des FG München vom 30. Juli 2005 5 K 2262/04, EFG 2005, 1612, juris Rz 16) die Auffassung vertreten wurde, dass Handwerkerleistungen, die nicht über Schönheitsreparaturen oder kleine Ausbesserungsarbeiten hinausgehen, ebenfalls haushaltsnahe Dienstleistungen i.S.v. § 35a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621; BStBl I 2003, 3) sein können (offen gelassen vom BFH in den Urteilen vom 1. Februar 2007 VI R 77/05, BFHE 216, 526, BStBl II 2007, 760, juris Rz 14 und VI R 74/05, BFH/NV 2007, 900, juris Rz 14), kann hieran nach der Änderung des § 35a Abs. 2 EStG durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 (a.a.O.) wegen des insoweit eindeutigen neuen Wortlauts und der Gesetzesbegründung nicht mehr festgehalten werden. Das BMF vollzieht die Änderung des § 35a Abs. 2 EStG in Rz 11 des BMF-Schreibens in BStBl I 2006, 711 lediglich nach, indem es dort hervorhebt, dass § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG für alle handwerklichen Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen gilt, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder kleine Ausbesserungsarbeiten handelt, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden, oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die im Regelfall nur von Fachkräften durchgeführt werden. Die im BMF-Schreiben (a.a.O.) enthaltene Aufzählung von Handwerkerleistungen, die nur nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG begünstigt sind, präzisiert die bereits in der Gesetzesbegründung in BT-Drs 16/643, S. 10 f. genannten Beispiele (z.B. „Arbeiten an Innen- und Außenwänden“, „Streichen/Lackieren von Türen, Fenstern (innen und außen), Wandschränken, Heizkörpern und -rohren“).

4. Angesichts des klaren Gesetzeswortlauts und der Gesetzesbegründung kann der Zweck des Gesetzes, Schwarzarbeit zu unterbinden, nicht als Rechtfertigung dafür herangezogen werden, den Höchstbetrag gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG von 600,- € um einen noch nicht ausgeschöpften Höchstbetrag gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG zu erhöhen oder den Höchstbetrag gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG direkt anzuwenden, soweit Schönheitsreparaturen oder kleine Ausbesserungsarbeiten in Rede stehen. Dies wird, soweit ersichtlich, auch nicht in der Literatur vertreten. Vielmehr sind Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Aufl., § 35a Rz 18 und Heß/Görn in DStR 2007, 1805 der Auffassung, dass Handwerkerleistungen auch dann, wenn sie haushaltsnahe Dienstleistungen darstellen, nicht unter § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG fallen, sondern nur nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG berücksichtigt werden können. Auch Frotscher, in Frotscher, EStG, § 35a Rz 21b ist der Auffassung, dass durch die Neuregelung die Unterscheidung zwischen Handwerkerleistungen, die haushaltsnahe Dienstleistungen sind, und sonstigen Handwerkerleistungen aufgegeben wurde. Seiner Ansicht nach werden alle Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen in die Vergünstigung nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG einbezogen. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass es nicht mehr darauf ankomme, ob diese Dienstleistungen regelmäßig von Haushaltsangehörigen durchgeführt werden können, und dass auch nicht maßgebend sei, ob die Handwerkerleistungen regelmäßig oder nur gelegentlich anfielen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) zugelassen (vgl. auch Eversloh in Lademann, EStG, § 35a Rz 55; Barein in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 35a Rz 20 a.E.; Blümich/Erhard, EStG, § 35a Rz 42).

RechtsgebietEStGVorschriften§ 35a EStG

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