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27.03.2009 · IWW-Abrufnummer 071111

Finanzgericht Köln: Urteil vom 20.12.2006 – 12 K 2253/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

12 K 2253/06

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Strittig ist, ob die Beiträge der Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten im Hinblick auf zukünftige Renteneinkünfte abziehbar sind.

Die ledige Klägerin ist im Jahre 1977 geboren und war im Streitjahr 2005 als Angestellte nichtselbständig tätig. Von ihrem Arbeitslohn wurde ein Arbeitnehmeranteil (AN-Anteil) zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 2.692,65 € einbehalten. Der Arbeitgeber (AG) leistete einen steuerfrei belassenen Beitrag in gleicher Höhe, so dass die Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung insgesamt 5.385 € betrugen. Der Arbeitnehmeranteil an den übrigen Sozialversicherungsbeiträgen (Kranken-, Arbeitslosen- und Pflege-Versicherung) betrug 3.126 €. Daneben machte die Klägerin einen Beitrag zu einer privaten Unfallversicherung in Höhe von 99 € geltend.

Von den Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung (Altersvorsorgeaufwendungen) berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt –FA-) einen Betrag in Höhe von 539 €, sowie von den übrigen Vorsorgeaufwendungen den Höchstbetrag von 1.500,- € als Sonderausgaben. Den als Altersvorsorgeaufwendungen abziehbaren Teil von 539 € ermittelte er, in dem er von den insgesamt geleisteten Rentenbeiträgen (AN + AG-Anteil 5.385 €) einen Anteil von 60 % (= 3.231 €) ansetzte und hiervon den steuerfreien Arbeitgeberanteil (2.692,- €) in Abzug brachte. Die Einkommensteuer wurde im Übrigen erklärungsgemäß bei einem zu versteuernden Einkommen von 24.450 € auf 4.109 € festgesetzt. Der Einkommensteuerbescheid vom 21.02.2006 ist nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 3, 4 und 4a Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin erhob Einspruch und beantragte unter Hinweis auf das beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Revisionsverfahren X R 11/05 (gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 17.03.2005 – 11 K 6920/02 E) das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Klärung der Frage, ob die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten bei den zukünftigen Renteneinkünften abziehbar sind.

Das FA verwies darauf, dass das angeführte Revisionsverfahren nur Veranlagungszeiträume bis 2004 betreffe und der BFH in seinem Beschluss vom 01.02.2006 X B 166/05 zu den ab dem Veranlagungszeitraum 2005 im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) geltenden Regelungen bereits grundsätzlich Stellung genommen hat.

Die Klägerin hielt weiter an ihrem Antrag fest, weil der BFH-Beschluss X B 166/05 in einem vorläufigen Verfahren (Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte) ergangen ist.

Das FA wies den Einspruch mit Entscheidung vom 18.05.2006 zurück. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, das von ihr angeführte Revisionsverfahren X R 11/05 betreffe nicht nur die Veranlagungszeiträume bis 2004, sondern auch das Streitjahr 2005. Durch das System des Sonderausgabenabzugs werde eine Doppelbesteuerung der zukünftigen Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vermieden. So seien im Veranlagungszeitraum 2005 im Ergebnis nur 20% ihres geleisteten Arbeitnehmeranteils an den Rentenversicherungsbeiträgen abziehbar. Ihre Aufwendungen dienten aber in voller Höhe dem Erwerb späterer Einnahmen. Sie verweist auf den rechtskräftigen Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23.05.2005 – 7 S 4/03, EFG 2005, 1184 sowie darauf, dass gegen das BFH-Urteil vom 21.07.2004 X R 72/01 unter dem Az. 2 BvR 2299/04 eine Verfassungsbeschwerde anhängig ist. Sie beantragt, das Klageverfahren ruhend zu stellen.

Das FA ist mit einer Verfahrensruhe nicht einverstanden und will das Klageverfahren als Musterverfahren führen. Hierauf wurde die Klägerin mit Schreiben des Gerichts vom 11.09.2006 hingewiesen und ihr Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme gegeben. Auf ihren Schriftsatz vom 22.11.2006 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung abzuändern und die Einkommensteuer unter Abzug des Arbeitnehmeranteils zur Rentenversicherung in Höhe von 2.692,65 € als Werbungskosten herabzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den vollständigen Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten für zukünftige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG abgelehnt.

1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG 2005 (in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen –AltEinkG- vom 05. Juli 2004, BGBl I 2004, 1427) sind Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Höchstbetrag von 20.000 € (bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten bis 40.000 €) als Sonderausgaben abziehbar. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG ist der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung den vom Arbeitnehmer gezahlten Beiträgen hinzuzurechnen. Gemäß § 10 Abs. 3 S. 4 EStG sind im Kalenderjahr 2005 die so ermittelten Vorsorgeaufwendungen mit 60 % anzusetzen und nach § 10 Abs. 3 S. 5 EStG ist von dem danach sich ergebenden Betrag der steuerfreie Arbeitgeberanteil wieder in Abzug zu bringen. Diesen gesetzlichen Vorgaben ist der Beklagte bei der Berechnung der abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen zu Recht gefolgt.

2. Die gesetzlichen Vorgaben beruhen auf dem Systemwechsel durch das AltEinkG ab dem 01. Januar 2005, mit dem der Gesetzgeber die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen einerseits und von Altersbezügen andererseits auf Grund des Urteils Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. März 2002 – 2 BvR 17/99, BStBl II 2002, 618 -wonach die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 EStG (in der Fassung bis 2004) und von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfassungswidrig war- neu geregelt hat.

a. Im Mittelpunkt der Neureglung steht bei den Rentenbezügen der Wechsel zur nachgelagerten Besteuerung, der sich aus Vertrauensschutzgesichtspunkten im Rahmen eines Stufenplans vollzieht. Das Ziel ist, den Übergang in das neue Besteuerungssystem für alle Steuerpflichtigen zu erleichtern und darüber hinaus entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass grundsätzlich eine doppelte Besteuerung vermieden wird.

Demgemäß sieht der § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) aa) EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2005 folgenden stufenweisen Übergang zur nachgelagerten Besteuerung der Leibrenten und sonstigen Leistungen vor: Mit Beginn des Jahres 2005 wird die Jahresrente der in den Ruhestand tretenden Steuerpflichtigen dieses Rentenjahrgangs mit einem Besteuerungsanteil von 50 v.H. besteuert. Der Besteuerungsanteil steigt sodann für die nachfolgenden Rentenjahrgänge bis zum Jahr 2020 um jährlich 2 v.H. und von 2021 bis 2040 um jährlich 1 v.H., so dass (erst) ab dem Jahre 2040 die Altersrenten zur Gänze besteuert werden.

Zugleich wird nach § 10 Abs. 3 EStG ab dem Veranlagungsjahr 2005 ein erhöhter Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen gewährt. Im Veranlagungszeitraum 2005 können 60 v.H. der Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben abgezogen werden, allerdings vermindert um den steuerfreien Arbeitgeberanteil. Der Vomhundertsatz erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Jahre 2025 um je 2 v.H. je Kalenderjahr, so dass (schon) im Jahre 2025 die Altersvorsorgeaufwendungen zur Gänze abziehbar sind.

Der Stufenplan sieht also eine inhaltlich
aufeinander abgestimmte Erhöhung der Abzugsmöglichkeiten bei den Altersvorsorgeaufwendungen einerseits und der Besteuerung der Alterseinkünfte andererseits vor.

b. Dass der Gesetzgerber im Zuge der gesetzlichen Neuregelung den Abzug der Vorsorgeaufwendungen den Sonderausgaben im Sinne des § 10 EStG und nicht den Werbungskosten nach § 9 EStG zugewiesen hat, ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden.

aa) Zwar ist nach § 10 Abs. 1 S. 1 EStG grundsätzlich vorrangig zu prüfen, ob für die vom Steuerpflichtigen getätigten Aufwendungen ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug in Betracht kommt. Ist dies der Fall, sind die Aufwendungen vorrangig im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen. Sonderausgaben sind demgegenüber der Privatsphäre zuzuordnen und nur dann und insoweit vom Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 4 EStG) abziehbar, als ein Abzug im Rahmen des Katalogs in § 10 EStG gesetzlich vorgesehen ist.

bb. Zutreffend verweist die Klägerin auch darauf, dass ihre Altersvorsorgeaufwendungen nach der derzeitigen Konzeption des Einkommensteuergesetzes zukünftig einmal zu steuerpflichtigen Alterseinkünften führen werden. Sie wird das Rentenalter voraussichtlich im Jahre 2044 (mit 67 Jahren) erreichen. Ab dem Jahr 2040 sollen die Alterseinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur Gänze (100 v.H. abzüglich evtl. Freibeträge) der sog. nachgelagerten Besteuerung nach § 22 Nr. 1 EStG unterliegen.

cc. Gleichwohl kommt ein Werbungskostenabzug im Streitjahr nicht in Betracht. Denn der Gesetzgeber hat die hier fraglichen Altersvorsorgeaufwendungen mit konstitutiver Wirkung durch § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG den Sonderausgaben zugewiesen und hierdurch eine Sperrwirkung gegenüber der generellen Regelung des § 10 Abs. 1 S. 1 EStG geschaffen. Insoweit schließt sich der erkennende Senat den Ausführungen des BFH im Beschluss vom 01. Februar 2006 X B 166/05, BStBl II 2006, 420 in vollem Umfang an und verweist zur Begründung hierauf. Danach folgt aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3 sowie aus Abs. 4 a EStG, aus dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschriften mit § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG sowie aus dem hinreichend erkennbar gewordenen Willen des Gesetzgebers und aus der historischen Entstehung des Alterseinkünftegesetzes, dass die in § 10 Abs. 3 S. 5 EStG enthaltene spezielle Zuweisung des steuerlich abziehbaren Teils der Vorsorgeaufwendungen zu den Sonderausgaben dem generalisierenden Einleitungssatz des § 10 Abs. 1 EStG vorgeht.

3. Selbst wenn man aus der "Rechtsnatur" der Rentenversicherungsbeiträge auf ihre Zuordnung zu den vorweggenommenen Werbungskosten schließen könnte, muss nach Auffassung des erkennenden Senats aus der Zusammenschau der genannten Vorschriften und der Konzeption der Übergangsregelungen geschlossen werden, dass jedenfalls ein unbegrenzter Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist. Vielmehr müsste sich auch der Werbungskostenabzug in den Stufenplan der Übergangsregelungen einfügen, um den durch das AltEinkG geschaffenen systematischen, betragsmäßigen und in zeitlicher Hinsicht abgestimmten Gleichlauf der Überleitung in die sog. nachgelagerte Besteuerung von Alterseinkünften zu gewährleisten.

Der Stufenplan folgt dem Vorschlag der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen in ihrem Abschlussbericht vom 11. März 2003 (Schriftenreihe des BMF, Band 74). Die Sachverständigenkommission vertrat die Auffassung, bei den Vorsorgeaufwendungen handele es begrifflich um vorweggenommene Werbungskosten bei der Einkunftsart "Altersbezüge" (Dritter Teil Abschn. VII Ziff. 2.2.1.1, Seite 26-29 des Berichts). Gleichwohl wurde das oben dargestellte Stufenmodell zur "Modellierung des Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung" für unverzichtbar gehalten (Dritter Teil Abschn. VIII, Seite 41-64 des Berichts). Der unbeschränkte steuerliche Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen hätte zu Steuerausfällen von bis zu 22 Mrd. € jährlich geführt und derartige Steuermindereinnahmen wären für die öffentlichen Haushalte nicht verkraftbar gewesen. Dem sofortigen unbeschränkten Einstieg in die nachgelagerte Besteuerung von Renteneinkünfte hätte das vom BVerfG geforderte Verbot der Zweifach- oder Doppelbesteuerung entgegengestanden, weil in den Veranlagungszeiträumen vor dem Systemwechsel (bis 2004) Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet worden sind.

Im Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung finanzieren die Beitragszahler nicht ihre eigene zukünftige Rente, sondern leisten einen Betrag zur Finanzierung der laufenden Rente der aktuellen Rentenbezieher (sog. Generationenvertrag). Die jeweiligen Beitragseinnahmen werden unmittelbar dazu verwendet, die laufenden Renten auszuzahlen. Dieses System, in das der Fiskus durch namhafte Bundeszuschüsse an die Rentenversicherungsträger eingebunden ist, erfordert eine gewisse Symmetrie zwischen den abziehbaren Vorsorgeaufwendungen der Erwerbstätigen und den steuerbaren Alterseinkünften der Rentenbezieher. Da der sog. Generationenvertrag auf einen langen Zeitraum angelegt ist und für die derzeitigen Rentenbezieher Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen erforderlich sind, ist eine langfristige Überleitung in das System der vollständigen Besteuerung der Alterseinkünfte und der vollständigen Abziehbarkeit von Altersvorsorgeaufwendungen in Gestalt eines austarierter Stufenplans mit betragsmäßiger Staffelung erforderlich und aus haushaltswirtschaftlichen Gründen geboten (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. November 2006 X R 45/02, n.v.). Im Ergebnis könnte es daher für die Klägerin auch dann nicht zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung kommen, wenn die Rentenversicherungsbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten anzusehen wären.

4. Gegen die gesetzliche Zuweisung der Beiträge zur Rentenversicherung zu den Sonderausgaben und der damit einhergehenden beschränkten Abziehbarkeit (die auch bei einer Zuordnung der Aufwendungen zu den vorweggenommenen Werbungskosten eingreifen müsste) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch insoweit folgt der erkennende Senat den Ausführungen des BFH in seinem Beschluss vom 01. Februar 2006 X B 166/05, BStBl II 2006, 420).

a. Der Maßstab des objektiven Nettoprinzips ist nicht verletzt, weil die bis zum Jahre 2024 beschränkte aber stufenweise erhöhte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen integraler Bestandteil der Übergangsregelung ist. Insoweit hat das BVerfG dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zugestanden.

b. Das aus dem Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs. 1 GG) abgeleitete subjektive Nettoprinzip ist gleichfalls nicht verletzt. Denn jedenfalls ab dem Jahre 2025 geleistete Rentenversicherungsbeiträge werden vollständig von der Steuer freigestellt sein. Die bis dahin geltenden Übergangsregelungen in Form des prozentual jährlich ansteigenden Sonderausgabenabzugs halten sich noch im Rahmen der Vorgaben des BVerfG.

c. Nach den Modellrechnungen der Sachverständigenkommission (Dritter Teil Abschn. VIII Ziff. 1.2 Seite 56-62 des Berichts) wird durch die stufenweise Überleitung in die nachgelagerte Besteuerung in der Rentenbezugsphase, gekoppelt mit der stufenweisen Überleitung in den vollständigen Abzug der Rentenbeiträge von der Steuerbemessungsgrundlage in der Erwerbsphase, bei repräsentativen Annahmen für nahezu alle Rentenfälle entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine Zweifachbesteuerung vermieden. Das heißt, im Ergebnis wird der nicht besteuerte Rentenzufluss mindestens so hoch sein, wie der aus versteuertem Einkommen geleistete Rentenbeitrag. Lediglich für die Rentenjahrgänge, die in den Jahren 2039 bis 2043 in die Rentenbezugsphase eintreten, kann es zu einer (geringfügigen) Zweifachbesteuerung kommen, nicht dagegen für den hier maßgeblichen Rentenjahrgang 2044 (vgl. auch Anlage 6 des Berichts "Vergleich der Summe der geleisteten Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen in 45 Beitragsjahren mit den steuerfreien Rentenbezügen in 17 Rentenbezugsjahren – Modellfall eines Arbeitnehmers").

Ob diese Modellrechnungen auf die Klägerin zutreffen werden und die nachgelagerte Besteuerung in ihrem Falle zukünftig (in rund 35 Jahren) gegen das Verbot der Doppelbesteuerung von Lebenseinkünften verstoßen wird, kann konkret erst bei Eintritt des Rentenfalles beantwortet werden. Soweit Beitragszahlungen teilweise aus versteuertem Einkommen erbracht wurden, wird dann das Gebot des BVerfG zu beachten sein, dass hierauf beruhende Rentenzahlungen nicht erneut der Besteuerung unterworfen werden dürfen. Die Frage der Zweifachbesteuerung kann aber erst mit Beginn der Auszahlungsphase relevant werden (vgl. Urteil des BVerfG 2 BvR 2197/04 vom 21. Dezember 2004, HFR 2005, 353).

5. Ferner führt der Einwand der Klägerin, bei den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung handele es sich um "indisponible" Aufwendungen, nicht zu einer anderen Entscheidung. Zwar werden die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung als Arbeitslohn besteuert, obwohl sie nicht in den Verfügungsbereich der Arbeitnehmer gelangen und somit deren steuerliche Leistungsfähigkeit nicht unmittelbar erhöhen. Zutreffend ist auch, dass die gesetzlich versicherten Arbeitnehmer sich diesen Aufwendungen nicht entziehen können. Aus diesem Grunde hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 11. Januar 2005 – 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen eines Kindes in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu Lasten der unterhaltsverpflichteten Eltern als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen. Dort ging es jedoch um die Frage, ob die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung die Unterhaltslast der Eltern beeinflussen. Diese Frage stellt sich im Streitfall nicht. Hier kann es allenfalls darum gehen, ob die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung die Leistungsfähigkeit der Klägerin in einer Weise beeinträchtigen, dass der vollständige steuerliche Abzug dieser Beiträge aus Verfassungsgründen geboten erscheint. Dies ist nach Auffassung des Senats zu verneinen, weil der beschränkte Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen nur für eine Übergangsphase Bedeutung hat und in dieser Phase durch den verfassungsrechtlich unbedenklichen Stufenplan zur Überleitung in die nachgelagerte Besteuerung gerechtfertigt ist.

Schließlich führt auch die Auffassung des Bundesfinanzhofs in dem Vorlagebeschluss vom 14. Dezember 2005 X R 20/04, BStBl II 2006, 312, die Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sei als verfassungswidrig anzusehen, soweit es sich um indisponible ("unvermeidbare") Aufwendungen handelt, nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar könnten auch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung -genau wie die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung- als "unvermeidbare" Aufwendungen angesehen werden. Da jedoch die Beschränkung des Abzugs der Rentenversicherungsbeiträge -wie bereits ausgeführt- nur vorübergehender Natur ist, greifen die verfassungsrechtlichen Bedenken hier nicht durch.

Im übrigen geht der Senat davon aus, dass die angeordnete Vorläufigkeit nach § 165 AO in dem hier angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 21. Februar 2006 auch die in dem BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2005 X R 20/04, BStBl II 2006, 312 aufgeworfene Frage umfasst, ob der beschränkte Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen verfassungsgemäß ist.

6. Die gesetzliche Regelung, dass die Vorsorgeaufwendungen im Veranlagungszeitraum 2005 insgesamt nur mit einem Anteil von 60 v.H. angesetzt werden, der steuerfreie Arbeitgeberanteil hiervon aber in voller Höhe in Abzug zu bringen ist, beruht ebenfalls auf einem sachgerechten Grund. Hierdurch werden diejenigen Steuerpflichtigen gleichgestellt, die alleine den Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung oder andere Altersvorsorgeaufwendungen zu tragen haben und nicht durch einen steuerfreien Beitrag des Arbeitgebers entlastet sind.

7. Der erkennende Senat sieht sich nicht durch das beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 11/05 anhängige Revisionsverfahren gegen das Urteil FG Düsseldorf 11 K 6920/02 E vom 17. März 2005, EFG 2005, 943 an einer Entscheidung gehindert, denn dieses betrifft die Rechtslage bis zum Inkrafttreten des AltEinkG und die Frage der sog. unechten Rückwirkung dieses Gesetzes, wie ebenso das BFH-Urteil vom 21. Juli 2004 X R 72/01, BFH/NV 2005, 513 (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 08. November 2006 X R 45/02, n.v.), auf die es vorliegend nicht ankommt.

Dem Beschluss des Niedersächsischen FG vom 23. Mai 2005 - 7 S 4/03, EFG 2005, 1184 vermag der erkennende Senat nicht zu folgen, weil dort die Besonderheiten des übergangsweise geltenden Stufenplans nicht in die Betrachtung einbezogen worden sind.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 22 Nr. 1 EStG

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