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17.02.2009 · IWW-Abrufnummer 090597

Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 27.01.2008 – 6 K 1463/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Verkündet am: 27. November 2008

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

6 K 1463/08
In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Umsatzsteuer 2001

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. November 2008 durch XXX
für Recht erkannt:

1. Der Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 1. Dezember 2004 wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2006 dahin geändert, dass die Umsatzsteuer um 8.173 € ermäßigt wird.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Strittig ist, ob eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt.

Der Kläger betreibt ein Autohaus.

Im Juni 2004 fand beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung der innergemeinschaftlichen Lieferungen statt (Bericht vom 9. Juli 2004, Blatt 4ff der Umsatzsteuerakte). Dabei stellte der Betriebsprüfer fest, dass mit Rechnung vom 13. September 2001 ein BMW M3 Coupe zum Kaufpreis von 115.900 DM an die Firma P. T. S.L. in Madrid, Spanien -PT- verkauft worden war (Blatt 28 der Prozessakte). Zum Kaufpreis war in der Rechnung angegeben "zum Preis Netto-Export" und ergänzend vermerkt, dass der Kaufvertrag als abgeschlossen gelte, wenn die Anzahlung in Höhe von 10.000 DM und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorliegen würde, wobei die USt-Ident-Nr. ES ... für PT im Anschriftenfeld angegeben war. Am 14. September 2001 hatte der Kläger die Gültigkeit der vorgenannten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für PT beim Bundesamt für Finanzen abgefragt und ihm war die Gültigkeit der Nummer bestätigt worden (Blatt 29 der Prozessakte). Die Zahlung des Kaufpreises war durch zwei Schecks der Deutschen Bank Madrid über 10.000 DM und 105.900 DM erfolgt (Blatt 30, 33 der Prozessakte). Das Kraftfahrzeug war bei der Kreisverwaltung L am 6. November 2001 vom Kläger abgemeldet worden (Blatt 36 der Prozessakte). Von PT war am 16. November 2001 auf einem Briefkopf des Klägers durch Stempelabdruck und Unterschrift bestätigt worden, das Fahrzeug in einwandfreiem Zustand für den Transport nach Madrid per Transporter erhalten zu haben (Blatt 37 der Prozessakte). Am gleichen Tage war ein Übergabeprotokoll ebenfalls auf Briefpapier des Klägers gefertigt worden, welches mit einer anderen Unterschrift und dem Zusatz "C" versehen ist (Blatt 38 der Prozessakte). Im Internationalen Frachtbrief CMR war als Empfänger die "Automoviles J.R.M., Madrid" -JRM- angegeben, in Feld 13 des Frachtbriefs "Fahrzeug für Firma PT" vermerkt und in Feld 23 des Frachtbriefs die gleiche Unterschrift wie in dem Übergabeprotokoll vom 16. November 2001 angebracht worden (Blatt 39 der Prozessakte). Wegen des gleichen Kraftfahrzeugs war vom Prüfer ein Schreiben des Klägers vom 30. Oktober 2001 an die "Gesellschaft D. O." -DO- aufgefunden worden, wonach der Kläger eine Prüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beim Bundesamt für Finanzen hätte vornehmen lassen wollen und ihm mitgeteilt worden sei, dass die Firma keine spanische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hätte; deshalb könne er die Rechnung nicht wie gewünscht umschreiben, aber er bedanke sich für den Kauf (Blatt 42 der Umsatzsteuerakte). Der Umsatzsteuer-Sonderprüfer war der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht vorliegen würden.

In Auswertung des Prüfungsberichts schloss sich der Beklagte der Auffassung des Umsatzsteuer-Sonderprüfers an und änderte die Umsatzsteuerfestsetzung entsprechend. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Im Einspruchsverfahren hatte der Beklagte vom Finanzamt für Fahndung und Strafsachen H in Erfahrung gebracht, dass das Kraftfahrzeug von der Firma R. Vehiculos de Ocasion S.L., welche die gleiche Adresse angab wie die JRM und vom Bundesamt für Finanzen als identisch mit dieser angesehen wurde, mit Rechnung vom 30. November 2001 zum Preis von 12 Mio ptas weiterveräußert worden war. Über das Kraftfahrzeug war JRM von PT eine Rechnung vom 10. Dezember 2001 über 11,5 Mio ptas erteilt worden (Blatt 51 und 77, 78, 79 und Wirtschaftsauskunft vom 11. September 2002, Blatt 83 der Umsatzsteuerakte).

Der Kläger trägt vor, auf der Rechnung vom 13. September 2001 sei der Kaufpreis ausdrücklich als "Netto-Export" bezeichnet, damit die Steuerfreiheit impliziert und folgerichtig in dem Feld "Umsatz-(MwSt.)-Steuer" keine Eintragungen vorgenommen worden. Das Kraftfahrzeug sei mit Internationalen CMR-Frachtbrief vom 16. November 2001 durch die Spedition T nach Madrid transportiert worden. Auf dem Frachtbrief sei als Anweisung des Versenders vermerkt, dass das Fahrzeug für PT bestimmt sei. Nach der Bestätigung des Bundesamts für Finanzen vom 27. Oktober 2004 sei die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der PT bis zum 14. Januar 2001 gültig gewesen (Blatt 40 der Prozessakte). Damit seien die Voraussetzungen des Beleg- und Buchnachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfüllt. Nach Bescheinigung einer spanischen Behörde vom 20. November 2001 sei das Kraftfahrzeug auch in Spanien zugelassen worden, vermutlich am 20. November 2001 (Blatt 41, 42; Übersetzung Blatt 98 der Prozessakte). Der Beklagte könne die Steuerfreiheit nicht deswegen versagen, weil angeblich Empfänger des Fahrzeugs JRM und diese ein sog. "missing trader" gewesen sein soll. Allein mit dieser Behauptung lasse sich die Versagung der Steuerfreiheit nicht rechtfertigen und aus seiner Sicht sei Vertragspartner und Leistungsempfänger PT gewesen, auch wenn in dem CMR-Frachtbrief als Empfänger JRM angegeben sei, da das Kraftfahrzeug für PT nach Madrid geliefert worden wäre. Die Auslieferung an eine andere Adresse würde der Eigenschaft von PT als Leistungsempfängerin nicht entgegenstehen, da es Sache des Abnehmers sei, zu bestimmen, wem das Kraftfahrzeug übergeben werden solle, sofern der Bestimmungsort in Spanien liege und entgegenstehende Interessen des Lieferers nicht vorliegen würden. Das Kraftfahrzeug hätte auf Anweisung von PT auf dem Gelände von JRM zur Überprüfung, zum TÜV usw. und zur Erstellung des spanischen Fahrzeugbriefes abgestellt werden sollen. Im Streitfall handle sich vielmehr um ein einfaches Reihengeschäft. Da er die einem ordentlichen Kaufmann obliegende Sorgfalt beachtet hätte, würde im Zweifel die Vertrauensschutzregelung eingreifen. Sein Schreiben vom 30. Oktober 2001 an die DO hätte für den Streitfall keine Relevanz für die tatsächlich ausgeführte Lieferung des Kraftfahrzeugs nach Spanien, da er weder an diese Firma geliefert noch sonstige Vertragsbeziehungen mit dieser unterhalten hätte. Es sei lediglich kurzzeitig eine Vertragsüberleitung auf DO in Betracht gezogen worden. Voraussetzung wäre aber gewesen, dass beim neuen Abnehmer ebenfalls die formalen Voraussetzungen vorgelegen hätten, DO hätte sich jedoch nicht legitimieren können und insbesondere keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vorweisen können. Eine telefonische Vorabanfrage beim Bundesamt für Finanzen für DO hätte ergeben, dass die Gesellschaft nicht registriert gewesen wäre. Hierauf beziehe sich sein Schreiben vom 30. Oktober 2001 an DO. Er hätte das seinem Antwortschreiben zugrundeliegende Telefax der DO vom 29. Oktober 2001 wegen der Vertragsüberleitung aus Ärger über die Abwicklungsschwierigkeiten weggeworfen. Nach seiner Erinnerung hätte PT den Kaufvertrages abschließen wollen, dann jedoch noch vor Auslieferung des Kraftfahrzeugs gewollt, dass der Kauf unmittelbar zwischen DO und ihm abgewickelt würde. Er hätte den Eindruck gehabt, dass PT Schwierigkeiten beim Aufbringen des Kaufpreises gehabt und sich das Kaufgeschäft insgesamt verzögert hätte. Er wäre deshalb mit der Vertragsüberleitung einverstanden gewesen, sofern diese unproblematisch hätte erfolgen können. Wegen der fehlenden Legitimation und der fehlenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von DO hätte er aber auf der Abnahme des Fahrzeugs durch PT bestanden. Aus diesem Grund sei nochmals die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer von PT am 30. Oktober 2001 abgefragt worden. Das Schreiben vom 30. Oktober 2001 sei von seiner Sekretärin erstellt worden, die beim Käufer hätte "Druck machen" sollen, damit das Kraftfahrzeug abgeholt und bezahlt werde. In dem Schreiben sei es durch seine Sekretärin zu einer Verwechslung des Abnehmers gekommen, das Schreiben hätte richtigerweise an PT gerichtet werden müssen. Da er abwesend gewesen wäre, hätte seine Sekretärin keine Rückfragen an ihn richten können. Diesen Sachverhalt, der Grundlage des missverständlichen Schreibens vom 30. Oktober gewesen sei, hätte seine Sekretärin bereits mit Eidesstattlicher Versicherung vom 12. Juni 2006 gegenüber dem Beklagten im Einspruchsverfahren bestätigt (Blatt der Umsatzsteuerakte).

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 1. Dezember 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2006 dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer um 8.173 € ermäßigt wird,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, es bestünden erhebliche Zweifel, dass der Kläger nicht gewusst hätte, PT sei nicht der eigentliche Empfänger des Kraftfahrzeugs gewesen. Der Kläger sei nach wie vor den Nachweis schuldig geblieben, welchem Kontoinhaber die von ihm eingelösten Schecks über den Kaufpreis zuzuordnen seien. Gerade der Herkunftsnachweis der Schecks wäre ein Indiz für seine Gutgläubigkeit gewesen. Das vom Umsatzsteuer-Sonderprüfer vorgefundene Schreiben des Klägers an DO vom 30. Oktober 2001 hätte für die Versagung der Steuerbefreiung zentrale Bedeutung, da es Aufschluss über den tatsächlichen Geschehensablauf geben würde. Da PT über eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügt hätte, hätte es sich in dem Schreiben um einen anderen Unternehmer gehandelt haben müssen, wahrscheinlich um den Abnehmer des Kraftfahrzeugs. Das Schreiben sei daher Beleg dafür, dass der Rechnungsempfänger nicht der tatsächliche Erwerber des Kraftfahrzeugs sei, sondern PT mit damals gültiger Umsatzsteuer-Identifikationsnummer lediglich vorgeschoben worden wäre. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weswegen der Kläger am 30. Oktober 2001 nochmals eine Abfrage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für PT vorgenommen hätte. Der Kläger könne auch nicht nachweisen, dass er eine Abfrage für DO durchgeführt hätte, da laut Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern keine solche Abfrage erfolgt sei und DO am 30. Oktober 2001 eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gehabt hätte. Bei dem in Feld 13 des CMR-Frachtbriefs vermerkten Telefax-Anschluss handle es sich nicht um den der PT, sondern um den der JRM, so dass der Kläger bereits bei Versendung des Kraftfahrzeugs hätte davon ausgehen müssen, dass JRM "das Sagen gehabt" hätte. In dem CMR-Frachtbrief fehle auch die in Feld 24 vorgesehene Bestätigung des Empfängers, so dass der CMR-Frachtbrief als Versendungsbeleg nicht geeignet sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

A.
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH sind die Voraussetzungen für das Vorliegen und den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung durch eine Reihe von Urteilen unter Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH im Wesentlichen geklärt. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich danach, dass die Verpflichtung des Unternehmers nach § 6a Abs. 3 UStG, die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nach Maßgabe der §§ 17a, 17c UStDV nachzuweisen, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Entgegen der früheren Rechtsprechung des BFH sind die Nachweispflichten aber keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und §§ 17a, 17c UStDV bestimmen vielmehr lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2007 - V R 59/03, UR 2008, 186; vom 8. November 2007 - V R 71/05 und V R 72/05, UR 2008, 337 und UR 2008, 340).

1.
Die Vorschrift des § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG, wonach eine -gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie- innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt, wenn bei einer Lieferung

1. der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
2. der Abnehmer
a) ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat, oder
b) eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, beziehungsweise
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber
und
3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt,
steht insoweit im Einklang mit der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe des Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der im Streitjahr geltenden Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG).

2.
Nach der Rechtsprechung des EuGH befreien die Mitgliedstaaten gem. Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 Richtlinie 77/388/EWG u.a. die Lieferungen, die durch den Erwerber nach Orten außerhalb des Inlandes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden, der als solcher in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versandes oder der Beförderung des Gegenstandes handelt. Die innergemeinschaftliche Lieferung setzt nach der Rechtsprechung des EuGH -in Übereinstimmung mit den nationalen Grundsätzen- neben den Anforderungen an den Abnehmer voraus, dass die Befugnis, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übergegangen ist und der gelieferte Gegenstand vom Lieferstaat in einen anderen Mitgliedstaat physisch verbracht worden ist (EuGH-Urteile vom 27. September 2007 - Rs. C-409/04, Teleos u.a., UR 2007, 774 Randnrn. 42, 70; vom 27. September 2007 - Rs. C-184/05, Twoh, UR 2007, 782 Randnr. 23). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb tatsächlich besteuert worden ist (EuGH-Urteil Teleos u.a., a.a.O., 774 Randnrn. 69 ff.). Die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG müssen nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Wie der Unternehmer diesen Nachweis zu führen hat, ist vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung gem. § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG in §§ 17a, 17c UStDV geregelt worden. Hierzu bestimmt § 17a Abs. 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat und dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis). Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen muss und die Voraussetzungen gemäß § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV "eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen" sein müssen (sog. Buchnachweis).

Hinsichtlich des Nachweises einer innergemeinschaftlichen Lieferung enthält die Richtlinie 77/388/EWG keine Vorschrift, die sich unmittelbar mit dieser Frage befasst. Die Richtlinie 77/388/EWG bestimmt lediglich in Art. 28c Teil A erster Halbsatz, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen festlegen. Die Vorschrift des Art. 22 der Richtlinie 77/388/EWG regelt zwar bestimmte formelle Pflichten der Steuerschuldner in Bezug auf Aufzeichnungen, Rechnungen, Steuererklärungen und die der Finanzverwaltung vorzulegende Aufstellung. Nach Art. 22 Abs. 8 Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten jedoch weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern. Diese Pflichten dürfen aber nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist und dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer in Frage stellen, die ein Grundprinzip des durch das einschlägige Gemeinschaftsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist. Dabei erfordert der Grundsatz der Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 - Rs. C-146/05, Collée, UR 2007, 813). Bei der Ausübung ihrer Befugnisse müssen die Mitgliedstaaten dabei die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, zu denen u. a. die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit gehören (EuGH-Urteil vom 27. September 2007 - Rs. C-184/05, Twoh, a.a.O.).

3.
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH folgt daraus, dass sofern der Unternehmer seinen Nachweispflichten nicht nachkommt, grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG nicht erfüllt sind. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn trotz der Nichterfüllung der -formellen- Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen. Dann ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Unternehmer die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbrachte (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2007 - V R 59/03, a.a.O.; vom 8. November 2007 - V R 71/05 und V R 72/05, a.a.O.).

B.
Im Streitfall liegen nach der vorgenannten Rechtsprechung die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung vor. Zwar ist vom Kläger die innergemeinschaftliche Lieferung an PT nicht mit dem internationalen Frachtbrief CMR vom 16. November 2001 nachgewiesen worden. Dieser Nachweis ist aber durch die vom Beklagten über das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen H in Erfahrung gebrachte Rechnung vom 10. Dezember 2001, die JRM von PT erteilt worden war, sowie den vom Kläger erbrachten Nachweis der Bescheinigung der spanischen Behörde zur Zulassung des Kraftfahrzeugs in Spanien gegeben.

1.
Im Streitfall liegt ein Versendungsfall i.S.d. § 3 Abs. 6 UStG vor, da das Fahrzeug nach den Angaben des Kläger im Auftrag der PT die Spedition T beim Kläger abgeholt worden ist und zu dem von der PT bestimmten Bestimmungsort transportiert worden sein soll.

In den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, soll der Unternehmer nach § 17a Abs. 4 Satz 1 UStDV diesen Nachweis durch ein Doppel der Rechnung und durch einen Beleg entsprechend § 10 Abs. 1 UStDV führen.

a)
Der Frachtbrief CMR vom 16. November 2001 stellt aber keinen Beleg i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 UStDV dar.

Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer den Ausfuhrnachweis durch einen Versendungsbeleg, insbesondere durch einen Frachtbrief o.ä. zu führen. Hierzu haben sich die Parteien des Frachtbriefes CMR nach den Vorschriften des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßenverkehr (CMR) bedient, der einem standardisierten Vordruck folgt. Der CMR-Frachtbrief ist gem. Art. 9 Abs. 1 CMR eine widerlegbare Beweisurkunde (vgl. BGH-Urteil vom 30. September 1993 - I ZR 258/91, BGHZ 123, 307) und beweist gem. Art 12 Abs. 1 und 2 CMR insbesondere den Abschluss und Inhalt des Vertrages, die Übernahme des Frachtgutes durch den Frachtführer bzw. durch den frachtführenden Spediteur (§ 458 HGB) sowie die Verfügungsrechte des Absenders bis und die Rechte des Empfängers nach Übergabe des Frachtbriefes. Hat der Spediteur die Ware zum Ablieferungsort verbracht, so ist der Empfänger gem. Art 13 Abs. 1 CMR berechtigt, dass ihm eine Ausfertigung des Frachtbriefes und das Frachtgut gegen Empfangsbestätigung abgeliefert wird.

Ein Frachtbrief CMR, dem in Feld 24 die Bestätigung des Empfängers über den Erhalt des Frachtgutes fehlt, stellt daher keinen Versendungsbeleg i.S.d. § 10 Abs. 1 UStDV dar (Finanzgericht Bremen, Beschluss vom 01. Dezember 2004 - 2 V 64/04 (5), EFG 2005, 646; Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 07. November 2006 - 6 K 3787/05, EFG 2007, 553, Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 5. Dezember 2007 -7 K 71/06, UStB 192, 2008). Dies ergibt sich auch aus der Rechtsauffassung in den Schlussanträgen der Generalanwältin in den Rechtssachen C-146/05 -Colleé-, C-184/05 -Twoh- und C-409/04 -Teleos-. Die Generalanwältin stellt zunächst klar, dass die Befreiung der innergemeinschaftliche Lieferung davon abhängig ist, dass der Gegenstand den Herkunftsstaat tatsächlich (physisch) verlassen hat (Rn. 45 und 59 Rs. C-409/04), und dass derjenige, der sich darauf beruft, nachweispflichtig ist (Rn. 17 Rs. C-184/05). Denn da Art. 28 c Teil A Buchst. a der 6. RL es den Mitgliedsstaaten gestattet, die Bedingungen für den Nachweis festzulegen, erscheint es gerechtfertigt, einen Nachweis über den Empfang durch den Empfänger im anderen Mitgliedsstaat zu verlangen. Die Generalanwältin führt als Beispiel für einen Nachweis die Vorlage eines Frachtbriefes CMR an, in dem der Empfänger den Erhalt der Ware im anderen Mitgliedsstaat vermerkt hat (Rn. 66 bis 69 Rs. C-409/04). Liegt diese Bestätigung vor, ist ein ordnungsgemäßer Belegnachweis i.S.d. § 17 a Abs. 4 Nr. 2 UStDV gegeben (vgl. auch BFH-Beschluss vom 28. März 2007 - V R 210/05, BFH/NV 2007, 1720). Weiterhin ergibt sich dies nach Meinung des Senats auch aus Art 12 CMR. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift hat der Absender gegenüber dem Frachtführer ein Weisungsrecht hinsichtlich der Ware bis diese beim im Frachtbrief angegebenen Empfänger angelangt ist. Das Recht erlischt gem. Art 13 Abs. 1 CMR erst mit Ankunft des Gutes am Ablieferungsort (im anderen Mitgliedstaat) und nur dann, wenn der Empfänger gegen Bestätigung das Frachtgut ausgehändigt bekommt, (vgl. im einzelnen Basedow in MünchKommHGB, Art. 12 CMR, Rn. 5 bis 10). Hierin zeigt sich, welche grundsätzliche Bedeutung der Empfangsbestätigung für die Rechte des Empfängers zukommt, so dass diese nicht als eine im Handelsverkehr vernachlässigbare Formalie gewertet werden darf.

Da im Streitfall die Bestätigung über den Empfang des Frachtgutes in Feld 24 des Frachtbriefs CMR vom 16. November 2001 fehlt, ist dadurch der Nachweis des physischen Verbringens des Kraftfahrzeugs nach Spanien nicht geführt.

b)
Auch ein Nachweis nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 UStDV scheidet aus, weil die dort genannten zusätzlichen Angaben weder im Frachtbrief CMR noch in anderen Unterlagen gemacht worden sind. Zwar handelt es sich hierbei um eine Sollvorschrift. Dies bedeutet aber nur, dass der Nachweis auch durch andere Unterlagen geführt werden kann, nicht aber, dass nur einige dieser Angaben gemacht werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 01. Februar 2007 - V R 41/04, BFH/NV 2007, 1059). Vielmehr müssen alle Angaben in geeigneter Form bewiesen werden. Jedoch fehlen die Angaben zu der Nachprüfbarkeit gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f UStDV. Damit ist das physische Verbringen des Kraftfahrzeuges nach Spanien durch den Frachtbrief CMR nicht bewiesen worden, sondern nur dessen Übergabe an die Spedition T. Daher erfüllt der Frachtbrief auch nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 UStDV (vgl. a. Finanzgericht Bremen, Beschluss vom 01. Dezember 2004 - 2 V 64/04 (5), a.a.O. und Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 07. November 2006 - 6 K 3787/05, a.a.O.).

2.
Auch trotz der Nichterfüllung der -formellen- Nachweispflichten steht aufgrund der objektiven Beweislage fest, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen und somit ist die Steuerbefreiung zu gewähren, auch wenn der Kläger die nach § 6a Abs. 3 UStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht hat.

Nach den Ermittlungen des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Hannover steht fest, dass das Kraftfahrzeug von PT der JRM mit Rechnung vom 10. Dezember 2001 in Rechnung gestellt worden war. Nach diesem Beleg trifft die Behauptung des Klägers zu, es hätte sich um ein Reihengeschäft gehandelt und das Kraftfahrzeug sei von PT an JRM weiterveräußert worden. Gleichzeitig steht mit dem Nachweis der Bescheinigung der spanischen Behörde zur Zulassung des Kraftfahrzeugs in Spanien fest, dass das Kraftfahrzeug auch körperlich vom Kläger nach Spanien transportiert worden ist. Auf Grund dieser Nachweise lässt sich auch wegen des -auch wenn dem Beklagten insoweit zuzugeben ist, missverständlichen- Schreibens des Klägers an DO vom 30. Oktober 2001 nicht der Schluss ziehen, der Kläger hätte die Absicht gehabt, das Fahrzeug in jedem Fall zu einem Umsatzsteuerbetrug zu verwenden (vgl. für die Versagung des Vorsteuerabzugs in Betrugsfällen: EuGH-Urteil vom 06. Juli 2006 - Rs. C-354/03 und C-440/04, Kittel und Recolta Recycling, Slg. 2006, I-483).

Dabei ist im Streitfall ohne Bedeutung, ob PT eine Erwerbsbesteuerung in Spanien durchgeführt hat (vgl. BFH Urteil vom 30. März 2006 - V R 47/03, UR 2006, 397). Allein die Einschätzung des Beklagten, bei PT oder JRM würde sich um einen sog. "missing trader" handeln, ist insoweit unbeachtlich. Denn der Umstand, dass der Empfänger einer Lieferung die mit Hilfe der bezogenen Lieferungen ausgeführten Umsätze nicht versteuert, erlaubt für sich genommen aber nicht den Schluss, nicht der Vertragspartner, sondern andere Personen seien Empfänger der Lieferung gewesen (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2004 - V B 180/03, BFH/NV 2004, 988). Nach der Wirtschaftsauskunft des Bundesamtes für Finanzen - Informationszentrale Ausland vom 11. September 2002 handelt es sich bei JRM um ein aktives Unternehmen, welches in den Jahren 2000 und 2001 erhebliche Umsätze tätigte und dessen wirtschaftlichen Verhältnisse geordnet sind. Es bestand im Streitjahr auch ein gemietetes Geschäftslokal unter der angegebenen Anschrift. Auch hinsichtlich PT bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Firma keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet und unter dem angegebenen Sitz nicht bestanden hat. Ausschlaggebend ist somit allein, dass der Erwerbsvorgang in Spanien der Umsatzbesteuerung unterliegt (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 20. Februar 2008 - 7 K 5969/03, in juris). Dies ist im Streitfall gegeben, da nach den vorliegenden Unterlagen kein Zweifel daran besteht, dass das Kraftfahrzeug nach Spanien gelangt ist und dies auf Grund eines Veräußerungsvorganges vom Kläger an PT und weiter von PT an JRM erfolgt ist. Somit ist im Inland auch keine Gefährdung des Steueraufkommens ersichtlich, da sich keinerlei Hinweise darauf ergeben, eine -zwischengeschaltete- Lieferung im Inland könnte stattgefunden haben. Da nach dem Grundsatz der steuerlichen Territorialität die Umsatzsteuer aus der Besteuerung des Erwerbsvorgangs Spanien zusteht, kann wegen einer fehlenden Abführung der anfallenden Umsatzsteuer an die spanischen Finanzbehörden durch PT oder JRM keine Gefährdung des Steueraufkommens gesehen und die Steuerbefreiung im Inland deswegen nicht versagt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 27. September 2007 - Rs. C-146/05 - Collée - a.a.O., Rn. 37).

Da die Nachweispflichten des § 6a Abs. 3 UStG und der §§ 17a, 17c UStDV nach der neueren Rechtsprechung des BFH aber keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung als innergemeinschaftliche Lieferung sind und trotz der Nichterfüllung dieser -formellen- Nachweispflichten aufgrund der objektiven Beweislage feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen, ist die Steuerfreiheit für die innergemeinschaftliche Lieferung zu gewähren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Rechtsmittelbelehrung XXX

RechtsgebietUStG

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