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13.11.2008 · IWW-Abrufnummer 083528

Bundesfinanzhof: Urteil vom 28.10.2008 – VIII R 36/04

1. Stellt ein Kapitalanleger einem Unternehmer unter Gewährung einer Erfolgsbeteiligung von 30 % Geldbeträge zur Verfügung, die der Unternehmer an Brokerfirmen für Börsentermingeschäfte oder an Fonds weiterleiten soll, so kann eine solche Vereinbarung eine typische stille Gesellschaft i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG begründen.



2. Für die Annahme einer stillen Gesellschaft kommt es darauf an, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob der --unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde-- Vertragswille auf die Merkmale einer stillen Gesellschaft gerichtet ist.



3. Auch Renditen aus Gutschriften aus sog. "Schneeballsystemen" können zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG führen, wenn der Unternehmer bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen "Renditen" fähig gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung).



4. Es kommt nicht darauf an, ob der Initiator eines Schneeballsystems bei einem etwaigen Auszahlungsbegehren eines Anlegers im Stande gewesen wäre, seine sämtlichen Verbindlichkeiten auf einmal auszuzahlen. Ein Missverhältnis zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen ändert daran nichts (Bestätigung der Rechtsprechung).


Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Kapitalerträgen in den Jahren 1996 bis 2001.

Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute und standen seit 1991 in Geschäftsbeziehung zu der Firma C GmbH in B (im Folgenden: C). Die 1985 gegründete C befasste sich u.a. mit der Vermittlung von Kapitalanlagen. Alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer war Herr K (im Folgenden: K). Im Oktober 2001 wurde durch Ermittlungsmaßnahmen gegen die C und Anordnung der Untersuchungshaft gegen K bekannt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen diesen wegen Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz (KWG) eingeleitet worden war. Im November 2001 wurde über das Vermögen der C das Insolvenzverfahren eröffnet; K wurde wegen Betruges zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die C warb insgesamt ca. 2 800 Kunden als Kapitalanleger an, davon allein im Raum A ca. 2 000 Anleger. Nach Darstellung des K betätigte sich die C mit der Vermittlung von Kontrakten im Termingeschäft (angeboten als nichtsteuerbare Differenzgeschäfte), später handelte sie mit Finanzterminkontrakten an verschiedenen US-Börsen. Bis 1998 wurden zum Teil reale Geschäfte von der C abgewickelt; das Handelsvolumen betrug in den Jahren 1993 bis 1998 ca. 8 Mio. US-$. Soweit tatsächlich Börsentermingeschäfte durch die C getätigt wurden, erfolgte dies bis 1993 durch das Brokerhaus X. Nach Angaben des K konnte die C durch Börsentermingeschäfte bis 1993 einen Gewinn in Höhe von 1 Mio. US-$ realisieren. Nach 1993 wickelte die C die Geschäfte über das Brokerhaus Y ab, wo K 1993 zwei Konten für die C eröffnete, ein Aktien- bzw. Commoditykonto und ein Konto, auf dem Treasury Bills verbucht wurden. Vollmacht für beide Konten hatte ausschließlich K, der auch allein die Anlageentscheidungen traf. Für beide Konten wurden Unterkonten nicht geführt.

Da sowohl erwirtschaftete Gewinne als auch angelegte Kundengelder durch Verluste des Jahres 1993 größtenteils aufgebraucht waren, begann K, zur Vertuschung der Verluste Abrechnungen zu fingieren. Zwischen 1993 und 1998 zahlte er daher den Anlegern von diesen zuvor eingezahlte Gelder im Rahmen eines Schneeballsystems als Rendite aus. Reale Börsengeschäfte führte die C letztmals 1998 aus; danach wurden sämtliche Vorgänge, die reale Geschäfte vortäuschen sollten, fingiert.

1998 kam es wegen einer geplanten Änderung der Steuergesetze in den USA ab 1999 zu erheblichen Rückforderungen seitens der Anleger. Diese wurden durch Privateinlagen des K (u.a. aus der Beleihung mehrerer Lebensversicherungen) befriedigt.

Nachdem mit Wirkung ab 1998 eine Novellierung des KWG stattgefunden hatte, aufgrund derer nicht nur das Einlagegeschäft als typisches Bankgeschäft, sondern auch Finanzdienstleistungen einer Erlaubnis durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bedurften, strebte K das Angebot von Finanzinnovationen an, um eine nach vorläufiger Erteilung der Genehmigung anstehende Prüfung zu umgehen. Die Finanzinnovationen sollten über einen Fonds im Ausland abgewickelt werden, den Anlegern gegenüber wurde das mit geänderten Regeln zur Besteuerung begründet. Die Kläger wurden daher im Laufe des Jahres 1999 veranlasst, ihre Anlagen auf einen sog. "I Futures Pool" der "I Incorporation" zu übertragen. Die Anteile dieser Gesellschaft gehörten sämtlich K unter Zwischenschaltung zweier von ihm erworbener und mittels Generalvollmacht geführter US-Briefkastenfirmen, der A Incorporation und der B Incorporation. Das Aktienkapital der I Incorporation (1 Mio. US-$) wurde durch Anlagegelder der Kunden aufgebracht. Im Rahmen dieser Umschichtung forderte K die Anleger auf, eine auf den 4. Januar 1999 datierende Umschreibung ihrer Kapitalanlagen vorzunehmen. Die Kundengelder wurden auf ein Konto der C eingezahlt und später auf andere Konten umgeschichtet, die bei der Kreissparkasse ... für unterschiedliche Firmen eingerichtet worden waren. Verfügungsberechtigt war jeweils K.

In der Folge wurden reale Börsengeschäfte über die I Incorporation nicht abgewickelt. Es erfolgte ausschließlich eine Umschichtung im Rahmen eines Schneeballsystems, indem Gelder auf den verschiedenen Konten bei der Kreissparkasse verschoben wurden. K bediente sich für diese Zwecke eines Softwareprogramms, mit Hilfe dessen der monatliche Abrechnungslauf für den Pool so gesteuert wurde, dass K mit einem von ihm gesetzten Index Gewinne oder Verluste betreffend die bis dahin eingezahlten und durch Buchgewinne aufgelaufenen Kapitalanlagen bestimmte. Wegen der Einzelheiten des Geschehensablaufs wird Bezug genommen auf den Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils.

An den Angeboten der C beteiligten sich auch die Kläger. Aus ihrer Sicht wurden u.a. folgende Geschäftsbedingungen der C Grundlage ihrer Anlagen:

"1. Der Kunde ermächtigt die Fa. C, Terminkontrakte an US-Börsen in seinem Namen und für seine Rechnung zu handeln. Die Ausführung des Handelns obliegt während der gesamten Anlagezeit einzig und allein dem entsprechenden Brokerhaus.

2. Der Kunde verpflichtet sich, folgende Zahlungen zu leisten:

a) Mindesteinlage:

Zahlung einer Mindesteinlagesumme. In diesem Falle teilt der Kunde das entsprechende Sammelkonto anteilig mit weiteren Anlegern,

b) oder Zahlung der vollen Summe, die für eine Kontoeröffnung beim Broker erforderlich ist. In diesem Falle wird für den Kunden beim Broker ein Einzelkonto unterhalten.

c) ...

d) ...

e) 30 % Beteiligung am erwirtschafteten Gewinn. Die Gewinnbeteiligung wird vor Auszahlung an den Kunden in Abzug gebracht.

3. Alle Terminkontrakte werden im Namen und für Rechnung des Kunden erworben.

4. ...

a) Der Anlagebetrag ist vom Kunden direkt an den erwünschten Broker zu übersenden.

...

Vertragsausführung:

5. Die C wickelt alle Verträge nur über Brokerhäuser ab, die Mitglied bedeutender und wichtiger Commodity- bzw. Devisenbörsen sind.

...

Ausführungsbestätigung, Kontoauszug, Kontoauflösung:

8.

a) Nach Ausführung der Erst- oder Folgeorder erhält der Kunde unverzüglich eine schriftliche Vertragsausführungsbestätigung. Gleichzeitig erhält der Kunde jeweils einen monatlichen schriftlichen Kontoauszug, aus dem die entsprechenden Bewegungen und der Kontostand, bzw. der jeweilige Anteil bekannt gegeben werden.

b) ...

c) Durch schriftliche Anweisung kann der Kunde jederzeit die Auflösung seines Anteils und die Auszahlung seines Guthabens verlangen, und zwar zum Monatsende des Kündigungseingangs.

...

Haftung

9. Die C ist nicht berechtigt, Kundengelder (Barzahlungsmittel, Schecks, Überweisungen) entgegen zu nehmen. Sollten bei der C versehentlich Kundengelder eingehen, so werden diese Anlagebeträge sofort an den entsprechenden Broker weitergeleitet."

Die Kläger stellten der C ausweislich der als "Antrag auf Kontoeröffnung und Kontoführung" bezeichneten Kapitalanlageverträge insgesamt 110 000 DM zur Verfügung (am 14. März 1991 15 000 DM, am 22. Juli 1994 75 000 DM und am 5. November 1998 20 000 DM). Die 15 000 DM aus der 1991 getätigten Anlage wurden bar an den Vermittler N der C übergeben; sodann erging eine Auftragsbestätigung über den Handel über "Kontrakte US-Commodities" vom 15. März 1991. Als Verwendungsgrund war auf der Auftragsbestätigung "Treuhandkonto TZ011981" angegeben. Nach dem Inhalt der Bestätigung soll das Geld durch N, einen Vermittler der C, an das Brokerhaus X überwiesen worden sein. Auf der Einzahlungsquittung war als Verwendungszweck angegeben: "Treuhandkonto TZ011981-4-08". Unter dem Datum 26. März 1991 bestätigte die C den Klägern, ihre Einzahlung sei beim Broker gutgeschrieben worden. In der Folgezeit erhielten die Kläger periodische Abrechnungen über ihre jeweilige Kontraktsumme mit den gutgeschriebenen Gewinnen/Verlusten.

Entsprechend wurde auch bei der zweiten Beauftragung der C durch die Kläger am 22. Juli 1994 verfahren. Sowohl die im Juli 1994 getätigte Anlage als auch die weitere Anlage im November 1998 erfolgte in bar durch Aushändigung an den Vermittler N.

Nach der Umstellung auf die I Incorporation beteiligten sich die Kläger ausweislich eines als Kundenregistrierung beschriebenen und nicht datierten Formblattes des "I Futures Pools" an einem sog. "Pool 2 ..." in Höhe von 339 492,90 US-$. Insoweit erfolgte eine Umschichtung der von der C verwalteten Anlagegelder auf den Pool; nämliches gilt für eine Anlage der Klägerin in Höhe von 18 768,84 US-$.

Die Kläger waren von der Umstellung auf den I Futures Pool insoweit betroffen, als alte C-Anlagen darauf umgeschichtet wurden. Weitere tatsächliche Einzahlungen auf diese neue Anlageform tätigten sie nicht. Nach Angaben des K wurden die von den Anlegern eingebrachten Gelder lediglich auf Konten der Kreissparkasse ... verwaltet bzw. zur Unterhaltung der C, zu ausländischen Kapitalbeteiligungen in seinem Namen und zum Kauf von Immobilien verwandt.

In den Streitjahren 1996 bis 2001 erzielten die Kläger in Form von Gutschriften Renditen von insgesamt 1 404 284 DM. Davon entfallen 64 111 DM auf 1996, 94 267 DM auf 1997, 120 221 DM auf 1998, 250 411 DM auf 1999, 443 052 DM auf 2000 und 432 222 DM auf 2001. Tatsächlich ausgezahlt wurden den Klägern davon 1998 70 000 DM, 1999 117 000 DM, 2000 154 500 DM und 2001 315 000 DM.

Die in den einzelnen Streitjahren gutgeschriebenen Erträge erfasste der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in den Änderungsbescheiden für die Jahre 1996 bis 2000 vom 14. Juni 2002 sowie für 2001 vom 16. Juli 2002 als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Das FA ging davon aus, es handele sich um Einkünfte aus einer stillen Beteiligung der Kläger an der C nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1211 veröffentlichten Urteil vom 10. Februar 2004 2 K 1550/03 zum Teil statt. Es entschied, die Klage sei begründet, soweit das FA den Klägern die nicht ausgezahlten Beträge von insgesamt 747 784 DM als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet habe. Soweit die Kläger tatsächlich Auszahlungen erhalten hätten (insgesamt 656 500 DM) sei die Klage unbegründet. Bei der Anlage der Kläger handele es sich um eine typische stille Gesellschaft nach § 230 des Handelsgesetzbuchs (HGB), so dass die Kläger Einkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 1 EStG erzielt hätten. Der Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen, insbesondere die fehlende Erwähnung des Begriffs der stillen Gesellschaft, stehe dem nicht entgegen. Damit sei zugleich zu verneinen, dass die von der C getätigten Geschäfte den Klägern im Rahmen einer Treuhandabrede direkt zuzurechnen seien. Soweit die C tatsächlich Gelder an die Kläger ausgeschüttet habe, lägen steuerpflichtige Kapitalerträge vor. Das gelte aber nicht, soweit die Erträge den Klägern lediglich gutgeschrieben worden seien. Hier fehle es am Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 EStG.

Gegen das Urteil richten sich die Revisionen beider Beteiligten.

Das FA, dem das Urteil der Vorinstanz am 30. April 2004 zugestellt wurde und dem für die Begründung der Revision Fristverlängerung bis zum 2. August 2004 bewilligt worden ist, hat sein Rechtsmittel mit am 4. August 2004 --mithin nach Ablauf der gemäß § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) am 2. August 2004 endenden Revisionsbegründungsfrist-- eingegangenem Schriftsatz begründet und zugleich wegen der Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs trägt es vor, die erst am 4. August 2004 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangene Revisionsbegründung sei lt. Abgangsvermerk des zuständigen Bediensteten der Poststelle des FA am 29. Juli 2004 abgesandt worden und an diesem Tag von einem Bediensteten der für die Postbeförderung des FA zuständigen R Post beim FA abgeholt worden. Der Einlieferungsvermerk des Frankierservice der R Post bei der Deutschen Post ... trage das Datum 30. Juli 2004. Die Fristversäumnis sei damit allein auf Verzögerungen in der Postübermittlung zurückzuführen.

Im Übrigen rügt das FA die Verletzung von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, § 11 Abs. 1 EStG. Das FG-Urteil entspreche nicht den vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätzen zur Besteuerung von Gutschriften aus betrügerischen Schneeballsystemen. Danach sei selbst bei nicht ausgezahlten Erträgen ein Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 EStG anzunehmen.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 10. Februar 2004 2 K 1550/03 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 10. Februar 2004 2 K 1550/03 insoweit aufzuheben, als dem Klageantrag bezüglich der Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 vom 14. Juni 2002 und 2001 vom 16. Juli 2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2003 nicht vollumfänglich entsprochen wurde.

Die Kläger rügen die Verletzung von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und machen geltend, das FG habe nicht hinreichend differenziert zwischen den Vertragsverhältnissen der Kläger mit der C einerseits und der I Incorporation andererseits. Das FG verkenne die Bedeutung des Zivilrechts für das Steuerrecht sowie den zivilrechtlichen Inhalt des Tatgeschehens. Die Vereinbarungen der Kläger mit der C bzw. der I Incorporation ließen nicht den hinreichenden Schluss auf eine Beteiligung der Kläger in Form einer stillen Gesellschaft zu.

Beide Beteiligten beantragen, die Revision der jeweils anderen Seite zurückzuweisen, wobei die Kläger das Wiedereinsetzungsgesuch des FA für unbegründet halten.

B.

Die Revision des FA ist begründet, während die Revision der Kläger unbegründet ist.

I.

Die Revision des FA ist zulässig. Ihm ist gemäß § 56 FGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren.

1. Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Hiernach schließt jedes Verschulden --also auch einfache Fahrlässigkeit-- die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (BFH-Beschlüsse vom 11. Oktober 1991 VII R 32/90, BFH/NV 1994, 553; vom 25. April 2005 VIII B 42/02, BFH/NV 2005, 1821; vom 18. Januar 2007 III R 65/05, BFH/NV 2007, 945). Der Beteiligte muss sich ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--).

2. Im Streitfall hat das FA die Frist zur Begründung der Revision nicht schuldhaft versäumt. Denn der verspätete Eingang der Revisionsbegründung beruht auf einer verzögerten Postzustellung, die das FA nicht zu vertreten hat.

Das FA hat glaubhaft gemacht, dass es die Revisionsbegründung am 29. Juli 2004 zur Post aufgegeben hat. Es hat hierzu die Ablichtung eines auf der ersten Seite des Aktenstücks der Revisionsbegründung befindlichen, von einem Bediensteten der Poststelle abgezeichneten Vermerks vorgelegt, ausweislich dessen die Begründungsschrift an diesem Tag beim FA abgegangen ist, indem ein Bediensteter der für die Postbeförderung des FA zuständigen R Post Deutschland das Schriftstück dort abgeholt hat. Außerdem trägt das bei den Gerichtsakten befindliche Briefkuvert für die Revisionsbegründung einen Einlieferungsvermerk des Frankierservice der R Post Deutschland vom 30. Juli 2004. Unter diesen Umständen bestand für das FA kein Grund zu der Annahme, dass die Revisionsbegründungsschrift dem BFH erst nach dem Ablauf der Revisionsbegründungsfrist, dem 2. August 2004, zugehen werde.

Der Bürger wie auch die Behörde, denen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach den gleichen Grundsätzen zu gewähren ist, dürfen darauf vertrauen, dass die von der Post nach ihren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten auch eingehalten werden. Versagen sie, so darf ihnen das, da sie darauf keinen Einfluss haben, im Rahmen der Wiedereinsetzung nicht als Verschulden zur Last gelegt werden (vgl. BFH-Urteile vom 24. Juni 1988 III R 177/85, BFH/NV 1989, 351; vom 24. Januar 2002 III R 5/01, BFH/NV 2002, 778; Senatsurteil vom 11. Juli 2006 VIII R 10/05, BFHE 214, 18, BStBl II 2007, 96, jeweils m.w.N.). Das gilt gleichermaßen für private lizenzierte Postdienstleistungsunternehmen wie hier z.B. die R Post Deutschland. Auch nach Erlass der Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) vom 15. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2418) dürfen die Beteiligten darauf vertrauen, dass werktags im Bundesgebiet aufgegebene Postsendungen unabhängig davon, ob sie bei der Deutschen Post AG oder bei privaten lizenzierten Postdienstleistungsunternehmen aufgegeben werden (vgl. dazu Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 122 AO Rz 48; Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 122 Nr. 1. 8.2), am folgenden Werktag im Bundesgebiet ausgeliefert werden. Denn nach § 2 Nr. 3 Satz 1 PUDLV müssen die Briefbeförderungsunternehmen sicherstellen, dass sie an Werktagen aufgegebene Inlandssendungen im gesamten Bundesgebiet im Jahresdurchschnitt mindestens zu 80 % am ersten und zu 95 % am zweiten Tag nach der Einlieferung ausliefern. Diese Quoten lassen die Einhaltung der Postlaufzeiten erwarten (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13. Mai 2004 V ZB 62/03, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 67; ähnlich auch BGH-Beschluss vom 23. Januar 2008 XII ZB 155/07, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 2008, 583). Konkrete Anhaltspunkte, welche im Streitfall gleichwohl bei einer am 29. oder 30. Juli 2004 aufgegebenen Briefsendung die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung für das FA begründeten, sind nicht ersichtlich.

II.

Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Zu Recht geht das FA davon aus, dass sowohl die tatsächlichen Auszahlungen an die Kläger in Höhe von 656 500 DM als auch die ihnen erteilten Gutschriften über 747 784 DM Kapitaleinnahmen aus einer stillen Beteiligung nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind. Die Revision der Kläger ist demzufolge als unbegründet zurückzuweisen.

1. Mit ihrer Anlage bei der C haben sich die Kläger an einer stillen Gesellschaft gemäß § 230 HGB beteiligt und daher Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt.

Eine stille Gesellschaft setzt nach § 230 HGB den vertraglichen Zusammenschluss zwischen einem Unternehmensträger ("Inhaber eines Handelsgeschäfts") und einem anderen voraus, kraft dessen sich der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage an dem Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält (vgl. dazu ausführlich BFH-Urteile vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.1.a bis c der Gründe, VIII R 12/96, BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761, unter II.1.a bis c der Gründe, VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767, unter II.1.a bis c der Gründe; vom 19. Juni 2007 VIII R 63/03, BFH/NV 2008, 194; ferner z.B. Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz F 2). Da die stille Gesellschaft nur als Innengesellschaft existiert und nach außen hin nicht in Erscheinung tritt (vgl. BFH-Urteil vom 2. Mai 1984 VIII R 276/81, BFHE 141, 498, BStBl II 1984, 820), muss die Einlage nach § 230 HGB so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht; die Einlage wird daher kein Gesamthandsvermögen. Ferner erfordert die stille Gesellschaft --wie jede andere Gesellschaft auch-- einen gemeinsamen Zweck, was bedeutet, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehen muss (vgl. BGH-Urteil vom 11. Juli 1951 II ZR 45/50, BGHZ 3, 75; Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, 6. Aufl., S. 154; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 I 3.b; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, 2. Aufl., § 230 Rz 19 f.; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rz 109 f., 229 f.; differenzierend Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, 1973, S. 25 f., wonach der verfolgte Zweck nur für diejenigen Beteiligten ein gemeinsamer ist, die das jeweils erzielte Ergebnis sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht gleichartig trifft). Mit der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien über Grundlagen und Ziele des Vertrags zum Vertragsinhalt erhoben; diese dürfen indes nicht mit den Motiven der Parteien für ihre Beteiligung an der Gesellschaft vermengt werden (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, a.a.O., § 705 Rz 15 ff.). Letztlich unterscheidet daher die "Gemeinsamkeit des Zwecks" die Gesellschaft von den reinen Austauschverhältnissen.

2. Nach den vorstehend genannten Grundsätzen ist das FG im Streitfall in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zutreffend von einer stillen Gesellschaft ausgegangen. Der Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen, insbesondere die fehlende Erwähnung des Begriffs "stille Gesellschaft", stehen dem nicht entgegen. Denn entscheidend ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob dieser --unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde-- Vertragswille dem objektiven Rechtsbild der (stillen) Gesellschaft entspricht (Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 52, m.w.N.). Ergibt sich danach, dass sich die Vertragspartner zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und nicht lediglich jeweils ihre eigenen Interessen verfolgen, so ist die Vereinbarung als Gesellschaftsvertrag i.S. des § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu qualifizieren (Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 3, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 25. März 1992 I R 41/91, BFHE 168, 239, 242, BStBl II 1992, 889, 890, betreffend die Abgrenzung der stillen Beteiligung vom partiarischen Darlehen).

Die Würdigung des FG, die Verträge zwischen den Klägern und der C dienten dem gemeinsam verfolgten Zweck, ein Handelsgewerbe durch die nach außen in Erscheinung tretende C zu betreiben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761). Dass die C als Anbieterin von Kapitalanlagen ein Handelsgewerbe i.S. von § 1 Abs. 2 HGB betrieben hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Kläger haben zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks dadurch beigetragen, dass sie der C auf unbestimmte Zeit 110 000 DM als Kapital überließen, mit dem die C ihre Handelsgeschäfte betreiben sollte. Dieses Kapital verkörperte zugleich den Gesellschafterbeitrag sowie die stille Einlage der Kläger und ging in das Vermögen der C über. Deren Beitrag zur stillen Gesellschaft bestand in der Übernahme der Verpflichtung, die Handelsgeschäfte unter Einsatz des von den Anlegern als stillen Gesellschaftern bereitgestellten Kapitals zu betreiben. Für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses (in Form einer Risikogemeinschaft) spricht insbesondere, dass den Anlegern eine erhebliche Erfolgsbeteiligung (70 % des Gewinns erhielten die Kläger, 30 % die C) an den durchgeführten Geschäften zugesagt war und sie überdies --bis zur Höhe ihres Anlagekapitals-- an den Verlusten aus den getätigten Handelsgeschäften beteiligt waren (Nr. 12 a und b der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der C). Die Kapitalanlagen bargen daher sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken, die nicht nur in der erwähnten Verlustbeteiligung, sondern auch im Fehlen jeglicher Sicherheiten begründet waren (zum Fehlen von Sicherheiten als Indiz für ein Gesellschaftsverhältnis vgl. z.B. Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 67). Eine derartige Risikogemeinschaft, vor allem die Vereinbarung der Verlustbeteiligung, bildet ein typisches Merkmal eines Gesellschaftsverhältnisses (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761; vom 7. Oktober 1997 VIII R 40/97, BFH/NV 1998, 958; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755; vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00, BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646). Aufgrund der zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Erfolgsbeteiligung (70 % für die Kläger, 30 % für die C) ist das FG auch zu Recht davon ausgegangen, dass sowohl die Kläger als auch die C ein Interesse am Unternehmenserfolg der Gesellschaft gehabt haben.

Dass die Vereinbarungen zwischen den Klägern und der C keine ausdrücklichen Regelungen über Kontrollrechte der Anleger enthielten, spricht nicht gegen das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761). Wie vom FG zutreffend angemerkt, sind Kontrollrechte keine Voraussetzung für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft, sondern deren Rechtsfolge. Der Geschäftsinhaber ist dem stillen Gesellschafter zur Führung des Handelsgeschäfts für gemeinsame Rechnung verpflichtet, er muss dessen Einlage bestimmungsgemäß verwenden und darf dem Unternehmen nicht bestimmungswidrig Vermögen entziehen. Die hier zu beurteilenden Vertragsbeziehungen genügten diesem Erfordernis, da jedenfalls die Kontrollrechte nach § 233 Abs. 1 HGB nach den tatsächlichen Feststellungen des FG bestanden haben. Ob die Anleger von diesen Rechten auch tatsächlich Gebrauch machten, ist ohne Belang (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761).

Die 1999 auf Veranlassung der C erfolgte Umschichtung der Kapitalanlagen auf den "I Futures Pool" ändert an der steuerlichen Bewertung des Vertragsverhältnisses nichts. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und daher den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG hat sich dadurch an der tatsächlichen Abwicklung der Geschäfte nichts geändert. Die C hat wie zuvor aufgrund eigener Entscheidungskompetenz über die Anlagen der Kläger verfügt und ihnen Abrechnungen erteilt. Der Senat kann insoweit offenlassen, ob aufgrund des nicht datierten Formblattes des "I Futures Pools" überhaupt eine rechtlich wirksame Umschichtung der Kapitalanlagen erfolgt ist und falls ja, mit welchem Inhalt, denn aufgrund des weiterhin unveränderten tatsächlichen Geschehensablaufes ist die Würdigung des FG, es handele sich bei dem hier zu beurteilenden Vertragsverhältnis in jedem Falle um eine stille Gesellschaft, nicht zu beanstanden. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO) ist nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 FGO Rz 87, m.w.N.). Solche Verstöße sind jedoch im Streitfall nicht erkennbar. Im Übrigen binden die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen den BFH als Revisionsgericht schon dann, wenn sie nur möglich, d.h. vertretbar sind; sie müssen nicht zwingend sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 95/93, BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462; BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 VI B 113/04, BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488).

3. Mit der Annahme einer typischen stillen Gesellschaft i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 230 HGB hat das FG zugleich die Annahme eines Treuhandverhältnisses i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zwischen den Klägern und der C hinsichtlich des von den Klägern angelegten Kapitals verneint. Auch insoweit handelt es sich um eine tatrichterliche Überzeugungsbildung der Vorinstanz (§ 96 Abs. 1 FGO), die nur insoweit revisibel ist, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (ständige Rechtsprechung, Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 FGO Rz 87, m.w.N.). Solche Verstöße sind hier nicht erkennbar. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist es --wie vorstehend bereits erörtert-- nicht zu beanstanden, wenn das FG aus den ihm vorliegenden Umständen abgeleitet hat, bei dem hier zu beurteilenden Vertragsverhältnis handele es sich nicht um ein Treuhandverhältnis, sondern um eine typische stille Gesellschaft i.S. von § 230 HGB. Zudem gilt auch hier der Grundsatz, dass die vorinstanzlichen Schlussfolgerungen den BFH als Revisionsgericht schon dann binden, wenn sie nur möglich, d.h. vertretbar sind; sie müssen nicht zwingend sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 177, 95, BStBl II 1995, 462; BFH-Beschluss in BFHE 209, 211, BStBl II 2005, 488).

4. a) Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die in den Streitjahren tatsächlich an die Kläger ausgezahlten Zinsen in Höhe von 656 500 DM diesen als Kapitaleinnahmen im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 1 EStG zuflossen (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) und nicht etwa nicht steuerbare Kapitalrückzahlungen bildeten. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die sinngemäß geltenden Ausführungen in seinen Urteilen in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761 sowie in BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767 und in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646. An den dort formulierten Grundsätzen hält der Senat uneingeschränkt fest. Gewichtige Gründe, die der Senat noch nicht erwogen hätte und die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten, sind insoweit nicht ersichtlich.

b) Der Senat hält auch daran fest, dass die den Klägern von der C gutgeschriebenen und von ihnen stehengelassenen, d.h. wiederangelegten (Schein-)Renditen für sämtliche Streitjahre zu Kapitaleinkünften i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 1 EStG führten. Denn auch Renditen aus Gutschriften aus sog. "Schneeballsystemen" können zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG führen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761; in BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767; in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646; kritisch Schmidt-Liebig, Zufluss von Scheinrenditen, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2008, Fach 3, S. 15105; Hackenberg, Scheinrenditen: Abschied von Ambros, SteuerConsultant 2008 7/08, S. 29).

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG) i.S. von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Geldbeträge fließen dem Steuerpflichtigen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Auch die Hingabe eines (gedeckten) Schecks führt zum Zufluss des entsprechenden Geldbetrages (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767, unter II.2.a der Gründe).

bb) Ebenso kann eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (vgl. z.B. Senatsurteile vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2.a der Gründe, und in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.2.a aa der Gründe).

cc) Ein Zufluss kann zudem durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. In dieser Schuldumwandlung (Novation) kann eine Verfügung des Gläubigers über seine bisherige Forderung liegen, die einkommensteuerlich so zu werten ist, als ob der Schuldner die Altschuld durch tatsächliche Zahlung beglichen (= Zufluss beim Gläubiger) und der Gläubiger den vereinnahmten Betrag infolge des neu geschaffenen Verpflichtungsgrundes dem Schuldner sofort wieder zur Verfügung gestellt hätte (= Wiederabfluss des Geldbetrages beim Gläubiger). Der zuletzt beschriebene lange Leistungsweg wird durch die Novationsvereinbarung lediglich verkürzt, indem auf den überflüssigen Umweg der Aus- und Rückzahlung des Geldbetrages verzichtet wird.

Von einem Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrags i.S. von § 11 Abs. 1 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumschaffung nach der Rechtsprechung des BFH allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juli 1984 VIII R 69/84, BFHE 142, 215, BStBl II 1986, 48, unter 2.d der Gründe; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.2.a bb der Gründe). Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. Senatsurteile in BFH/NV 2008, 194; in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.2.a bb der Gründe, m.w.N.).

dd) Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist ein Zufluss der gutgeschriebenen "Renditen" i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 8 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG bei den Klägern im Zeitpunkt der Gutschrift und Wiederanlage zu bejahen.

Die "Renditen" wurden den Klägern von der C nach Ablauf des jeweiligen Geschäfts per Abrechnung mitgeteilt und ihnen gutgeschrieben. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG hatten sie die freie Wahl, sich die ihnen gutgeschriebenen "Renditen" auszahlen zu lassen oder aber wiederanzulegen, d.h. zum Zwecke der Erhöhung ihrer Kapitalanlagen zu verwenden. Wenn sich die Kläger angesichts dieser Umstände in Ausübung ihrer Dispositionsbefugnis über die gutgeschriebenen und fälligen Geldbeträge dafür entschieden, auf die sofortige Auszahlung der Gelder zu verzichten und die Beträge stattdessen zur ertragbringenden Wiederanlage zu verwenden, steht dies einem Zufluss der Renditen i.S. von § 11 EStG nicht entgegen. In der Wahl einer solchen Wiederanlage lag zivilrechtlich eine Novation.

Die Kläger haben die ihnen zu Gebote stehende freie Wahl zwischen Auszahlung der Renditen und deren Wiederanlage im eigenen Interesse --um fortan höhere Renditen erzielen zu können-- im Sinne der letztgenannten Alternative ausgeübt (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 184, 34, BStBl II 1997, 761, m.w.N.).

Ohne Belang ist dabei, dass die Kläger diese Wahl nicht getroffen hätten, wenn ihnen die Täuschungsmanöver der C bekannt gewesen wären. Hierbei handelt es sich um einen für die einkommensteuerrechtliche Wertung unbeachtlichen Motivirrtum. Unbeachtlich ist auch, dass die Wahl der Kläger zur Wiederanlage der "Renditen" zugleich dem nach außen hin nicht bekundeten Interesse der C entsprach, zwecks Aufrechterhaltung ihres Schneeballsystems möglichst wenige "Renditen" und Kapitalbeträge auszahlen zu müssen. Entscheidend ist, dass die C es den Klägern freigestellt hatte, statt der Wiederanlage die sofortige Auszahlung der gutgeschriebenen "Renditen" zu verlangen, und ihnen damit die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Renditebeträge eingeräumt hatte (Senatsurteil in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646).

ee) Die C wäre --hätten die Kläger statt der Wiederanlage der "Renditen" deren Auszahlung gewählt-- an den betreffenden Zeitpunkten zu den entsprechenden Zahlungen auch bereit und fähig gewesen.

Angesichts der unbedingten Leistungsbereitschaft der C spielt es keine Rolle, ob diese tatsächlich entsprechende Netto-Wertzuwächse in Höhe der den Anlegern gutgeschriebenen Renditebeträge erwirtschaftet hatte und daher zivilrechtlich zu entsprechenden Leistungen verpflichtet war oder nicht (vgl. auch schon Senatsurteile vom 21. Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224, 225; in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646, m.w.N.). Zwar setzt der Zufluss eines Geldbetrages im Falle dessen bloßer Gutschrift in den Büchern des Schuldners im Regelfall voraus, dass insoweit eine eindeutige und unbestrittene Leistungsverpflichtung des Schuldners besteht, diesem also insbesondere kein Leistungsverweigerungsrecht zusteht (vgl. Senatsurteil vom 16. November 1993 VIII R 33/92, BFHE 174, 322, BStBl II 1994, 632). Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Schuldner erkennbar auf zivilrechtliche Einwendungen und Einreden gegen die Forderung des Gläubigers nicht berufen will (vgl. § 41 Abs. 1 AO; vgl. auch Senatsurteile vom 10. Juni 1975 VIII R 71/71, BFHE 116, 333, BStBl II 1975, 847, und vom 6. April 1993 VIII R 68/90, BFHE 172, 25, BStBl II 1993, 825). So lag es im Streitfall. Die C schrieb den Anlegern Renditen gut und zahlte diese nach Eintritt der vereinbarten Fälligkeit an die Anleger aus oder räumte ihnen im Wege der Novation neue (Kapital-)Forderungen ein, unabhängig davon, ob sie zu diesen Leistungen zivilrechtlich verpflichtet war oder nicht.

ff) Entgegen der Auffassung des FG wäre die C in den maßgeblichen Wiederanlagezeitpunkten zur Auszahlung der gutgeschriebenen "Renditen" auch fähig gewesen.

Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist ein Zufluss i.S. des § 11 Abs. 1 EStG sowohl in den Fällen der bloßen Gutschrift des betreffenden Betrages in den Büchern des Schuldners als auch in den Fällen der Novation grundsätzlich nur anzunehmen, wenn der Schuldner --hier also die C-- in dem betreffenden Zeitpunkt zur Zahlung des Betrages in der Lage gewesen wäre, also nicht zahlungsunfähig war (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. Mai 1973 VIII R 97/70, BFHE 109, 573, BStBl II 1973, 815, betreffend Buchgutschrift; in BFH/NV 1988, 224, 225, unter I.2.b der Gründe, betreffend Novation). Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Sinne ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Geldschulden noch im Wesentlichen zu berichtigen (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile in BFH/NV 2008, 194, m.w.N.; vom 8. Mai 2007 VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249). Dies ist vor dem "Zusammenbruch" des Schuldners im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 2249, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, dass die C in den maßgebenden Zeitpunkten der jeweiligen Wiederanlagen der "Renditen" objektiv zahlungsfähig war. Dies folgt schon aus der Tatsache, dass sie im hier zu beurteilenden Zeitraum (1996 bis 2001) allen Auszahlungsverlangen sowohl in Bezug auf "Renditen" als auch in Hinsicht auf gekündigte Kapitaleinlagen prompt nachkam. Die C hat auf die Auszahlungsverlangen der Kläger nach den bindenden Feststellungen des FG stets umgehend reagiert und sogar Mitte Juli 2001 noch eine Auszahlung von immerhin 300 000 DM an die Kläger geleistet; Unregelmäßigkeiten bei der Bedienung von Rückzahlungsforderungen haben sich weder bei Ansprüchen der Kläger noch bei anderen Anlegern ergeben. Angesichts dieser Konstellation bestand auch für die nach Juli 2001 vorgespiegelten Geschäfte und die daraufhin erteilten Gutschriften in Höhe von 117 222 DM kein Anlass, an der Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der C zu zweifeln. Dafür spricht nicht nur der Umfang der an die Kläger geleisteten Zahlungen, sondern auch die Tatsache, dass die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit den Geschäftsaktivitäten der C eher zufällig, nämlich im Zuge der Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen den Sohn eines Kapitalanlegers, aufgenommen wurden, was letztlich in die Verhaftung des K und den Antrag der C auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31. Oktober 2001 mündete.

c) Dem Argument des FG, bei Scheinerträgen werde das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Erfolges nur vorgespiegelt, es dürften letztlich nur tatsächliche Vermögensmehrungen besteuert werden und ein Zufluss bzw. Abfluss bei den Beteiligten sei erst zu bejahen, wenn der Empfänger das Geld tatsächlich in dem Sinne besitze, dass er hiervon selbst Zahlungen bestreiten könne (so auch FG Saarland, Urteil vom 6. Dezember 2006 1 K 165/03, EFG 2007, 506), vermag der Senat nicht zu folgen. Gleiches gilt für die Überlegung, der Anlagebetrüger sei gar nicht leistungswillig (vgl. Schmidt-Liebig, Zufluss von Scheinrenditen, NWB 2008, Fach 3, S. 15105). Beide Erwägungen hat der Senat bereits mehrfach geprüft und im Ergebnis verworfen. Zum einen widerstreitet das den vorstehend genannten BFH-Grundsätzen zum Zufluss- und Abflussprinzip. Zum anderen kommt es in diesem Zusammenhang gerade nicht darauf an, ob der Initiator des Schneeballsystems --hier die C-- im fraglichen Zeitraum auch im Stande gewesen wäre, alle seine Verbindlichkeiten, also auch die noch nicht innerhalb eines absehbaren Zeitraums (von drei bis sechs Monaten; vgl. BFH-Urteil vom 8. März 1984 I R 44/80, BFHE 140, 421, BStBl II 1984, 415, unter II.1.a der Gründe) fällig werdenden Renditen und gekündigten Kapitaleinlagen, auf einmal auszuzahlen. Denn mit einer solchen Konstellation musste die C bei verständiger und objektiver Beurteilung der gegebenen Sachlage nicht rechnen, solange sie den an sie gestellten Auszahlungsverlangen --wie hier geschehen-- nachkam (vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755, unter II.2.b cc bbb der Gründe, und in BFH/NV 1988, 224, 225, sowie in BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646). Daran ändert auch eine Diskrepanz zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen nichts. Daraus lässt sich für die Frage des Zuflusses bzw. Abflusses von Erträgen jedenfalls solange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger bedient werden. Dass Schneeballsysteme zusammenbrechen, wenn alle Anleger gleichzeitig die Rückzahlung ihrer Gelder verlangen, sagt über den Abfluss bzw. Zufluss beim einzelnen Anleger nichts aus. Demgemäß kann auch bei Gutschriften nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zufluss erst erfolgt, wenn das Guthaben zur Auszahlung kommt.

d) Ob den Klägern als typisch stillen Gesellschaftern --bis zur Höhe ihrer Einlage-- für ggf. auf sie entfallende Anteile an den laufenden Verlusten der C der Werbungskostenabzug zusteht, kann der Senat offenlassen. Denn die Berücksichtigung eines auf den typischen stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils als Werbungskosten setzt voraus, dass der Verlustanteil im Jahresabschluss des Unternehmens festgestellt oder vom FA geschätzt worden und im Streitjahr von der Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters abgebucht worden ist (vgl. Senatsurteile in BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755; vom 28. Mai 1997 VIII R 25/96, BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724). Da diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, können die Kläger --wenn überhaupt-- mit laufenden Verlusten frühestens in späteren Jahren (nach Ablauf der Streitjahre) belastet werden.

RechtsgebieteEStG, HGBVorschriftenEStG § 8 Abs. 1, EStG § 11 Abs. 1 Satz 1, EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4, HGB § 230

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