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16.10.2008 · IWW-Abrufnummer 081497

Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 28.09.2006 – 16 K 541/03

Zu den Anforderungen an den Buch- und Belegnachweis, wenn der ausländische Abnehmer die Waren durch einen inländischen Bevollmächtigten erwirbt

Revision eingelegt – BFH-Az.: V R 84/07


NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

URTEIL

vom 28.09.2006
Az.: 16 K 541/03


Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob eine steuerfreie Ausfuhrlieferung vorliegt.

Die Klägerin ist eine KG, die ein Geschäft mit Uhren und Schmuck betreibt. Geschäftsführer sind PB und CB.

In den Jahren 1996, 1998 und 1999 erschien Herr K im Ladenlokal und erwarb Armbanduhren für einen Herrn F, dessen Anschrift zunächst mit Abidjan/Elfenbeinküste, dann mit Cotonou/Benin angegeben wurde. F hat die Geschäftsräume der Klägerin niemals betreten, eine Vollmacht des F hat sich die Klägerin nicht vorlegen lassen. Der Bruttobetrag der entsprechenden Umsätze beläuft sich auf 253.489,- DM (1996), 91.136,- DM (1998) und 20.417,- DM (1999). PB hat auf den Namen F Ausfuhrbescheinigungen ausgestellt. F hat die Uhren teils über den Flughafen Paris-Charles de Gaulle, teils über die Hauptzollämter Krefeld und Düsseldorf ausgeführt und die Ausfuhrbescheinigungen vom französischen bzw. deutschen Zoll abstempeln lassen. Auf den meisten Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen ist angekreuzt, dass die Angaben zu Name und Anschrift des Abnehmers mit den Eintragungen im vorgelegten Reisepass übereinstimmen. Eine entsprechende Angabe enthält die einzige Ausfuhrbescheinigung des Jahres 1999 jedoch nicht.

Bei seiner nächsten Einreise nach Europa hat F die Uhren und die Ausfuhrpapiere K zurückgegeben, der die Uhren auf diversen Uhrenbörsen veräußert hat und die Ausfuhrbescheinigungen an Herrn PB aushändigte.

Die Klägerin hat die Umsätze zunächst als steuerpflichtig behandelt und die Umsatzsteuer einbehalten. Nach Aushändigung der Ausfuhrbescheinigungen hat sie die Umsatzsteuer an Herrn K erstattet und die Umsätze in ihren Umsatzsteuererklärungen nunmehr als steuerfrei behandelt.

Der Beklagte hat von dem Sachverhalt im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen K Kenntnis erlangt. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass keine steuerfreie Ausfuhrlieferung vorliege und änderte unter Erfassung der mit K getätigten Umsätze mit dem Nettobetrag die Umsatzsteuerbescheide 1996, 1998 und 1999 mit Datum vom 21. Februar 2002.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie ihren Pflichten im Zusammenhang mit den Ausfuhrgeschäften hinreichend nachgekommen sei. Die Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigungen nach § 13 i.V.m. § 9 und § 17 UStDV würden vorliegen. Eine Abschrift oder Kopie eines Identifikationsnachweises müsse nicht zu den Buchführungsunterlagen genommen werden. Es sei nicht Aufgabe des Veräußerers zu überwachen, ob der Abnehmer mit den erworbenen Waren eine Steuerhinterziehung begehe.

Die Klägerin habe sich auch nicht eine Vollmacht des Herrn F vorlegen lassen müssen. Eine schriftliche Vollmacht sei nicht erforderlich. Die Klägerin habe die Umsätze erst nach Rückgabe der Zollbescheinigungen als umsatzsteuerfrei behandelt. Sie habe aufgrund dieser Bescheinigungen von der Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben ausgehen können.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 1996, 1998 und 1999 vom 21. Februar 2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 17. September 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 1 a UStG hier nicht zur Anwendung komme. Erforderlich sei nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG, dass der Abnehmer ein ausländischer Abnehmer sei, d.h. seinen Wohnsitz im Ausland habe. Die entsprechende Voraussetzung sei nach § 6 Abs. 4 UStG vom Unternehmer nachzuweisen. Für den Abnehmernachweis sei es erforderlich, dass eine Abschrift oder Kopie eines Identifikationsnachweises zu den Buchführungsunterlagen genommen werde. Die bloße Aufzeichnung des Namen und der Anschrift des Abnehmers genüge nicht. Im Streitfall habe die Klägerin sich nicht davon überzeugt, dass der Abnehmer wirklich aus dem Ausland stamme. Der Geschäftsführer der Klägerin habe sogar gegenüber der Steuerfahndung Bochum eingeräumt, dass er nicht wisse, ob es einen Herrn F überhaupt gebe.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist für die Veranlagungszeiträume 1996 und 1998 begründet, für 1999 unbegründet.

Die in den Jahren 1996 und 1998 durch Veräußerung von Uhren an Herrn F erzielten Umsätze sind steuerfrei nach § 4 Nr. 1 a) i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG. Nach diesen Vorschriften liegt eine steuerfreie Ausfuhrlieferung vor, wenn bei einer Lieferung der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet hat und ein ausländischer Abnehmer ist. Der Unternehmer hat gem. § 6 Abs. 4 UStG die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nachzuweisen.

Im Streitfall hat die Klägerin für die Veranlagungszeiträume 1996 und 1998 den entsprechenden Nachweis geführt. Unstreitig und durch die Ausfuhrbescheinigungen belegt sind die bei der Klägerin erworbenen Uhren von F nach Afrika und damit in das Drittlandsgebiet befördert worden. Bei F handelt es sich auch um einen ausländischen Abnehmer. Ausländischer Abnehmer ist gem. § 6 Abs. 2 UStG ein Abnehmer, der seinen Wohnort im Ausland hat. Im Falle des F ergibt sich aus den Angaben in dessen Reisepass, dass dieser seinen Wohnsitz im Drittlandsgebiet hatte.

Erscheint nicht der ausländische Abnehmer persönlich beim Unternehmer, sondern erklärt eine dritte Person mit inländischem Wohnsitz, die Ware als Bevollmächtigter des Abnehmers zu erwerben, so wird sich der Unternehmer allerdings regelmäßig zu vergewissern haben, ob dieser Dritte tatsächlich für einen ausländischen Abnehmer aufgetreten ist, etwa indem er sich eine dem Dritten erteilte Vollmacht des ausländischen Abnehmers vorlegen lässt. Denn anderenfalls fehlte es an dem gem. § 6 Abs. 4 UStG zu erbringenden Abnehmernachweis, weil der inländische Dritte auch vollmachtlos gehandelt haben könnte oder vorgibt, für eine in Wirklichkeit gar nicht existierende Person zu handeln.

Im Streitfall konnte die Klägerin aber aufgrund der weiteren Umstände des Sachverhalts davon ausgehen, dass Herr K tatsächlich als Bevollmächtigter für Herrn F gehandelt hat. Denn nach Ausfuhr der Uhren sind die Ausfuhrbescheinigungen über Herrn K wieder an die Klägerin zurück gelangt; zudem wird in den Papieren von den Zollbehörden bestätigt, dass der in den Ausfuhrbescheinigungen als Abnehmer genannte F die Uhren in das Drittlandsgebiet verbracht hat und dass der in seinem Reisepass angegebene Wohnsitz mit der in den Ausfuhrpapieren genannten Anschrift übereinstimmt. Anhand dieser Bescheinigungen konnte die Klägerin zu Recht davon ausgehen, dass K die Uhren an F als Abnehmer weitergeleitet hat und dass F seinen Wohnsitz tatsächlich im Ausland hatte. Die Klägerin hat die Umsätze auch erst nach Rücklauf der Ausfuhrbescheinigungen und damit erst ab Vorliegen eines Abnehmernachweises als steuerfrei behandelt.

Anders hingegen ist die Rechtslage im Streitjahr 1999. Hier fehlt in der Ausfuhrbescheinigung eine Angabe darüber, ob die Person, die bei der Klägerin die Uhren erworben hat, mit der Person übereinstimmt, die die Uhren bei der französischen Zollbehörde ausgeführt hat. Insoweit ist der Abnehmernachweis nicht geführt und der Umsatz steuerpflichtig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

RechtsgebieteUmsatzsteuer 1996, 1998 und 1999

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