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26.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082763

Amtsgericht Nordhausen: Urteil vom 09.11.2007 – 4 Ca 963/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


In dem Rechtsstreit


xxx


- Kläger


Prozessbevollmächtigter: XXX


gegen


XXX


- Beklagte


hat das Arbeitsgericht Nordhausen, 4. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 26.10.2007 durch den Direktor des Arbeitsgerichts Marx als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter xxx und xxx als Beisitzer


für Recht erkannt:


1. Die Klage wird abgewiesen.


2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.


3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.833,32 Euro festgesetzt.

Tatbestand


Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit mehrerer Arbeitgeberkündigungen, den Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung und um Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug .


Der am xxx geborene, xxx Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.7.1993 als Chefarzt der orthopädischen Abteilung in xxx beschäftigt. Ab dem 1.1.1994 war der Kläger ärztlicher Direktor des Krankenhauses und ab dem 1.11.2006 übernahm der Kläger die Leitung der neu geschaffenen Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie. Sein Verdienst betrug zuletzt durchschnittlich zirka 13.500 EUR brutto im Monat. Der Kläger war schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt der Chefarztvertrag vom 5.7.2004 (BI. 100 bis 105 der Akte) zu Grunde. Dieser Chefarztvertrag sieht in § 8 nachfolgende, für den vorliegenden Rechtsstreit interessierende Regelung zur Vergütung vor:


,,§8 Vergütung


(1) der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine jährliche Grundvergütung in Höhe von Euro 135.000 brutto, die in 12 gleichen Raten monatlich gezahlt wird. Die Vertragsschließenden werden die Vergütung regelmäßig überprüfen und unter Berücksichtigung der Entwicklung der Abteilung und des Krankenhauses an sich für ändernde Verhältnisse anpassen.

(2) Mit dieser Vergütung sind sämtliche Tätigkeiten des Arztes abgegolten. Eingeschlossen ist die Behandlung von Wahlleistungspatienten, die Tätigkeit im Bereich von Ermächtigungen (vertragsärztliche Leistungen), die Tätigkeit als Durchgangsarzt für gesetzliche Unfallversicherungsträger, Gutachtertätigkeiten und konsilarische Beratungstätigkeiten.

(3) Mit der Vergütung nach Abs, 1 sind auch Überstunden sowie Mehr -, Samstags -, Sonntags -, Feiertags - und Nachtarbeit jeder Art sowie Bereitschaftsdienste abgegolten.

(4) Der Arzt hat darüber hinaus Anspruch auf eine Tantieme (Gewinnbeteiligung) in Höhe von einem Prozent des Jahresüberschusses seiner Abteilung, begrenzt auf Euro 50.000 brutto im Kalenderjahr. Die Tantieme ist binnen Monatsfrist nach Feststellung des Jahresergebnisses zur Zahlung fällig. Die vorstehende Regelung gilt für das Jahr 2004 und mit der Maßgabe, dass für dieses Jahr zeitanteilig sechs zwölftel der Tantieme gezahlt werden. Für die Folgejahre werden die Vertragsschließenden jeweils rechtzeitig Verhandlungen über die Höhe der Tantieme aufnehmen und dabei berücksichtigen, ob sich wesentliche Veränderungen im Zuschnitt oder der Struktur der vom Arzt geleiteten Abteilung ergeben haben.

(5) Der Arzt tritt hiermit seine sämtlichen Ansprüche an das Krankenhaus ab, die ihm im Rahmen der Behandlung von Wahlleistungspatienten (Privatliquidation), aus seiner Tätigkeit aus Ermächtigungen (vertragsärztliche Leistungen), aus seiner Tätigkeit als Durchgangsarzt für gesetzliche Unfallversicherungsträger, aus seiner Gutachtertätigkeit und aus seiner konsularischen Beratungstätigkeit zustehen. Das Krankenhaus nimmt diese Abtretung hiermit an.

Die Abrechnung der entsprechenden Honorare und der Honorareinzug obliegen dem Krankenhaus.

Darüber hinaus tritt der Arzt hiermit seine sämtlichen Ansprüche aus sonstigen Nebentätigkeiten an das Krankenhaus ab, das diese Abtretung hiermit annimmt. Dies gilt nicht für Ansprüche des Arztes aus einer Referententätigkeit, die in jedem Einzelfall entsprechend § 12 dieses Vertrages vom Geschäftsführer zu genehmigen ist.

(6) Das Krankenhaus beabsichtigt, zukünftig ein Vergütungssystem zu installieren, welches leistungsbezogene Entgeltbestandteile vorsieht; der Arzt steht der Einführung eines solchen Vergütungssystems aufgeschlossen gegenüber und wird zu gegebener Zeit in entsprechende Verhandlungen mit dem Krankenhaus eintreten. "


Bei der Beklagten, bei der regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt wurden, bestand ein Betriebsrat.

Die Beklagte beabsichtigte, den Kläger fristlos hilfsweise ordentlich zu kündigen. Hierzu beantragte sie mit Schreiben vom 30.1.2007 (BI. 32 der Akte) die Zustimmung beim Versorgungsamt xxx - Integrationsamt -, das am 31.1.2007 beim Integrationsamt einging.

Den Betriebsrat unterrichtet die Beklagte über die beabsichtigte Kündigung mit Schreiben vom 1.2.2007 (BI. 43 der Akte). Hierzu erfolgte eine Stellungnahme des Betriebsrates mit Schreiben vom 5.2.2007 (BI. 51 der Akte).

Die Beklagte kündigte sodann mit Schreiben vom 16.2.2007 (Blatt 6 der Akte), welches dem Kläger am gleichen Tage zuging, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage ging am 23.2.2007 beim Arbeitsgericht Nordhausen ein.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Kündigung rechtsunwirksam sei. Gründe, die geeignet seien, die Kündigung zu rechtfertigen, lägen nicht vor, insbesondere kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Der Vorwurf "Honorare privat kassiert" zu haben und hierdurch bei der Beklagten ein Schaden in Höhe von 1.100 EUR verursacht zu haben, sei unzutreffend.

Dabei sei zu berücksichtigen, dass er zunächst aufgrund der ihm erteilten Nebentätigkeitserlaubnis alle nicht krankenversicherten Patienten und alle Patienten bei Vorlage einer entsprechenden Überweisung beraten, behandeln und die dann anfallenden Honorare für sich habe abrechnen dürfen. Der Kläger verweist auf die Nebentätigkeitsgenehmigung vom 11.7.1997 (BI. 98 und 99 der Akte) und die erteilte Ermächtigung im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung. Durch die Regelung in § 8' des Chefarztvertrages vom 5.7.2004 hätte die Beklagte zwar grundsätzlich eine Liquidationsberechtigung gegenüber diesen Patienten zugestanden, jedoch sei ein Sonderfall zwischen den Parteien unberücksichtigt geblieben.
Es handle sich hierbei um eine Raterteilung an Kassenpatienten, die in der Sprechstunde erschienen seien, jedoch weder eine Überweisung eines Facharztes für Orthopädie oder Unfallchirurgie vorweisen konnten, noch einen Vertragsabschluss als Privatpatient mit entsprechender Zahlungsverpflichtung wünschten. Hier habe er sich nach dem 1.7.2004 nicht anders verhalten als vorher. Er habe diese Patienten nicht aus der Sprechstunde verwiesen, sondern auf die fehlende Abrechnungsmöglichkeit ohne Abschluss einer Zahlungsvereinbarung hingewiesen und sich erst, wenn eine solche von den Patienten abgelehnt worden sei, bereit erklärt, sich das Anliegen der Patienten gleichwohl anzuhören und einen Rat zu erteilen. Den Patienten habe er dann freigestellt einen Betrag von ca. 20 EUR in eine "Kasse" .zu

Er habe diesen Zahlbetrag nicht eingefordert, sondern als "symbolischen Anerkennungsbetrag" verstanden. Die so von ihm beratenden Patienten hätten vielfach, jedoch nicht in allen Fällen 20 EUR, gelegentlich 25 EUR an ihn übergeben. Es sei hierbei ausschließlich um einen Rat gegangen. Eine Behandlung habe er nicht durchgeführt. Die Annahme derartiger symbolischer Anerkennungsbeträge habe sich auf die Patienten beschränkt, für die keine andere Abrechnungsmöglichkeit bestanden habe. In keinem Fall habe diese Vorgehensweise Privatpatienten oder Kassenpatienten mit Überweisung betroffen.

Der Kläger rechtfertigt seine Vorgehensweise damit, dass er davon ausgegangen sei, dass für die Beklagte bei Raterteilung aus Gefälligkeit kein abrechenbarer Anspruch entstanden sei. Im Jahr habe es bei ca. 800 bis 1000 ambulanten Patientenberatungen ca. 10 bis 15 Fälle gegeben, indem er einen derartigen Gefälligkeitsrat erteilt habe. Er habe sich aus haftungsrechtlichen Gründen eine selbst entworfene Erklärung von den Patienten unterschreiben lassen (BI. 113 der Akte). Zu einem privatärztlichen Behandlungsvertrag sei es jedoch mit diesem Patienten nicht gekommen. Nach der Raterteilung habe er dann ordnungsgemäße Eintragungen in den Patientenkarten vorgenommen. Diese Patientenkarten habe er dann an seine Sekretärin zurückgegeben, ohne sich Gedanken zu machen, was mit den Patientenkarten geschieht. Auf die weitergehenden Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 29.5.2007 (BI. 71 der Akte) wird Bezug genommen.

Der Kläger bestreitet im Weiteren die Behauptung der Beklagten, dass für die Patientin Falkenberg eine für eine Behandlung im Rahmen der Ermächtigung der kassenärztlichen Vereinigung notwendige Überweisung vorgelegen habe und dass er für die Entgegennahme der "symbolischen Anerkennung" einzelnen Patienten eine Quittung ausgestellt habe. Ebenso wenig habe er eine Rechnung gestellt. Hinsichtlich des weitergehenden Bestreitens des Klägers bezüglich der von der Beklagten aufgestellten Behauptungen zu einzelnen Patienten wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 29,5.2007 (BI. 75 ff. der Akte) Bezug genommen.

Die Kündigungsentscheidung der Beklagten lasse darüber hinaus eine ausreichende Interessenabwägung vermissen. Er sei 13 Jahre bei der Beklagten als Chefarzt tätig gewesen und darüber hinaus sei ihm seit dem 1.1.1994 die Funktion des ärztlichen Direktors übertragen worden. In fachlicher und persönlicher Hinsicht sei sein Verhalten von der Beklagten bestätigt völlig untadelig gewesen. Aufgrund seines Alters könne er nach einer Kündigung nicht damit rechnen, eine gleichwertige ChefarztsteIle zu finden, zumal er aufgrund familiärer Bezüge örtlich gebunden sei.

Auch sei zu berücksichtigen, dass er die entgegengenommenen Geldbeträge nicht für sich verwandt, sondern eine Zeitschrift "Der Orthopäde" angeschafft und den Kollegen unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Der Ausspruch der außerordentlichen Kündigung lasse insoweit jede Angemessenheit vermissen. Auch liege keine Abmahnung vor, obgleich in Zukunft nicht mit weiteren Vertragsstörungen zu rechnen gewesen sei.

Der Kläger rügt des Weiteren eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates. Es sei von einer unvollständigen und unrichtigen Unterrichtung des Betriebsrates auszugehen, die die Voraussetzungen einer Anhörung nach § 102 BetrVG nicht erfülle.

So habe es die Beklagte unterlassen, den Betriebsrat über die dienstvertragliche Situation vollständig zu unterrichten. Hierzu fänden sich im Anhörungsschreiben keine Ausführungen.
Auch fehle bei der Aufzählung von 41 Fällen vorgeworfenen Fehlverhaltens ein Hinweis auf die Vertragslage zum Liquidationsrecht bis zum 30.6.2004, so dass eine Aufblähung des vorgeworfenen Fehlverhaltens einen falschen Eindruck über den Umfang der vorzuwerfenden Pflichtverletzungen beim Betriebsrat erweckt habe, insbesondere durch die Benennung eines überhöhten Schadensbetrages von 1.100 EUR. Der Betriebsrat hätte bei richtiger Darstellung des Sachverhaltes einschließlich des Umstandes, dass die Vereinnahmung in Anerkennung im Beträge zur Anschaffung von medizinischer Fachliteratur verwandt worden seien, nicht nur Bedenken gegen die fristlose Kündigung geäußert, sondern möglicherweise der Kündigung widersprochen. Auf die weitergehenden Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 20.5.2007 (BI. 60 f. der Akte) und im Schriftsatz vom 12.10.2007 (Blatt 334 f. der Akte) wird Bezug genommen.

Die Beklagte kündigte im Weiteren das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 3.5.2007 ordentlich zum 31.12.2007. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit klageerweiterndem Kündigungsschutzantrag im Schriftsatz vom 14.5.2007 (BI. 54 der Akte), der am 15.5.2007 beim Arbeitsgericht Nordhausen einging. Der Kläger hält auch die ordentliche Kündigung für rechtsunwirksam. Gründe, die geeignet seien,die Kündigung sozial zu rechtfertigen, lägen nicht vor, auch fehle es an einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates. Auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 29.5.2007 (BI. 61 der Akte) und vom 12.10.2007 zur Rechtsunwirksamkeit der ordentlichen Kündigung wird Bezug genommen.

Im Weiteren erweiterte der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom den 20.5.2007 und begehrte die Zahlung von Annahmeverzugslohn für die Monate März urid April 2007 abzüglich ei~es von ihm erzielten Zwischenverdienstes.

Die Beklagte kündigte schließlich das Arbeitsverhältnis des Klägers mit weiterem Schreiben vom 4.7.2007 (BI. 137 der Akte) erneut fristlos. Im Rahmen der mit Schriftsatz vom 16.7.2007 vorgenommene Klageerweiterung, die am 19.7.2007 beim Arbeitsgericht Nordhausen einging, wandte sich der Kläger mit weiterem Kündigungsschutzantrag gegen die Rechtswirksamkeit dieser außerordentlich fristlosen Kündigung. Der Kläger hält auch diese Kündigung für rechtsunwirksam. Er bestreitet eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates und das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Kündigung. Er habe sich nicht wettbewerbswidrig verhalten. Weder beim XXX ,noch sonst an einer anderen Klinik sei er als Chefarzt Fachbereich Orthopädie und/oder Unfallchirurgie tätig geworden. Auf die weiteren Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 12.10.2007 (BI. 141 f. der Akte) wird Bezug genommen.

Die Klageerweiterung bezüglich der Vergütungsansprüche für Mai und Juli 2007 wurde mit Schriftsatz vom 12.10.2007 (Blatt 344 der Akte) zurückgenommen.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16.2.2007 nicht aufgelöst wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 16.2.2007 hinaus fortbesteht.

3. Die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen Bedingungen vertragsgemäß als Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie weiterzubeschäftigen.

4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 3.5.2007 nicht aufgelöst wird.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 20.833,32 brutto nebst fünf Prozentpunktezinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit abzüglich eines Zwischenverdienstes für den Monat April in Höhe von € 6000,- brutto zu zahlen.

6. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 4.7.2007 nicht aufgelöst wird.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die außerordentliche Kündigung vom 16.2.2007 für rechtsunwirksam. Im Rahmen eines Anrufes der Patientin . XXX am 9.1.2007 In der Abteilung Finanzbuchhaltung betreffend eine Rechnung über 27 75 EUR, für die die Patienten am 4.1.2007 eine erste Mahnung erhalten habe, sei von dieser Patienten mitgeteilt worden, dass sie beim Kläger Immer In bar zahle. Bareinzahlungen über die Kasse seien jedoch nicht zu verzeichnen gewesen. Auf Nachfrage bei der Sekretärin des Klägers habe diese Barzahlungen der Patientin direkt. an den Kläger bestätigt. Aufgrund dieser Informationen habe man bei einer Überprüfung In den Räumlichkeiten der orthopädischen Ambulanz der Beklagten festgestellt dass sich in den Ambulanzkarten teilweiser Erklärungen von Patienten befunden hätten, die trotz Versicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse eine Privatbehandlung durch den Kläger gewünscht hätten. Bei einer stichprobenhaften Prüfung von 10 derartigen Ambulanzkarten des Jahres 2006 sei noch am Abend des 11.1.2007 festgestellt worden, dass in vier Fällen eine Abrechnung über das Krankenhaus und in sechs Fällen keine Abrechnung erfolgt sei. Die Patienten, bei denen eine Abrechnung nicht festgestellt werden konnte, habe man am 12.1.2007 angerufen und gefragt, ob sie die ärztlichen Leistungen in bar bezahlt hätten und wie hoch der Betrag gewesen sei. In diesen vier Fällen habe sich folgender Sachverhalt ergeben:

,,1. Der Patient XXX ,geboren am XXX ,wohnhaft XXX ,erklärte, dass er die Behandlung am 02.08.2006 gleich bar bei dem Kläger bezahlt habe. Hinsichtlich der Höhe teilte XXX mit, dass es höchstwahrscheinlich 20 EUR gewesen seien. XXX hat die als Anlage in Kopie beigefügt Erklärung anlässlich seines Arztbesuches am 02.08.2006 unterschrieben.

2. Die Patientin XXX, geboren am XXX ,wohnhaft XXX, begab sich am 24.08.2006 in die Ambulanz des Klägers. Anlässlich des Telefonates mit XXX am 12.01.2007 teilte XXX mit, dass sie die an ihr erbrachten Leistungen bei dem Kläger immer bar bezahlt habe, auch die am 24.08.2006 und 18.03.2002. Am 24.08.2006 hat XXX die in der Anlage beigefügt Erklärung unterschrieben.

3. Der Patient XXX ,geboren am XXX ,wohnhaft XXX ,begab sie am 12.01.2006 in die Orthopädische Ambulanz des Klägers. Befragt von XXX teilte XXX mit, dass er die Leistung sofort bei dem Kläger bar bezahlt habe. Er habe auch gewusst, dass er zahlen müsse, da er als Selbstzahler angemeldet war. Zur Höhe befragt teilte XXX mit, dass er 20 EUR bezahlt habe und dass er auch eine Quittung erhalten habe, die er aber bestimmt nicht mehr wiederfinden würde. Im Rahmen des Ambulanztermins am 12.01.2006 unterzeichnete XXX die in der Anlage beigefügte Erklärung.

4. Ebenfalls am 12.1.2006 begab sich XXX ,geboren am XXX ,wohnhaft XXX ,in die Behandlung des Klägers. Anlässlich dieses Termins unterzeichnete XXX die in der Anlage beigefügte Erklärung vom 12.01.2006. Telefonisch von XXX befragt erklärte XXX ,er habe die Leistung gleich bei dem Kläger bar bezahlt. Zur Höhe befragt erklärte XXX ,so genau könne er sich da nicht mehr erinnern, der Betrag habe so bei 50 EUR gelegen. Er habe zwar auch im Nachgang noch eine Rechnung von der Beklagten erhalten, aber der Kläger und die Sekretärin XXX hätten ihn angerufen und erklärt dass es ein Irrtum sei und er nicht zahlen müsse. Die Rechnung, die XXX bezüglich der Behandlung vom 12.01.2006 zugegangen ist, ist dann storniert worden. Eine Kopie fügen wir diesem Anschreiben als Anlage bei".

Am 16.1.2007 habe eine Gesellschafterversammlung stattgefunden und beschlossen, die Vorfälle bei der Staatsanwaltschaft XXX zur Anzeige zu bringen. Ab dem 17.1.2007 seien dann die Ambulanzkarten der Jahre 2006, 2005 und 2004 durchgearbeitet worden. Diese Untersuchungen hätten sich bis zum 23.1.2007 hingezogen und 41 Fälle ergeben, in denen Patienten in der Ambulanz Bargeld an den Kläger übergeben hätten. Auf die Aufstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 24.4.2007 (Blatt 26 f. der Akte) zu den 41 Einzelfällen wird Bezug genommen. Insgesamt sei so ein Gesamtbarzahlungsbetrag an den Kläger in Höhe von 1.100 EUR ermittelt worden.

Aufgrund seines Arbeitsvertrages hätten die Einnahmen aus der orthopädischen Ambulanz ausschließlich der Beklagten zugestanden und eine Abrechnung hätte auch nur über das Krankenhaus erfolgen dürfen. Der Kläger habe es daher unterlassen diejenigen Ambulanzbeklagten zur Abrechnung vorzulegen, die aufgrund seiner Tätigkeit zur Abrechnung angestanden beziehungsweise teilweise durch ihn zur Stornierung von Rechnungen veranlasst worden seien, weil er bereits ein Honorar in bar kassiert hatte.

Diese Vorgehensweise sei als Betrug zulasten der Beklagten zu bewerten, denn es sei ein Schaden bei der Beklagten durch nicht abgerechnete und damit nicht vereinnahmte Vergütungen entstanden.

Aufgrund des mit dem Kläger am 1.7.2004 in Kraft getretenen neuen Anstellungsvertrages habe es aufgrund der abschließenden Regelung in § 8 des Chefarztvertrages keinen Raum mehr gegeben für die vom Kläger als "Sonderfälle" beschriebene Raterteilung an Patienten. Die Erteilung eines Rates an einem Patienten stelle eine abrechenbare ärztliche Leistung dar. Auch sei es nicht nur ausschließlich um die Erteilung eines ärztlichen Rates gegangen, denn der Kläger habe zum Teil auch körperliche Untersuchungen an Patienten vorgenommen. Auf die weitergehenden Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 27.8.2007 (BI. 142 der Akte) wird Bezug genommen. Bei den Beträgen in Höhe von 20 bis 25 EUR, die der Kläger entgegengenommen habe, handle es sich auch der Höhe nach um atypische Rechnungsbetrage, die privat krankenversicherten Patienten in Rechnung gestellt würden (typischerweise 27,75 EUR), so dass nicht von einem lediglich symbolischen Wert ausgegangen werden könne.

Am 17.1.2007 habe sich der Kläger im Rahmen eines Gespräches mit dem Geschäftsführer der Beklagten und deren Prokuristen dahingehend eingelassen, dass die Annahme von Bargeld durch ihn nur in einigen wenigen unbedeutenden Fällen stattgefunden habe. Er habe dieses Geld in einer Schachtel hinterm Schreibtisch aufbewahrt, um in der Folgezeit zum Beispiel Blumengeschenke für Mitarbeiter zu finanzieren oder ein Sachbuch zu kaufen. Im Übrigen erklärte der Kläger in diesem Gespräch, dass derartige Zahlungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren nicht mehr vorgekommen sein. Diese Einlassung des Klägers entspricht nicht dem Ergebnis der internen Ermittlungen.

Vor Ausspruch der Kündigung sei dann beim Integrationsamt mit Schreiben vom 30.1.2007, dort eingegangen am 31.1.2007, die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung des Klägers beantragt worden. Das Integrationsamt habe für Montag in 12.2.2007 einen Termin zur Durchführung einer Einigungsverhandlung bestimmt. Am 16.2.2007 habe die Beklagte sodann vom Integrationsamt auf telefonische Nachfrage erfahren, dass in Bezug auf die außerordentliche Kündigung von Seiten des Integrationsamtes keine Entscheidung getroffen werde. 91e Zustimmung gelte daher durch Fristablauf als erteilt.

Den Betriebsrat habe man mit Schreiben vom 1.2.2007 (BI. 43 der Akte) zur beabsichtigten außerordentlichen fristlosen und hilfsweisen ordentlichen Kündigung angehört. Auf den Inhalt des Anhörungsschreibens nimmt die Beklagte Bezug. Die Kündigungsgründe seien dem Betriebsrat umfassend mitgeteilt worden. Ein Hinweis auf die Nebentätigkeitsgenehmigung des Klägers habe es nicht bedurft, da die Kündigung keine Nebentätigkeit des Klägers betreffe, sondern die Entgegennahme von Bargeld von behandelten Patienten ohne Weiterleitung an die Beklagte.

Im Rahmen der Interessenabwägung sei die Beschäftigungsdauer des Klägers und seine herausgehobene Funktion sehr wohl bedacht worden. Dabei habe man besonderen Wert darauf gelegt, dass Mitarbeiter in gehobener Position eine Vorbildfunktion inne hätten, 'sodass deshalb kein niedriger Maßstab angelegt werden könne, wenn der ärztliche Leiter eines Krankenhauses eine Vielzahl von Handlungen begehe, die nach Ansicht der Beklagten als Betrug zu werten sind.

Die Beklagte hält des Weiteren auch die ordentliche Kündigung vom 3.5.2007 für rechtswirksam. Sie stützt sich zur Begründung auf die bereits für die außerordentliche Kündigung vom 16.2.2007 vorgetragenen Gründe. Auf die weitergehenden Ausführungen der Beklagten hierzu im Schriftsatz vom 27.8.2007 (BI. 109 wird der Akte) wird Bezug genommen.

Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 16.2.2007 bestehe für den Kläger auch kein Vergütungsanspruch mehr für die Monate März und April 2007. Schließlich verteidigt die Beklagte die außerordentliche Kündigung vom 4.7.2007. Die Beklagte hält auch diese Kündigung für rechtswirksam. Es sei eine Konkurrenztätigkeit des Klägers festzustellen gewesen, die darin bestanden habe, dass der Kläger im XXX im Fachgebiet der Orthopädie Patienten operiert habe. Auf die weitergehenden Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 27.8.2007 (BI. 151 der Akte) wird Bezug genommen.

Abschließend wird für die weitergehenden Einzelheiten des Parteivortrages auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständliche Kündigung vom 16.2.2007 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Zugang der Kündigungserklärung zum 16.2.2007 aufgelöst.

Die Entscheidung beruht auf den nachfolgenden, im Wesentlichen zusammenfassend tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 313 Abs. 3 ZPO).

1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung (§§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG). Auch im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden (§ 13 Abs. 1 S. 1 KSchG).

Die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, richtet sich nach § 626 Abs. 1 BGB. Hiernach kommt es darauf an, dass Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Aus dem Erfordernis, dass sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind und eine individuelle Interessenabwägung vorzunehmen ist, folgt zugleich, dass es keinen Katalog der absoluten~Kündigungsgründe gibt, bei deren Vorliegen eine außerordentliche Kündigung immer gerechtfertigt ist (BAG vom 15.11.1984, EZA Nr. 95 zu § 626 BGB). In einem ersten Schritt ist daher die Feststellung eines Sachverhaltes erforderlich, der objektiv geeignet ist, das Arbeitsverhältnis mit einem wichtigen Grund zu belasten.
Soweit sich die Beklagte zur Begründung der außerordentlichen Kündigung vom 16. 2. 2007 auf die Annahme von Bargeld von Patienten durch den Kläger für von der Beklagten abrechenbare Leistungen beruft, ist dies ein Sachverhalt, der grundsätzlich geeignet ist, das Arbeitsverhältnis mit einem solch wichtigen Grund zu belasten. Für den Kläger bestand jedenfalls seit dem 1.7.2004 aufgrund des verbindlich zwischen den Parteien vereinbarten Chefarztvertrages und der hier in § 8 enthaltenen Regelung zur Vergütung keine Möglichkeit mehr, um selbstständig Leistungen Jm Rahmen der von ihm abgehaltenen Sprechstunden zu liquidieren. Die Beklagte war berechtigt, alle vom Kläger erbrachten Leistungen abzurechnen. Hieraus folgt zugleich, dass es dem Kläger verwehrt war, auch nur Beratungsleistungen ohne vorherigen Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Patienten zu Gunsten der Klinik zu erbringen. Dies betrifft auch die vom Kläger als "Sonderfälle" beschriebene Patientengruppen, bei denen etwa eine Überweisung vom Facharzt nicht vorlag bzw. bei denen die Patienten keine Zahlungsvereinbarung mit der Klinik wünschten. Gegen diese Verpflichtung hat der Kläger verstoßen. Dass es sich bei den von ihm erbrachten Leistungen grundsätzlich um vergütungspflichtige Leistungen gehandelt hat, war dem Kläger auch bewusst, wie seine Einlassung, er habe den Patienten erst gesagt, es müsse ein Vertrag mit der Klinik geschlossen werden, ein solcher von den Patienten jedoch abgelehnt worden sei, ergibt. Soweit der Kläger hieran anschließend trotz der ablehnenden Haltung der Patienten gleichwohl einen ärztlichen Rat erteilt hat, liegt hierin ein vorsätzliches Handeln des Klägers im Bezug auf den Pflichtverstoß. Dass es sich bei diesem Tätigwerden des Klägers um eine reine Gefälligkeitsleistung, wie dies der Kläger behauptet, gehandelt hat, kann die Kammer nicht erkennen, denn zum einen handelte es sich gerade um eine Leistung, die zuvor vom Patienten bezahlt werden sollte, und zum anderen war dem Kläger aufgrund der Vielzahl der Fälle, in denen die Patienten dann einen Geldbetrag in Höhe von 20 bis 25 EUR an ihm übergaben, durchaus bewusst, dass auch die Patienten nicht von einer unentgeltlichen Leistung ausgehen konnten.

Da es sich zudem nicht nur um einen einmaligen Vorgang, sondern um eine Vielzahl sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Vorgänge handelte, die der Kläger selbst mit ca. 10 bis 15 Fällen pro Jahr angibt, ist auch von einer nachhaltigen, nicht nur die Vermögensinteressen der Beklagten, sondern auch das Vertrauensverhältnis zur Beklagten zerstörenden Pflichtverletzung auszugehen.

Für die Beklagte lag daher ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor.

2. Die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung folgt auch nicht aus §§ 85, 91 SGB IX in
Verbindung mit § 1348GB.

Auch die außerordentliche Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Dabei kann die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen beantragt werden (§ 91 Abs. 2 SGB IX). Die Frist beginnt hierbei mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Nachdem die Beklagte durch ihre Prüfungen nach Anzeigeerstattung bei der Staatsanwaltschaft XXX am Nachmittag des 17.1.2007 Kenntnis von 41 Barzahlungsvorgängen aus dem Jahr 2002 bis 2006 erhielt, wurde diese Frist durch den am 31.1.2007 beim Integrationsamt eingegangenen Antrag gewahrt. Das Integrationsamt hatte sodann Gelegenheit, eine Entscheidung über den Antrag innerhalb von zwei weiteren Wochen zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, so gilt die Zustimmung als erteilt (§ 91 Abs. 3 S. 3 SGB IX). Die Entscheidungsfrist für das Integrationsamt lief somit am 14.2.2007 ab. Da keine Entscheidung des Integrationsamtes innerhalb der Frist getroffen wurde, gilt die Zustimmung im vorliegenden Fall über die gesetzliche Fiktion als erteilt, so dass die Beklagte am 16.2.2007 die Kündigung aussprechen konnte.

Eine Rechtsunwirksamkeit der Kündigung wegen fehlender oder fehlerhafter Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG lässt sich nicht feststellen.

In Betrieben, in denen wie vorliegend ein Betriebsrat existiert, ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung vom Arbeitgeber anzuhören. Eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung ist unwirksam (§ 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG). Der Anhörungspflicht unterliegt dabei jede Art von Kündigung, sc dass auch die vorliegend außerordentliche fristlose Arbeitgeberkündigung der Beklagten hiervon erfasst wird. Im Rahmen der Anhörung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitzuteilen, wobei dies sowohl schriftlich als auch mündlich geschehen kann. Inhaltlich sind neben den Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, der Art der beabsichtigten Kündigung, der gegebenenfalls einzuhalten Kündigungsfrist und des Kündigungstermins auch die für den Arbeitgeber tragenden Kündigungsgründe mitzuteilen. Durch eine derart vollständige Information soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, eigenständig über mögliche Gründe, die gegen die beabsichtigte Kündigung sprechen könnten, zu beraten, um gegebenenfalls im Anhörungsverfahren auf den Arbeitgeber zur Abänderung des Kündigungsentschlusses einzuwirken.

Im Anhörungsverfahren sind jedoch an die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers nicht die gleichen Anforderungen wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess zu stellen. Es gilt der Grundsatz der sog. "subjektiven Determination", nach welchem der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung dem Betriebsrat nur die ihm aus seiner Sicht tragenden Gründe mitzuteilen hat (vgl. BAG vom 6.2.1996, AP Nr. 85 zu § 102 BetrVG 1972 und Bader, die Anhörung des Betriebsrates, NZA 2000, 57 ff.). Liegen weitere Umstände vor, auf die der Arbeitgeber für seine Kündigungsentscheidung jedoch nicht abstellt, zu brauchen diese nicht mitgeteilt werden. Bei der außerordentlichen Kündigung sind daher die Umstände mitzuteilen, aus denen der Arbeitgeber den wichtigen Grund für die Kündigung herleitet. Im Übrigen gilt, dass die Informationen so konkret und detailliert sein müssen, dass sich der Betriebsrat ein Bild vom Vorliegen der angegebenen Kündigungsgründe machen kann. Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Kündigungsrechtsstreit, so ist festzustellen, dass die Anhörung des Betriebsrates streitgegenständlicher Kündigung nicht zu beanstanden ist. Der Betriebsrat wurde von der Beklagten schriftlich durch das Anhörungsschreiben vom 1.2.2007 unterrichtet. Neben den Angabe zu den Personaldaten des Klägers, einschließlich der Angaben zu Schwerbehinderung und zum Beschäftigungsverhältnis des Klägers sowie zur Absicht, das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen, enthält das Anhörungsschreiben ab Seite 2 ausführliche Darstellungen zu den Kündigungsgründen. Aus den weiteren Ausführungen ab Seite 3 des Anhörungsschreibens wird deutlich, dass bei der Bewertung des Verhaltens des Klägers von Seiten der Beklagten eine Verpflichtung des Klägers aus_ delJ1J2estehenden Arbeitsvertrag zu Grunde gelegt wurde, nach der den Kläger eine Verpflichtung betraf, Einnahmen ausschließlich über das Krankenhaus abrechnen zu lassen, so dass eine Unterlassung von Abrechnungen beziehungsweise eine Stornierung von Rechnungen zulasten der Beklagten als Pflichtverstoß gewertet und zum Anlass für die Kündigung genommen werden sollten. Soweit hierbei der Arbeitsvertrag des Klägers angesprochen wird, ohne im einzelnen aufzuzeigen, dass dieser erst ab dem 1.7.2004 Gültigkeit erlangte und ohne auf die Vertragslage vor diesem Zeitpunkt hinzuweisen, stellt dies keinen Mangel der Anhörung dar, denn die Beklagte hat weder zum damaligen Zeitpunkt noch später im Kündigungsschutzverfahren zwischen Vorgängen der Geldannahme vor und nach dem 1.7.2004 differenziert und alle Vorgänge als Pflichtverstöße des Klägers angesehen. Insoweit war sie nicht verpflichtet, dem Betriebsrat auf etwas hinzuweisen, dem aus ihrer Sicht keine Bedeutung zukam. Auch die Angabe der ermittelten Gesamtsumme an Bareinnahmen durch den Kläger in Höhe von 1.100 EUR konnte keinen falschen Eindruck beim Betriebsrat erwecken, denn sie gibt betragsmäßig nur die zuvor ermittelten und dem Betriebsrat im einzelnen dargelegten Zahlvorgänge im Zeitraum 2002 bis 2006 wieder.

5. Aufgrund des vorstehenden Ergebnisses, nachdem bereits die außerordentliche Kündigung vom 16.2.2007 zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, kam es auf die Frage nach einer Rechtswirksamkeit der weiteren ordentlichen, wie auch außerordentlichen Kündigung der Beklagten nicht mehr entscheidungserheblich an.

Für den klageweise geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch fehlt es ebenso wie für die klageweise geltend gemachten Vergütungsansprüche aus den Monaten März und April 2007 an einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis als Grundlage für derartige Ansprüche.

Im Ergebnis war die Klage daher wie geschehen insgesamt abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG 91 Abs. 1 ZPO. Die Kosten wurden dem Kläger als der unterlegenen Partei auferlegt.

Den Urteilsstreitwert hat die Kammer gemäß §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 4 GKG, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 f. ZPO festgesetzt. Dabei wurden für die erste Kündigung drei und für die Folgekündigungen ebenso wie für den Weiterbeschäftigungsantrag jeweils ein Monatsbrutto wertmäßig berücksichtigt, zu dem die Vergütungsforderung hinzugerechnet wurde.


III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung kann durch den Kläger das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden, wenn
a) es sich um eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen, das Nichtbestehen oder
die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses handelt,
b) der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € übersteigt. Dies gilt insbesondere soweit das Urteil nicht in vollem Umfang angefochten wird,
c) die Berufung im Urteil des Arbeitsgerichtes zugelassen wurde. Wurde die Berufung nicht zugelassen, hat der Berufungskläger glaubhaft zu machen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € übersteigt.


Die Berufung muss

innerhalb einer Frist von einem Monat


schriftlich beim

Thüringer Landesarbeitsgericht Justizzentrum Erfurt, Rudolfstraße 46, 99092 Erfurt


eingelegt und


innerhalb einer Frist von zwei Monaten


schriftlich begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf~Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Sie können auch von einem Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände unterzeichnet werden, wenn dieser kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt ist und der Zusammenschluss, der Verband oder deren
Mitglieder Partei sind.

Der Vorsitzende

Hinweis zur Rechtsmittelbelehrung
Das Thüringer Landesarbeitsgericht bittet, im Falle der Berufungseinlegung die Berufungsbegründung, ebenso wie die Berufungserwiderung, in fünffacher. Ausfertigung einzureihen. Die beiden Überstücke werden für die ordnungsgemäße Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter benötigt.

RechtsgebietArbeitsrecht für ÄrzteVorschriften§ 626 Abs. 1 BGB

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