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01.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082461

Bundesfinanzhof: Urteil vom 02.04.2008 – IX R 63/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


IX R 63/07

Gründe:

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb 1995 ein direkt an ... gelegenes ehemaliges Strandcafe für 265 744 DM, das neben Kellerräumen zwei Wohnungen (169,97 qm im Erd- und Obergeschoss und 57,78 qm im Ober- und Dachgeschoss) umfasste. Der Kläger sanierte das Haus und baute es zur Nutzung als Wohngebäude um. Er stattete es im Keller mit Sauna und Tauchbecken, im Erdgeschoss mit Parkett und Fußbodenheizung, mit einer funkgesteuerten und videoüberwachten Toranlage, einer Alarmanlage, einer großen Terrasse, einem offenen Kamin, einem Whirlpool u.a. aus. Nachträgliche Herstellungskosten fielen im Jahr 1996 in Höhe von 682 541 DM und im Jahr 1997 in Höhe von 282 351 DM an.

Einige Zimmer des Hauses vermietete der Kläger seit 1. Oktober 1997 mit Zeitmietvertrag auf fünf Jahre an B für 1 500 DM warm. Das Verhältnis des Klägers zur Mieterin ist zwischen den Beteiligten umstritten. So behauptet der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-), es handele sich bei der Mieterin nicht nur um die Sekretärin, sondern um die Lebensgefährtin des Klägers. Der Kläger habe teilweise auch selbst im Objekt übernachtet, in Wirklichkeit handele es sich um ein fingiertes Rechtsverhältnis.

Der Kläger machte in den Streitjahren (1995 bis 1997) und in den folgenden Jahren (1998 bis 2002) erhebliche Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung seines Hauses geltend, die das FA mangels Einkünfteerzielungsabsicht nicht anerkannte.

Seine Klage, erhoben gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1995 bis 2002, hatte für die Streitjahre Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging in diesen Jahren von der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers aus; deshalb könne er seine Aufwendungen abziehen (u.a. Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz im Jahr 1997 von 317 703 DM). Der Mietvertrag sei steuerrechtlich anzuerkennen, auch wenn der Kläger gelegentlich im Objekt übernachtet und dort Fachbücher gelagert habe; jedenfalls könne den Feststellungen des FA nicht entnommen werden, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt gehabt habe. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, den Vertrag zivil- oder steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Die Mietzahlungen seien zunächst bar geflossen und von der Mieterin schriftlich bestätigt worden. Anhaltspunkte für eine Nichtzahlung seien nicht ersichtlich. Dagegen fehle die Einkünfteerzielungsabsicht ab dem Jahr 1998. Spätestens Ende 1997 habe dem Kläger bewusst werden müssen, dass er bei den aufgelaufenen Sanierungskosten und dem fehlenden Abschluss der Arbeiten hätte eingreifen müssen. Die von Anfang an gegebene Einkünfteerzielungsabsicht sei zu diesem späteren Zeitpunkt entfallen, weil der Kläger keine Maßnahmen ergriffen habe, den negativen Entwicklungen nachhaltig zu begegnen. So habe der Kläger den Dachgeschossausbau nicht fortgesetzt, sondern erst zehn Jahre nach dem Erwerb vollendet. Bei früherer Vollendung hätte er auch diese Wohnung vermieten können. Das krasse Missverhältnis zwischen den getätigten Herstellungskosten (insbesondere durch die sehr hochwertige Ausstattung) und den zu erzielenden Mieten hätte eine Höhe erreicht, die nur aus Liebhaberei zu erklären sei, z.B. mit einer beabsichtigten Selbstnutzung. Insoweit habe der Prüfer bei der betriebsnahen Veranlagung vermerkt, dass ihm der Kläger bei der Ortsbesichtigung im Vertrauen mitgeteilt habe, dass er das Haus grundsätzlich für sich selbst gebaut habe und er beabsichtige, dieses zu einem späteren Zeitpunkt selbst zu bewohnen. Hierfür spreche auch der Abschluss eines auf fünf Jahre befristeten Zeitmietvertrages. Bei einer auf Dauer angelegten Überschusserzielungsabsicht hätte eine Dauervermietung nahe gelegen.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf die Verletzung der § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) stützt. Das FG habe in den Streitjahren die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers unzutreffend bejaht. Er habe befristet vermietet, um sich die Option vorzubehalten, das Mietobjekt später selbst zu nutzen. Dabei komme es nicht darauf an, ob dies in fünf oder aber zwanzig Jahren habe geschehen sollen. Es komme auch nicht darauf an, dass im schriftlichen Mietvertrag die spätere Eigennutzung nicht ausdrücklich aufgenommen worden sei. Überdies habe das FG das besondere Verhältnis des Klägers zur Mieterin nicht hinreichend gewürdigt. Ein fremder Dritter hätte bei der gegebenen Ausstattung eine höhere Miete zahlen müssen. Schließlich sei von einer Luxusimmobilie auszugehen.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Wie das FG im Ergebnis zutreffend erkannt hat, erfüllt der Kläger in den Streitjahren die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

1. Er verwirklicht den objektiven Tatbestand dieser Steuernorm; denn er ist aus einem Mietvertrag mit B berechtigt und verpflichtet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 16. Januar 2007 IX R 69/04, BFHE 216, 329, BStBl II 2007, 579, unter II. 1. a, m.w.N.). Der Mietvertrag widerspricht nach den Feststellungen des FG nicht dem zwischen Dritten Üblichen und ist deshalb auch steuerrechtlich anzuerkennen.

a) Selbst wenn die Vertragsparteien -was zwischen den Beteiligten umstritten ist- eine nichteheliche Gemeinschaft bildeten (zur Anwendbarkeit der Grundsätze über die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen vgl. BFH-Beschluss vom 26. September 2007 IX B 115/07, BFH/NV 2007, 2235), ist nach den Feststellungen des FG nicht davon auszugehen, dass die persönliche Beziehung statt des Mietvertrags die Grundlage für das Wohnen der Mieterin bildete (vgl. dazu BFH-Urteil vom 30. Januar 1996 IX R 100/93, BFHE 180, 74, BStBl II 1996, 359, und BFH-Beschluss vom 12. Januar 2005 IX B 115/04, BFH/NV 2005, 703, m.w.N.). Das FG ist aufgrund seiner für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Würdigung der Tatsachen zu dem möglichen Ergebnis gekommen, dass der Kläger nicht mit der Mieterin in einer Haushaltsgemeinschaft das ganze Haus selbst bewohnte.

b) Gegen die steuerliche Anerkennung des Mietvertrags spricht entgegen der Revisionsbegründung auch nicht, dass die Miete für das gut ausgestattete Haus in nicht fremdüblicher Weise vereinbart wurde (vgl. zu den Voraussetzungen BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350). Abgesehen davon, dass die Mieterin nach den Feststellungen des FG nicht das gesamte Haus gemietet hatte, sondern nur einige Räume, ist eine verbilligte Miete nicht in den Fremdvergleich einzubeziehen, sondern Kriterium der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 2003 IX R 59/02, BFHE 202, 566, BStBl II 2003, 806, m.w.N.).

2. Der Kläger handelte auch mit Einkünfteerzielungsabsicht.

Nach dem Regelungszweck dieser Norm ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Jedoch gelten Ausnahmen von diesem Grundsatz, wenn besondere Umstände gegen das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht sprechen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 19. April 2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754, m.w.N. insbesondere zu Ausnahmefällen).

a) Eine Vermietungstätigkeit ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695). Aus einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Mietvertrag allein folgt noch nicht eine (steuerrechtlich bedeutsame) Befristung der Vermietungstätigkeit. So kann eine Vermietungstätigkeit auch dann auf Dauer angelegt sein, wenn der ursprüngliche Vertrag -konkludent- verlängert werden soll. Es müssen stets Umstände hinzutreten, die zusammen mit dem Abschluss des Vertrages auf eine bestimmte Zeit den Schluss rechtfertigen, der Vermieter habe seine Tätigkeit nicht auf Dauer ausgerichtet. Eine noch indifferente Überlegung einer möglichen Selbstnutzung, die der Vermieter -nur für sich- in Betracht zieht, ist steuerrechtlich nicht anders zu bewerten als eine stets bestehende bedingte Veräußerungsabsicht (BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 IX R 1/04, BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211).

b) Nach diesen Maßstäben konnte das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Vermietungsabsicht des Klägers bejahen. Denn es hat keine Umstände festgestellt, aus denen sich ergibt, der Kläger habe zu Beginn der Nutzung seines Hauses nicht endgültig den Entschluss gefasst, dieses auf Dauer zu vermieten. Allein die später einem Prüfer "im Vertrauen" gegebene Einschätzung, er habe das Haus grundsätzlich für sich selbst gebaut, reicht hierfür nicht aus; es handelt sich dabei vielmehr um eine mehr oder weniger indifferente Überlegung, auf die das Steuerrecht nicht abstellt. Das FG ist auch gar nicht von einer von vornherein befristeten Vermietertätigkeit des Klägers wegen einer beabsichtigten Eigennutzung ausgegangen. Es hat nämlich vor allem in dem krassen Missverhältnis von Aufwand und Mietertrag einen Umstand gesehen, der es rechtfertigte, ab dem Jahr 1998 wegen einer ungünstigen Prognose nicht mehr von der Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen. Unabhängig davon, ob ein derartiges Missverhältnis überhaupt einen Umstand bilden kann, die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 IX R 7/07, BStBl II 2007, 873, m.w.N.), hat es die dem Prüfer mitgeteilten Überlegungen des Klägers über die künftige Verwendung des Hauses als Begründung für die von ihm erst ab dem Jahr 1998 angenommene Liebhaberei und die persönlichen -nicht durch die Einkunftsart veranlassten- Gründe für die hochwertige Ausstattung und die Art des Ausbaus angeführt.

c) Weitere Umstände, die zu einer Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht führen könnten, liegen nach den Feststellungen des FG nicht vor.

Das Haus erfüllt trotz seiner hochwertigen Ausstattung nicht die Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale, die es als offensichtlich erscheinen lassen, dass es nicht zum Zwecke der Vermietung errichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 30/03, BFHE 208, 142, BStBl II 2005, 386). Es verfügt weder über eine Wohnfläche von über 250 qm noch über eine Schwimmhalle. Die vom FG festgestellten Besonderheiten in der Ausstattung sind damit nicht vergleichbar.

Es fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Wohnräume zu weniger als 75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete und damit verbilligt vermietet hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 5. November 2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646, und vom 24. August 2004 IX R 28/03, BFH/NV 2005, 50, m.w.N.).

RechtsgebieteEStG, FGOVorschriftenEStG § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO § 118 Abs. 2 FGO § 126 Abs. 2

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