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27.03.2008 · IWW-Abrufnummer 080937

Landgericht Köln: Urteil vom 21.11.2007 – 23 O 490/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Köln
23. Zivilkammer

Urteil

23 O 490/05

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.898,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.1.2006 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Streithilfe entstandenen Kosten werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

TAT B E S TA N D:

Der gesetzlich versicherte unter Betreuung stehende Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskosten-Zusatzversicherung nach dem Ergänzungstarif SD 9, nach dem wahlärztliche und belegärztliche Leistungen bei stationärer Heilbehandlung zu 100% versichert sind. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Krankheitskostenversicherung und die Krankenhaustagegeldversicherung (vgl. Text: BI.97 ff. GA), welche u.a. die MB/KK 94 umfassen, sind Gegenstand des Vertrages.

Der Kläger befand sich in den Zeiträumen vom 28.2.2003 bis zum 8.12.2003 und vom 3.3.2004 bis zum 19.6.2004 in stationärer Behandlung der T-Klinik, 0 wegen psychischer Erkrankungen. Chefarzt war der Streithelfer. Diesbezüglich wurde unter dem 28.2.2003 (vgl. BI. 251 f. GA) als auch unter dem 4.3.2004 (BI. 253 f. GA) jeweils eine Wahlleistungsvereinbarung getroffen. Auf die im Anschluss an den stationären Aufenthalt gestellte Rechnung vom 3.2.2004 (vgl. BI. 23 ff. GA) für den Zeitraum der stationären Behandlung in 2003 in Höhe von 18.993,90 € (vgl. BI. 23 ff GA) zahlte die Beklagte mit Leistungsabrechnung vom 17.3.2004 zunächst 10.000 € (vgl. BI. 159 GA). Anschließend forderte sie mit Schreiben vom 23.7.2004 (vgl. BI. 160 GA) die Entlassungsberichte an als auch Informationen darüber, von wem und mit welcher Qualifikation die Leistungen der Ziffern 846 und 847 GOÄ erbracht worden seien. Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.10.2004 (BI. 76 f. GA) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 6.11.2004 zur Zahlung der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Rechnungsbeträge auf. Nach umfangreichem Schriftverkehr erstattete die Beklagte am 14.4.2005 (vgl. Leistungsabrechnung vom 12.4.2005, BI. 169 f. GA) weitere 3.553,16 € auf die Rechnung vom 3.2.2004. Die Rechnung vom 14.6.2004 für den stationären Aufenthalt in 2004 i.H.v. 6.213,81 € (BI. 8 ff GA) glich die Beklagte am gleichen Tag i.H.v. 4.755,69 € aus. Von der Begleichung ausgenommen hat sie dabei jeweils die Positionen GOÄ Nr. 846 (Übende Verfahren in Einzelbehandlung, Dauer mindestens 20 Minuten) und Nr. 847 (Übende Verfahren in Gruppenbehandlung mit höchstens 12 Teilnehmern, Dauer mindestens 20 Minuten). Mit Schreiben vom 7.6.2005 übersandte der Kläger den angeforderten Entlassungsbericht (vgl. BI. 172 ff GA, 187 ff GA) und die Teilnahmepläne (vgl. BI. 175 f GA, 190 ff GA). Daraufhin erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 5.7.2005 (vgl. BI. 195 f. GA), dass ihr eine Zuordnung der durchgeführten zu den berechneten Leistungen nicht möglich sei, sämtliche bestrittenen Leistungen nicht durch den Chefarzt erbracht worden seien, sondern in dessen Auftrag durch entsprechend geschultes Personal, so dass eine weitere Erstattung ausscheide. Nachdem die Beklagte weitere Zahlungen ablehnte, forderte der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 8.11 .2005 (BI. 75 GA) letztmalig unter Fristsetzung bis zum 16.11.2005 zur Zahlung auf. Mit der Klage begehrt er in der Hauptsache die Erstattung der noch offenen Restbeträge aus den Rechnungen vom 3.2.2004 und vom 14.6.2004 in Höhe von insgesamt weiteren 6.898,86 €.

Der Kläger behauptet, dass die in den streitgegenständlichen Rechnungen abgerechneten Leistungen sämtlichst erbracht und zutreffend abgerechnet worden seien. Dazu trägt er weiter vor und verweist zuletzt auf die Therapiepläne BI. 357 ff. GA. Er behauptet insbesondere, dass der Streitverkündete bei der stationären und teilstationären Behandlung unter Nutzung der von ihm regelmäßig durchgeführten multiprofessionellen Visiten und der sonstigen Berufsgruppen übergreifenden Besprechungen Indikation, Besonderheiten und Verlauf der Behandlungsmaßnahmen persönlich gesteuert habe.

Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.898,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 6.11.2004 zu zahlen und
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 305,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 6.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, da die Leistungen nach den Ziffern 846 und 847 nicht vom Chefarzt persönlich erbracht worden sind, diese nicht als chefärztliche Leistungen abrechenbar seien. Die Berechnung der strittigen Positionen verstoße auch gegen § 4 II GOÄ, wonach nur ärztliche Leistungen berechnet werden dürften. Weiterhin seien die Wahlleistungsvereinbarungen unwirksam. Dazu trägt sie weiter vor. Wegen des weiteren Parteivorbringens im einzelnen, insbesondere soweit es für die Entscheidungsgründe nicht wesentlich im Sinne des § 313 Abs. 2 ZPO ist, wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen und auf die ärztlichen Berichte und Therapiepläne Bezug genommen. Die Kammer hat mit Beschlüssen vom 22.5.2006 (BI. 221 GA), vom 17.1.2007 (BI. 293 f. GA) und vom 18.7.2007 (BI. 348 f. GA) Hinweise erteilt. Weiterhin hat sie Beweis erhoben mit Beschluss vom 17.1.2007 (BI. 293 f. GA) durch Anordnung der schriftlichen Zeugenvernehmung. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Aussagen der Zeugin T2 vom 6.3.2007 (BI. 308 ff. GA), der Zeugin Dr. H vom 7.3.2007 (BI. 310 ff. GA), der Zeugin X vom 8.3.2007 (BI. 313 ff. GA), des Zeugen E vom 12.3.2007 (BI. 316 f., 323 GA) und der Zeugin T vom 5.3.2007 (BI. 319 ff. GA) verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der noch offenen Beträge aus den streitgegenständlichen Rechnungen vom 3.2.2004 und vom 14.6.2004 in Höhe von insgesamt weiteren 6.898,86 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag i.V.m. den §§ 1, 49, 178 Abs. 1 VVG, 1 AVB zu.

Entgegen der Ansicht der Beklagten, steht der Leistungsverpflichtung der Beklagten eine etwaige Unwirksamkeit der jeweiligen Wahlleistungsvereinbarungen nicht entgegen. Zwar hat die Beklagte im Verfahren zunächst das Vorliegen von Wahlleistungsvereinbarungen für die streitgegenständlichen stationären Heilbehandlungen mit Nichtwissen bestritten und später deren Wirksamkeit. Wie die Kammer aber bereits mit Beschluss vom 17.1.2007 (BI. 293 f. GA) hingewiesen hat, ist der Beklagten ein Berufen auf eine etwaige Unwirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarung, nachdem sie bereits umfangreiche Teilzahlungen auf die streitgegenständlichen Rechnungen geleistet hat, ausgeschlossen. Daran hält die Kammer fest. Wie sich insbesondere aus ihrem zur Akte gereichten vorgerichtlichen Schreiben vom 27.7.2004 (BI. 160 f. GA) ergibt, lagen der Beklagten die jeweiligen Wahlleistungsvereinbarungen bereits zu diesem Zeitpunkt vor. Deren Wirksamkeit hat sie jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht in Abrede gestellt. Vielmehr hat sie nach erneuter Leistungsprüfung mit Leistungsabrechnung vom 12.4.2005 weitere erhebliche Leistungen auf die streitgegenständlichen Rechnungen erbracht. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sieht es die Kammer daher als ausgeschlossen an die Wirksamkeit der Wahlleistungsvereinbarungen einzuwenden. Gegen den Hinweis der Kammer mit Beschluss vom 17.1.2007 hat die Beklagte sich auch nicht gewandt, noch die Unwirksamkeit weiterhin geltend gemacht.

Es fehlt auch nicht an einer anspruchsbegründenden ordnungsgemäßen und wirksamen Rechnungsstellung .

Der Rechtsnatur der Krankheitskostenversicherung als Passivversicherung entspricht es, dass der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen verpflichtet ist, die in Bezug auf das versicherte Risiko zur Ablösung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen eines Dritten erwachsen sind (vgl. BGH, NJW 2003, 1596 ff.). Die Leistungspflicht des Versicherers setzt also immer einen entsprechenden wirksamen und fälligen Vergütungsanspruch des behandelnden Arztes oder Krankenhauses voraus. Daran fehlt es, wenn die Liquidation gegen gebührenrechtliche Bestimmungen wie die GOÄ verstößt. Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden. Diagnostische und therapeutische Leistungen dürfen als Wahlleistung nur dann vereinbart werden, wenn sie von einem Arzt erbracht werden (§ 22 BPfIV). Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass der liquidationsberechtigte Chefarzt aus dem mit dem Patienten geschlossenen Arztzusatzvertrag, der wie jeder andere Behandlungsvertrag als Dienstvertrag über die Leistung von Diensten höherer Art einzustufen ist, gemäß §§ 611, 613 BGB zur persönlichen Behandlung des Patienten verpflichtet ist (vgl. auch Bach/Moser, Private Krankenversicherung, Nach § 1 Rn. 128 ff). Konkretisiert wird dieser Grundsatz in § 4 11 GOÄ, wonach der liquidationsberechtigte Krankenhausarzt Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen darf, die er selbst erbracht hat, oder die unter seiner Aufsicht und Weisung erbracht wurden.

Anders als die Beklagte meint, ist damit aber - wie auch § 4 II GOÄ zeigt - grds. nicht jede Delegation der Leistung ausgeschlossen. Dies gehörte auch nicht zu den rechtsgeschäftlichen Vorstellungen des Klägers bei Abschluss des Wahlarztvertrages. Es liegt vielmehr in der Natur der Sache und ist für jedermann einsichtig, dass der Chefarzt nicht jeden einzelnen Behandlungsschritt persönlich auszuführen hat, da dies nicht möglich ist. Ausreichend ist vielmehr, dass der Chefarzt das Therapieprogramm entwickelt oder doch vor Behandlungsbeginn überprüft, den Verlauf der Behandlung engmaschig überwacht und die Behandlung nötigenfalls jederzeit beeinflussen kann (vgl. auch OLG Hamm, NJW 1995, 2420 ff.). Weiterhin muss er, um der wahlärztlichen Behandlung sein persönliches Gepräge zu geben, sich zu Beginn, während und zum Abschluss der Behandlung mit dem Patienten auch persönlich befassen (vgl. auch LG Hamburg, NJW 2001, 3415). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der darlegungs- und beweispflichtige Kläger zur hinreichenden Überzeugung der Kammer zu beweisen vermocht.

Die Zeugen E, T und T2 haben übereinstimmend bestätigt, dass der Streitverkündete den Therapieplan entwickelt hat, sich vom Verlauf der Therapie bei tgl. 2 Visiten überzeugt hat, wobei er auch Änderungen usw. anordnen konnte. Er hat zudem selbst Einzelgespräche geführt und die medikamentöse Behandlung gesteuert. Der Ablauf der Therapie sei von ihm gesteuert worden. Soweit er die Behandlungen nicht selbst vorgenommen habe, habe er diese an qualifiziertes Personal delegiert und dieses überwacht. Insoweit habe es auch regelmäßige Rückkoppelungen mit dem Chefarzt gegeben. Diese Angaben wurden auch durch die Zeugen Dr. H als grundsätzliche Vorgehensweise und Organisation bestätigt, wobei sie allerdings zu den konkreten Aufenthalten des Klägers keine Angaben machen konnte. Auch die Bekundungen der Zeugin X stützen dies aus der Sicht des Pflegepersonals zumindest für den zweiten Aufenthalt. Anhaltspunkte die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen begründen könnten sind nicht ersichtlich. Allein die Tatsache, dass sämtliche Zeugen Angestellte in der Klinik sind, steht der Überzeugungskraft der Aussagen hier nicht entgegen.

Eine derartige nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zugrundezulegende Therapieleitung durch den Streitverkündeten genügt aber bei der psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung den Anforderungen an die persönliche Leistungsverpflichtung des Chefarztes.

Der Wirksamkeit des Vergütungsanspruchs.steht darüber hinaus nicht entgegen, dass die Leistungen nach den Ziffern 846 und 847 hier nicht nur von ärztlichem Personal erbracht worden sind. Bereits die Systematik des § 4 Abs. 2 GOÄ, der lediglich bestimmte nichtärztliche Leistungen generell von einer Zurechnung an den Chefarzt ausnimmt, bestätigt dies.

Nach den zuletzt vom Kläger vorgelegten Spezifizierungen der Leistungsziffern GOÄ 846 und 847 zu den streitgegenständlichen Rechnungen (BI. 370 ff. GA) lässt sich hinsichtlich der jeweiligen Rechnungsziffern insoweit auch die jeweils zugrunde liegende Leistung nach Art und Zeit im einzelnen ausreichend zuordnen. Die Beklagte hat nach Vorlage dieser umfangreichen Unterlagen auch keine substantiierten Einwendungen hinsichtlich der Art der Leistungen mehr erhoben. Vielmehr hat sie sich lediglich gegen die generelle Berechtigung zur Abrechnung mit den Ziffern 846 und 847 GOÄ unter dem Aspekt der persönlichen Leistungserbringung durch den Chefarzt/Arzt gewandt, die - wie oben ausgeführt jedoch zutreffend war. Eine weitergehende Aufklärung war daher nicht veranlasst. Soweit der Kläger Anwaltskosten geltend macht, ist die Klage abzuweisen. Die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage aus Verzugsgesichtspunkten gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB sind vorliegend zum Zeitpunkt des erstmaligen anwaltlichen vorgerichtlichen Schreibens vom 26.10.2004 nicht vorgetragen, noch hinreichend ersichtlich, zumal der Kläger in der Klageschrift selbst lediglich auf einen Verzug ab dem 6.11.2004 abstellt.

Der Zinsanspruch ergibt sich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aus §§ 291, 288 BGB ab Rechtshängigkeit der Klage. Soweit der Kläger Zinsen bereits ab dem 6.11.2004 begehrt ist die Berechtigung des Anspruches nicht gegeben. Insoweit fehlt es an der Fälligkeit der zugrundeliegenden Leistung nach § 11 VVG, da der Beklagten die zur Leistungsprüfung notwendigerweise angeforderten Unterlagen (z.B. Entlassungsbericht, Therapiepläne) noch nicht vorgelegt waren. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 II Nr. 1 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.

Streitwert: bis 7.000 EUR.

RechtsgebieteBürgerliches Recht, Medizinrecht, Gebührenordnung der Ärzte Vorschriften§§ 1, 49, 178 Avs. 1 VVG, 1 AVB, § 4 Abs. 2 GOÄ

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