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04.12.2007 · IWW-Abrufnummer 073692

Finanzgericht Köln: Urteil vom 17.01.2007 – 5 K 3220/04 U

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Düsseldorf
5 K 3220/04 U

Tenor:

Unter Abänderung der Umsatzsteuerbescheide 2000 und 2001 jeweils vom 04.02.2003 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 18.05.2004 wird die Umsatzsteuer

2000 auf 59.211,70 DM
(30.274,46 EUR)
und 2001 auf 16.697,87 DM
(8.537,49 EUR)

festgesetzt.

Die bis einschließlich 16.01.2007 entstandenen Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 20% und der Beklagte zu 80%. Die danach entstandenen Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Streitig ist u.a., ob der Kläger in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke unternehmerisch tätig ist.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein. Nach seiner Satzung besteht der Vereinszweck darin, "ohne jede Gewinnabsicht und ohne unternehmerische Tätigkeit nachstehende Ziele und Zwecke" zu verfolgen:

1. Die Förderung und Promotion der "V-Perle" in Deutschland und Österreich durch einen jährlichen Etat, den der Verein aus "U-Land" erhält, sowie durch die Mitgliedsbeiträge.

2. Die Förderung des Verständnisses sowie der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen "U-Land" und dem deutschen Publikum durch Informationen, Ausbildung, Werbung, Ausstellungen und sonstige Dienstleistungen.

3. Die Information aller Mitglieder über wirtschaftliche Möglichkeiten und Gegebenheiten des "U-Land"-Perlen-Marktes.

Mitglied des Klägers kann nach seiner Satzung jede natürliche und juristische Person oder Gesellschaft werden, welche in der Perlen-Branche unternehmerisch tätig ist und über eine "bedeutende" Größe und Marktrelevanz verfügt. Der Jahresmitgliedsbeitrag wird nach Jahresumsatz der jeweiligen Firma errechnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Satzung (Blatt 33 ff. der Gerichtsakte -GA-) verwiesen.

Mitglieder des Vereins waren in den Streitjahren neben deutschen Perlenhändlern auch die Gesellschaft "Q" mit Sitz in "U-Land", die - nach Auskunft der Vorsitzenden des Klägers während der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 - einer deutschen Genossenschaft vergleichbar ist und in der sich u. a. Perlenexporteure zusammengeschlossen haben. Der Kläger hat sich in den Streitjahren entsprechend seiner Satzung einmal aus dem so genannten Etat aus "U-Land" - der von der Gesellschaft "Q" bezahlt wurde - und zudem aus Beiträgen der deutschen Mitglieder finanziert. So erhielt der Kläger im Streitjahr 2000 einen Etat aus "U-Land" in Höhe von 409.746,38 DM und Mitgliedsbeiträge in Höhe von 65.000,00 DM. Im Streitjahr 2001 vereinnahmte der Kläger einen Etat aus "U-Land" in Höhe von 81.949,28 DM und Mitgliedsbeiträge in Höhe von 60.000,00 DM.

Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Streitjahre vertrat die Prüferin die Auffassung, dass ein Leistungsaustausch nicht gegeben sei, soweit Vereine wie der Kläger Mitgliederbeiträge vereinnahmten, um in Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecke die Gesamtbelange ihrer Mitglieder wahrzunehmen. In Wahrnehmung dieser Aufgaben seien Vereine keine Unternehmer. Da der Kläger die Mitgliederbeiträge sowie den Etat aus "U-Land" in voller Höhe für satzungsgemäße Zwecke verwende, sei ein Leistungsaustausch bezüglich des Etats aus "U-Land" nicht gegeben. Anlässlich der Prüfung sei festgestellt worden, dass der Etat bisher als nicht steuerbarer Umsatz gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. § 3a Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) behandelt worden sei, weil der Leistungsempfänger ein Unternehmer mit Sitz im Ausland sei, so dass der Kläger den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe. Vereinnahmten Vereine neben echten Mitgliederbeiträgen und Zuschüssen auch Entgelte für Lieferungen und sonstige Leistungen, seien sie nur insoweit Unternehmer, als ihre Tätigkeit darauf gerichtet sei, nachhaltig entgeltliche Lieferungen und sonstige Leistungen zu bewirken. Da dies ausdrücklich in der Satzung ausgeschlossen worden sei, sei mangels Leistungsaustauschs kein steuerbarer Umsatz und damit auch kein Vorsteuerabzug gegeben.

Steuerpflichtige Leistungen erbringe der Kläger nur mit dem Versand und Verkauf von Broschüren und Büchern (Promotionsmaterial). Vorsteuerbeträge aus den entsprechenden Eingangsleistungen seien diesen Umsätzen gegebenenfalls zuzuordnen beziehungsweise sachgerecht zu schätzen. Vorsteuerbeträge seien - so die Prüferin - für das Jahr 2000 in Höhe von 1.058,00 DM und für das Jahr 2001 in Höhe von 216,00 DM anzusetzen. Der darüber hinausgehend geltend gemachte Ansatz für das Jahr 2000 in Höhe von 69.491,33 DM und für das Jahr 2001 in Höhe von 25.184,65 DM komme nicht in Betracht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 26.11.2002 Bezug genommen.

Unter dem 04.02.2003 erließ der Beklagte auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen einen geänderten Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2000 sowie einen erstmaligen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2001.

Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 18.05.2004 führt der Beklagte unter anderem aus, dass die überwiegende Tätigkeit des Klägers in der Förderung und in der Promotion der "V-Zuchtperle" in Deutschland und in Österreich bestehe, was eindeutig auch dem Vereinszweck entspreche. Ein Verein handele nicht als Unternehmer hinsichtlich seiner Leistungen, die den Gesamtbelangen aller Mitglieder dienten und die mit den Mitgliedsbeiträgen abgegolten würden. Sogenannte echte Mitgliedsbeiträge unterlägen deshalb nicht der Umsatzsteuer. Auch Spenden, die unabhängig von einer Leistung des Vereins hingegeben würden und Zuschüsse, die zur Verwirklichung der satzungsmäßigen Vereinszwecke gewährt und eingesetzt würden und nicht an bestimmte Umsätze des Vereins anknüpften, lösten keine Umsatzsteuer aus. Der Kläger unterliege aus diesem Grunde mit der zur Erfüllung des Satzungszweckes betriebenen Vereinstätigkeit, die mit den kraft Satzung erhobenen Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Schenkungen und anderen Geldzuflüssen (wie dem Etat aus "U-Land") finanziert werde, nicht der Umsatzsteuer.

Soweit der Kläger die Mitgliedsbeiträge und den Etat aus "U-Land" (der das Schicksal der Mitgliedsbeiträge teile, da er nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht als konkretes Entgelt für eine konkrete Leistung außerhalb des Vereinszwecks, sondern laut der hier vorliegenden Satzung als sogenannte Subvention für die Promotion der "V-Perle" in Deutschland und Österreich gezahlt werde) vereinnahme, um in Erfüllung des satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecks die Gesamtbelange der Mitglieder wahrzunehmen, sei ein Leistungsaustausch nicht gegeben. In Wahrnehmung dieser Aufgaben sei der Kläger daher nicht Unternehmer. Soweit die Eingangsleistungen des Klägers hiermit im Zusammenhang stünden, sei daher ein Vorsteuerabzug zu versagen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben.

Nach seiner Auffassung wird er auch in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke unternehmerisch tätig. Zunächst sei für die Frage der Unternehmereigenschaft unerheblich, ob er mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite oder nicht. Darüber hinaus könne nach § 2 UStG auch eine Personenvereinigung, die nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig werde, Unternehmer sein. Im Streitfall werde der Kläger allerdings auch gegenüber Dritten tätig.

Die Auffassung des Beklagten, die sich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - stützte, wonach Vereine, die in Erfüllung des satzungsgemäßen Gemeinschaftszwecks die Gesamtbelange ihrer Mitglieder wahrnehmen, nicht unternehmerisch tätig seien, sei nicht mehr haltbar.

Die Beitragsleistung des Mitglieds sei nicht Selbstzweck und werde nicht, wie der BFH noch in seinemUrteil vom 02.12.1984, V R 25/76, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1985, 176, ausführe, nur deshalb erbracht, weil das Mitglied "sich durch den Beitritt zum Verein dieser körperschaftlichen Pflicht unterworfen" habe. Weder die Zahlung noch zuvor der Beitritt zum Verein seien reiner Selbstzweck. Die Mitgliedschaft an für sich bringe keinen Nutzen. Vielmehr ermögliche der Verein durch Bereitstellung von Einrichtungen und sachlichen sowie persönlichen Mitteln dem einzelnen Mitglied die Teilhabe, die er ansonsten für sich selbst nicht oder nur mit hohem Aufwand beschaffen beziehungsweise für sich vorhalten könnte. Das Vereinsmitglied schenke dem Verein nicht den Beitrag, sondern gehöre dem Verein nur deshalb an und zahle Beiträge, um von den Leistungen des Vereins zu profitieren. Insoweit liege auch ein Verbrauch im Sinne des Umsatzsteuerrechts vor.

In diesem Zusammenhang verweist der Kläger auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)vom 21.03.2002, Rs. C-174/00, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 2002, 320. In diesem Urteil, in dem es um die Besteuerung von Mitgliedsbeiträgen eines Golfclubs gegangen sei, habe der EuGH unter anderem entschieden, dass Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles sei, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen werde, wobei es darauf ankomme, dass zwischen dem geleisteten Dienst und der erhaltenen Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Der Umstand, dass der Mitgliedsbeitrag ein Pauschalbetrag sei, ändere so der EuGH nichts daran, dass zwischen den Mitgliedern eines Sportvereins und dem Verein selbst gegenseitige Leistungen ausgetauscht würden. Die Leistungen des Vereins bestünden nämlich darin, dass er seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stelle, und nicht darin, dass er auf Verlangen seiner Mitglieder gezielte Leistungen erbringe. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Jahresbeiträgen der Mitglieder und den von dem Verein erbrachten Leistungen.

Die Rechtsprechung des EuGH gehe damit über die von der deutschen Rechtsprechung entwickelten und von den Steuerrichtlinien anerkannten Grundsätze im Hinblick auf die "Zweckbetriebe" und die "Sonderbelange" eines Vereins beziehungsweise seiner Mitglieder hinaus. Vielmehr könnten auch die Leistungen des Vereins im Rahmen seiner satzungsgemäßen Zwecke und der Mitgliedsbeitrag, der nur um dieser Vereinsleistung willen überhaupt erbracht werde, im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zueinander stehen und somit umsatzsteuerbar sein.

Wenn diese Grundsätze bereits bei einem Sportverein Anwendung fänden, müsse dies erst Recht bei der im Streitfall vorliegenden Werbegemeinschaft gelten, weil der Verein für seine Mitglieder Leistungen erbringe und sowohl der Etat aus "U-Land" als auch die einzelnen Mitgliedsbeiträge der deutschen Mitglieder nur und ausschließlich zu diesem Zwecke überhaupt erbracht würden. Es sei geradezu der einzige Zwecke einer Werbegemeinschaft, seinen Mitgliedern gegenüber Leistungen in Form konzentrierter Werbung für die Produkte der Mitglieder zu erbringen.

Konsequenter Weise sei der Kläger auch in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke Unternehmer. Der sogenannte Etat aus "U-Land" sei nur deshalb nicht steuerbar, weil er von der Firma "Q" bezahlt werde. Diese Firma sei nicht nur Vereinsmitglied, sondern über ihren Vertreter auch Mitglied des Vorstandes. Die Umsatzsteuerbarkeit scheitere hier ausschließlich an § 3a Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 UStG am Auslandsbezug des Leistungsempfängers. Der Kläger könne die im Inland angefallenen Vorsteuerbeträge in voller Höhe in Anspruch nehmen.

Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 darauf verständigt, dass von den seitens des Klägers geltend gemachten Vorsteuern Beträge i. H. v. 1.450,89 DM (für das Jahr 2000) bzw. i. H. v. 342,08 DM (für das Jahr 2001) mangels ausreichender Bezeichnung des Leistungsempfängers nicht abzugsfähig sind.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide die Umsatzsteuer 2000 und 2001 erklärungsgemäß festzusetzen mit der Maßgabe, dass die Mitgliedsbeiträge der inländischen Mitglieder (2000: 65.000,- DM brutto; 2001: 60.000,- DM brutto) noch als zusätzliches steuerpflichtiges Entgelt berücksichtigt werden und die erklärten Vorsteuern entsprechend der Einigung der Beteiligten gekürzt werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte verweist im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung vom 18.05.2004.

Die Klage ist im Rahmen des durch den Kläger anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 gestellten Antrags begründet.

Auch soweit der Kläger in den Streitjahren in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke gegen Zahlung von Mitgliedsbeiträgen und des Etats aus "U-Land" tätig geworden ist, ist er als Unternehmer im Sinne des UStG anzusehen. Der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG steht dem Kläger in der begehrten Höhe zu. Allerdings sind die von den deutschen Vereinsmitgliedern bezogenen Beiträge noch als steuerbares und steuerpflichtiges Leistungsentgelt zu erfassen.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Hierbei ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht der Gewinnerzielung fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird "zur Erzielung von Einnahmen" im Sinne der genannten Vorschrift nur derjenige tätig, der Leistungen gegen Entgelt i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbringt (BFH-Urteile vom 22.06.1989, V R 37/84, BStBl. II 1989, 913, 915;vom 14.03.1991, V R 73/86, Nicht veröffentlichte Entscheidungen des BFH BFH/NV 1992, 204, 205). Unverzichtbare Voraussetzung der Unternehmereigenschaft ist damit im Ergebnis die Ausführung von Leistungen im Rahmen eines Leistungsaustauschs i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG.

Der Kläger hat in den Streitjahren auch in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke Leistungen an seine Mitglieder gegen Entgelt (Mitgliederbeiträge, Etat aus "U-Land") i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbracht.

Zu diesem Ergebnis gelangt man unabhängig von der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach es für die Frage, ob ein Verein entgeltliche Leistungen erbringt, entscheidend darauf ankommt, ob er Sonder- oder Gesamtbelange seiner Mitglieder wahrnimmt bzw. so genannte "echte" oder "unechte" Mitgliedsbeiträge vereinnahmt werden.

Nach bisheriger Auffassung des BFH erbringt das Mitglied eines eingetragenen Vereins seine Beitragsleistung nicht, um damit eine konkrete Leistung des Vereins oder dessen Leistungsbereitschaft abzugelten, sondern weil es sich durch den Beitritt zum Verein dieser körperschaftlichen Pflicht unterworfen hat (BFH, Urteil vom 20.12.1984, V R 25/76, BStBl. II 1985, 176). Die von den Mitgliedern erhobenen Beiträge hätten keinen Entgeltcharakter, soweit sie dazu bestimmt seien, die Vereinigung in den Stand zu setzen, ihre satzungsgemäßen oder gesellschaftsvertraglichen Gemeinschaftszwecke für die Gesamtbelange ihrer Mitglieder zu erfüllen (BFH, Urteil vom 04.07.1985, V R 107/76, BStBl. II 1986, 153). Echte - kein Entgelt darstellende - Mitgliedsbeiträge lägen vor, wenn das einzelne Mitglied die in gleicher oder gleichmäßiger Weise erhobenen Beiträge ohne Rücksicht auf die tatsächliche oder vermutete Inanspruchnahme der Tätigkeit der Vereinigung erbringe (vgl. z. B. BFH, Urteil vom 20.08.1992, V R 2/88, BFH/NV 1993, 204).

Erbringe die Vereinigung dagegen gegenüber den Mitgliedern Leistungen, die den Sonderbelangen der einzelnen Mitglieder dienten, und erhalte sie dafür Beiträge entsprechend der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme (sog. unechte Mitgliedsbeiträge), so liege ein Leistungsaustausch vor und der Verein sei gegebenenfalls insoweit Unternehmer (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 20.08.1992, V R 2/88, BFH/NV 1993, 204;Urteil vom 08.09.1994, V R 46/92, BStBl. II 1994, 957).

Ob Zahlungen der Mitglieder an eine Personenvereinigung im Rahmen eines Leistungsaustauschs erfolgen oder der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsverhältnis dienen, ist grundsätzlich anhand der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen. Entsprechend der o.g. BFH-Rechtsprechung ist ein Leistungsaustausch zwischen einer Personenvereinigung und ihren Mitgliedern jedenfalls dann anzunehmen, wenn und soweit die Personenvereinigung konkrete Einzelleistungen erbringt, von denen jeweils nur ein bestimmtes Mitglied profitiert. Hiernach wäre ein Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern fraglich, da der Kläger in Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke Leistungen an die Mitglieder in ihrer Gesamtheit erbringt.

Allerdings hat der BFH in seinemUrteil vom 04.07.1985, V R 107/76, BStBl. II 1986, 153, entschieden, dass eine aus den Mietern und Grundstückseigentümern eines Einkaufszentrums bestehende Werbegemeinschaft (im Streitfall handelte es sich hierbei um eine GbR) gegenüber ihren Gesellschaftern steuerbare Leistungen erbringe, wenn sie Werbemaßnahmen für das Einkaufszentrum vermittle oder ausführe und zur Deckung der dabei entstandenen Kosten entsprechend den Laden- bzw. Verkaufsflächen gestaffelte Umlagen von ihren Gesellschaftern erhebe. Die den Leistungsaustausch kennzeichnende Wechselbeziehung zwischen Leistung und Gegenleistung werde - so der BFH in diesem Urteil - nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Leistungen der Personenvereinigung für alle Mitglieder gleich seien. Die Tätigkeit der Werbegemeinschaft stelle sich gleichwohl als steuerbare Leistung an jedes einzelne Mitglied dar. Denn jedes Mitglied sei in erster Linie an den Auswirkungen der von der Werbegemeinschaft veranlassten Werbemaßnahmen für seinen Geschäftsbetrieb interessiert und nur in einem diesem Interesse entsprechenden Umfang bereit, Zahlungen an die Klägerin zu leisten.

Die von der Werbegemeinschaft erhobenen Umlagen stünden in der erforderlichen Wechselbeziehung und gegenseitigen Abhängigkeit zu ihren Leistungen. Hierfür genüge es, dass die Höhe der Umlagen sich nach den für die Vermittlung und Durchführung der Werbemaßnahmen erforderlichen Aufwendungen der Klägerin richte und entsprechend dem vermuteten Eigennutzen der Mitglieder an diesen Werbemaßnahmen bemessen werde. Sie würden nicht unabhängig davon erhoben, ob und in welchem Umfang den Gesellschaftern die Leistungen der Werbegemeinschaft zugute kommen. Die Staffelung der Umlagen nach der Laden- bzw. Verkaufsfläche berücksichtige in erster Linie das Interesse der Gesellschafter an den Leistungen der Werbegemeinschaft. Denn der von den einzelnen Mitgliedern geleistete Aufwand entspreche dem - auch von der Verkaufsfläche abhängigen - erwarteten Erfolg der Werbemaßnahmen.

Bei Berücksichtigung der sich aus diesem Urteil ergebenden Grundsätzen wäre auch im Streitfall möglicherweise ein Leistungsaustausch zu bejahen. Denn der Kläger erbringt seine Tätigkeiten - dies sind in erster Linie Werbemaßnahmen - auch im Individualinteresse seiner Mitglieder. Auch im Streitfall werden die Mitgliedsbeiträge nicht unabhängig davon erhoben, ob und in welchem Umfang den Vereinsmitgliedern die Leistungen des Klägers zugute kommen. Die Staffelung der Beiträge nach den Jahresumsätzen der Mitglieder berücksichtigt möglicherweise das jeweilige Interesse des Mitglieds an den Leistungen des Vereins entsprechend dem oben zitierten BFH - Urteil.

Letztlich kommt es auf die Staffelung der Beiträge entsprechend einem möglichen Interesse der Mitglieder an den Leistungen des Klägers nicht an. Unerheblich ist es auch, ob der Kläger in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Zwecke tätig wird bzw. Sonder- oder Gesamtbelange seiner Mitglieder erfüllt.

Auch für das Verhältnis von Personenvereinigungen zu ihren Mitgliedern sind die Voraussetzungen für die Annahme eines Leistungsaustauschs nach allgemeinen Grundsätzen zu überprüfen.

Leistungsaustausch im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erfordert eine innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung. Hierzu verlangt die neuere Rechtsprechung des BFH aus der Sicht des Leistenden eine Finalität zwischen Leistung und Gegenleistung, d.h. ein Verhalten des Leistenden, das auf den Erhalt einer Gegenleistung im Austausch gegen die erbrachte Leistung abzielt oder zumindest geeignet ist, eine Gegenleistung auszulösen (Bülow in: Vogel/Schwarz, UStG, § 1 Rz. 45; BFH, Urteil vom 30.01.1997, V R 133/93, BStBl. II 1997, 335;Urteil vom 28.07.1994, V R 19/92, BStBl. II 1995, 86).

Diese Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG stimmt mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 2 Nr. 1, Art. 6 Abs. 1 der 6. Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) überein. Nach ihr ist eine Leistung gegen Entgelt und damit ein Leistungsaustausch zu bejahen, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und dem erhaltenen Entgelt besteht, wenn der Leistungsempfänger einen Gegenstand oder einen sonstigen Vorteil erhält, auf Grund dessen er als Empfänger einer Lieferung oder Dienstleistung angesehen werden kann, wenn (beim Leistungsempfänger oder am Ende der Unternehmerkette) ein Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts vorliegt (vgl. EuGH, Urteil vom 03.03.1994, Rs. C-16/93, UR 1994, 399;Urteil vom 29.02.1996, Rs. C-215/94, UR 1996, 119).

Dass ein Verein gegenüber seinen Mitgliedern nur in Erfüllung seiner satzungsmäßigen Zwecke tätig wird und lediglich ein einheitlicher Mitgliedsbeitrag erhoben wird, schließt die Annahme eines Leistungsaustauschs nicht aus. Dies hat der EuGH in seinemUrteil vom 21.03.2002, Rs. C-174/00, UR 2002, 320, bestätigt. Danach können die Jahresbeiträge der Mitglieder eines Sportvereins Gegenleistung für die vom Verein erbrachten Dienstleistungen darstellen, auch wenn diejenigen Mitglieder, die die Einrichtungen des Vereins nicht oder nicht regelmäßig nutzen, verpflichtet sind, ihren Jahresbeitrag zu zahlen. Die Leistungen des Vereins so der EuGH bestünden darin, dass er seinen Mitgliedern dauerhaft Sportanlagen und damit verbundene Vorteile zur Verfügung stelle; die Mitgliedsbeiträge seien die damit unmittelbar zusammenhängenden Gegenleistungen. Der Umstand, dass der Jahresbeitrag ein Pauschalbetrag sei (und nicht jeder persönlichen Nutzung der Sportanlagen zugeordnet werden könne), sei ohne Belang, da andernfalls jeder Dienstleistende die Besteuerung durch Anwendung von Pauschalpreisen umgehen könne.

Die Grundaussagen dieses EuGH-Urteils gelten nicht nur für Sportvereine, sondern für alle Vereinigungen, die die Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen und diesen Vorteile verschaffen (Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz. 187.1, 191 ff.).

Nach den o. g. Grundsätzen kommt es für die Bejahung eines Leistungsaustauschs im Streitfall zwischen dem Kläger und seinen Mitgliedern entscheidend darauf an, dass die Tätigkeit des Klägers für seine Mitglieder einen konkreten verbrauchbaren Nutzen darstellt und damit das entscheidende Merkmal der Leistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne erfüllt ist. Die Höhe des Entgelts ist dabei unerheblich; maßgeblich ist alleine der unmittelbare Zusammenhang zwischen Vereinsleistung und Mitgliedsbeitrag/Etat.

Da unter Leistung jedes Verhalten zu verstehen ist, das Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs, d.h. eines Schuldverhältnisses sein kann, ist entscheidend, ob das Vereinsmitglied einen verbrauchbaren Nutzen erlangt, der auch auf der Grundlage eines Schuldverhältnisses zugewendet werden könnte. Als Kontrolle ist dabei die Frage zu stellen, ob bei Ersetzung des Vereins durch einen anderen Rechtsträger ein Leistungsaustausch zustande käme. Ein Leistungsaustausch ist danach z. B. dann anzunehmen, wenn 1) der Verein den Vereinszweck erfüllt, indem er nach außen Aktivitäten entfaltet, die im individuellen wirtschaftlichen (beruflichen oder persönlichen) Interesse der Mitglieder liegen. Der Verein erbringt in diesem Fall Leistungen gegenüber der Gesamtheit der Mitglieder und zugleich auch jeweils gegenüber dem einzelnen Mitglied. Dies ist 2) auch der Fall, wenn der Verein den Vereinszweck erfüllt, indem er zwar keine Aktivitäten nach außen entfaltet, sondern Tätigkeiten erbringt, die die gebündelten Interessen der Mitglieder fördern. Der Umstand, dass einzelne Mitglieder möglicherweise die Vorteile der Mitgliedschaft nicht konkret in Anspruch nehmen, ist ohne Belang, da die Leistung des Vereins dann in der Leistungsbereitschaft liegt. In beiden Fällen ist ein Leistungsaustausch gegeben, ebenso wie wenn ein Dritter beauftragt würde, fremde Interessen wahrzunehmen (vgl. hierzu Stadie in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz. 188, 189).

Nach diesen Grundsätzen wurden die Leistungen, die der Kläger zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke gegenüber seinen Mitgliedern erbracht hat, im Rahmen eines Leistungsaustauschs ausgeführt. Die Tätigkeit des Klägers bestand darin - so die Auskunft seiner Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 - Werbemaßnahmen durchzuführen. So hat er z. B. Prospekte und ein Buch über die "V-perle" aufgelegt, die an Goldschmiede und Juweliere verteilt wurden; des weiteren hat er Anzeigen in Zeitschriften wie "W" oder "N" geschaltet, einen PR-Agenten engagiert sowie diverse Events zur Promotion der "V-perle" veranstaltet. All diese - nach außen gerichteten - Maßnahmen kamen den wirtschaftlichen Interessen der Vereinsmitglieder konkret zugute. Diese Marketingmaßnahmen zielten darauf ab, den Absatz der "V-perle" und damit auch den Umsatz sowohl der deutschen Vereinsmitglieder als auch der Gesellschaft "Q" zu verbessern. Mit der Durchführung derartiger Maßnahmen hätten die Vereinsmitglieder z. B. auch einen fremden - dritten - Unternehmer, z. B. eine Werbeagentur, beauftragen können.

Zur Erlangung dieser konkreten wirtschaftlichen Vorteile haben die deutschen Vereinsmitglieder ihren Beitrag und die Gesellschaft "Q" den so genannten Etat gezahlt, mit denen die Kosten für die Werbemaßnahmen abgedeckt wurden. Ohne die Erlangung eines konkreten wirtschaftlichen Nutzens hätte für sie die Mitgliedschaft in dem Verein und damit die Beitrags- bzw. Etatzahlung keinen Sinn gemacht. Umgekehrt ausgedrückt hat auch der Kläger seine konkreten Leistungen nur gegen Zahlung der Mitgliedsbeiträge bzw. des Etats erbracht, die er allein schon zur Kostendeckung im Hinblick auf die Werbemaßnahmen nötig hatte. Damit besteht der für die Annahme eines Leistungsaustauschs notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen Vereinsleistung und Etat- bzw. Beitragszahlung.

Konsequenterweise sind die Mitgliedsbeiträge der deutschen Mitglieder als steuerpflichtiges Entgelt gem. § 10 Abs. 1 UStG zu behandeln; die erklärten Umsätze sind damit für das Jahr 2000 um (65.000,00 DM : 1,16 =) 56.034,00 DM und für 2001 um (60.000,00 DM : 1,16 =) 51.724,00 DM zu erhöhen.

Auch der von der Gesellschaft "Q" gezahlte sogenannte Etat stellt ein Leistungsentgelt für die durch den Kläger erbrachten Leistungen dar. Der Etat sollte - neben den Mitgliedsbeiträgen - die Kosten für die durch den Kläger durchgeführten Werbemaßnahmen abdecken. Der Leistungsort für die gegenüber der Gesellschaft "Q" erbrachten Werbeleistungen richtet sich nach § 3a Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 UStG, so dass der Ort für diese Leistungen sich nach dem Sitzort des Leistungsempfängers richtet. Da die Werbeleistungen gegenüber der "Q" damit in "U-Land" als erbracht gelten, sind die entsprechenden Leistungen nicht steuerbar.

Die Eingangsleistungen, die der Kläger zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Zwecke bezogen hat, betreffen nach dem hier gefundenen Ergebnis sein Unternehmen, so dass dem Kläger insoweit der Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zusteht. Die erklärten Vorsteuerbeträge sind entsprechend der Verständigung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2007 um 1.450,89 DM für das Jahr 2000 beziehungsweise um 342,08 DM für das Jahr 2001 zu kürzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

RechtsgebietUStGVorschriftenUStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG § 2 UStG § 3a Abs. 3 UStG § 3a Abs. 4 Nr. 2

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