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16.10.2007 · IWW-Abrufnummer 073168

Landgericht Hamburg: Urteil vom 26.09.2007 – 313 O 416/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Hamburg

Urteil

Geschäfts-Nr. 313 O 416/05
Verkündet am: 26.9.2007

In der Sache XXX

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 13, auf die mündliche Verhandlung vom 4.9.2007 durch XXX

für Recht:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 3.952,89 (i.W.: Euro dreitausendneunhundertzweiundfünfzig 89/100) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 27 % und die Beklagte 73 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

TATBESTAND

Der Kläger begehrt restliche ärztliche Honorarzahlung von der Beklagten als Erbin seines Patienten XXX.

Der Kläger ist Direktor der Klinik für Allgemeinchirurgie XXX und selbst liquidationsberechtigt. Der Ehemann der Beklagten, der am 20.01.2004 verstorbene XXX befand sich in der Zeit vom 27.06. - 22.10:2003 als Privatpatient in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum XXX. Für seine stationäre Behandlung schloss der Ehemann der Beklagten mit dem XXX eine Wahlleistungsvereinbarung und beantragte neben der gesonderten Unterbringung auch die wahlärztliche Behandlung durch den Kläger (Anl. K 4).

Der Kläger operierte den Ehemann der Beklagten am 28.08.2003 und 09.09.2003 persönlich und erstellte hierüber Operationsberichte (Anl. K 2).

Mit Rechnung vom 05.05.2004 (Nr. S 7199-04) stellte der Kläger dem Ehemann der Beklagten seine Leistungen mit € 10.186,36 in Rechnung (Anl. K 1). Die private Krankenversicherung des Ehemanns der Beklagten, der XXX-Krankenversicherungsverein a.G. erstattete von dem Rechnungsbetrag einen Teilbetrag in Höhe von € 4.762.75. Sie teilte dem Kläger mit Schreiben vom 24.03.2005 (Anl. B 2) mit. dass sie die Abrechnung der folgenden Nummern der GOÄ nicht akzeptiere, da die abgerechneten Leistungen entweder nicht erbracht seien oder nicht wie erfolgt abgerechnet werden könnten, und sie daher keine weiteren Zahlungen leisten werde:

- Operation vom 28.08.2003:
GOÄ-Ziffern 3181, 5, 3172, 2802 (2x), 2032

- Operation vom 09.09.2003:
GOÄ Ziffern 2975, 2580, 2802 (2x), 3126, 3001, 2802, 3011, 2404, 2396, 2970, 2007, 60 (mehrfach)

Wegen der weiteren Einzelheiten der nicht anerkannten Positionen wird ergänzend auf die als Anl. B 1 eingereichte Tabelle Bezug genommen.

Die Beklagte lehnte auf telefonische Aufforderung des vom Kläger beauftragten Abrechnungsbüros vom 18.10.2005 die Zahlung des noch offenen Restbetrages unter Hinweis auf die Stellungnahme der privaten Krankenversicherung ihres verstorbenen Ehemannes ab.

Der Kläger behauptet. er habe auch sämtliche nicht von der privaten Krankenversicherung des Ehemanns der Beklagten anerkannten Leistungen tatsächlich erbracht. Es habe sich jeweils um medizinisch selbständige Leistungen gehandelt, die auf einer jeweils eigenständigen medizinischen Indikation beruht hätten und nicht notwendig bei jeder Standardoperation anfallen würden. Ersichtlich habe es sich nicht um eine Standardoperation, sondern um einen großen Eingriff gehandelt.

Zur Operation vom 28.08.2003 behauptet der Kläger:

1. GOÄ Ziffer 3181
Die gemäß Seite 2 Abs. 7 des Operationsberichts durchgeführte Resektion des gesamten proximalen Jejunumkonglomerats erfülle die Leistungslegende der Ziff. 3181. Daher sei die Leistung nicht entsprechend Ziff. 3167 abzurechnen,

2. GOÄ-Ziffer 5
Damit sei die körperliche Untersuchung vor der Operation abgerechnet worden. Die Leistungen seien erbracht worden und erforderlich gewesen.

3. GOÄ-Ziffer 3172
Ausweislich des Operationsberichts sei eine komplette und aufwendige -Adhäsiolyse des gesamten Dünndarmkonvoluts erfolgt. Es habe eine eigenständige medizinische Indikation hierfür bestanden, weil die Adhäsiolyse nichts mit der Resektion zu tun habe und nur wegen der vorliegenden multiplen Verwachsungen erforderlich geworden sei.

4. GOÄ-Ziffer 2802 (2x)
Eine gesonderte Berechenbarkeit der Dissektion der Arteria und Vena mesenterica superior sei wegen der Größe des Tumors und der topographischen Nähe des kindskopfgroßen Tumors zu den zu dissezierenden Gefäßen gerechtfertigt. Die langstreckige Dissektion der der Arteria und Vena mesenterica superior habe nicht in notwendigem Zusammenhang mit der Tumorresektion gestanden, sondern sei in diesem Einzelfall nur wegen der Größe des Tumors und der topographischen Nähe des Tumors medizinisch notwendig gewesen. Die Dissektion der der Arteria und Vena mesenterica superior sei auch nicht standardmäßig neben den mit Ziff. 3187, 3280, 3170, 3149, 3181, 3197, 2407 und 3188 abgerechneten ärztlichen Leistungen erfolgt.

5. GOÄ-Ziffer 2032
Die Ziff. 2032 sei nicht durch die Ziff. 2015 zu ersetzen. Die gemäß des letzte Satzes des Operationsberichtes ins Retroperitoneum angelegten 2 Penrosedrainagen sowie 2 zusätzliche Penrosedrainagen an der Leberresektionsfläche seien jeweils gesondert ausgeleitet worden. Im Gegensatz zu der Ziff. 2015 habe es sich um nicht mit Redondrainagen vergleichbare Leistungen, sondern aufwändige Spezialdrainagen gehandelt, die bis tief in die Wundhöhle gereicht hätten und in dem weichen und sehr verletzlichen Gewebe aufwendigst hätten platziert werden müssen. Da die GOÄ hierfür keine spezielle Abrechnungsnummer aufweise, sei gem. § 6 Abs. 2 GOÄ eine Analogberechnung vorgenommen worden, die von der Ärztekammer Hamburg für Drainagen in diesen tiefgelegenen Bereichen anerkannt werde. Die Anlage von Penrosedrainagen sei nicht notwendiger Bestandteil der Entfernung eines derartigen Tumors.

Zur Operation vom 09.09.2003 behauptet der Kläger:

1. GOÄ-Ziffer 5
Damit sei die körperliche Untersuchung vor der Operation abgerechnet worden. Die Leistungen seien erbracht worden und erforderlich gewesen.

2. GOÄ-Ziffer 2975
Aufgrund der postpneumonischen Adhäsion habe es sich um eine eigenständige medizinische Indikation gehandelt. Die Leistungslegende der Ziff. 2975 sei voll erfüllt.

Die ausgedehnte Dekortikation der rechten Lunge sei nicht der Zugang zum Operationsgebiet gewesen. Präoperativ sei nur ein Mediastinaltumor bekannt gewesen, der nichts mit der Thoraxaktivität zu tun gehabt habe. Es.sei überhaupt nicht klar gewesen, was zu operieren gewesen sei. Ausweislich des Operationsberichts hätten sich massive postpneumonische Adhäsionen mit Punktum Maximum des rechten Oberlappens gezeigt, die eine ausgedehnte und in der Ausführung extrem mühsame Dekortikation der rechten Lunge erforderlich gemacht hätten.

3.. GOÄ-Ziffer 2580
Es habe sich ausweislich der Seite 2 Abs. 4 des Operationsberichts eine Heranziehung des Nervus phrenicus in das Tumorgeschehen gezeigt, so dass dieser habe reseziert werden müssen. Nach dem BGH sei für die Resektion dieser Nerven eine eigenständige Indikation gegeben, weswegen die Ziff. 2580 voll anrechen- und absetzbar sei.

4. GOÄ-Ziffer 2802 (5x)
Aufgrund der postpneumonischen Schwartenbildung sei eine eigenständige medizinische Indikation auch für die gern. Seite 25. Absatz des Operationsberichts vorgenommene ausgedehnte Dissektion der Vena cava superior mit Dissektion der: Vena anonyma links und rechts sowie Dissektion des Aortenbogens von intraperikardial kommend mit Dissektion des brachiocephaIicus sowie der Dissektion und Neurolyse des Nervus vagus sowie des Abgangs des Nervus recurrens aus dem Nervus vagus gegeben gewesen.

5. GOÄ-Ziffer 3126
Für die komplette Dissektion des thorakalen Ösophagus (Seite 3, 1. Absatz des Operationsberichts) sei ebenfalls eine eigenständige medizinische Indikation gegeben gewesen.

6. GOÄ-Ziffer 3001
Aufgrund der erfolgten Mitnahme einer Trachealmanschette und des Absetzens des Tracheobronchialwinkels (Seite 3, 2. Absatz des Operationsberichtes) sei die Leistungslegende der Ziff. 3001 erfüllt. Die Leistungslegende der Ziff. 2999 erfasse diese Operation nicht.

7. GOÄ-Ziffer 2802
Die radikuläre Absetzung der Vena azygos sei nicht Teil der Pneumonektomie oder Oberlappenresektion. Die eigenständige Indikation ergebe sich aus der Tumorinfiltration der Vena azygos. Die Resektion der Vena azygos und die radikuläre Absetzung werde auf Seite 3 Abs. 1 des Operationsbericht ausführlich beschrieben.

8. GOÄ-Ziffer 2583
Gemäß Seite 2 5. Absatz des Operationsberichts werde die Dissektion und Neurolyse des Nervus vagus sowie des Abgangs des Nervus recurrens aus dem Nervus vagus sowie die Erforderlichkeit dieser Schritte wegen der postpneumonischen Schwartenbildung beschrieben. Die gesonderte medizinische Indikation habe auch der BGH festgestellt.

9. GOÄ-Ziffer 3011
Die Ziff. 3011 sei nicht in die Ziff. 2993 umzuwandeln. Die Thymektomie rechts sei ausweislich des Operationsberichts (Seite 26. Abs.) wegen Knotenbildung im Bereich des vorderen Mediastinums erfolgt. Der Mediastinaltumor sei zunächst die Diagnose gewesen, der Lungekrebs erst später hinzugekommen. Die Entfernung des Mediastinaltumors sei vom Schwierigkeitsgrad her gleichwertig mit der in Ziff. 3011 beschriebenen Leistung, weswegen die Ziff. 3011 analog berechnungsfähig sei.

10. GOÄ-Ziffer 2404
Die multiplen Probenexcisionen stammten nicht aus dem eigentlichen Operationsgebiet der Lunge, sondern aus dem Mediastinum, weswegen die analoge Berechenbarkeit der Ziff. 2404 gerechtfertigt sei. Zu bedenken sei, dass die Entnahme von Gewebeproben zur SchneIlschnittuntersuchung, die dann letztlich ein Adeno-Carzinom ergeben hätten, vor dem Hintergrund erfolgt sei, dass bei dem Ehemann der Beklagten zuvor eine Diagnose des Mediastinalprozesses trotz mehrfacher sehr intensiver invasiver Diagnostik nicht habe erfolgen können.

11. GOÄ-Ziffer 2396 (analog)
Die unstreitig erfolgte Implantation eines Perikard-Surgical-Patches (Seite 34 Abs. des Operationsberichtes ) werde vom Wortlaut der GOÄ nicht erwähnt. Ziff. 2065 erfasse nur die Perikardresektion. Ausweislich des Operationsberichts habe es sich um eine reine Resektion des Perikards gehandelt, die nicht Bestandteil der Resektionsleistung gewesen sei. Die Leistung sei somit entsprechend der Leistungslegende der Ziff. 2396 erbracht worden. Die Zielleistungsziffer beinhalte lediglich die Resektionsleistung, nicht aber rekonstruktive Maßnahmen. Maßnahmen, die zur Verringerung der Komplikationslast dienten, gingen nicht im Ansatz der operativen Hauptleistung auf.

Zu den sonstigen streitigen Leistungen behauptet der Kläger:

1. GOÄ-Ziffer 60
Unter dieser Ziffer sei die Besprechung mit dem Anästhesisten am 27.08.2003 vor dem komplexen Eingriff unter Berücksichtigung des Krankheitsbildes des Ehemannes der Beklagten abgerechnet worden, die postoperative Besprechung mit dem Anästhesisten sowie vom 10.-19.09.2003 täglich 2 Besprechungen mit dem Intensivmediziner auf der Intensivstation. Die Leistungen seien erbracht worden und erforderlich gewesen.

2. GOÄ-Ziffer 2007
Diese Ziffer habe analog für die Dauerkatheterentfernung am 29.08.2003. die ZVK-Entfernung am 22.10.2003 und für die Entfernung von Fäden und Klammem am 07.09.2003 berechnet werden dürfen, weil diese Leistung milden in Ziffer 2007 beschriebenen Leistungen gleichwertig seien.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 5.423,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.03.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger bei der Abrechnung die Vorschrift des § 4 Abs. 2 a GOÄ nicht hinreichend beachtet habe. Das dort normierte Zielleistungsprinzip besage, dass jede Leistung, die keinen selbständigen Charakter habe, weil sie nur erbracht werde, um eine Maßnahme, die das Leistungsziel darstelle, zu erbringen, ohne die die Zielleistung also nicht erbracht worden wäre, nicht gesondert neben dieser Zielleistung berechnet werden könne. Darauf, ob die Leistung im Einzelfall kompliziert oder einfach gewesen sei, komme es im Rahmen des Zielleistungsprinzips nicht an.

Zur Operation vom 28.08.2003 behauptet die Beklagte:

1. GOÄ-Ziffer 3181
Bei der Entfernung des .proximalen Abschnitts. des Duodenums habe es sich nicht um eine langstreckige Resektion des Dünndarms gehandelt. Der Dünndarm weise eine Länge von 3 - 5 Metern auf. Der Kläger habe lediglich den sog. Zwölffingerdarm in der Länge von höchstens 50 cm entfernt. Die geringfügige Teilentfernung eines Dünndarmabschnitts werde gebührenrechtlich von der Ziff. 3167 erfasst.

2. GOÄ-Ziffer 5
Präoperative symptombezogene Untersuchungen seien immanenter Bestandteil der durchzuführenden Operation und nicht gesondert abrechenbar. Aus der Dokumentation, die in der Patientenakte enthalten sei, sei nicht erkennbar, wer die Untersuchung wann durchgeführt habe. Nach der Legende seien die Leistungen des Klägers mk einem Sternchen zu kennzeichnen und mit der Uhrzeit zu versehen gewesen, woran es hier fehle.

3. GOÄ-Ziffer 3172
Bel den hierunter abgerechneten Leistungen habe es sich um Begleitverrichtungen gehandelt, um das Operationsgebiet zu erreichen. Der Operateur habe sich an den individuellen körperlichen Gegebenheiten des Patienten zu orientieren und die zur Erreichung des Operationsziels notwendigen Schritte zu wählen.

4. GOÄ-Ziffer 2802 (2x)
Bereits aus der Legende der Ziff. 2802 ergebe sich, dass diese nur als selbständige Leistung berechenbar sei, nicht aber im Zusammenhang mit anderen operativen Leistungen. Die Gefäße seien nur deshalb angegangen worden, weil sie in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zielgebiet gelegen hätten und der Tumor sonst nicht zu entfernen gewesen wäre.

5. GOÄ-Ziffer 2032
Das Einbringen der Drainagen sei keine Leistung nach Ziff. 2032, da diese nicht proximal gelegen gewesen seien. Für die Anlage von Drains in der. Bauchhöhle habe der Gesetzgeber die 2iff. 2015 geschaffen.

Zur Operation vom 09.09.2003 behauptet die Beklagte:

Bei dem äußerst umfangreichen Eingriff habe es sich um die Entfernung eines Mediastinaltumors gehandelt. Für diesen Eingriff sehe der Verordnungsgeber die Ziff. 3011 vor (Entfernung eines Mediastinaltumors, transpleural oder transsternal). In der Rechnung sei als alleinige Diagnose "Mediastinaltumor" angegeben. Die Diagnose "Lungentumor oder Lungenerkrankung" erscheine überhaupt nicht auf der Rechnung. Entsprechend seien die Ziff. 2975, 2580, 2802 (5x), 3126, 3001, 2802, 2583, 3011 (analog), 2404 und 2396 (analog) unter die Hauptleistung zu subsumieren. Hinzu komme, dass sich aus der Legende der Ziff. 2802 und 2583 ergebe, dass diese nur als selbständige Leistung berechenbar seien. Auch seien die Voraussetzungen für eine analoge Bewertung für die Leistungen gem. den Ziff. 2404 und 2396 nicht gegeben.

1. GOÄ-Ziffer 5
Präoperative symptombezogene Untersuchungen seien immanenter Bestandteil der durchzuführenden Operation und nicht gesondert abrechenbar.

2. GOÄ-Ziffer 2975
Die Lösung des Oberlappens von der Thoraxwand mit Dekortikation der Lunge sei im konkreten Fall notwendig gewesen, um eine Operation an dem vermeintlichen Krankheitsherd vorzunehmen, und stelle daher keinen eigenständigen Eingriff dar

3. GOÄ-Ziffer 2580
Grund der Maßnahmen an den Nerven sein das Tumorgeschehen an sich gewesen und nicht die Behandlungsbedürftigkeit des Nervs an sich.

4. GOÄ-Ziffer 2802 (5x)
Die vollständige Entfernung des eigentlichen Tumors wäre nicht möglich gewesen, wenn die vom Tumorgeschehen involvierten Gefäße nicht angegangen worden wären. Ein eigenständiges Krankheitsgeschehen habe nicht vorgelegen.

5. GOÄ-Ziffer 3126
Entsprechendes gelte auch für diese Leistung.

6. GOÄ-Ziffer 3001
Auch insoweit habe es sich um beteiligte Strukturen gehandelt. Ein eigenständiges Krankheitsgeschehen habe am Tracheobronchialwinkel nicht vorgelegen.

7. GOÄ-Ziffer 2802
Auch die Vena azygos sei durch den Tumor infiltriert gewesen, so dass das Krankheitsgeschehen nicht von dem Blutgefäß selber ausgegangen sei, sondern von dem eigentlichen Tumorgeschehen.

8. GOÄ-Ziffer 2583 (2x)
Das präparatorische Vorgehen an sich sei zur Vermeidung von Komplikationen erforderlich geworden und stelle keine selbständige Leistung dar.

9. GOÄ-2iffer 3011 (analog)
Die Voraussetzungen für eine analoge Bewertung lägen nicht vor. Es habe sich um einen Teilschritt und keine selbständige Leistung gehandelt.

10. GOÄ-Zlffer 2404 (analog)
Die intraoperativen Gewebeproben und Probeexcisionen gehörten zum operativen Verfahren hinzu und seien damit z.wangsläufig Inhalt der operativen Zielleistung.

11. GOÄ-Ziffer 2396 (analog)
Die Voraussetzungen für eine Analogie lägen nicht vor. Bestandteil der Leistungen nach Ziff. 2999 sei die intraperikardiale Gefäßversorgung. Dies mache deutlich, dass hierzu auch der Verschluss der angegangenen Strukturen erfolgen müsse.

Zu den weiteren streitigen Leistungen behauptet die Beklagte:

1. GOÄ-Ziffer 60
Die Ziffer gelte nicht bei routinemäßigen Beratungen und Besprechungen mit ärztlichen Kollegen sowie den daraus folgenden Anordnungen zu weiteren diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen. Diese seien Inhalt der Ziffern 45 und 46.

Die vom Kläger vorgelegte Dokumentation für den Zeitraum der intensivmedizinischen Behandlung ließen darauf schließen, dass zumindest Besprechungen zwischen den Ärzten einzelner Fachdisziplinen stattgefunden hätten, wobei diese Besprechungen am 10.09. und 12.09.2003 sogar als Visiten bezeichnet worden seien, was die Vermutung einer gebührenrechtlichen Umgehung verstärke. Konsilien habe der Kläger nicht nachweisen können.

2. GOÄ-Ziffer 2007 (analog)
Für die das Anlegen eines Dauerkatheters sehe der Verordnungsgeber die Ziff. 1732 ggfs. einschließlich der Ziff. 1728 oder 1730 vor. Das Entfernen sei wie das Einlegen eine rein pflegerische Maßnahme, die vom Pflegepersonal durchgeführt werde. Der Verordnungsgeber habe bewusst davon abgesehen, hierfür eine eigene Ziffer in die GOÄ aufzunehmen. Daher sei auch keine Analogie zulässig. Nichts anderes gelte auch für die Entfernung des zentralen Venenkatheters (ZVK) am 03.09. und 22.10.2003. Der Kläger habe nicht belegt, dass er und nicht das Pflegepersonal die Leistungen ausgeführt hätten.

Das Gericht hat gem. Beweisbeschluss vom 17.05.2006 (BI. 69 ff. d.A.) Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, Hauptleistung des Eingriffs nicht die Entfernung eines Mediastinaltumors, sondern eines zentralen Lungentumors gewesen und für die streitigen Positionen habe jeweils eine eigenständige medizinische Indikation bestanden, durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. XXX vom 13.12.2006 (BI. 98 ff. d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Kläger hat gem. §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2, 1922 BGB i.V.m. GOÄ einen weiteren Zahlunganspruch in Höhe von € 3.952.89 gegen die Beklagte als Erbin ihres inzwischen verstorbenen Ehemanns XXX.

I.

Zwischen dem privatliquidationsberechtigten Kläger und dem inzwischen verstorbenen Ehemann der Beklagten ist eine Wahlleistungsvereinbarung zustande gekommen, in der dieser auch die wahlärztliche Behandlung durch den Kläger beantragt hat (Anl. K 4). Die Beklagte ist dem nicht mehr entgegen getreten, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 18.04.2006 die Wahlleistungsvereinbarung eingereicht hatte.

II.

Nach dem in § 4 Abs. 2a GOÄ verkörperten sog. Zielleistungsprinzip kann der Arzt für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine Gebühr nicht berechnen, wenn er für die andere Leistung eine Gebühr berechnet. Dies gilt auch für die zur Erbringung der im Gebührenverzeichnis aufgeführten operativen Leistungen methodisch notwendigen operativen Einzelschritte.

Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der methodisch notwendigen operativen Einzelschritte folgt das Gericht der Rechtsauffassung, wonach die in der GOÄ enthaltenen Leistungslegenden abstrakt-typisierend auszulegen sind, d.h. dass jeder Zielleistung eine Standardoperation zugrunde zu legen ist, die alle methodisch notwendigen Zwischenschritte einschließt, also solche Behandlungsschritte, die typischerweise notwendig sind, um das in der jeweiligen Leistungslegende des Tatbestands. umschriebene Verrichtungsziel zu erreichen (LG Hamburg, Urteil vom 04.09.2000 – 303 O 10/99; LG Karlsruhe, MedR 2004" 63; LG Stade, Urteil vom 31.03.2004 - 2 S 81/03; VG Stuttgart, Urteil vom 10.09.2006 -17 K 1503/06; AG Hamburg, Urteil vom 09.01.2006 - 24A C 28/03; AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 13.01.2006 - 911 C 650/03; Schulte-Nölke, NJW 2004, 2273).

Der Gegenauffassung, die als Zielleistung auch alle Maßnahmen versteht. die im konkreten Fall nach der individuellen Konstitution des Patienten zur Erreichung des Operationserfolges medizinisch indiziert sind (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 29.05.2002 - 23 S 38/01; LG Hamburg, Urteil vom 28.08.2007 - 320 S 15/07 und Urteil vom 28.10.2005 - 320 S 136/04; LG Hanau, Urteil vom 29.04.2005 - 2 S 291/04; LG Kiel, Urteil vom 28.06.2005 - 8 S 179/04), vermag die Kammer nicht zu folgen. Nach der in § 11 BOÄ enthaltenen Verordnungsermächtigung soll der Erlass der GOÄ den berechtigten Interessen der Ärzte und der zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten Rechnung tragen und zu einem angemessenen Interessenausgleich der Vertragsparteien des privatärztlichen Behandlungsvertrages führen. Die Gleichsetzung des methodisch Notwendigen mit dem im konkreten Einzelfall medizinisch Notwendigen führt zu einem einseitigen Ergebnis der Interessenabwägung zu Lasten der Ärzte. Dabei handelt es sich nicht um eine „Überinterpretation" des Begriffs des methodisch Notwendigen. Denn es ist nicht einzusehen, warum der Arzt bei gleicher Zielleistung für die Durchführung einer Standardoperation und für die Durchführung einer außergewöhnlich komplexen Operation mit ungleich höherem Leistungsumfang dieselben Gebühren erhalten soll. Der vorliegende Sachverhalt mit 2 umfangreichen und komplexen Krebsoperationen macht dies besonders deutlich.

Auch mit dem in § 5 Abs. 2 GOÄ vorgesehenen Steigerungsfaktor lässt sich ein angemessener Ausgleich nicht erreichen (so auch Schulte-Nölke, NJW 2004, 2273, 2276). Diese Vorschrift ermöglicht zwar die Multiplikation des Punktwertes mit einem Steigerungsfaktor bis 3,5. Der Steigerungsfaktor soll nach der Systematik der GOÄ bei der Gebührenbemessung im Rahmen des billigen Ermessens lediglich die Schwierigkeit und den Zeitaufwand der einzelnen Leistungen sowie die Umstände bei der Ausführung berücksichtigen und kann nicht dazu dienen, zahlreiche weitere Leistungen, die üblicherweise bei der Erbringung der Zielleistung gar nicht anfallen, gebührentechnisch adäquat zu erfassen und mit abzudecken. Dies ergibt sich bereits daraus, dass kein Spielraum mehr verbliebe, wenn die für die Zielleistung stets unabdingbar notwendigen Leistungen bereits einen besonders hohen Schwierigkeitsgrad aufweisen oder Zeitaufwand mit sich bringen.

III.

Diese generellen Überlegungen zugrunde gelegt ergibt sich für die streitigen Positionen für die Operation vom 28.08.2003 (Bauchoperation) folgendes:

1. GOÄ-Ziffer 3181
Die gesonderte Abrechnung der Ziff. 3181 durch den Kläger war berechtigt. Die Leistungslegende der Ziffer führt aus: Ausgedehnte Dünndarmresektion (langstreckige Resektion; auch ganze Konvolute vom Dünndarm - ggfs. einschließlich vom Dickdarm mit Anastomose).

Nach dem Operationsbericht hat der Kläger Anteile des Dünndanns (Jejunum) entfernt, wobei die die Dünndarmschlingen mit dem Tumor und miteinander verwachsen waren, weshalb dort von einem „Jejunumkonglomerat“ die Rede ist.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist aufgrund des histopathologischen Befundes des Operationspräparates, das eine Länge des Resektats von 23 cm ausweist, davon auszugehen, dass die Resktatlänge in vivo etwa 40 bis 50 cm betrug. Das Gericht schließt sich der Wertung des Sachverständigen an, dass bei dieser Länge von einem langstreckigen Dünndarmkonvolut im Sinne der Ziff. 3181 auszugehen ist. Dem Einwand der Beklagten, dass ein Resektat von 50 cm bei einer Länge des Dünndarms von 3 - 5 Metern nicht als langstreckig anzusehen und die Leistung daher analog Ziff. 3167 abzurechnen sei, folgt das Gericht nicht, da bereits nicht ersichtlich ist, dass für den Ansatz der Ziff. 3181 das Überschreiten eines gewissen Verhältnisses zwischen der Länge des Resektats und der Länge des betroffenen Darmabschnitts erforderlich ist.

2. GOA-Ziffer 5
Die Ziff. 5 für die symptombezogene Untersuchung ist nicht gesondert abrechenbar. Das Gericht schließt sich zwar den Ausführungen des Sachverständigen an, dass für diese Untersuchung eine eigenständige medizinische Indikation bestand. Bei dem Patienten war ein großer Bauchtumor, dessen Art und Genese völlig unklar war, festgestellt worden, was es rechtfertigte, präoperativ eine körperliche Untersuchung zur Lokalisation und Schnittführung vorzunehmen. Eine derartige Untersuchung fällt nicht typischerweise vor einer Bauchoperation an und ist daher kein notwendiger Bestandteil der Zielleistung.

Die Beklagte hat jedoch nach Übermittlung der Patientenakte an sie gerügt, dass aufgrund der fehlenden Kennzeichnung der Untersuchung in der Dokumentation mit einem Sternchen und der fehlenden Angabe der Uhrzeit nicht erkennbar sei, dass der Kläger die Untersuchung durchgeführt habe, obwohl die entsprechende Kennzeichnung nach der Legende der Dokumentation ansonsten hätte erfolgen müssen. Der Kläger hat keinen Beweis für die Durchführung der Untersuchung angeboten. Von daher ist die Rechnung des Klägers um € 10,72 zu kürzen.

3. GOÄ-Ziffer 3172
Der Kläger war berechtigt, diese Leistung gesondert abzurechnen. Die Legende der Ziffer lautet: operative Darmmobilierung bei Verwachsungen als selbständige Leistung. Der Kläger hat nach dem Operationsbericht multiple Adhäsionen des Dünndarmkonvolutes gelöst. Dabei handelt es sich nach den Ausführungen des Sachverständigen um mehrere fest. zusammenhängende, miteinander verschmolzene Dünndarmschlingen.

Der Sachverständige hat überzeugend erläutert, dass die Dünndarmschlingen nach Öffnen des Bauchraums normalerweise unter einem großen Netz völlig frei liegen und zwischen den Schlingen eine feine Flüssigkeitsschicht liegt. Die hier aufgrund des Tumors vorhandenen Verklebungen der Dünndarmschlingen, die vom Kläger gelöst werden mussten, um an den eigentlichen Krankheitsprozess an der Mesenterialwurzel heranzukommen, sind gewöhnlich nicht vorhanden. Von daher handelte es sich um eine zwar medizinisch, nicht aber im Normalfall methodisch notwendige Leistung und die gesonderte Abrechenbarkeit ist gegeben.

4. GOÄ-Ziffer 2802 (2x)
Gesondert zweifach abrechenbar ist auch die Ziff. 2802 für die vom Kläger vorgenommene Dissektion der Arteria und Vena mesenterica superior. Die Legende der Ziff. 2802 lautet: Freilegung und / oder Unterbindung eines Blutgefäßes in der Brust- oder Bauchhöhle als selbständige Leistung.

Der Sachverständige hat hierzu erklärt, dass es medizinisch erforderlich gewesen sei, die Freilegung der blutversorgenden Arterie und der abfließenden Vene vorzunehmen. Die eigenständige Indikation für diesen Eingriff folge daraus, dass es sich bei dem Tumor um eine Rarität gehandelt habe und nicht bei jeglicher Operation von Tumoren des Retroperitoneums die Freilegung der die lebensnotwendigen Durchblutung des Dünndarms gewährleistenden Arterie und Vene erforderlich sei. Das Gericht schließt sich dem an. Die zweifache Abrechnung rechtfertigt sich aus dem Umstand der deutlichen anatomischen Trennung der Arterie und der Vene voneinander.

5. GOÄ-Ziffer 2032 (analog) (4 x)
Die gesonderte vierfache Abrechnung der Ziff. 2032 durch den Kläger erfolgte ebenfalls zu Recht. Nach der Leistungslegende handelt es sich um die Anlage einer proximal gelegenen Spül- und / oder Saugdrainage. Der Kläger hat 2 Penrosedrainagen Ins Retroperitoneum sowie 2 zusätzliche Penrosedrainagen an die Leberresektionsfläche platziert.

Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass es sich bei den sog. Penrosedrainagen um Gummischläuche handelt, in die ein Mullstreifen eingebracht ist. Dieser Mullstreifen entwickele eine deutliche Dochtwirkung, weswegen es sich um eine Sagdrainage handele.

Das Gericht schließt sich dem Gutachten des Sachverständigen an, soweit dieser ausgeführt hat, dass die Einlage einer solchen Drainage keine notwendige Bedingung der Entfernung einer mesenterialen Zyste oder eines Lymphjangioms bzw. der Leberresektion sei und daher nicht einer bestimmten Zielleistung zuzuordnen sei.

Entgegen der Auffassung der Beklagten. kann die Leistung nicht nur nach der Ziff. 2015 abgerechnet werden, da die Penrosedrainagen aufgrund ihrer aufwändigen Platzierung an weichem und verletzlichem Gewebe tief in der Wundhöhle keine Redondrainage in Gelenke, Weichteile und Knochen über einen gesonderten Zugang - ggfs. einschließlich Spülung - darstellt. Da die GOÄ für derartige Drainagen keine gesonderte Abrechnungsziffer enthält und die Leistung mit der Anlage von proximalen Spül- und Saugdrainagen gem. Ziff. 2023 vergleichbar ist, erscheint die vom Kläger vorgenommene Analogberechnung gem. § 6 Abs. 2 GOÄ berechtigt.

IV.

Hinsichtlich der zweiten Operation vom 09.09.2003 ist davon auszugehen, dass Zielleistung die Entfernung eine zentralen Lungentumors mit mediastinalen Absiedlungen und nicht die. Entfernung eines Mediastinaltumors war.

Der Sachverständige hat zu Recht auf den Operationsbericht vom 09.09.2003 verwiesen, wonach sich intraoperativ ein zentral sitzendes Adeno-Carcinom gefunden habe, das seinen Ursprung im rechten Oberlappenbronchus aus genommen habe und zu einer Infiltration der Lungenwurzel einschließlich der oberen Hohlvene geführt gehabt habe. Es sei eine erweiterte Pneumonektomie rechts durchgeführt und zusätzlich eine ausgedehnte Lymphadenektomie des gesamten Mediastinums vorgenommen worden. Dasselbe ergibt sich auch aus dem mit dem Schriftsatz vom 13.09.2006 vorn Kläger eingereichten Arztbrief vom 08.04.2004, in dem als Diagnose "zentralsitzendes bronchiales Adeno-Carcinom des rechten Oberlappenbronchus" aufgeführt ist.

Auch wenn in der Rechnung des Klägers (An!. K 1) als Diagnose "Unklarer Mediastinaltumor" genannt wird, hat die Beklagte keine konkreten Umstände dafür dargetan, dass die im Operationsbericht vom 09.09.2003 (Anl. K 2) und dem Arztbrief vom 08.04.2004 genannten Diagnosen unrichtig waren. Es handelt sich auch nicht um einen "völlig neuen Sachverhalt", wie die Beklagte meint. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es in der Rechnung ausdrücklich "unklarer" Mediastinaltumor heißt, was deutlich macht, dass bei der präoperativen Diagnose überhaupt nicht klar war, wo genau sich der zu operierende Tumor befindet und welche Ausdehnung er hat. Von daher folgt das Gericht der Auffassung der Beklagten nicht, dass nur die Ziff. 3011 (Entfernung eines Mediastinaltumors, transpleural oder transsternal) bzw. die Ziff. 2999 (Pneumonektomie mit intraperikardialer Gefäßversorgung und/oder Ausräumung mediastinaler Lymphknoten) abgerechnet werden kann.

Zu den streitigen Positionen im Einzelnen:

1. GOÄ-Ziffer 5
Für die Operation vom 09.09.2003 ist der Kläger nicht berechtigt, eine symptombezogene Untersuchung abzurechnen, da sich nach dem Gutachten des Sachverständigen weder im Operationsbericht noch in der ihm überlassenen Krankenakte ein Hinweis darauf befindet. Der Kläger hat nicht konkret dargetan, wann diese Untersuchung stattgefunden haben soll und warum diese in der Patientenakte nicht erscheint. Die Rechnung des Klägers ist daher um € 10,72 zu kürzen.

2. GOÄ-Ziffer 2975
Der Kläger ist berechtigt, die Dekortikation der Lunge (liff. 2975) gesondert abzurechnen. Der Sachverständige hat hierzu erklärt, dass mit Dekortikation die Ablösung einer Schwarte bezeichnet werde. Unter bestimmten Umständen könne es aufgrund entzündlicher Reaktionen des Brustfells zu starken Verwachsungen zwischen dem Lungenfell (Pleura visceralis) und dem Rippenfell (Pleura parietafis) kommen. Häufigste Ursache für solche Verwachsungen seien frühere Lungenentzündungen, die Ausschwitzungen von Blutbestandteilen wie Fibrin bedingten, die sich später zu festen bindegewebigen Schwarten umwandeln könnten.

Das Gericht folgt dem Sachverständigen darin, dass derartige Verklebungen bzw. Verschwartungen der Lunge, die nach dem Operationsbericht des Klägers extrem mühsam ausgedehnt abgelöst werden mussten, keineswegs generell anzutreffen sind. Damit handelte es sich nicht um einen methodisch notwendigen Zwischenschritt zur Entfernung des Lungentumors, auch wenn die Dekortikation der Lunge medizinisch notwendig war, um eine Operation an dem vermeintlichen Krankheitsherd vorzunehmen.

3. GOÄ-Ziffer 2580
Die vom Kläger vorgenommene ausgedehnte Neurolyse bzw. Resektion des Nervus phrenicus ist als Freilegung und Durchtrennung oder Exhairese eines Nerven gem. Ziff. 2580 gesondert abrechenbar. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass der Nervus phrenicus bei größeren, zentral sitzenden Tumoren zwar in das Krankheitsgeschehen einbezogen sein kann, es sich dabei aber um eine Situation handelt, die keinesfalls bei jeglicher Operation dieser Art anfällt. Angesichts dessen handelte es sich wiederum um eine zwar medizinisch, aber nicht methodisch notwendige Leistung.

4. GOÄ-Ziffer 2802 (5x)
Auch die im Zuge der Operation vom Kläger vorgenommene Dissektion der Vena cava superior, der Vena anonyma, des Aortenbogens von intraperikardial kommend und des Truncus brachiocephalicus wegen postpneumonischer Schwartenbildung ist als Freilegung und / oder Unterbindung eines Blutgefäßes in der Brust- oder Bauchhöhle als selbständige Leistung (Pneumonektomie) im Sinne der Ziff. 2802 selbständig abrechenbar. Allerdings konnte der Kläger di.e Leistung nur insgesamt 4 x abrechnen.

Der Sachverständige hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass die Infiltration der oberen Hohlvene (Vena cava superior) durch den Tumor im Bereich des rechten Oberlappens nur in 2 -5 % der Fälle bei ähnlich gelagerten Operationen zu rechnen ist, so dass es sich nicht um eine methodisch notwendige Leistung handelte. Entsprechendes gilt auch für die Dissektion der Vena anonyma, wobei sich das Gericht dem Sachverständigen darin anschließt, dass die Dissektion nur einmal berechnet werden kann, weil es nur eine Vena anonyma gibt und eine gesonderte Lokalisation wie links und rechts nicht abrechenbar ist. Daher ist die Rechnung des Klägers um € 226,45 zu kürzen.

Die Dissektion des Aortenbogens ist ebenfalls nicht als methodisch notwendige Leistung anzusehen, weil diese nicht im Regelfall, sondern nur bei sehr fortgeschrittenen Tumoren des Oberlappens anfällt. Schließlich ist dem Sachverständigen auch darin zu folgen, dass es sich bei der Dissektion des Truncus brachiocephalicus wegen postpneumonischer Schwartenbildung nicht um eine üblicherweise bei der Zielleistung zu erbringende Leistung handelt.

5. GOÄ-Ziffer 3126
Der Kläger war berechtigt, die komplette Dissektion des thoraklen Ösophagus bei adhärenten Lymphknotenpaketen als intrathorakaler Eingriff am Ösophagus gem. Ziff. 3126 gesondert abzurechnen.

Das Gericht folgt dem Sachverständigen darin, dass diese Leistung nicht bei jeder Operation der betreffenden Art anfällt, da die Metastasierung sowohl in Richtung auf die Trachea als auch zum Abflussgebiet des Ösophagus bzw. der paraösophagealen Lymphbahnen nur bei fortgeschrittenen Lungentumoren vorkommt.

6. GOÄ-Ziffer 3001
Die Mitnahme einer Trachealmanschette und Absetzen des Tracheobronchialwinkels erfüllt die Leistungslegende der Ziff. 3001 (Thorakale Eingriffe am Tracheobronchialsystem wie Resektion und / oder Anastomose und / oder Versteifung und / oder plastischer Ersatz). Die gesonderte Abrechenbarkeit folgt daraus, dass der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen wegen der Infiltration des gesamten Hilus der Lunge nicht wie gewöhnlich bei deiner Pneumonektomie die Lunge am Hauptbronchus absetzen konnte, sondern aufgrund der Tumorbedingungen einen Absetzungsrand weiter proximal wählen musste, bei dem er die Trachea mit in die Absetzung einbezog. Dieser operative Schritt war zwar medizinisch notwendig, fällt aber nach Aussage des Sachverständigen keineswegs bei jeder Operation an, die unter der Zielleistung Pneumonektomie durchgeführt wird.

7. GOÄ-Ziffer 2802
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelte es sich bei der radikulären Absetzung der Vena azygos aufgrund ihrer Tumorinfiltration nicht um eine nicht gesondert abrechenbare allgemeine präparatorische Maßnahme. Die Leistungslegende der Ziffer, Freilegung und / oder Unterbindung eines Blutgefäßes als selbständige Leistung ist erfüllt. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Tumorbefall der Vena azygos, der die radikuläre Absetzung erforderlich machte, kein methodisch notwendiger Bestandteil der später zu erbringenden Zielleistung Pneumonektomie gewesen sei.

8. GOÄ-Ziffer 2583 (2x)
Zweifach selbständig abrechenbar als Neurolyse als selbständige Leistung im Sinne der Ziff. 2583 war auch die Neurolyse des Nervus vagus sowie des Abgangs des Nervus recurrens aus dem Nervus vagus. Das Gericht folgt dem Sachverständigen darin, dass die Freilegung des Nervus vagus und des Abgangs des Nervus recurrens unter eigenständiger medizinischer Indikation erfolgte und nicht ein methodisch notwendiger Teilschritt der späteren Zielleistung Pneumonektomie war.

9. GOÄ-Ziffer 3011 (analog)
Die Abrechnung ist hinsichtlich der Thymektomie wegen Knotenbildung im Bereich des vorderen Mediastinums nicht in Ziff. 2993 (Thorakotomie mit Gewebsentnahme und intrathorakalen Präparationen) anstelle der vom Kläger geltend gemachten Ziff. 3011 (analog) zu ändern.

Das Gericht folgt dem Sachverständigen darin, dass die vom Kläger vorgenommene Entfernung der Thymusdrüse wegen einer Lymphknotenmetastase eines niedrig differenzierten Karzinoms dem Wortlaut der Ziff. 3011 (Entfernung eines Mediastinaltumors, transpleural oder transstemal) entspricht, so dass sich die Überlegungen der Beklagten zu den aus ihrer Sicht nicht vorliegenden Voraussetzungen für eine analoge Anwendung gem. § 6 Abs. 2 GOÄ erübrigen. Zudem hat die Beklagte nicht dargetan, dass und warum die Leistung der Legende der Ziff. 2993 unterfallen soll.

Die Thymektomie fällt auch nicht als methodisch notwendige Leistung regelhaft bei Operationen vergleichbarer Art an.

10. GOÄ-Ziffer 2404 (analog)
Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Kläger berechtigt, die multiple Probenexcision während der Operation aus dem Mediastinum zur Schnellschnittuntersuchung gem. Ziff. 2404 (analog) zu berechnen.

Die Probenexcision war nicht notwendiger methodischer Bestandteil einer anderen Leistung. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, dass derartige Probennahmen nicht bei jeder Operation dieser Art (Pneumonektomie) anfallen, weswegen es sich nicht um eine Hilfs- oder Begleitleistung der später zu erbringenden Zielleistung gehandelt habe. Auch handelt es sich nicht um eine Leistung, die lediglich eine abweichende Modalität gegenüber einer im Gebührenverzeichnis enthaltenen anderen Leistung darstellt. Die Leistung ist auch als vergleichbar mit der Leistungslegende der Ziff. 2404 (Excision einer größeren Geschwulst (z.B. Ganglion, Fasziengeschwulst, Lymphdrüse, Neurom) vergleichbar, da es die Thymusdrüse eine Lymphknotenmetastase eines niedrig differenzierten Karzinoms aufwies.

11. GOÄ-Ziffer 2396 (analog)
Die Implantation eines Perikard-Surgical-Patches als Perikardersatz war als Implantation eines Hautexpanders analog Ziff. 2396 gesondert abrechenbar. Das Verschließen des eröffneten Perikards durch einen Kunststoffflicken (Patch) stellt nach dem Gutachten keinen Eingriff dar, der bei jeder Operation der betreffenden Art anfällt. Das Gericht teilt auch nicht die Auffassung der Beklagten, dass die Leistung bereits in der Leistungslegende der ebenfalls abgerechneten Ziff. 2999 (Pneumonektomie mit intraperikardialer Gefäßversorgung und / oder Ausräumung mediastinaler Lymphknoten) enthalten Ist, da es sich bei der Implantation über die Gefäßversorgung hinaus um eine Rekonstruktionsmaßnahme handelte. Von der Ziff. 3065 wird diese Leistung ebenfalls nicht erfasst, da diese nur die Perikardresektion beinhaltet. Die Implantation Perikard-Surgical-Patches als Perikardersatz und die Implantation eines Hautexpanders erscheinen vom Schwierigkeitsgrad her gleichwertig, was die analoge Anwendung der Ziff. 2396 rechtfertigt.

V.

Bezüglich der streitigen weiteren Rechnungspositionen gilt folgendes:

1. GOÄ-Zlffer 60 (82x)
Die Ziff. 60 für Konsilien kann der Kläger nur 7x abrechnen, und zwar für den 27.08. die präoperative und für den 09.09. die postoperative Besprechung mit dem Anästhesisten sowie am 10.09.,11.09.,12.09.,13.09. und 14.09. (jeweils 1x) mit dem Intensivmediziner. Hinsichtlich der oben genannten Tage sieht das Gericht die Abhaltung von konsiliarischen Erörterungen im Gegensatz zu einer bloßen Visite als belegt an.

Aus den eingereichten Dokumentationen über die intensivmedizinische Behandlung ergeben sich darüber hinaus keine weiteren Anhaltspunkte für Konsilien unter Beteiligung des Klägers. Gesonderte Konsiliarprotokolle hat der Kläger nach eigenem Vortrag nicht angefertigt. Das Gericht hat davon abgesehen, die vom Kläger benannten Zeugen für die zweimal täglich erfolgte Abhaltung von Konsilien im Zeitraum 10.09. - 19.10.2003 zu vernehmen, da der Kläger nicht dazu vorgetragen hat, wann diese jeweils stattgefunden haben sollen und was Inhalt der konsiliarischen Erörterungen war. Die Beweisaufnahme hätte daher zu einer unzulässigen Ausforschung geführt. Wenn der Kläger über die Konsilien keine Protokolle führt und daher zu diesen Punkten nicht genauer vortragen kann, geht dies Im Ergebnis zu seinen Lasten.

Die Rechnung des Klägers ist daher um € 1.206,75 (75 x € 16,09) zu kürzen.

2. GOÄ-Ziffer 2007 (analog) (3x)
Die Entfernung des Dauerkatheters am 29.08.2003, des zentralen Venenkatheters (ZVK) am 22.10.2003 und von Fäden und Klammem am 07.09.2003 konnte der Kläger nicht jeweils analog Ziff. 2007 (Entfernung von Fäden und Klammem) abrechnen.
Der Kläger Ist beweisfällig für seine Behauptung geblieben, dass er die betreffenden Leistungen selbst ausgeführt hat und dies nicht durch das Pflegepersonal erfolgt ist. Von daher kann dahinstehen, ob die Leistungen grundsätzlich analog Ziff. 2007 :abzurechnen gewesen wären und ob es sich um methodisch notwendige Teilleistungen der Zielleistungen (Thorakotomie und Pneumonektonomie) handelte.

Die Rechnung des Klägers ist daher um weitere € 16,08 zu kürzen.

VI.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich mit der Zahlung des ärztlichen Honorars aufgrund der von der privaten Krankenversicherung des Ehemanns der Beklagten mit Schreiben vom 24.03.2005 erklärten Ablehnung, weitere Zahlungen zu leisten, ab dem 25.03.2005 im Verzug da sie den Kläger bzw. dessen Abrechnungsbüro an die private Krankenversicherung verwiesen hatte.

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 11, 709 S. 1 und 2, 711 ZPO zu entnehmen.

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