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13.09.2007 · IWW-Abrufnummer 072899

Amtsgericht Witten: Urteil vom 16.08.2007 – 2 C 561/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


2 C 561/07
Verkündet am 16.08.2007

Amtsgericht Witten

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit XXX

hat das Amtsgericht Witten
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2007
durch den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 837,58 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2007 sowie 55,30 € an Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Vertretung zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

T a t b e s t a n d :

Am 05.03.2007 kam es in Witten im Kreuzungsbereich der Straßen Kohlensiepen und Flurstraße zu einem Verkehrsunfall, bei dem der PKW des Klägers, amtliches Kennzeichen ..., erheblich beschädigt wurde. Allein schuldhaft und zurechenbar verursacht wurde der Unfall vom Versicherungsnehmer der Beklagten mit dessen PKW, amtliches Kennzeichen .... Die Reparaturkosten am klägerischen Fahrzeug beliefen sich auf 2487,58 €, der Wiederbeschaffungswert belief sich auf 2100,00 €, darüber hinaus ist zwischen den Parteien streitig, ob der Restwert sich lediglich auf 400,00 € oder auf 450,00 € belief. Unstreitig ließ der Kläger seinen PKW sach- und fachgerecht sowie vollständig reparieren. Außergerichtlich leistete die Beklagte zum Schadensausgleich lediglich einen Betrag in Höhe von 1650,00 €.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 837,58 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2007 sowie 55,30 € an Kosten der außergerichtlichen anwaltlichen Vertretung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, auch unter Berücksichtigung der sogenannten 130%-Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs sei sie erst nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Unfallereignis verpflichtet, auch im Falle der vollständigen Reparatur, die Reparaturkosten zu entrichten, da erst nach Ablauf dieser Frist das Integritätsinteresse des Klägers nachgewiesen sei.

Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 7 StVG, 3 Nr. 1 PflichtVersG einen Anspruch auf Zahlung von noch 837,58 € im Zusammenhang mit dem streitbefangenen Unfallereignis.

Vorliegend hat die Beklagte dem Kläger als Pflichtversicherung des Kraftfahrzeuges ihres Versicherungsnehmers unstreitig vollständig den Schaden zu ersetzen, der ihm durch das Unfallereignis entstanden ist. Der Sachschaden am klägerischen Fahrzeug beläuft sich auf insgesamt 2487,58 €. Im Rahmen des § 249 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie vor dem schädigenden Ereignis. Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass am klägerischen Fahrzeug ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, da die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigen. Die Reparaturkosten belaufen sich auf den vorgenannten Betrag, der Wiederbeschaffungsaufwand beträgt lediglich 1700,00 € bzw. 1650,00 €. Vorliegend ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger sein Fahrzeug unstreitig nicht nur fachgerecht, sondern auch vollständig hat reparieren lassen. Hierdurch hat der Kläger sein anzuerkennendes Integritätsinteresse bekundet, wodurch er Anspruch auf Erstattung der vollständigen erforderlichen Reparaturkosten hat. In der Rechtssprechung ist soweit unzweifelhaft anerkannt, dass die Erstattung der Reparaturkosten nicht nur bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes zu erfolgen hat, sondern darüber hinaus in den Fällen des wirtschaftlichen Totalschadens bis zu einer Grenze von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes (OLG Köln, VersR 1991, Seite 323).

Soweit die Beklagte insoweit einwendet, der Kläger habe sein Fahrzeug nicht nur vollständig und fachgerecht reparieren lassen müssen, er müsse darüber hinaus auch noch seinen Nutzungswillen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten dokumentieren, so verkennt die Beklagte insoweit den Inhalt der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs. Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung NJW 2006, Seite 2179, ausgeführt hat, dass der Geschädigte sein Fahrzeug mindestens 6 Monate nach dem Unfall weiter nutzen muss, so ist daraus nicht abzuleiten, dass das im Rahmen der Rechtssprechung erforderliche Integritätsinteresse erst nach Ablauf dieser Frist anzuerkennen ist. In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich klargestellt, dass selbst in den Fällen, in denen der Geschädigte sein Fahrzeug nicht sach- und fachgerecht reparieren lässt, er sein Integritätsinteresse auch dadurch dokumentieren kann, dass er das Fahrzeug über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten weiterhin nutzt. In den Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine sach- und fachgerechte Reparatur tatsächlich durchgeführt wird, dokumentiert der Geschädigte gerade dieses Integritätsinteresse bereits viel früher, indem er aus eigenen Mitteln sein Fahrzeug instand setzen lässt. Wollte man zur Anerkennung des Integritätsinteresses neben der vollständigen und fachgerechten Reparatur des geschädigten Fahrzeugs auch noch eine sechsmonatige Nutzungsdauer fordern, so bedeutete dies für den Geschädigten, dass er über den vorgenannten Zeitraum zugunsten des Schädigers mit den Reparaturkosten vollständig in Vorleistung treten müsste, der Schädiger mithin ein zinsloses Darlehen des Geschädigten für den vorgenannten Zeitraum erhielt. Dieses ist mit den Grundsätzen des Schadensrechtes nicht ansatzweise vereinbar.

Das sich der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges auf 2100,00 € beläuft, liegen die Reparaturkosten mit 2487,58 € innerhalb der Toleranzgrenze von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes.

Der Kläger hat zudem noch Anspruch auf Zahlung von 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den titulierten Betrag seit dem 05.04.2007, gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 BGB. Die Zinshöhe folgt aus § 288 Abs. 1 BGB. Infolge des Schreibens vom 26.03. unter Fristsetzung zum 04.04.2007 befindet sich die Beklagte seit dem 05.04.2007 in Verzug.

Letztlich hat der Kläger noch Anspruch auf Zahlung von 55,30 € außergerichtlicher Anwaltskosten gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Im Rahmen der außergerichtlichen Interessenwahrnehmung hatte der Kläger bereits einen Prozessbevollmächtigten beauftragt, ausgehend von einem Gegenstandswert von 1063,98 € hat der Kläger die anwaltlichen Kosten in Höhe von insgesamt 155,30 € zutreffend berechnet, darauf hat die Beklagte lediglich 100,00 € gezahlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 837,58 € festgesetzt.

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