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17.08.2007 · IWW-Abrufnummer 072649

Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 07.03.2007 – 20 U 132/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


20 U 132/06

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 30.05.2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages erbringt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Architekt. Er nimmt die Beklagte aus einer Berufshaftpflichtversicherung in Anspruch, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Berufshaftpflicht von Architekten, Bauingenieuren und beratenden Ingenieuren (BBR) zugrunde liegen.

Im Herbst 2002 erhielt der Kläger von der Fa. S in I2 den Auftrag, für diese eine neue Industriehalle zu erstellen. Dabei bestand die Problematik, dass die Halle einerseits als Hochregallager genutzt werden sollte, was eine gewisse Mindesthöhe voraussetzt, andererseits jedoch eine Hochspannungsleitung über das Grundstück verlief, so dass das Gebäude eine bestimmte Höhe nicht überschreiten durfte. Um diesen Anforderungen seines Auftraggebers gerecht zu werden plante der Kläger ein nahezu flaches Dach, das auf einer Länge von 18 m lediglich ein Gefälle von 14 cm aufwies (Dachneigung 0,45° = 0,77%). Querstöße enthält das Dach nicht. Es besteht aus großflächigen Profilen, die ohne Stoß über die gesamte Fläche laufen. Eine Tropfkante oder eine besondere Abdichtung des Daches sah der Kläger nicht vor. Er schrieb lediglich eine Vliesbandbeschichtung (Kondensatbremse) an der Unterseite der Trapezbleche vor, um eine Schwitzwasserbildung zu vermeiden.

Nach Abschluss der Planungen schrieb der Kläger die notwendigen Arbeiten, darunter "1.005 qm unter 1 Grad geneigte Dachfläche auf vorhandener Stahlkonstruktion mit Trapezblech eindecken", aus und erteilte unter dem 19.05.2003 der Fa. T u.a. den Auftrag, das Dach zu errichten. Diese wies den Kläger mit Schreiben vom 21.05.2003 darauf hin, dass die Dachneigung nicht den "gültigen Vorschriften" entspreche. Eine absolute Dichtigkeit des Daches könne daher nicht gewährleistet werden.

Nach Fertigstellung und Vermietung der Halle stellte die Fa. S an mehreren Stellen Undichtigkeiten fest. Sie leitete deshalb am 17.01.2005 ein Beweissicherungsverfahren gegen die Fa. T und den Kläger ein (5 OH 6/05 LG Hagen). Der beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. I stellte fest, dass sich das Regenwasser wegen der geringen Dachneigung im Traufbereich staut und von dort in das Innere der Halle eindringt. Die Verantwortung für den Gesamtschaden sei zu 43% der Fa. T und zu 57% dem Kläger anzulasten (bzgl. der unzureichenden Dachneigung zu 20% der Fa. T und zu 80% dem Kläger). Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen. Zwischenzeitlich nimmt die Fa. T die ausführende Firma und den Beklagten wegen der Mängel auf Zahlung von 32.700,00 € in Anspruch (LG Hagen 9 O 230/06).

Der Kläger meldete den Schadensfall bei der Beklagten an und begehrte Versicherungsschutz, den die Beklagte mit Schreiben vom 27.01.2005 und vom 08.04.2005 ablehnte. Sie verwies darin auf die DIN 18807 hin, nach der die Ausführung eines Daches mit weniger als 3° (= 5%) zwar möglich sei. In einem solchen Fall müsse das Dach jedoch unterhalb der Metalldachdeckung abgedichtet werden, was nicht geschehen sei, so dass ein bewusster Pflichtenverstoß vorliege.

Der Kläger hat behauptet, dass er sich bei der Planung des Daches mit der Fachbaufirma I3, mit der er zuvor schon mehrere Hallen gebaut hatte, in Verbindung gesetzt habe, die keine Bedenken gegen die geringe Dachneigung erhoben habe. Auch die beauftragten Firmen hätten zunächst keine Einwände angemeldet. Als die Fa. T dann später darauf hingewiesen habe, dass die Dachneigung nicht den gültigen Vorschriften entspreche, sei eine Änderung der Stahlkonstruktion nicht mehr möglich gewesen, da sie bereits am 23.5.2003 - also zwei Tage später - fertig gestellt worden sei. Durch einen Rückbau der Stahlkonstruktion wäre ein erheblich höherer Schaden entstanden, als z.B. durch eine Abdichtung mit einem Sandwichdach, wie es jetzt von dem Bauherrn angedacht werde.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass kein bewusster Pflichtenverstoß vorliege. Er gehe nach wie vor davon aus, dass er das Dach ohne Dachneigung habe ausführen dürfen. Der Ausschluss greife daher nicht ein, weshalb er einen Anspruch auf Versicherungsschutz habe. Darüber hinaus müsse ihm die Beklagte die vorprozessualen Anwaltskosten ersetzen.

Der Kläger hat beantragt,

1.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm hinsichtlich des zum Aktenzeichen der Beklagten -#### - S ./. L - angelegten Schadenfalls Versicherungsleistungen nach Maßgabe des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Architekten-Haftpflichtversicherungsvertrag Nr. ####2 zu gewähren.

2.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.737,80 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass der Kläger bei der Planung des Daches bewusst von der Montagerichtlinie des IFBS und der DIN 18807 abgewichen sei. Nach diesen Vorschriften habe das Dach mindestens mit einer Neigung von 3° (= 5%) geplant werden müssen. Spätestens als er von der Fa. T darauf hingewiesen wurde, dass die Dachneigung nicht den gültigen Vorschriften entspreche, sei dem Kläger dies auch bewusst gewesen. Selbst wenn eine geringere Dachneigung nach den einschlägigen Vorschriften zulässig sei, habe der Kläger zumindest eine besondere Abdichtung des Daches und eine Tropfkante einplanen müssen. Dies habe der Kläger auch gewusst, da es sich eindeutig aus der DIN 18807 ergebe, auf die in der Montagerichtlinie verwiesen werde. Der Kläger habe daher bei der Ausführung des von ihm geplanten Daches zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versicherungsschutz, denn dieser sei gem. A IV Nr. 8 BBR ausgeschlossen. Der Kläger habe den Schadensfall durch ein bewusst pflichtwidriges Verhalten verursacht. Die Beklagte sei daher auch nicht verpflichtet, die anteiligen vorprozessualen Anwaltskosten zu ersetzen.

Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass durch die geringe Dachneigung die Gefahr des Feuchtigkeitseintritts bestanden habe, da er in dem Schreiben der Fa. T vom 21.5.2003 ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei. Er habe es dann in der Folgezeit unterlassen, Maßnahmen gegen das Eindringen von Feuchtigkeit zu treffen, obwohl er deren Notwendigkeit als bauplanender und bauleitender Architekt erkannt habe.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er sich bewusst pflichtwidrig verhalten habe. Richtig sei vielmehr, dass er sich bei der Planung nach allen Seiten abgesichert habe. Die Stahlkonstruktion sei bereits vollständig fertig gestellt gewesen, als er am 21.05.2003 den Hinweis von der Fa. T erhielt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Landgericht sei zu Recht von einer bewussten Pflichtwidrigkeit des Klägers ausgegangen. Der Kläger habe bei der Planung des Daches gegen die einschlägigen Vorschriften verstoßen, nach denen eine Neigung von mindestens 3° (= 5%) erforderlich sei. Darüber hinaus habe der Kläger bewusst den Hinweis der Fa. T ignoriert. Auch seien ihm Überwachungsfehler anzulasten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat den Kläger persönlich angehört und zur Frage der Pflichtwidrigkeit Beweis durch Vernehmung des Sachverständigen Dipl.-Ing. I erhoben. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 14.02.007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte. Der grds. aus §§ 5 Nr. 1, 3 Nr. 2 AHB, Ziff. 1 Nr. 1 BBR folgende Deckungsanspruch wird durch die Pflichtwidrigkeitsklausel in A IV Nr. 8 der vereinbarten BBR ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung sind Ansprüche wegen Schäden, die der Versicherungsnehmer oder ein Mitversicherter durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht hat, nicht versichert.

1.) Die Pflichtwidrigkeitsklausel in A IV Nr. 8 BBR, die die Vorschrift des § 152 VVG modifiziert, ist wirksam. Die Regelung benachteiligt die betroffenen Versicherungsnehmer nicht unangemessen, denn dem wesentlichen Gehalt von § 152 VVG wird ausreichend Rechnung getragen (BGH, VersR 1991, 176).

2.) Der Kläger hat den Schaden durch ein bewusst pflichtwidriges Verhalten verursacht. Ein solches liegt vor, wenn der Versicherte seine Pflichten, die sich auch aus den allgemein anerkannten der Technik ergeben können (OLG Karlsruhe VersR 2004, 505), wissentlich verletzt. In Abweichung von § 152 VVG ist also nicht erforderlich, dass der Versicherte mit (zumindest bedingtem) Vorsatz in Bezug auf den Schaden handelt, sondern es genügt ein wissentlicher Verstoß. Der Ausschluss greift demnach auch ein, wenn ein bewusster Pflichtenverstoß vorliegt, der Versicherte aber davon überzeugt war, durch sein Handeln würde kein Schaden entstehen, er also ohne Schädigungsvorsatz gehandelt hat (BGH, VersR 1987, 174; VersR 1991, 176; Senat, VersR 1978, 52; NJW-RR 1993, 1503). Voraussetzung des - vom Versicherer zu beweisenden - Ausschlusstatbestandes ist aber stets, dass der Versicherte die Pflichten positiv gekannt, insbesondere auch, dass er sie zutreffend gesehen hat. Bewusst bedeutet also nicht dasselbe wie vorsätzlich. Ein bedingtes Bewusstsein in der Form einer billigenden Inkaufnahme, dass ein Verhalten pflichtwidrig sein könnte, unterfällt nicht dem Ausschlusstatbestand. Vielmehr muss er bewusst gegen ihn treffende Pflichten verstoßen haben, was sowohl deren Kenntnis als auch das Wissen, wie er sich pflichtgemäß hätte verhalten müssen, voraussetzt (OLG Frankfurt, NVersZ 2000, 439; LG Dresden, r+s 2005, 329, 331). Der Versicherer hat dabei darzulegen - und notfalls auch zu beweisen -, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen. Wusste der Versicherungsnehmer gar nicht, was er hätte tun oder unterlassen müssen, um dem Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens zu entgehen, so kommt ein bewusster Verstoß nicht in Betracht. Nur wenn ein Versicherungsnehmer bewusst verbindliche Handlungs- oder Unterlassungsanweisungen nicht beachtet hat, mit denen ihm ein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben worden ist, muss er sich den Ausschluss entgegenhalten lassen (BGH, VersR 1987, 174; OLG Karlsruhe, VersR 2004, 505).

a) Die vom Kläger geplante Dachneigung von lediglich 0,45° (= 0,77%) stellt einen objektiven Pflichtenverstoß dar. Dies folgt aus den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. I, denen der Senat folgt. Danach ist bei Dachdeckungen (im Gegensatz zu Dachabdichtungen) mit Trapezprofilblechen - wie vorliegend - eine Mindestdachneigung erforderlich, damit die Dichtigkeit des Daches gewährleistet ist. Die vom Industrieverband für Baussysteme im Metallleichtbau (IFBS) herausgegebene "Richtlinie für die Planung und Ausführung einschaliger ungedämmter Stahltrapezprofildächer" enthält konkrete Angaben zu den Mindestdachneigungen. Nach dieser wäre im vorliegenden Fall eine Neigung von wenigstens 3° (= 5%) erforderlich gewesen. Diese Mindestdachneigung ergibt sich auch aus anderen Regelwerken, die der Sachverständige im Einzelnen benannt hat (vgl. Gutachten, S. 17 ff.). Letztlich kommt es auf diese Regelwerke jedoch nicht entscheidend an. Denn der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass der Kläger - wegen der minimalen Dachneigung - im Grunde ein Flachdach geplant hat, das nach den allgemein anerkannten Regel der Technik einer - zusätzlichen - Abdichtung bedarf, was allein durch die Verwendung von Trapezprofilblechen nicht erfolgen kann.

bb.) Der Senat ist nach § 286 ZPO davon überzeugt, dass der Pflichtenverstoß auch bewusst im Sinne der vorstehenden Ausführungen erfolgte. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger die einschlägigen Regelwerke kannte, aus denen sich die erforderliche Mindestdachneigung von 3° (= 5%) ergibt. Selbst wenn ihm, wie er behauptet, nur die ebenfalls vom IFBS herausgegebene "Richtlinie für die Montage von Stahlprofiltafeln für Dach-, Wand- und Deckenkonstruktionen" (Montagerichtlinie), bekannt war, handelt es sich um einen bewussten Pflichtenverstoß.

Der Kläger verstieß wissentlich gegen eine Berufspflicht, als er im Grunde ein Flachdach plante, ohne eine Abdichtung, die die Dichtigkeit des Daches gewährleistet hätte, vorzusehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger wusste, dass die vorgesehene Dachneigung bei Verwendung von Trapezprofilblechen vollkommen unzureichend war, die Dichtigkeit des Daches sicherzustellen und er bei dieser Dachneigung eine zusätzliche Abdichtung hätte vorsehen müssen. Die Beklagte kann sich beim Nachweis der subjektiven Seite des Tatbestandes ("bewusst") allerdings nicht auf die Regeln über den Anscheinsbeweis stützen. Es gibt keinen Satz der Lebenserfahrung, dass jedermann in Fällen der vorliegenden Art das Bewusstsein eines Pflichtenverstoßes hat. Auch gibt es bei einem in der geistigen Individualsphäre gesteuerten Vorgang keine Erfahrungssätze im Sinne eines typischen Geschehensablaufes. Zulässig ist es aber, indizielle Umstände heranzuziehen und im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO vom äußeren Geschehensablauf oder vom Ausmaß des objektiven Pflichtenverstoßes auf innere Vorgänge zu schließen. Der objektive Verstoß gegen eine Berufspflicht lässt z. B. den Schluss auf ein wissentliches Handeln zu, wenn die verletzte Regel zum Primitiv- oder Elementarwissen eines Architekten gehört (OLG Köln, VersR 1990, 193; VersR 1997, 1345; VersR 1994, 339; OLG Saarbrücken, VersR 1992, 994; VersR 1993, 85; Schmalz/Krause-Allenstein, Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und Bauunternehmers, 2. Aufl. 2006, Rn. 597; Voit/Knappmann, in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl. 2004, Arch.-Haftpfl., Rn. 30). Die objektive Pflichtwidrigkeit der Planung (s. o.) stellt im vorliegenden Fall das entscheidende Indiz für den bewussten Pflichtenverstoß des Klägers dar, aus dem der Senat das erforderliche Bewusstsein des Klägers herleiten kann. Denn der Sachverständige hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass es zu den Grundkenntnissen eines Architekten gehört, bei einer Dachdeckung mit Trapezprofilblechen entweder eine bestimmte Mindestdachneigung oder - wenn die geplante Dachneigung sich der eines Flachdaches nähert, wie vorliegend - eine zusätzliche Abdichtung vorzusehen. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, er habe sich bei der Planung an der Montagerichtlinie des IFBS orientiert. Nach dieser ist zwar bei Trapezprofildächern ohne Querstoß eine Dachneigung von weniger als 3° (= 5%) zulässig und es wird lediglich auf Teil 3 der DIN 18 807 verwiesen, wonach Dachflächen ein durchgehendes Gefälle bis zum Wasserablauf aufweisen sollen. Nur Dachflächen ohne Gefälle erforderten besondere Maßnahmen. Der Sachverständige hat aber nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die Richtlinie nur für Unterkonstruktionen gilt und gerade nicht für Dächer wie das vorliegende, bei denen die Dachdeckung selbst aus Trapezprofilblechen besteht. Darüber hinaus erforderte das vorliegend geplante Dach, weil es einem Dach ohne Gefälle gleichzustellen ist, besondere Maßnahmen, nämlich eine zusätzliche Abdichtung. Letzteres ist Grundwissen, von dem der Senat überzeugt ist, dass es auch der hocherfahrene Kläger hatte.

3.) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der vorprozessualen Anwaltskosten, denn die Beklagte war nicht verpflichtet, ihm Versicherungsschutz zu gewähren und ist daher nicht in Verzug geraten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Kläger hat beantragt,

1.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm hinsichtlich des zum Aktenzeichen der Beklagten -#### - S ./. L - angelegten Schadenfalls Versicherungsleistungen nach Maßgabe des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Architekten-Haftpflichtversicherungsvertrag Nr. ####2 zu gewähren.

2.) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.737,80 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, dass der Kläger bei der Planung des Daches bewusst von der Montagerichtlinie des IFBS und der DIN 18807 abgewichen sei. Nach diesen Vorschriften habe das Dach mindestens mit einer Neigung von 3° (= 5%) geplant werden müssen. Spätestens als er von der Fa. T darauf hingewiesen wurde, dass die Dachneigung nicht den gültigen Vorschriften entspreche, sei dem Kläger dies auch bewusst gewesen. Selbst wenn eine geringere Dachneigung nach den einschlägigen Vorschriften zulässig sei, habe der Kläger zumindest eine besondere Abdichtung des Daches und eine Tropfkante einplanen müssen. Dies habe der Kläger auch gewusst, da es sich eindeutig aus der DIN 18807 ergebe, auf die in der Montagerichtlinie verwiesen werde. Der Kläger habe daher bei der Ausführung des von ihm geplanten Daches zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versicherungsschutz, denn dieser sei gem. A IV Nr. 8 BBR ausgeschlossen. Der Kläger habe den Schadensfall durch ein bewusst pflichtwidriges Verhalten verursacht. Die Beklagte sei daher auch nicht verpflichtet, die anteiligen vorprozessualen Anwaltskosten zu ersetzen.

Dem Kläger sei bewusst gewesen, dass durch die geringe Dachneigung die Gefahr des Feuchtigkeitseintritts bestanden habe, da er in dem Schreiben der Fa. T vom 21.5.2003 ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei. Er habe es dann in der Folgezeit unterlassen, Maßnahmen gegen das Eindringen von Feuchtigkeit zu treffen, obwohl er deren Notwendigkeit als bauplanender und bauleitender Architekt erkannt habe.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er sich bewusst pflichtwidrig verhalten habe. Richtig sei vielmehr, dass er sich bei der Planung nach allen Seiten abgesichert habe. Die Stahlkonstruktion sei bereits vollständig fertig gestellt gewesen, als er am 21.05.2003 den Hinweis von der Fa. T erhielt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Das Landgericht sei zu Recht von einer bewussten Pflichtwidrigkeit des Klägers ausgegangen. Der Kläger habe bei der Planung des Daches gegen die einschlägigen Vorschriften verstoßen, nach denen eine Neigung von mindestens 3° (= 5%) erforderlich sei. Darüber hinaus habe der Kläger bewusst den Hinweis der Fa. T ignoriert. Auch seien ihm Überwachungsfehler anzulasten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat den Kläger persönlich angehört und zur Frage der Pflichtwidrigkeit Beweis durch Vernehmung des Sachverständigen Dipl.-Ing. I erhoben. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 14.02.007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Versicherungsschutz gegen die Beklagte. Der grds. aus §§ 5 Nr. 1, 3 Nr. 2 AHB, Ziff. 1 Nr. 1 BBR folgende Deckungsanspruch wird durch die Pflichtwidrigkeitsklausel in A IV Nr. 8 der vereinbarten BBR ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung sind Ansprüche wegen Schäden, die der Versicherungsnehmer oder ein Mitversicherter durch ein bewusst gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidriges Verhalten verursacht hat, nicht versichert.

1.) Die Pflichtwidrigkeitsklausel in A IV Nr. 8 BBR, die die Vorschrift des § 152 VVG modifiziert, ist wirksam. Die Regelung benachteiligt die betroffenen Versicherungsnehmer nicht unangemessen, denn dem wesentlichen Gehalt von § 152 VVG wird ausreichend Rechnung getragen (BGH, VersR 1991, 176).

2.) Der Kläger hat den Schaden durch ein bewusst pflichtwidriges Verhalten verursacht. Ein solches liegt vor, wenn der Versicherte seine Pflichten, die sich auch aus den allgemein anerkannten der Technik ergeben können (OLG Karlsruhe VersR 2004, 505), wissentlich verletzt. In Abweichung von § 152 VVG ist also nicht erforderlich, dass der Versicherte mit (zumindest bedingtem) Vorsatz in Bezug auf den Schaden handelt, sondern es genügt ein wissentlicher Verstoß. Der Ausschluss greift demnach auch ein, wenn ein bewusster Pflichtenverstoß vorliegt, der Versicherte aber davon überzeugt war, durch sein Handeln würde kein Schaden entstehen, er also ohne Schädigungsvorsatz gehandelt hat (BGH, VersR 1987, 174; VersR 1991, 176; Senat, VersR 1978, 52; NJW-RR 1993, 1503). Voraussetzung des - vom Versicherer zu beweisenden - Ausschlusstatbestandes ist aber stets, dass der Versicherte die Pflichten positiv gekannt, insbesondere auch, dass er sie zutreffend gesehen hat. Bewusst bedeutet also nicht dasselbe wie vorsätzlich. Ein bedingtes Bewusstsein in der Form einer billigenden Inkaufnahme, dass ein Verhalten pflichtwidrig sein könnte, unterfällt nicht dem Ausschlusstatbestand. Vielmehr muss er bewusst gegen ihn treffende Pflichten verstoßen haben, was sowohl deren Kenntnis als auch das Wissen, wie er sich pflichtgemäß hätte verhalten müssen, voraussetzt (OLG Frankfurt, NVersZ 2000, 439; LG Dresden, r+s 2005, 329, 331). Der Versicherer hat dabei darzulegen - und notfalls auch zu beweisen -, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen. Wusste der Versicherungsnehmer gar nicht, was er hätte tun oder unterlassen müssen, um dem Vorwurf pflichtwidrigen Verhaltens zu entgehen, so kommt ein bewusster Verstoß nicht in Betracht. Nur wenn ein Versicherungsnehmer bewusst verbindliche Handlungs- oder Unterlassungsanweisungen nicht beachtet hat, mit denen ihm ein bestimmtes Verhalten vorgeschrieben worden ist, muss er sich den Ausschluss entgegenhalten lassen (BGH, VersR 1987, 174; OLG Karlsruhe, VersR 2004, 505).

a) Die vom Kläger geplante Dachneigung von lediglich 0,45° (= 0,77%) stellt einen objektiven Pflichtenverstoß dar. Dies folgt aus den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. I, denen der Senat folgt. Danach ist bei Dachdeckungen (im Gegensatz zu Dachabdichtungen) mit Trapezprofilblechen - wie vorliegend - eine Mindestdachneigung erforderlich, damit die Dichtigkeit des Daches gewährleistet ist. Die vom Industrieverband für Baussysteme im Metallleichtbau (IFBS) herausgegebene "Richtlinie für die Planung und Ausführung einschaliger ungedämmter Stahltrapezprofildächer" enthält konkrete Angaben zu den Mindestdachneigungen. Nach dieser wäre im vorliegenden Fall eine Neigung von wenigstens 3° (= 5%) erforderlich gewesen. Diese Mindestdachneigung ergibt sich auch aus anderen Regelwerken, die der Sachverständige im Einzelnen benannt hat (vgl. Gutachten, S. 17 ff.). Letztlich kommt es auf diese Regelwerke jedoch nicht entscheidend an. Denn der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass der Kläger - wegen der minimalen Dachneigung - im Grunde ein Flachdach geplant hat, das nach den allgemein anerkannten Regel der Technik einer - zusätzlichen - Abdichtung bedarf, was allein durch die Verwendung von Trapezprofilblechen nicht erfolgen kann.

bb.) Der Senat ist nach § 286 ZPO davon überzeugt, dass der Pflichtenverstoß auch bewusst im Sinne der vorstehenden Ausführungen erfolgte. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger die einschlägigen Regelwerke kannte, aus denen sich die erforderliche Mindestdachneigung von 3° (= 5%) ergibt. Selbst wenn ihm, wie er behauptet, nur die ebenfalls vom IFBS herausgegebene "Richtlinie für die Montage von Stahlprofiltafeln für Dach-, Wand- und Deckenkonstruktionen" (Montagerichtlinie), bekannt war, handelt es sich um einen bewussten Pflichtenverstoß.

Der Kläger verstieß wissentlich gegen eine Berufspflicht, als er im Grunde ein Flachdach plante, ohne eine Abdichtung, die die Dichtigkeit des Daches gewährleistet hätte, vorzusehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger wusste, dass die vorgesehene Dachneigung bei Verwendung von Trapezprofilblechen vollkommen unzureichend war, die Dichtigkeit des Daches sicherzustellen und er bei dieser Dachneigung eine zusätzliche Abdichtung hätte vorsehen müssen. Die Beklagte kann sich beim Nachweis der subjektiven Seite des Tatbestandes ("bewusst") allerdings nicht auf die Regeln über den Anscheinsbeweis stützen. Es gibt keinen Satz der Lebenserfahrung, dass jedermann in Fällen der vorliegenden Art das Bewusstsein eines Pflichtenverstoßes hat. Auch gibt es bei einem in der geistigen Individualsphäre gesteuerten Vorgang keine Erfahrungssätze im Sinne eines typischen Geschehensablaufes. Zulässig ist es aber, indizielle Umstände heranzuziehen und im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO vom äußeren Geschehensablauf oder vom Ausmaß des objektiven Pflichtenverstoßes auf innere Vorgänge zu schließen. Der objektive Verstoß gegen eine Berufspflicht lässt z. B. den Schluss auf ein wissentliches Handeln zu, wenn die verletzte Regel zum Primitiv- oder Elementarwissen eines Architekten gehört (OLG Köln, VersR 1990, 193; VersR 1997, 1345; VersR 1994, 339; OLG Saarbrücken, VersR 1992, 994; VersR 1993, 85; Schmalz/Krause-Allenstein, Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und Bauunternehmers, 2. Aufl. 2006, Rn. 597; Voit/Knappmann, in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl. 2004, Arch.-Haftpfl., Rn. 30). Die objektive Pflichtwidrigkeit der Planung (s. o.) stellt im vorliegenden Fall das entscheidende Indiz für den bewussten Pflichtenverstoß des Klägers dar, aus dem der Senat das erforderliche Bewusstsein des Klägers herleiten kann. Denn der Sachverständige hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass es zu den Grundkenntnissen eines Architekten gehört, bei einer Dachdeckung mit Trapezprofilblechen entweder eine bestimmte Mindestdachneigung oder - wenn die geplante Dachneigung sich der eines Flachdaches nähert, wie vorliegend - eine zusätzliche Abdichtung vorzusehen. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, er habe sich bei der Planung an der Montagerichtlinie des IFBS orientiert. Nach dieser ist zwar bei Trapezprofildächern ohne Querstoß eine Dachneigung von weniger als 3° (= 5%) zulässig und es wird lediglich auf Teil 3 der DIN 18 807 verwiesen, wonach Dachflächen ein durchgehendes Gefälle bis zum Wasserablauf aufweisen sollen. Nur Dachflächen ohne Gefälle erforderten besondere Maßnahmen. Der Sachverständige hat aber nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass die Richtlinie nur für Unterkonstruktionen gilt und gerade nicht für Dächer wie das vorliegende, bei denen die Dachdeckung selbst aus Trapezprofilblechen besteht. Darüber hinaus erforderte das vorliegend geplante Dach, weil es einem Dach ohne Gefälle gleichzustellen ist, besondere Maßnahmen, nämlich eine zusätzliche Abdichtung. Letzteres ist Grundwissen, von dem der Senat überzeugt ist, dass es auch der hocherfahrene Kläger hatte.

3.) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz der vorprozessualen Anwaltskosten, denn die Beklagte war nicht verpflichtet, ihm Versicherungsschutz zu gewähren und ist daher nicht in Verzug geraten.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO).

RechtsgebieteAHB, BBR, VVG, ZPO VorschriftenAHB § 3 Nr. 2 AHB § 5 Nr. 1 BBR Ziff. 1 Nr. 1 VVG § 152 ZPO § 286

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