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21.06.2007 · IWW-Abrufnummer 072019

Landgericht Coburg: Urteil vom 23.05.2007 – 14 O 252/07

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


14 O 252/07

IM NAMEN DES VOLKES!

Endurteil

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Feststellung

hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg, Richter am Landgericht XXX, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2007 für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten Deckungsschutz aus seiner Kfz-Haftpflichtversicherung für einen Verkehrsunfall am 1. November 2004.

Der. Kläger ist Eigentümer und Halter, des Pkw Ford Mondeo, amtliches Kennzeichen XXX, das bei der Beklagten haftpflichtversichert ist. Am Nachmittag des 1. November 2004 befuhr er mit seinem Fahrzeug in St. Inqbert-Rohrbach die Mühlstraße und bog an der Kreuzung Spießerstraße/Mühlstraße/Ebertstraße nach links in die Zufahrtstraße zum Rohrbacher Weiher ab. Zum gleichen Zeitpunkt bogen die Radfahrer XXX und XXX aus der Gegenrichtung kommend nach rechts ebenfalls in dle Zufahrtsstraße zum Rohrbacher Weiher ein. Der Kläger, der sich von den Radfahrern in seinem vermeintlichen Vorfahrtsrecht beeinträchtigt sah, betätigte die Hupe seines Fahrzeuges und fuhr an den beiden Radfahrern mit den Händen fuchtelnd vorbei. Beim Vorbeifahren zeigte ihm der Zeuge XXX den sog. "Stinkefinger".

Kurze Zeit später musste der Kläger sein Fahrzeug auf der Zufahrtsstraße zum Rohrbacher Weiher auf ca. 30 km/h abbremsen, da die Straße mit Schwellen versehen ist, um Kraftfahrzeuge zu langsamer Fahrweise anzuhalten. Nunmehr entschloss sich der Zeuge XXX, der zusammen mit XXX auf den klägerischen Pkw aufgeholt hatte, am Fahrzeug des Klägers links vorbeizufahren, da er mit seinem Fahrrad von den StraßenschweIlen nicht beeinträchtigt war. Als der Zeuge XXX sich links neben dem Fahrzeug des Klägers befand, zog der Kläger mit seinem Pkw immer mehr nach links, so dass XXX bis zum äußersten Rand des Fußgängerbereichs. der von der Fahrbahn mit einer weißen Linie abgegrenzt ist, ausweichen musste. Da der Zeuge XXX befürchtete, vom klägerischen Fahrzeug erfasst zu werden, schlug er zunächst mit seiner Hand auf die Motorhaube des Pkw und beschleunigte dann sein Fahrrad, so dass es ihm gelang, vor das Fahrzeug des Klägers zu gelangen. Unmittelbar danach stieß der Kläger mit der Frontseite seines Pkw gegen das Hinterrad des Fahrrades des XXX, der dadurch zu Fall kam, unter das Auto des Klägers geriet und von diesem noch ein Stück mitgeschleift wurde, bevor das Fahrzeug zum Stehen kam. Hierdurch wurde der Zeuge XXX nicht nur unerheblich verletzt.
Die Beklaqte hat mit Schreiben vom 28. Dezember 2006 ihre Einstandspflicht wegen dem gegenständlichen Vorfall abgelehnt:

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei zur Übernahme der Unfallkosten verpflichtet. Er habe den Unfall allenfalls grob fahrlässig herbeigeführt. Zum Unfall sei es nur deshalb gekommen, weil er - nachdem der Zeuge XXX mit seinem Fahrrad an ihm vorbeigefahren war - vom Bremspedal abgerutscht und auf das Gaspedal gekommen sei. Er sei auch nicht bewußt nach links gefahren, um den Zeugen von der Straße zu drängen, sondern habe nur die Linkskurve anschneiden wollen.

Der Kläger beantragt daher:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Versicherungsschutz betreffend . den Verkehrsunfall vom 01.11.2004, der sich gegen 16:30 Uhr auf der Zufahrtsstrasse zum Glashütter Weiher in 66386 St. Ingbert-Rohrbach mit Herrn XXX ereignet hat, zu gewähren und den Kläger bezüglich sämtlicher aus diesem Unfallereignis gegen ihn geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche, sowie die Rechtsverteidigung entstandenen Kosten freizustellen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, sie sei von einer Leistungspflicht aus der Kfz-Haftpflichtversicherung frei geworden, da der Kläger den Verkehrsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen XXX und XXX. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2007 Bezug genommen. Es hat weiter gemäß § 411 a ZP() das vom Sachverständigen Dr. XXX im Verfahren 26-440/05 des Amtsgerichts Saarbrücken erstattete Verkehrstechnische Gutachten zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und den Sachverständigen zu seinem Gutachten vom 22. August 2005 angehört. Auch insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Parteien streiten letztendlich nur darüber, ob der Kläger den gegenständlichen Verkehrsunfall vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat; der eigentliche Unfallverlauf ist zwischen den Parteien unstreitig.

Die zulässige Klage ist vollumfänglich nicht begründet; sie war daher abzuweisen.

Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger den Verkehrsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Beklagte haftet gemäß § 152 VVG daher für die vom Kläger herbeigeführten Schäden nicht.

Die Frage, ob ein Verkehrsunfall wissentlich oder willentlich ? zumindest ?billigend in Kauf genommen" (vgl. BGHZ 7, 311, 313) - herbeigeführt worden ist, ist eine den Fahrzeugführer betreffende innere Tatsache. Für das Gericht steht aufgrund der Angaben der Zeugen XXX und XXX sowie den sachverständigen Äußerungen des Sachverständigen Dr. XXX fest, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt in dem Bewusstsein gehandelt hat, durch sein Tun könne einem anderen - hier dem Zeugen XXX - ein Schaden erwachsen und er weiterhin den als möglich vorgestellten Erfolg die Verletzungen des Zeugen XXX - für den Fall des Eintretens gebilligt. oder bewußt in Kauf genommen hat.

II

Die Zeugen XXX und XXX haben in der mündlichen Verhandlung am 14. Mai 2007 übereinstimmend berichtet, dass es zu einer ersten ?Auseinandersetzung" mit dem Kläger bereits an der Kreuzung Spießerstraße/Mühlstraße/Ebertstraße gekommen sei. Der Kläger habe sich, so der Eindruck der Zeugen, darüber aufgeregt, dass diese ihm, vermeintlich die Vorfahrt genommen hatten. Sie haben dann weiter berichtet, dass der Zeuge XXX auf Höhe der Straßenschwellen auf der Zufahrtsstraße zum Rohrbacher Weiher den klägerischen Pkw habe links überholen wollen. Während des Überholvorganges habe der Kläger sein Fahrzeug immer weiter zur linken Straßenseite gezogen, sodass der Zeuge XXX mit seinem Fahrrad ganz nach links fast bis zum unbefestigten Randstreifen hin habe ausweichen müssen. Der Zeuge XXX habe es dann doch noch geschafft, am klägerischen Fahrzeug vorbei zu kommen. Er habe seine Geschwindigkeit nicht reduziert, dennoch plötzlich einen Ruck gespürt und sei durch diesen zu Fall gekommen.

Aufgrund dieses äußeren Geschehensablaufes - aber auch den eigenen Äußerungen des Klägers, den das Gericht in der Sitzung am 14. Mai 2007 informatorisch befragt, hat - bestehen für das Gericht keine Zweifel, dass der Kläger über die dem Unfall vorhergehende vermeintliche Vorfahrtverletzung durch die bei den Fahrradfahrer so verärgert war, dass er den Zeugen XXX auf der Zufahrtsstraße an einem Überholen seines Pkw hindern wollte. Soweit der Kläger insoweit behauptet hat, er habe durch das "Linksfahren" lediglich die am Unfallort befindliche Linkskurve schneiden wollen, folgt das Gericht den Ausführungen des Sachverständigen, der dargelegt hat, dass eine solche. Fahrweise aus technischer Sicht nicht zu erklären ist. Dies steht im Einklang mit der eigenen Äußerung des Klägers, der auf Vorhalt des Gerichts bestätigt hat, dass er bei der polizeilichen Unfallaufnahme gegenüber dem Polizeibeamten XXX gesagt habe, er habe den Fahrradfahrer nicht überholen lassen wollen. Dass der Kläger diese Äußerung, nachdem er die Brisanz seiner Angaben gegenüber dem Polizeibeamten nachträglich erkannt hatte, nunmehr als reine "Gedankenspiele" darstellen will, ist für das Gericht nicht glaubhaft.

Für das Gericht steht weiter fest, dass der Kläger, nachdem es der Zeuge XXX entgegen den Vorstellungen des Klägers· dennoch geschafft hatte, am klägerischen Fahrzeug vorbeizukommen, nunmehr den Zeugen XXX durch ein Anfahren des Fahrrades mit dem Pkw zu Fall gebracht hat. Das Gericht folgt insoweit nicht der Behauptung des Klägers, er sei lediglich vom Bremspedal abgerutscht. Dass das Fahrzeug des Klägers unmittelbar vor dem Anstoßzeitpunkt beschleunigt wurde, ergibt sich für das Gericht bereits daraus, dass der Zeuge XXX - wie er berichtet hat - seine Geschwindigkeit nach dem Vorbeifahren nicht reduziert hatte. Für das Gericht ist weiter nicht glaubhaft, dass der Zusammenstoß nur deshalb erfolgt sein soll, weil der Kläger vom Bremspedal abgerutscht sein will. Dieser Behauptung steht bereits die oben dargestellte Vorgeschichte entgegen. Zudem hat der Sachverständige Dr. XXX aufgezeigt, dass der Kläger bereits während des Überholvorganges auf den Zeugen XXX aufmerksam geworden sein muss. Dem Kläger hätten dann 3 bis 4 Sekunden zur Verfügung gestanden, die spätere Kollision durch Abbremsen zu vermelden. Dass der Kläger diesen Zeltraum nicht genutzt hat, vielmehr nicht einmal die Linksbewegung seines Fahrzeuges beendet hat, lässt sich für das Gericht nur damit erklären, dass er den Zeugen XXX auf seinem Fahrrad bewusst gefährden und dann später auch zu Fall bringen wollte.

Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben der Zeugen XXX und XXX in der mündlichen Verhandlung am 14: Mai 2007 nicht der Wahrheit entsprochen haben könnten, sind für das Gericht nicht ersichtlich. Beide Zeugen haben ohne jeden Belastungseifer gegen den Kläger ausgesagt, der Zeuge XXX hat sich vielmehr selbst belastet, indem er berichtet hat, dass er dem Kläger zunächst den ?Stinkefinger" gezeigt habe. Die Zeugen haben zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, wenn sie sich bei der Beantwortung einzelner Fragen aufgrund des Zeitablaufes nicht mehr sicher gewesen sind. Insgesamt gesehen stimmen die Angaben der beiden Zeugen zum Unfallablauf überein, sind für das Gericht in sich schlüssig und nachvollziehbar. Gleiches gilt für die Ausführungen des Sachverständigen, an dessen Sachkunde für das Gericht keine Zweifel bestehen.

Nach alledem ist das Gericht davon überzeugt, dass der Zusammenstoß und der Sturz des Zeugen XXX vom Kläger vorsätzlich herbeigeführt worden ist. Dem KIäger war dabei auch bewusst, dass sein Verhalten als notwendige Folge zu nicht nur unerheblichen Verletzungen beim Zeugen XXX wird führen müssen. Für eine Verurteilung der Beklagten bleibt damit kein Raum.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs, 1 Satz. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.

RechtsgebieteVersicherungsrecht, VerkehrsrechtVorschriften§ 152 VVG

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