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10.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063272

Landgericht Nürnberg-Fürth: Beschluss vom 29.09.2006 – 8 S 7699/06

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Nürnberg

8 S 7699/06
29.9.2006

Beschluss

Die Berufung der Klagepartei hat keine Aussicht auf Erfolg, da das erstinstanzliche Gericht der Klägerin einen in jedem Fall -ausreichenden Ersatzbetrag zugesprochen hat. Die Angriffe der Klägerin gegen das Urteil sind nicht stichhaltig.

1. Zurecht hat das erstinstanzliche Gericht seiner Schadensschätzung im Rahmen des § 287 ZPO den Schwacke-Automietpreisspiegel 2003 zugrunde gelegt.

§ 287 Abs. 1 ZPO erlaubt eine Schätzung der Höhe eines Schadensersatzes. Mit der Vorschrift des § 287 ZPO will der Gesetzgeber verhindern, dass im Fall eines schwer zu ermittelnden Schadens die Klagepartei beweisfällig bleiben: muss oder die Ermittlung der Schadenshöhe einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Dabei wird auch in Kauf genommen, dass die richterliche Schätzung unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (vgl. Zöller/Greger § 287 ZPO, Rdnr. 1 m.w.N.).

Zutreffend hat das erstinstanzliche Gericht nicht den tatsächlichen Schaden der Klägerin zugrunde gelegt sondern darauf hingewiesen, dass die Klägerin von der Beklagten nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Dies entspricht der neueren BGH-Rechtsprechung, der sich auf das Berufungsgericht .angeschlossen hat. Damit war dem erstinstanzlichen Gericht keine konkrete, sondern lediglich eine abstrakte Schadensberechnung möglich.

Es ist auch nicht zulässig, wie von der Klagepartei einwandt, dass die Tarife einzelner Mietwagenfirmen zugrunde gelegt werden. Zum Einen ist unklar, ob diese Tarife den Anforderungen eines billigenden Normaltarifs entsprechen. Zum Anderen ist auch nicht ersichtlich, warum man gerade den Tarif der einen und nicht den Tarif einer anderen Firma zugrunde legen sollte. Vielmehr gebietet die BGH-Rechtsprechung, dass im Rahmen der Schadensschätzung von einem üblichen Tarif ausgegangen wird, der nicht durch die Unfallsituation bedingt ist. Zur Ermittlung eines solchen Tarifes sind die gewichteten Mittelwerte des Schwacke-Automietpreisspiegels geeignet. Der Schwacke-Automietpreisspiegel hat sich an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientiert. Das gewichtete Mittel stellt auch keinem abstrakten Durchschnittswert dar, sondern denjenigen Preis, der der Schwacke-Organisation von den Autovermietstationen am häufigsten genannt wurde. Dadurch vermittelt der Schwacke-Automietpreisspiegel ein realistisches Bild über den Autovermietungsmarkt. Im Einklang mit der Rechtsprechung zahlreicher anderer Gerichte erachtet deshalb die entscheidende Kammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth den Schwacke-Automietpreisspiegel als geeignete Schätzungsgrundlage (ebenso Landgericht Nürnberg-Fürth, 2. Zivilkammer, Az.: 2 S 2281/06 vom 27.07.2006 m.w.N.).

Der Schwacke-Automietpreisspiegel ist auch nicht deshalb ungeeignet, weil die Erhebung Ende 2002 erfolgte. Selbst wenn eine Inflation bis zum Anmietzeitpunkt in Höhe von 5 % vorgelegen hat, führt dies nicht dazu, dass die in der Schwacke-Liste niedergelegten Tarife die reellen Preisstrukturen nicht mehr wiederspiegeln können. Zum Einen ist eine Inflation von 5 % nicht sehr erheblich. Zum Anderen ist es dem Gericht unbenommen, im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO den Inflationsausgleich zu berücksichtigen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth nimmt regelmäßig an, dass der vorzunehmende Eigenersparnisabzug und der Inflationsausgleich sich gegeneinander aufheben. Möglicherweise wird jedoch in Zukunft hier ein gewisser Aufschlag zu machen sein:

Eine ähnlich geeignete Schätzgrundlage steht dem Gericht auch nicht zur Verfügung. Insbesondere können nicht die im Sachverständigen-Gutachten des Sachverständigen Huttner vom 15.09.2006 ermittelten Durchschnittswerte ohne weiteres zugrunde gelegt werden. Diese spiegeln die heutige Marktsituation wieder und beziehen sich nicht auf den Zeitpunkt der Anmietung. Zum Anderen steht konkret zu befürchten, dass mehrere Autovermietungen, die vornehmlich im Unfallersatzgeschäft tätig sind, ihre "Normaltarife" angehoben bzw. neu geschaffen haben. So war es bisher bei mehreren Autovermietungen im Nürnberger Raum gängige Praxis, dass nur ein sog. "Einheitstarif" existierte. Dies zeigt sich auch daran, dass die Preise zum Teil um mehr als 300 % differieren. So verlangt die Fa. Sixt für ein Fahrzeug der Gruppe 2 für eine Woche einen Tarif von 227,00 Euro, während die Fa. Avis einen Betrag von 685,02 Euro in Rechnung stellen will. Auch dies spricht dagegen, dass die dem Sachverständigen Huttner übermittelten Preise im normalen Mietwagengeschäft tatsächlich am Markt durchgesetzt werden. Vielmehr erscheint es sehr nahe liegend, dass die Autovermietungen mit hohen Tarifen bei einer nicht unfallbedingten Anmietsituation erhebliche Rabatte gewähren. Ansonsten wären sie von vornherein nicht konkurrenzfähig.

2. Mit einem Aufschlag von 30 % geht das Erstgericht sogar deutlich über die Rechtsprechung der entscheidenden Zivilkammer hinaus. Dies erhält einen Aufschlag auf die Schwacke-Tarife überhaupt nicht für erforderlich. Einen Aufschlag auf den gewichteten Mittelwert von Normaltarifen zu machen, bedarf eines besonderen Grundes. Bereits oben ausgeführt, ist ein Inflationszuschlag nämlich nicht erforderlich, weil insofern noch auf die Eigenersparnis verzichtet wird.
Auch aus der Rechtsprechung des BGH ergibt sich nichts anderen. Vielmehr hat der BGH in einem Fall, in dem es an der Zugänglichkeit eines Normaltarifs wegen fehlender Vorauszahlungsmöglichkeit fehlte, angenommen, dass ein Aufschlag von 18 % auf den maximalen Normaltarif ausreicht. Daraus lässt sich schließen, dass ein Aufschlag von 30 % in einer normalen Anmietsituation nicht erforderlich ist. Auch hierbei ist dabei zu berücksichtigen, dass dem Gericht im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein weites Ermessen eingeräumt ist. Die FeststeIlungen im Urteil sind hierzu auch ausreichend, weil die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung mitgeteilt worden sind. Das Erstgericht hat hier auch begründet, warum es einen Aufschlag für erforderlich hält. Damit ist es dieser Anforderung nachgekommen.

3. Die Klägerin hat auch in erster Instanz nicht nachgewiesen, dass ihr ein günstigerer Normaltarif nicht zugänglich war. Die Darlegung der Klägerin, bei zwei Autovermieterfirma angerufen zu haben, ist hierzu nicht ausreichend. Im konkreten Fall haben nämlich die weiteren Autovermieter überhaupt kein geeignetes Fahrzeug für die Klägerin gehabt.. Ein Preisvergleich war der Klägerin damit nicht möglich.
Es ist daher richtig, wenn das Amtsgericht von einer weiteren Erkundigungspflicht ausgeht. Insbesondere hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass zwischen dem Unfall und der Anmietung ein Zeitraum von vier Tagen lag. Dieser Zeitraum ist ausreichend, um nähere Erkundigungen einzuziehen. .Die Klägerin hat auch über eine Kreditkarte verfügt. Dies hat sie so in der mündlichen Verhandlung vom 10.07.2006 zu Protokoll gegeben. Ein überzeugender Grund, warum sie diese nicht einsetzen konnte, ist nicht ersichtlich. Wenn das Erstgericht unter Würdigung der mündlichen Verhandlung die Arbeitslosigkeit nicht ausreichen lässt, so ist dies nicht zu beanstanden.

4. Eine Änderung des Urteils wegen einer möglichen Ersatzpflicht der Zustellkosten kommt nicht in Betracht. Mit einem Aufschlag von 30 % hat das erstinstanzliche Gericht den Schaden in jedem Fall ausreichend reguliert, so dass neben dem Aufschlag die Zustellkosten jedenfalls nicht erstattungsfähig sind.

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