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18.10.2006 · IWW-Abrufnummer 062988

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 11.05.2006 – 10 K 200/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


FINANZGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG

Im Namen des Volkes Urteil

Az.: 10 K 200/05

In dem Finanzrechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 2002

hat der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2006 durch XXX für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung: XXX

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Streitjahr 2002 die Anerkennung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die am 12.11.1920 geborene Klägerin erzielt als Nießbraucherin aus der Vermietung des Objekts XXX-str. 8 in XXX Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie nahm mit Darlehensvertrag vom 24.130.08.1998 bei der Sparkasse XXX ein Darlehen in Höhe von 140.000, -- DM auf (Darlehenskonto 610290041; Effektivzins 5,30 %).

Für das Jahr 2002 machte sie u.a. einen Betrag in Höhe von 53.685 ? (105.000 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Diesen Betrag habe sie aufgrund einer Unterschlagung verloren. Die Klägerin trug hierzu im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung vor, dass sie aufgrund dringender Renovierungsarbeiten in 1998 ihrem langjährigen Versicherungsvertreter E. F. XXX zu Rate gezogen habe. Er habe ihr zu einem Darlehen mit günstigem Zinssatz bei ihrer Hausbank (Sparkasse XXXX) geraten. Das Darlehen habe über Bausparverträge bei der LBS nach drei Jahren zurückgezahlt werden sollen. E. F. XXX habe dann vorgeschlagen, das Geld auf einem Zwischenkonto mit einem besseren Zinsertrag anzulegen. Sie habe E. F. XXX vertraut und ihm im September 1998 einen Scheck über 60.000 DM und später im Dezember 1998 nochmals einen Scheck über 55.000 DM gegeben. Es sei mit E. F. XXX vereinbart worden, dass sie sich bei ihm melde, sobald sie einen größeren Geldbetrag benötige. Im Jahr 1999 hätten die Arbeiten infolge Terminschwierigkeiten der Handwerker gestockt. Nachdem im Dezember 2000 eine größere Akontozahlung fällig geworden sei, habe sie zunächst vergeblich versucht, Herrn zu erreichen. Letztendlich habe sie ihn am 28.12.2000 sprechen können. Er habe ihr gestanden, das Geld veruntreut zu haben. Über das Vermögen E. F XXX sei am 25.10.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden (Amtsgericht Landau, Az.: 2 IN 61/02). Die Forderung sei spätestens seit diesem Zeitpunkt uneinbringlich.

Vor Übergabe der jeweiligen Schecks hatte E. F. XXX u. a. durch Vorlage teilweise gefälschter Rechnungen bei der Sparkasse XXX bewirkt, dass diese entsprechende Beträge vom Darlehenskonto dem - neben dem privaten Girokonto bestehenden - von der Klägerin so bezeichneten Hauskonto gutgeschrieben.

E. F. XXX wurde durch Urteil des Landgerichts XXX vom 23.11.2004 - 4 KLs 140 Js 3379/02 - u.a. wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu Gesamtstrafen von 3 Jahren und 8 Monaten und 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt.
Mit Schreiben vom 03.05.2005 teilte der Insolvenzverwalter mit, dass das Insolvenzverfahren betreffend des E. F. XXX masselos und eine Quote auf festgestellte Forderungen ausgeschlossen sei.

Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 06.04.2004 den veruntreuten Geldbetrag nicht. Er erließ am 31.01.2006 einen den vorliegenden Rechtsstreit nicht berührenden, geänderten Einkommensteuerbescheid 2002.

Den Einspruch der Klägerin vom 22.04.2004 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16.06.2005 mit der Begründung zurück, der veruntreute Geldbetrag könne nicht als Werbungskosten bei den - Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zugelassen werden. Der Verlust des Herrn XXX überlassenen Geldes stelle keine eindeutige Folgewirkung der Vermietung und Verpachtung dar. Vielmehr sei das Geld Herrn XXX in spekulativer Absicht überlassen worden. Die Klägerin trage selbst vor, dass Herr XXX das Geld auf einem Konto mit einem besseren Zinsertrag habe anlegen sollen.
Die Klägerin führe zwar aus, dass sie mit dem (unterschlagenen) Geld Renovierungsarbeiten am Objekt XXX-str. .8 in XXX habe durchführen wollen, das auslösende Moment für die Wertabgabe liege aber gerade nicht im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Klägerin hat am 12.07.2005 Klage bei Finanzgericht Baden-Württemberg erhoben.

Sie beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 16. Juni 2005 den geänderten Einkommensteuerbescheid 2002 vom 31. Januar 2006 dahin abzuändern, dass ein Betrag von 105.000 DM steuermindernd entweder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wird; hilfsweise Zulassung der Revision.

Des weiteren beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Zur Begründung wiederholt die Klägerin im wesentlichen ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Es lägen abzugsfähige Werbungskosten vor, da- ein Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bestehe. Des Weiteren trägt sie vor, die veruntreuten Gelder seien jedenfalls als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.

Die Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakten des Beklagten sowie das Urteil des LG XXX vom 23.11.2004 liegen dem Gericht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf sie und die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2002 vom 31.01.2006, der gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens wurde, ist rechtmäßig; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz FGO).

Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Durch die Einkunftsart der Vermietung und Verpachtung veranlasst sind die Aufwendungen, bei denen objektiv ein Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden.

Zu den Werbungskosten können darüber hinaus Wertabgaben gehören, die den Steuerpflichtigen unfreiwillig treffen (vgl. BFH-Urteil vom 25.10.1989, BFH/NV 1990, 553). Für den Abzug derartiger Aufwendungen kommt es entscheidend darauf an, ob das auslösende Moment für die Wertabgabe im Bereich der Einkünfteerzielung liegt (BFH, Urteil vom 04.07.1986, BStBl II 1986,771; Urteil vom 25.05.1992, BStBl II 1993,44; Urteil vom 28.01.1994, BStBI II 1994, 355; Urteil vom 16.11.2005 X R 48/03, BFH/NV 2006, 534 ). Der als Werbungskosten geltend gemachte Verlust muss sich als eine eindeutige Folgewirkung der Vermietung und Verpachtung darstellen und nicht nur gelegentlich einer solchen Handlung vorkommen.

In Anwendung dessen hat der Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten durch Betrug erlittenen Vermögensverlust in Höhe von 105.000 DM zu Recht nicht als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Darlegungen des Beklagten in seiner Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2005 (§ 105 Abs. 5 FGO). Der Beklagte hat dort zu Recht ausgeführt, dass der ursprünglich vorhandene wirtschaftliche Zusammenhang der Darlehensaufnahme mit der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung durch die Übergabe der Darlehensvaluta an E. F. XXX mit dem Ziel, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen: endgültig .aufgelöst wurde. Die Klägerin ordnete dadurch die Darlehensvaluta einem anderen Verwendungszweck zu. Die Auflösung des ursprünglich gegebenen wirtschaftlichen Zusammenhangs mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kommt darin sinnfällig zum Ausdruck, dass die Klägerin die Beträge von ihrem so genannten Hauskonto geleistet hat. Auf dem vorgeblichen Zwischenkonto hätten daher ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt werden sollen; in dieser Absicht wurden daher auch die Geldbeträge an E. F. XXX übergeben. Im Übrigen war der Klägerin weder über die Art des Zwischenkontos noch über das Geldinstitut, bei dem es hätte errichtet werden sollen, irgend etwas bekannt. Die tatsächliche (BFH. Urt. v. 08. Juli 2003 VIII R 43/01, BFHE 203, 65, BStBl II 2003, 937) Verwendung des aufgenommenen Darlehens erfolgte daher nach dem Umwidmungsentschluss der Klägerin allein zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Verlust der Darlehensvaluta durch die betrügerischen Handlungen von E. F. trat eindeutig nach dieser Umwidmung der Darlehens ein und steht deshalb ausschließlich mit dieser Einkunftsart in Zusammenhang. Der Verlust des Kapitals ist jedoch nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Ungeachtet der obigen Ausführungen scheidet eine steuermindernde Berücksichtigung der in Verlust geratenen Beträge als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr 2002 auch deshalb aus, weil der Abfluss bereits im Veranlagungsjahr 1998 erfolgte. Einer Berücksichtigung im Streitjahr 2002 steht neben dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung daher § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG entgegen, wonach Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind.

Der Verlust der 105.000 DM ist auch nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen. Denn die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 EStG liegen nicht vor. Unter dem Begriff Aufwendungen im Sinne dieser Vorschrift fallen nur bewusste und gewollte Vermögensverwendungen, nicht aber reine Vermögensverluste, die ohne den Willen des Steuerpflichtigen eintreten (Drenseck, in Schmidt, EStG, 2005, § 33 Rdnr. 6; zu Betrugsverlusten vgl. BFH, Urteil vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBI II1995, 774; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Februar 2006 III K 2924/03, juris-Rechtsprechung).
Darüber hinaus steht einer steuermindernden Berücksichtigung auch insoweit der Umstand entgegen, dass der Abfluss der Geldbeträge bereits im Veranlagungszeitraum 1998 erfolgte. Denn der Zeitpunkt des Abzugs als außergewöhnliche Belastung richtet sich ebenfalls nach § 11 Abs. 2 EStG, d. h., die außergewöhnliche Belastung ist im Veranlagungszeitraum der Verausgabung steuermindernd zu berücksichtigen (Drenseck, in Schmidt, EStG, 2005, § 33 Rdnr. 5 m. w. N.).

Die Klage war danach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.

RechtsgebietEStGVorschriften§§ 9 Abs. 1. S. 1, 11 Abs. 2 S. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1, 33 Abs. 1 EStG

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