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27.02.2007 · IWW-Abrufnummer 062842

Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 23.02.2006 – 2 K 644/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


HESSISCHES FINANZGERICHT

Geschäftsnummer: 2 K 644/03

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

w e g e n Kindergeld (betr. L. R.)
hat Vorsitzender Richter am Hessischen Finanzgericht als Einzelrichter nach mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 23. Februar 2006
für Recht erkannt:

1. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 9.10.2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 31.1.2003 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum vom 1.6.2002 bis zum 31.12.2003 Kindergeld in der gesetzlichen Höhe für die Tochter L. zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der dem Beklagten auferlegten erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g XXX

Tatbestand

Die Klägerin, eine italienische Staatsbürgerin, wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid vom 9.10.2002, mit welchem die beklagte Behörde die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter L. R. (geb.: 28.5.1982 in O. M./Italien) ab Juni 2002 mit der Begründung abgelehnt hat, die Tochter sei seit Beendigung der Berufsschule im Mai 2002 nicht mehr in Berufsausbildung, sowie gegen die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 31.1.2003. Die Beteiligten streiten im wesentlichen darüber, ob die Zeitspanne von Juni 2002 bis zum endgültigen Nichtbestehen der Prüfung zur Einzelhandelskauffrau am 4.7.2003 (2. Wiederholungsprüfung als externe Prüfungsteilnehmerin ohne Ausbildungsvertrag) als Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG zu qualifizieren ist. Dem Rechtsstreit liegt im einzelnen der folgende Sachverhalt zugrunde:

Nach Abschluss der Hauptschule, - nach Angaben der Prozessbevollmächtigten mit mäßigem Erfolg - , begann die Tochter L. am 1.9.1999 eine Ausbildung zur Einzelkauffrau im Lebensmittelbetrieb der Fa. H. S. in F. Nach der Veräußerung dieses Betriebs setzte die Tochter diese Ausbildung ab dem 1.8.2001 in dem Betrieb der Fa. C. S. in F. (Handel mit italienischen Lebensmitteln) fort. Dieses Ausbildungsverhältnis endete vertragsgemäß am 31.1.2002. Daneben besuchte L. bis Ende Mai 2002 die Berufsfachschule (F.-B.-Schule in F.).

Die erste Abschlussprüfung bei der IHK Frankfurt am Main vom 18.1.2002 bestand L. nicht. Sie sprach daraufhin (am 21. oder 26.3.2002) bei der IHK Frankfurt am Main vor und wurde dort von der zuständigen Sachbearbeiterin darauf hingewiesen, dass die Anmeldefrist zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung im Sommer 2002 bereits abgelaufen sei (diese Frist lief bis zum 28.2.2002). L. gab daraufhin bei der IHK die auf Blatt 40 der vorgelegten KG-Akte befindliche Anmeldung vom 21.3.2002 zur 1. Wiederholungsprüfung im Winter 2002 (Anmeldefrist bis zum 15.9.2002) ab. Nach dem Inhalt dieses Vordrucks sollte die gesamte Prüfung (mit dem theoretischen und dem praktischen Teil) wiederholt werden.

Die Versäumung der Meldefrist zur Wiederholungsprüfung im Sommer 2002 hat die Klägerin damit erklärt, dass die Einladung zur ersten Wiederholungsprüfung direkt an den Ausbildungsbetrieb versandt worden sei. Dort habe man diese zunächst ?verschlampt? und dann zu spät an die Tochter der Klägerin weiter gereicht.

Die ?Winterprüfung?, zu der sich L. bei der IHK angemeldet hatte, fand mit ihrem theoretischen Teil am 26.11.2002 (vgl. die mit Fax der Prozessbevollmächtigten vom 22.2.2006 vorgelegte Einladung der IHK zu dieser Prüfung vom 4.11.2002) und mit dem praktischen abschließenden Teil am 31.1.2003 statt (siehe IHK-Auskunft Blatt 71,72 der Gerichtsakte). L. nahm an dieser Prüfung als externe Prüfungsteilnehmerin ohne Ausbildungsvertrag teil. Die Prüfung endete für L. damit, dass sie erneut nicht bestand.

L. meldete sich daraufhin rechtzeitig zur letztmöglichen 2. Wiederholungsprüfung an, die am 4.7.2003 damit beendet wurde, dass sie erneut und nunmehr endgültig nicht bestanden wurde.

In der Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zum 31.1.2002 bis zur 1. Wiederholungsprüfung im November 2002 (theoretischer Teil) half L., neben dem Besuch der Berufsschule bis Ende Mai 2002, im Betrieb (Pizzeria) ihrer Mutter aus, so die Prozessbevollmächtigte.

Daneben bereitete sich L. in diesem Zeitraum, nach Darstellung der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, auf die Wiederholungsprüfung vor. Dabei habe die Prozessbevollmächtigte selbst, welche die Klägerin und deren Familie schon seit längerem persönlich gut kenne, die Tochter L. mindestens zweimal die Woche in der deutschen Sprache unterrichtet, denn insbesondere deren Sprachdefizit in der deutschen Sprache habe zu den schlechten Ergebnissen in der Hauptschule als auch in der 1. Abschlussprüfung beigetragen. Hierbei habe sie, die Prozessbevollmächtigte, der Tochter L. regelrecht Hausaufgaben aufgegeben. In fachlicher Hinsicht habe sich L. anhand der Bücher, Unterlagen und Aufzeichnungen aus der bis Ende Mai absolvierten Berufsschule auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet. Letztlich sei sie aber daran
gescheitert, so meint die Prozessbevollmächtigte, dass sie für den Beruf der Einzelhandelskauffrau nicht geeignet gewesen sei. Sie sei vielmehr für einen Beruf mit Menschenkontakt geschaffen. Inzwischen habe sie daraus die Konsequenzen gezogen und sei 2005 mit Ihrer Mutter nach Italien zu deren Eltern zurückgekehrt. Dort sei sie jetzt, nach einer entsprechenden Ausbildung erfolgreich als selbständige Kosmetikerin und Fußpflegerin tätig.

Zu den Einkünften und Bezügen von L. im Streitzeitraum erklärte die Prozessbevollmächtigte, diese habe von der Klägerin ein monatliches Taschengeld von (wertmäßig) etwa 200,- DM erhalten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Für den Zeitraum nach Beendigung der Berufsschule Ende Mai 2002 bis zum endgültigen Nichtbestehen der Prüfung am 4.7.2003, d.h. für die Monate Juni 2002 bis einschließlich Juli 2003 begehrt die Klägerin demzufolge Kindergeld für ihre Tochter.

Die Klägerin beantragt,

ihr unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 9.10.2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 31.1.2003 für den Zeitraum von Juni 2002 bis einschließlich Juli 2003 Kindergeld in der gesetzlichen Höhe für das Kind L. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat gegenüber dem klägerischen Vorbringen eingewandt, insbesondere nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 23.2.2006, die Tochter der Klägerin habe sich in der Zeit von Juni bis November 2002 nicht hinreichend auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet, um noch als in Berufsausbildung befindlich angesehen werden zu können. Dies indiziere bereits die Tatsache, dass L. letztlich beide Wiederholungsprüfungen nicht bestanden habe. Außerdem habe es die Familienkasse nicht zu vertreten, dass L. die Meldefrist zur 1. Wiederholungsprüfung im Sommer 2002, aus welchen Gründen auch immer, versäumt habe. Dadurch habe sich aus Gründen, die außerhalb der Sphäre der beklagten Behörde lägen, die Berufsausbildungszeit um etliche Monate verlängert. Für diese Verzögerungszeit stünde der Klägerin billigerweise kein Kindergeld zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten KG-Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat für den Streitzeitraum von Juni 2002 bis einschließlich Juli 2003 einen Anspruch auf Kindergeld für ihre in dieser Zeit noch in Ausbildung befindliche Tochter L.

Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das sich in Berufsausbildung befindet. Die Berufsausbildung endet regelmäßig mit dem Erreichen des Ausbildungsziels, d.h. mit Bekanntgabe des Ergebnisses der für den Abschluss der jeweiligen Berufsausbildung vorgesehenen Prüfung (vgl. DA-Fam EStG 63.3.2.6. Abs. 4), es sei denn, das Kinder hat bereits vorher eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen (vgl. BFH-Urteil vom 24.5.2000 in BStBl II 2000, 473).

Wird eine solche Abschlussprüfung nicht bestanden, so kann sich die Berufsausbildung um die Zeit bis zu der nach der betreffenden Ausbildungsordnung vorgesehenen Wiederholungsprüfung, das heißt bis zu endgültigen Bestehen oder Nichtbestehen der letztmöglichen Wiederholungsprüfung, verlängern. § 14 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz bestimmt hierzu, dass sich im Falle des Nichtbestehens einer Abschlussprüfung das Berufsausbildungsverhältnis bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr verlängert (vgl. hierzu auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.4.1999, 6 K 137/98, juris-online Rechtsprechungs-Datenbank).

Nach dem Wortlaut der Verwaltungsanweisungen (DA-Fam EStG 63.3.2.6. Abs. 5) ist ein Auszubildender, der die Abschlussprüfung nicht besteht, weiter als Kind in Ausbildung zu berücksichtigten, wenn sich das Ausbildungsverhältnis auf sein Verlangen hin bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung verlängert (so wie es nach § 14 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz möglich ist), das Kind zur Prüfung weiterhin zugelassen wird und seine Berufsausbildung nicht durch die Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit unterbricht.

Nach DA-Fam EStG 63.3.2.6 Abs. 6 lässt die Verwaltung auch die bloß mündliche Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses genügen.

Bei Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch Insolvenz des Ausbildungsbetriebes ? ohne Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses in dem o.a. Sinne ? sieht die Verwaltung nach Abs. 7 ihrer oben zitierten Anweisungen die Berufsausbildung dann als fortbestehend an, wenn die zuständigen Kammern das Kind auch ohne Nachweis eines Anschluss-Ausbildungsverhältnisses zur Prüfung bzw. zur Wiederholungsprüfung zulassen.

Im vorliegenden Streitfall endete das Berufsausbildungsverhältnis von L. vertragsgemäß am 31.1.2002, die erste Abschlussprüfung wurde bereits am 18.1.2002 nicht bestanden. L. meldete sich daraufhin im März (insoweit für die im Sommer mögliche Wiederholungsprüfung verspätet) rechtzeitig für die Wiederholungsprüfung im Winter 2002/2003 und besuchte daraufhin die Berufsschule weiter bis Ende Mai 2002, ohne jedoch einen Antrag auf Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses nach § 14 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz zu stellen. Sie wurde jedoch für die beiden Wiederholungsprüfungen im Winter 2002/2003 sowie im Sommer 2003 von der IHK als externe Prüfungsteilnehmerin ohne Ausbildungsverhältnis zugelassen.

Das erkennende Gericht vertritt die Auffassung, dass unter solchen Umständen grundsätzlich von einer fortbestehenden Berufsausbildung auszugehen ist, auch wenn das Ausbildungsverhältnis vor dem Ablegen der zugelassenen Wiederholungsprüfungen bereits geendet hat. Einem Auszubildenden muss grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, seine Berufsausbildung unter Ausschöpfung aller nach der einschlägigen Ausbildungsordnung zulässigen Prüfungswiederholungsmöglichkeiten noch erfolgreich abzuschließen. Dies schließt grundsätzlich auch einen Zeitraum bezüglich einer eventuellen Anfechtung eines Prüfungsergebnisses ein. Dabei kann es nicht darauf ankommen, aus welchen Gründen das Ausbildungsverhältnis nicht mehr fortgesetzt wurde.

Demnach stünde im Streitfall der Klägerin das Kindergeld bis zum Ende des Monats, in welchem die letztmögliche Wiederholungsprüfung stattfand, das heißt bis Ende Juli 2003 zu.

Die Anerkennung einer Vorbereitungsphase auf eine Wiederholungsprüfung als externe Prüfungsteilnehmerin ohne Ausbildungsverhältnis als fortbestehende Berufsausbildung setzt allerdings nach Ansicht des Gerichts, insoweit übereinstimmend mit dem Beklagten, voraus, dass sich das Kind zeitlich überwiegend und ernsthaft auf die Wiederholungsprüfung vorbereitet. Schädlich wäre insoweit auch die Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit.

Das erkennende Gericht hat hierzu, insbesondere aufgrund der vom Beklagten nicht dezidiert bestrittenen Ausführungen der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, die Überzeugung gewonnen, dass sich L. in der Zeit ab Juni 2002 hinreichend auf die beiden Wiederholungsprüfungen vorbereitet hat.

So hat die Prozessbevollmächtigte glaubhaft dargelegt, dass sie L. bis zu den Wiederholungsprüfungen mindestens zweimal die Woche in der deutschen Sprache unterrichtet und ihr insoweit sogar regelrecht Hausaufgaben aufgegeben hat. Dieser Unterricht diente der Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse von L., die insbesondere wegen dieses Sprachdefizits Schwierigkeiten in der Schule und auch im Zusammenhang mit der Berufsausbildung hatte. L. ist in Italien geboren und erst mit etwa acht Jahren nach Deutschland gekommen. Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass dieser Unterricht als fördernd für die Bewältigung des berufsbedingten Lernstoffs angesehen werden kann. Darüber hinaus ist glaubhaft vorgetragen worden, dass L. sich in fachlicher Hinsicht mittels der Unterlagen, Bücher und Aufzeichnungen auf die Wiederholungsprüfungen vorbereitet hat.

Für eine gegenüber dieser Prüfungsvorbereitung überwiegende zeitliche Inanspruchnahme durch die Mitarbeit im Betrieb der Klägerin (Pizzeria) liegen dagegen keine Anhaltspunkte vor. Nach den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung geht das Gericht davon aus, dass die Mitarbeit von L. noch nicht einmal den Umfang einer geringfügigen Beschäftigung erreicht hat. L. erhielt von ihrer Mutter, der Klägerin, lediglich ein monatliches Taschengeld von umgerechnet 200,- DM. Somit verblieb L. nach Überzeugung des Gerichts genügend Zeit, um sich auf die Wiederholungsprüfungen vorzubereiten.

Danach war im Streitfall nicht nur die reine Prüfungszeit der Wiederholungsprüfungen, d. h. nach Aktenlage zumindest die Monate November 2002, Januar und Juli 2003 als Berufsausbildung zu qualifizieren, sondern auch die zwischen Mai 2002 und Juli 2003 liegenden übrigen Monate, und zwar als Vorbereitungszeit für die Wiederholungsprüfungen.

Hieran ändert auch nichts, dass L. sich für die erstmögliche Wiederholungsprüfung im Sommer 2002 nicht rechtzeitig anmeldete. Hierdurch hat sich zwar die Ausbildungszeit um einige Monate verzögert. Nach Darstellung der Klägerin, die das Gericht nicht bezweifelt, hat L. diese Verzögerung jedoch nicht selbst zu verantworten, sondern ihr Ausbildungsbetrieb. L. trifft hieran kein Verschulden.

Soweit die beklagte Behörde hierzu sinngemäß meint, von der gesamten Ausbildungszeit
müsse billigerweise die Zeit abgezogen werden, um die sich die Ausbildung aus nicht ausbildungsbedingten Gründen verlängert hat, die außerhalb der Sphäre der Familienkasse gelegen haben, kann das Gericht dem nicht folgen.

Zum einen hat sich L. im März 2002 zur Wiederholungsprüfung gemeldet, mithin zu einer Zeit, als sie sich zweifellos noch in einer Phase der Berufsausbildung befand (Berufsschule bis zum Ende des Monats Mai). Die Versagung von Kindergeld in diesem Zeitraum, der zunächst unmittelbar von der Versäumung der Meldefrist berührt war, kam schon deshalb nicht Betracht, weil L. bis Ende Mai die Berufsschule weiter besuchte. Es gibt aber auch keine Rechtsgrundlage, Verzögerungen im Verlaufe der Berufsausbildung quasi am Ende derselben in Abzug zu bringen. Dies käme der Einführung einer Regelausbildungszeit gleich, bei deren Überschreitung der Kindergeldanspruch automatisch entfiele. Dies wird zwar in Politik- und Fachkreisen diskutiert, es ist jedoch Sache des Gesetzgebers, solche Regelungen gesetzlich zu normieren. Die gegenwärtige gesetzliche Regelung lässt dagegen eine solche vom Beklagten erwünschte Auslegung nicht zu. Der Beklagte müsste dann auch konsequenterweise bei Studierenden stets nachprüfen, warum sie länger als andere studiert und sich erst später zur Prüfung angemeldet haben. Auch die bewusste Entscheidung eines Studierenden oder Auszubildenden dafür, sich zur besseren Vorbereitung erst später zu einer Abschlussprüfung zu melden, unterbricht keineswegs ohne weiteres die Ausbildung und ist trotz der damit verbundenen Verlängerung der gesamten Ausbildungszeit nicht kindergeldschädlich. Etwas anderes käme nur dann in Betracht, wenn ein Auszubildender sozusagen eine ?ausbildungsfreie Erholungsphase? einlegt und sich vorübergehend ausschließlich mit Jobben oder einem Hobby beschäftigt oder schlicht nur noch faulenzt. Hiervon kann im Streitfall aber keine Rede sein.

Der Klage war danach antragsgemäß stattzugeben.

Als unterlegener Beteiligter hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren folgt aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Der Urteilsausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der dem Beklagten auferlegten Kosten beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

Für eine Zulassung der Revision fehlte es an den gesetzlichen Voraussetzungen.

RechtsgebietEStGVorschriften§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG

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