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01.08.2006 · IWW-Abrufnummer 061539

Finanzgericht Köln: Urteil vom 30.03.2006 – 10 K 4387/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

Aktenzeichen: 10 K 4387/05

Urteil des Senats vom 30.03.2006

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 28.4.2004 verpflichtet, die Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 mit der Maßgabe zu ändern, dass 2001 keine Einkünfte der Klägerin und 2002 keine Einkünfte des Klägers aus privaten Veräußerungsgeschäften angesetzt werden.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.


Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG auch für Entnahmen von Grundstücken gilt, die vor dem 1.1.1999 erfolgt sind mit der Folge, dass ab dem Entnahmezeitpunkt die Spekulationsfrist zu laufen beginnt.

Die Kläger unterhielten bis zum 30.06.1998 einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die zum Betrieb gehörenden Grundstücke, die sich bereits seit Jahrzehnten in ihrem Eigentum befanden, überführten sie mit der Betriebsaufgabe in ihr Privatvermögen. Der Gewinn aus der Betriebsaufgabe wurde ordnungsgemäß versteuert.

In den Jahren 2001 und 2002 veräußerten sie die Grundstücke. Aus der Grundstücksveräußerung erzielte die Klägerin im Jahr 2001 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 299.305,00 DM. Der Kläger erzielte aus der Grundstücksveräußerung im Jahr 2002 einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 73.832,00 ?. Die jeweiligen Veräußerungsgewinne wurden im Rahmen der Einkommensteuererklärungen erklärt und veranlagt. Der Beklagte erließ die Steuerbescheide für die Streitjahre unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 12.11.2004 beantragten die Kläger, die Steuerbescheide für die Streitjahre dahingehend zu ändern, dass die Veräußerungsgewinne aus den Grundstücksverkäufen außer Ansatz bleiben. Sie verwiesen hierzu auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 19.12.2001, Az. 9 K 7766/00 E.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 28.4.2005 unter Hinweis auf die feststehende Meinung der Finanzverwaltung zur Anwendung von § 23 EStG ab, nachdem die Kläger mit Schreiben vom 25.04.2005 den Beklagten zum Erlass eines klagefähigen Bescheides bis zum 01.06.2005 aufgefordert hatten.
Über den am 03.05.2005 eingelegten Einspruch hat der Beklagte bisher nicht entschieden.

Mit der am 11.11.2005 erhobenen Klage tragen die Kläger vor:
Es sei kein steuerbarer Veräußerungsgewinn angefallen, weil die Entnahme der fraglichen Grundstücke vor Einführung von § 23 Abs. 1 S. 2 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 erfolgt sei. Bis zur Einführung dieser Norm zum 01.01.1999 hätte eine Entnahme von Wirtschaftsgütern vom Wortlaut her nicht den Begriff der Anschaffung erfüllt. Aus § 52 Abs. 1 EStG ergebe sich die Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 2 EStG auf Entnahmen ab dem 01.01.1999. Eine darüber hinausgehende Rückwirkung sei auch nicht in § 52 Abs. 39 EStG vorgesehen. Eine Rückbeziehung der sog. Anschaffungsfiktion auf vor dem 01.01.1999 liegende Entnahmen sei eine unverhältnismäßige und damit verfassungswidrige Rückwirkung.

Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide für 2001 vom 13.02.2003 und 2002 vom 13.5.2003 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte der Klägerin (2001) bzw. des Klägers (2002) aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht mehr angesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesfinanzhofs zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung des § 23 EStG auszusetzen.

Er meint, die Klage sei als Untätigkeitsklage unzulässig. Die Streitfrage nach dem zeitlichen Anwendungsbereich von § 23 Abs. 1 S. 2 EStG werde in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich behandelt und sei noch nicht höchstrichterlich entschieden. Beim BVerfG sei ein Verfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 anhängig. Dies könnte Auswirkungen auf das hiesige Einspruchsverfahren haben. Im Hinblick auf das Verfahren vor dem BVerfG seien daher die Voraussetzungen des § 363 Abs. 2 S. 2 AO 1977 gegeben. Zwar hätte der Beklagte das Verfahren nicht ausgesetzt oder die Kläger hierüber sonst informiert. Die Prozessvertreterin hätte aber aus Parallelverfahren mit anderen Mandanten von der abwartenden Haltung des Beklagten Kenntnis gehabt und dieses Vorgehen auch akzeptiert, weil nach dem Schreiben vom 07.06.2005 keine Erwiderung erfolgt sei.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Ablehnung der Änderung der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger deshalb in ihren Rechten, vgl. § 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ?FGO-. Die Kläger haben durch Veräußerung der fraglichen Grundstücke in den Jahren 2001 und 2002 keinen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 2 EStG erzielt.

1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig.
Gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 FGO ist eine Klage ohne vorherigen Abschluss des Vorverfahrens zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht in angemessener Frist entschieden worden ist. Nach § 46 Abs. 1 S. 2 FGO kann eine Untätigkeitsklage grundsätzlich frühestens nach 6 Monaten seit Einlegung des Rechtsbehelfs eingelegt werden. Das Erfordernis einer Mitteilung des Grundes kann entbehrlich sein, wenn der Steuerpflichtige von dem Grund der Verzögerung Kenntnis hatte (Hepp/Hübschmann/Spitaler/Steinhauff, AO/FGO, 184. EL, März 2005, § 46 Rn. 174).
Der Beklagte hat über den Einspruch vom 03.05.2005 nicht entschieden. Inzwischen ist die Sechsmonatsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 FGO abgelaufen. Ferner hat der Beklagte den Klägern keine hier erforderliche Mitteilung darüber gemacht, dass er aufgrund der fachlichen Diskussion über die hiesige Streitfrage und dem vor dem BVerfG anhängigen Vorlageverfahren Az. 2 BvL 2/04 mit einer Entscheidung über den Einspruch abwarten wolle. Die Kläger hatten auch anderweitig nicht auf zurechenbare Weise von dieser Vorgehensweise des Beklagten Kenntnis erlangt. Die Kenntnis des Prozessvertreters der Kläger aus Parallelverfahren mit anderen Mandanten, in denen der Beklagte im Übrigen eine entsprechende Mitteilung schriftlich erteilt hatte, kann den Klägern nicht zugerechnet werden. Vielmehr hätte der Beklagte nach der Aufforderung der Kläger vom 25.04.2005, das Verfahren zu beschleunigen, eine Entscheidung nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO 1977 oder eben eine Mitteilung i.S.d. § 46 FGO machen müssen. Dies gilt umso mehr, weil der Beklagte im Bescheid vom 28.04.2005 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er die Entscheidung des FG Düsseldorf vom 19.12.2001, Az. 9 K 7766/00 E, für eine Einzelfallentscheidung hält und die Finanzverwaltung im Übrigen an ihrem Standpunkt über die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG festhält.

2. Das Verfahren ist nicht nach § 74 FGO auszusetzen (s. hierzu Gräber/Koch, FGO, 5. Aufl. 2002, § 74, Rn 12 ?Musterverfahren beim BVerfG?). Die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren betreffen ausschließlich die Frage der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Verlängerung der Spekulationsfrist bzw. Behaltefrist. Es ist nicht zu erwarten, dass die einfachgesetzliche Frage, ob auch vor 1999 eine Entnahme als Anschaffung gilt, durch das Bundesverfassungsgericht beantwortet wird.

3. Die Klage ist begründet. Vor dem Veranlagungszeitraum 1999 galt eine Entnahme nicht als Anschaffung. Sie setzte somit nicht die (bzw. eine neue) Spekulationsfrist in Lauf.
a) Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl. I 1999, 402) sind private Veräußerungsgeschäfte unter anderem die Veräußerung von Grundstücken, die innerhalb eines Zeitraums von nicht mehr als zehn Jahren angeschafft und veräußert werden. Nach § 23 Abs. 1 S. 2 EStG gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen als Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Gemäß § 52 Abs. 39 S. 1 EStG ist § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden, die aufgrund eines nach dem 31.12.1998 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages oder einem vergleichbaren Rechtsakt erfolgen. Im Übrigen sieht § 52 Abs. 1 S. 1 EStG die Anwendung des Gesetzes erstmals für den Veranlagungszeitraum 1999 vor, soweit nichts anderes bestimmt ist.
b) Vor Einführung des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG fiel die Überführung eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebs- in das Privatvermögen nicht unter den Anschaffungsbegriff des § 23 Abs. 1 EStG. Der Begriff ?Anschaffung? erfordert den Übergang des Wirtschaftsguts von einer Person auf eine andere, und nicht nur den Wechsel zwischen verschiedenen Vermögenssphären desselben Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 23.04.1965 VI 34/62 U, BStBl III 1965, 477).
c) Die Frage, ob die Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG erst auf Entnahmen nach dem 31.12.1998 oder auch auf Entnahmen zu einem früheren Zeitpunkt anzuwenden ist, wird unterschiedlich beantwortet.
aa) Das FG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung vom 19.12.2001 9 K 7766/00 E die Anwendung auf vor dem 01.01.1999 liegende Entnahmen abgelehnt (EFG 2002, 464; s. auch Korn/Carlé, EStG, 25. EL, August 2005, § 23 Rn. 61).
Der Veräußerungstatbestand des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sei ein einheitlicher Tatbestand, der sich aus der Anschaffung und der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes zusammensetze. Für beide Tatbestandmerkmale gelte nach § 52 Abs. 39 EStG der 01.01.1999 als frühester Anwendungszeitpunkt. § 23 Abs. 1 S. 2 EStG sei dort nicht genannt. Diese enge Auslegung sei verfassungsrechtlich geboten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die in Bezug auf die Verlängerung der Steuerfreistellungsfristen nach § 23 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vorgebracht werden, träfen in noch größerem Maße auf die Einführung der Anschaffungsfiktion zu. Hier sei nicht nur das Vertrauen in den Bestand der sog. Spekulationsfrist betroffen, sondern darüber hinaus das Vertrauen in die endgültige Steuerentstrickung des entnommenen Wirtschaftsgutes. Auf die Verlängerung der Steuerfreistellungsfrist könne sich ein Steuerpflichtiger einstellen, während die Entnahme ein irreversibler Vorgang sei, dem ein Steuerpflichtiger mit Einführung der Anschaffungsfiktion nach § 23 Abs. 1 S. 2 EStG ausgeliefert sei.
bb) Demgegenüber verweist ein Teil der Literatur darauf, dass sich § 52 Abs. 39 S. 1 EStG ausdrücklich auf solche Veräußerungsgeschäfte beziehe, bei denen die Veräußerung nach dem 31.12.1998 vorgenommen wurde (Risthaus, DB 1999, 1032, 1035). Eine Erfassung früherer Entnahmen sei auch deshalb geboten, weil nur so eine vollständige und gleichmäßige Besteuerung sichergestellt und die Vermeidung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen verhindert werden könne (Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 24. Auflage 2005, § 23 Rn. 33). Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen (BMF vom 05.10.2000, Az. IV C3 ? S 2256 ? 263/00, BStBl. I 2000, 1383, Tz. 1).
d) Die durch das Steuerentlastungsgesetz eingeführte Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG gilt nach Auffassung des erkennenden Senats erst für Entnahmen, die nach dem 31.12.1998 getätigt wurden.
Als Anwendungsvorschrift greift subsidiär § 52 Abs. 1 S. 1 EStG ein, weil in § 52 Abs. 39 EStG keine Regelung zur Geltung des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG getroffen ist. Eine solche, ausdrückliche Regelung wäre aber zu erwarten gewesen, weil § 52 Abs. 39 EStG im Übrigen ausdifferenzierte Übergangsregelungen für die geänderten Regelungen über die Veräußerungsgeschäfte beinhaltet.
§ 52 Abs. 1 S. 1 EStG sieht ausdrücklich vor, dass in Ermangelung einer besonderen Anordnung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführte Normen ab dem 01.01.1999 gelten. Die Anwendbarkeit von § 23 Abs. 1 S. 2 EStG auf vor dem Stichtag liegende Entnahmevorgänge kann auch nicht deshalb aus § 52 Abs. 39 S. 1 EStG hergeleitet werden, weil dort für die Anwendbarkeit nur auf das Veräußerungsgeschäft abgestellt wird. Diese Regelung bezieht sich nur auf die zum 01.01.1999 eingeführte Verlängerung der sog. Spekulationsfristen. § 23 Abs. 1 S. 2 EStG ist eine davon unabhängige Regelung, die das Tatbestandsmerkmal ?Anschaffung? eines Veräußerungsgeschäfts neben hierunter dem Wortlaut nach subsummierbaren Anschaffungsgeschäften wie z.B. entgeltliche Erwerbe auf die vom Wortlaut nicht umfasste Überführung aus einem Betriebs- in das Privatvermögen ausdehnt. Das ist ein von der Ausdehnung der sog. Spekulationsfrist zu unterscheidender, selbständiger Regelungsgehalt.
Nur diese isolierte Betrachtung mit der Folge der Anwendung des § 52 Abs. 1 S. 1 EStG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 2 EStG auf vor dem 01.01.1999 liegende Entnahmevorgänge wäre als allgemein unzulässige Rückbewirkung von Rechtsfolgen (echte Rückwirkung) i.S.d. Art. 20 Abs. 3 GG anzusehen. Das BVerfG unterscheidet in ständiger Rechtsprechung zwischen einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen (sog. echte Rückwirkung), die unzulässig ist, und einer tatbestandlichen Rückanknüpfung von Rechtsfolgen (sog. unechte Rückwirkung), die bei Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig ist (vgl. Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Auflage 2001, § 4 Rn. 174). Eine sog. echte Rückwirkung ist gegeben, wenn ein neues Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. (Tipke/Lang, § 4 Rn. 172). Demgegenüber liegt eine sog. unechte Rückwirkung vor, wenn sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehung für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die Rechtsposition nachträglich im Ganzen entwertet (Tipke/Lang, § 4 Rn. 172). Die Überführung eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebs- in das Privatvermögen ist eine punktuelle Handlung, die mit der nach außen erkennbaren Umwidmung des Wirtschaftsgutes vollendet ist (Hermann/Heuer/ Raupach/Jansen, EStG/KStG ? Kommentar, 208. EL, November 2002, § 23 Rn. 222). Entnahmen, die vor dem 01.01.1999 getätigt wurden, galten im Hinblick auf eine Veräußerungsgewinnbesteuerung nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 EStG in Übereinstimmung mit dem Wortlaut nicht als Anschaffung (vgl. BFH vom 23.04.1965, aaO.). Eine Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 2 EStG auf derartige schon abgeschlossene Vorgänge würde zu einer rückwirkungsrechtlich unzulässigen Umqualifikation führen.

e) Erfüllt demnach eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen bzw. eine Betriebsaufgabe als Totalentnahme vor dem 01.01.1999 nicht den Anschaffungsbegriff nach § 23 Abs. 1 S. 2 EStG, haben die Kläger durch die Aufgabe ihres landwirtschaftlichen Betriebes am 30.06.1998 samt Entnahme der zum Betrieb gehörenden Grundstücke und deren Veräußerung in den Jahren 2001 und 2002 keinen nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt. Die ursprüngliche Anschaffung der streitigen Grundstücke lag bereits Jahrzehnte zurück.

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Der BFH hat ersichtlich noch nicht darüber entschieden, ob die Anschaffungsfiktion nach § 23 Abs. 1 S. 2 EStG erst auf Entnahmen, die nach dem 31.12.1998 getätigt wurden, anzuwenden ist. Im Verfahren IV R 8/02 ist es auf Grund der außergerichtlichen Erledigung nicht zu einer rechtskräftigen Entscheidung gekommen (Beschluss vom 13.05.2004, n.v.; vgl. Hornig, DStR 2005, 857, 859).

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