Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

01.12.2005 · IWW-Abrufnummer 053123

Amtsgericht Essen: Urteil vom 23.08.2005 – 24 C 436/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Essen
Datum: 23.08.2005
Gericht: Amtsgericht Essen
Spruchkörper: Abteilung 24
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 24 C 436/04

Tenor:

1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 152,59 Euro nebst 5 % Zinsen übe dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2004 sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 750,00 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 80 %

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen 26 % der Kläger selbst und 74 % die Beklagten.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen 74 % die Beklagten selbst und 26 % der Kläger.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Den Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:
Der Kläger begehrt Schadenersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall vom 24.07.2004, der gegen 13.45 Uhr auf der H-Straße in Essen stattfand. Die Haftung ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig. Der Beklagte zu 1) wendete zum Unfallzeitpunkt mit seinem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen XXX welcher bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, verkehrswidrig neben dem Kläger, der mit seinem Motorrad die B 224 in Essen in nördlicher Richtung befuhr.

Trotz einer sofortigen Reaktion konnte der Kläger nicht verhindern, frontal den Kotflügel hinten links des Beklagtenfahrzeuges zu erfassen. Der Kläger flog hierbei über den Lenker und durch die Luft, kam auf den Asphalt auf und rutschte noch einige Meter weiter.

Der Kläger macht insgesamt einen Sachschaden in Höhe von 1.165,15 Euro geltend, der bis auf einen Betrag von 297,94 Euro während des Rechtsstreits von der Beklagten zu 2) bezahlt wurde. Hinsichtlich der Aufstellung wird ausdrücklich auf Blatt 3 d. A verwiesen.
In diesem Betrag sind Bekleidungsschäden in Höhe von 997,94 Euro enthalten. Auf diese Position hat die Beklagte 700,00 Euro gezahlt. Lediglich diese Differenz - 297,94 Euro - ist hinsichtlich des Sachschadens des Klägers zwischen den Parteien noch im Streit.

Der Kläger behauptet zu dieser Position, dass sein BMW Sport-Integralhelm, sein Rückenprotektor, seine Gore-Stiefel, seine Kradhose, seine Kradjacke und seine Lederhandschuhe, welche zwischen dem 06.02.2004 und dem 26.03.2004 angeschafft worden seien, derartig beschädigt seien, dass ohne Abzug "neu für alt" die Anschaffungskosten von 997,94 Euro zu ersetzen seien. Hierzu bezieht sich der Kläger auf eine Rechnung der Firma C, Blatt 8 d. A, eine Quittung des 3-S-Markt Essen und eine Quittung der Firma Q, beide Blatt 9 d. A.

Ferner begehrt der Kläger die Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Der Kläger behauptet, aus den ärztlichen Mitteilungen ergebe sich, dass zunächst der Verdacht einer Querschnittslähmung bestanden habe, was zu einem tiefgreifenden Schock beim Kläger und einer eintägigen stationären Krankenhausaufnahme geführt habe. Dieser Verdacht habe sich einige Tage später als nicht zutreffend herausgestellt. Letztlich habe sich als Diagnose eine HWS-Distorsion sowie multiple Prellungen ergeben.

Er sei arbeitsunfähig gewesen vom 24.07. bis zum 26.08.004. Er habe immer noch Beschwerden, insbesondere Schmerzen im Bereich der HWS, sowie Kopfschmerzen. Der Kläger ist der Ansicht, für diese Verletzungsfolgen sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,00 Euro anzusetzen. Hierzu bezieht sich der Kläger auf ein ärztliches Attest des Professor Dr. med. T, St.-F-Hospital, vom 09.09.2004, Blatt 13d
A.
Ferner bezieht er sich auf einen Unfallbericht des St.-F-Hospitals, Blatt 14 d.A., sowie auf einen Arztbrief des gleichen Krankenhauses vom 06.08.04, Blatt 15 f d.A. Außerdem bezieht er sich auf Aufenthaltsbescheinigung des Krankenhauses, Blatt 17 sowie einen Kurzbericht vom 27.07.04, Blatt 18 d.A.

Der Kläger behauptet, dass die Erstbeschwerden sich Anfang Oktober zwar reduziert hätten, er jedoch ein auftretendes Kribbeln in den Händen sowie eine Kraftminderung der rechten Hand bemerkt habe. Entsprechende Symptome hätten sich bereits unmittelbar nach dem Unfall gezeigt, er sei aber zunächst davon ausgegangen, dass dies schnell vorübergehen werde, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Diese Beschwerden würden auch regelmäßig wieder eintreten, jeweils für mehrere Wochen. Es sei gemäß ärztlichem Attest vom 06.01.2005, Blatt 64 d.A., nunmehr sogar eine Kur erforderlich. Auch krankengymnastische Behandlungen müssten fortgeführt werden. Es sei möglicherweise sogar von einem Dauerschaden auszugehen.

Der Kläger bezieht sich hierzu auf die Bescheinigungen zur Arbeitsunfähigkeit, Blatt 57 ff. d.A., den neurologischen Befund des Herrn L 1, Blatt 61 d.A., das Attest der Gemeinschaftspraxis Dr. med. M/Q1, Blatt 62 d.A. und die ärztliche Verordnung von Blatt 65 d.A.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt,

1.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.165,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichtes gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen.

Die Klage wurde am 04.12.2004 zugestellt.

Nach Rechtshängigkeit zahlten die Beklagten auf die Klageforderung 1.617,21 Euro, wobei 700,00 Euro auf die streitige Position Bekleidung und 750,00 Euro auf die streitige Position Schmerzensgeld entfallen sind; im übrigen sind sämtliche geltend gemachten Ansprüche des Klägers durch diese Zahlung erfüllt.

Nach übereinstimmender teilweiser Erledigungserklärung der Parteien beantragt der Kläger nunmehr,

1.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 297,97 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichtes, mindestens 1.250,00 Euro betragendes Schmerzensgeld zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, die auf die streitigen Positionen gezahlten 700,00 Euro (Kleiderschaden) bzw. 750,00 Euro (Schmerzensgeld) seien angemessen und ausreichend. Die Beklagten vertreten die Ansicht, der Kläger habe sich für die Kleidungsstücke ein Abzug "neu für alt" gefallen zu lassen, da es sich um Gebrauchskleidung handele, die rapide an Wert verliere und zum Zeitpunkt des Unfalls mit Sicherheit auch bereits Gebrauchsspuren aufgewiesen habe.

Der vom Kläger begehrte Schmerzensgeldbetrag stehe außerhalb aller Relationen zu vergleichbaren Fällen und ließe sich auch aus den Feststellungen zu Art und Schwere der Verletzungen der vorgelegten Bescheinigung nicht ableiten. Die Beklagten behaupten hierzu, die von Anfang an richtige und einzig auf das Unfallgeschehen zurückzuführende Diagnose einer HWS-Distorsion mit Prellung der rechten Schulter, des rechten Ellenbogens sowie der rechten Hüfte, welche keiner besonderen weiteren Versorgung bedurft hätten und neben Kühlung und Schonung lediglich die Verordnung von Schmerzmittel und eines Salbenverbandes zur Folge gehabt hätten. Beschwerden oder neurologische Defizite seien auch vom Kläger selbst nicht angegeben worden, weshalb der Kläger nach eintägiger stationärer Aufnahme entlassen werden konnte.

Soweit der Kläger nunmehr Komplikationen im Heilungsverlauf vortrage, fehle es insoweit an jeder Objektivierung dieser Behauptung. Auch aus den zwischenzeitlich vorgelegten ärztlichen Berichten ergebe sich auch nicht im Ansatz die Möglichkeit eines Dauerschadens. Sämtliche in den Arztberichten aufgenommene Beschwerden seien das Ergebnis anamestischer Erklärungen des Klägers und insoweit einer Objektivierung nicht zugänglich. Eine Kausalität zum Unfallgeschehen bestehe nicht. Die Arztberichte wiesen auch unterschiedliche Ergebnisse auf.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

Wegen des Beweisbeschlusses wird auf die Anlage zum Protokoll vom 17.03.2005, Blatt 73 d.A. Bezug genommen.

Wegen des Sachverständigengutachtens der Dr. med. I und Dr. med. M1 vom 30.05.2005 wird auf Blatt 83 ff d.A. ausdrücklich Bezug genommen.
Die Parteivertreter stimmten einer Entscheidung des Gerichtes im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Absatz 2 ZPO zu, Blatt 136 f d.A.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung weiterer 152,59 Euro für den erlittenen Bekleidungsschaden und weiterer 750 Euro als Schmerzensgeld gegen die Beklagten.

Im Übrigen sind sämtliche Ansprüche des Klägers erfüllt.

Der Kläger hat einen grundsätzlichen Anspruch auf Ersatz seines Sachschadens aus §§ 7 Absatz 1 StVG, 3 Nummer 1 und 2 PflichtVersG, 249 ff BGB.

Denn die Haftung der Beklagten für den vom Beklagten zu 1) verursachten Verkehrsunfall ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig.

Soweit der Kläger hier den Ersatz von weiteren 297,94 Euro für seine beschädigte Motorradkleidung begehrt, war die Klage nur teilweise erfolgreich, da sich aus den vom Kläger vorgelegten Belegen lediglich ein Kaufpreis für die beschädigte Motorradkleidung in Höhe von 852,59 Euro ergibt. Soweit der Kläger vorgetragen hat, es handele sich insoweit um Nachlässe auf Ausstellungsstücke, die nicht für die Kosten einer Neuanschaffung zugrunde gelegt werden könnten, ist dies beklagtenseits bestritten worden. Hierzu ist nicht weiter vorgetragen bzw. keinerlei Beweis erfolgt.

Somit kann das Gericht grundsätzlich überhaupt nur von belegten, Anschaffungskosten von 852,59 Euro ausgehen, auf die bereits 700,00 Euro gezahlt wurden.

Ein Abzug neu für alt ist hingegen nicht vorzunehmen. Zwar ist grundsätzlich zutreffend, dass beim Ersatz einer gebrauchten Sache durch eine neue dies zu einer Werterhöhung beim Geschädigten führen kann. Dazu muss sich aber die Werterhöhung für den Geschädigten günstig auswirken (Palandt, BGB, Kommentar, 63. Auflage, vor § 249, Rdnr. 146 m.w.N.). Berücksichtigt man hier die lange Lebensdauer von Motorradkleidung einerseits und die kurze Besitzdauer beim Kläger andererseits, dann würde sich der Ersatz von langlebiger Motorradkleidung nach rund 5 Monaten nicht günstig für ihn auswirken, da die Kleidung bis dahin zur Überzeugung des Gerichtes nicht messbar an Wert verloren hatte.

Der Kläger hat ferner aus §§ 7 Abs.1, 11 StVO, 3 Nr. 1 und 2 PflVG, 253 Absatz 2 BGB einen Anspruch auf Schmerzensgeld für die erlittene Körperverletzung.

Hier ist das Gericht im Rahmen des ihm nach § 287 ZPO eingeräumten Ermessens der Ansicht, dass der mit der Verurteilung erreichte Schmerzensgeldbetrag von insgesamt 1.500 Euro angemessen aber auch ausreichend ist.

Das Gericht stützt sich hierbei insgesamt auf das eingeholte Sachverständigengutachten. Dieses ist in sich schlüssig, widerspruchsfrei und auch in seinen Schlussfolgerungen für das Gericht nachvollziehbar. Der Gutachter kommt auf Basis der Gerichtsakte und der eigenen Begutachtung des Klägers am 03.05.05 zu dem Ergebnis, dass sich keine sicheren Hinweise auf das Vorliegen von verletzungsfördernden Faktoren beim Kläger ergeben haben.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Bildgebung kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass eine HWS-Distorsion als Unfallfolge ohne weiteres nachvollziehbar ist. Es gibt aber auch keine sicheren Hinweise darauf, dass eine schwerwiegendere Verletzung als eine solche Distorsion der HWS aufgetreten wäre. Aus orthopädischer Sicht sind die Beschwerden des Klägers spätestens ab Ende Juli 2005 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr als unfallbedingt zu betrachten.

Soweit der Kläger über Gefühlsstörungen in der rechten Hand klagt, führt der Sachverständige dies auf ein Carpaltunnelsyndrom zurück, welches beim erstmaligen Auftreten ca. 3 Monate nach dem Unfallereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen eine unfallbedingte Verursachung spräche.

Orthopädisch nachvollziehbar seien auch die vorgetragenen Prellungen.
Hinweise auf schwerwiegendere Verletzungen im Bereich der rechten Schulter, des Ellenbogens oder des rechten Hüftgelenks läge nicht vor.

Diesbezügliche Beschwerden seien nach ca. 1 Woche vollständig abgeklungen.
Somit steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger unfallbedingt unter einer HWS-Distorsion und multiplen Prellungen gelitten hat, verbunden mit einer rund 5-wöchigen Arbeitsunfähigkeit.

Zur Überzeugung des Gerichtes konnte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes aber nicht außer Betracht belieben, dass der Kläger bei der Untersuchung am 26.07.04 über eine mögliche Querschnittslähmung als Folge der beim Röntgen festgestellten möglichen Bandruptur zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel aufgeklärt und von dieser möglichen Diagnose erheblich verängstigt und geschockt war. Dieser Sachverhalt steht aufgrund der völlig glaubhaften Einlassung des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Verbindung mit dem Attest des Dr. T v. 09.09.04 zur Überzeugung des Gerichtes fest und führte zur einer - wenn auch nur eintägigen - stationären Aufnahme des Klägers verbunden mit einem Tag voller gesundheitlicher Ungewissheit. Dies ist auch eine adäquat kausale Unfallfolge, die zu berücksichtigen ist.

Daher war hier das Schmerzengeld über den üblichen und angemessenen Betrag, der für eine vergleichbare HWS-Distorsion in sonstigen Fällen festgesetzt wird, deutlich zu erhöhen.
Da aber nach dem Gutachten das diagnostizierte Caraplatunnelsyndrom nicht unfallbedingt ist und die unfallbedingten Beschwerden des Klägers zum Entscheidungszeitpunkt als ausgeheilt gelten, ist ein Schmerzengeld von insgesamt 1.500,00 Euro ausreichend.
Auch insoweit war die Klage teilweise abzuweisen.

Die Nebenentscheidung ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Absatz 1 ZPO bzw. hinsichtlich des erledigten Teiles aus §§ 91 a, 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

RechtsgebietVerkehrsrechtVorschriften§ 7, § 11 StVO, § 253 BGB

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr