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20.10.2005 · IWW-Abrufnummer 052957

Landgericht Berlin: Urteil vom 18.03.2004 – 7 S 57/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landgericht Berlin

Urteil

Geschäfts-Nr. 7 S 57/03
8 C 430/02 Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg

verkündert am 18.3.2004

In dem Rechtsstreit XXX

hat die Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin in 10589 Berlin, Tegeler Weg 17-21, auf die mündliche Verhandlung vom 26.2.2004 durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. Juli 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg, Gesch.-Z.: 8 C 430/02 wie folgt geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.408;91- ? nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem.10. September 2002 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 % vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

II. Dem Kläger steht - entgegen der Auffassung des Amtsgerichts - der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von insgesamt 1.408,91 ? aus dem zwischen den Parteien zur Versicherungsschein Nr.: 61330576-46 geschlossenen Hausratversicherungsvertrag iVm. VHB 92,. §§ 1 Abs.1 S. 1, 49 ff. VVG wegen des am 3. Oktober 2001 festgestellten ? und zwischen den Parteien unstreitigen - Einbruchdiebstahls in seinen Keller zu.

1. Ein versicherter Einbruchdiebstahl iSv. § 5 Nr. 1 a) VHB 92 ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

2. Die Beklagte ist nicht nach § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des
Einbruchdiebstahls leistungsfrei.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger den Versicherungsfall - hier also den Einbruchdiebstahl iSv. § 5 Nr. 1 a) VHB 92 -überhaupt schon iSv. § 61 VVG herbeigeführt hat. Unter "Herbeiführen" iSv. § 61 VVG wird in der Diebstahlversicherung allgemein "die deutliche (erhebliche) Unterschreitung des versicherungsvertragsgemäß vorausgesetzten Standards an Sicherheit gegenüber der Diebstahlgefahr" verstanden (z. B. BGH VersR 1984, 29; VersR 1989,141; KG VersR 1996, 972). Soweit eine solche Unterschreitung des Sicherheitsstandards bei der Entwendung von im Kellerverschlag eines Mehrfamilienhauses aufbewahrten Sachen regelmäßig - und auch von der Beklagten - damit begründet wird, dass erfahrungsgemäß in einen Keller leichter eingebrochen werden könne, da insbesondere die Diebe im Keller nicht ständig mit Hausbewohnern rechnen müssten, und daher unbeeinträchtigt vorgehen könnten, die Kellerverschläge zudem durch Vorhängeschlösser schlechter gesichert seien als die Wohnungseingangstüren mit ihren zumeist vorhandenen Sicherheitsschlössern und in Mehrfamilienhäusern letztlich auch nicht sichergestellt sei, dass die verschließbare Zugangstür tatsächlich stets verschlossen sei, da bei einer Benutzung durch mehrere Personen Nachlässigkeiten beim Abschließen nicht auszuschließen seien (so z. B. KG aaO.), würde dies jedoch dazu führen, dass die Lagerung von Sachen im Kellerverschlag eines Mehrfamilienhauses stets den Versicherungsfall des Einbruchdiebstahls herbeiführt. Dieses Verständnis erscheint jedoch nicht nur angesichts des Umstandes, dass es sich bei § 61 VVG um einen subjektiven Risikoausschluss handelt, der eng auszulegen ist: sondern auch der damit bewirkten Aushöhlung des Versicherungsschutzes zweifelhaft.

Der Kläger handelte jedoch jedenfalls nicht grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein objektiv und auch subjektiv Unentschuldbares Fehlverhalten in besonders schwerem Maße außer acht gelassen worden ist, so dass also ein gegenüber gewöhnlicher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden vorgelegen haben muss; es müssen einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet worden sein, was im gegebenen Fall. jedermann hätte einleuchten müssen (z.B. Palandt- Heinrichs, 63.Aufl. 2004, § 277 BGB, Rdnr. 5 mwN.). Das ist hier aber nicht der Fall. Denn selbst wenn dem Kläger die erhöhte Diebstahlanfälligkeit des Kellerraums bekannt gewesen sein sollte bzw. müsste, musste sich ihm hier angesichts des im Zeitpunkt der Entwendung - objektiv - geringen (Zeit-) Werts der gestohlenen Gegenstände (im wesentlichen fast zwei Jahre alte Rechner zu einem Kaufpreis von damals 869,30 ? und Monitor zu einem Kaufpreis von damals 204,01 ?) von etwa 500,-- ? und wegen der geplanten nur vorübergehenden und kurzfristigen Lagerung der Sachen im Keller während der Wohnungsrenovierung nicht ohne weiteres aufdrängen, dass der Kellerverschlag möglicherweise kein geeigneter Raum für die Unterbringung der Sachen war; auch wenn es sich hierbei nicht um "kellertypische" Gegenstände handeln sollte, was aber nach der Verkehrsauffassung auch zweifelhaft sein könnte.

Dem Einwand der Beklagten, dass es auf den Wert der gestohlenen Gegenstände nicht ankomme, sondern allein darauf, ob es sich um "kellertypische" Sache handle oder nicht, war nicht zu folgen. Soweit sie sich dazu auf die von ihr selbst vorgelegte und zitierte Entscheidung der Kammer vom 21. März 1996, 7 O 146/95 stützt, folgt dies daraus nicht, da auch danach grobe Fahrlässigkeit ausscheiden kann, wenn neben "kellertypischen" Sachen "weniger wertvoller Hausrat? im Keller gelagert Wird. Auch verkennt die Beklagte hierbei, dass es bei der Wertbestimmung nicht auf den Anschaffungspreis, sondern nur den - objektiven -Wert im Zeitpunkt der Einlagerung ankommen kann. Die Beklagte beachtet hierbei auch nicht ? wie insgesamt -, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 61 VVG ihr obliegt; so geht ein bloßes Bestreiten des Voraussetzungen des .§ 61, VVG ins Leere. Die von ihr in diesem Zusammenhang noch eingewandte Gefahr "einer Zwei-Klassen-Justiz", da ?für einen Millionär auch der teure Pelzmantel im Keller (...) wertmäßig eher gering zu veranschlagen sein" wird, ist fernliegend und verkennt den zugrunde zu legenden objektiven Maßstab.

Soweit sie ferner meint, dass es für die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit nicht darauf ankomme, ob eine nur vorübergehende kurzfristige oder dauerhafte Lagerung im Keller beabsichtigt ist, verkennt sie offensichtlich die Verschuldensanforderungen. Zuzugeben ist ihr insoweit, dass es Sachen gibt, deren Aufbewahrung - unabhängig von deren beabsichtigter Dauer - allein schon wegen ihres Wertes den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen kann (z. B. zwei Teppiche im Wert von insgesamt knapp 10.000,-- ? [so KG aaO.]). Um einen solchen Fall . handelt es sich hierbei aber nicht.

Inwieweit es für die Frage der groben Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers nach Ansicht der Beklagten ferner "ausschlaggebend" sein soll, "ob der Versicherer mit der Unterbringung solcher Gegenstände im Keller von ihrer Art her rechnen muss oder nicht", ist nicht nachvollziehbar.

3. Die Klage ist auch der Höhe nach begründet, da der nach § 18 Nr. 1 a), 2 VHB 92 zu ersetzende Wiederbeschaffungswert in Höhe der Klageforderung zwischen den Parteien unstreitig ist.

4. Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286 Abs. 1 BGB, 288 Abs. 1 BGB, .11 VVG.

III. Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da dessen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 .S.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

RechtsgebietVersicherungsrechtVorschriften§ 61 VVG

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