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17.03.2005 · IWW-Abrufnummer 050752

Oberlandesgericht München: Urteil vom 05.03.2004 – 14 U 495/03

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Die Sache wurde durch Berufungsrücknahme erledigt. Es ist also kein Urteil ergangen.

Nachfolgend die Entscheidung der Vorinstanz

Landgericht Memmingen

Az: 2 O 5/03

Endurteil

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Feststellung

Verkündet am 24. April 2003

hat das Landgericht Memmingen ? 2. Zivilkammer ? Einzelrichter durch den Richter am Landgericht Hasler aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2003 für Recht erkannt:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger macht gegen die Beklagte als Unfallversicherer einen Anspruch auf Neubemessung des Grades der Invalidität geltend.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Unfallversicherung. Diesem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen 88 (AUB 88) zugrunde.

Am 29.01.1997 erlitt der Kläger einen Skiunfall. Er zog sich einen Riss des hinteren Kreuzbandes links, eine Kniegelenksdistorsion, einen blutigen Gelenkerguß am linken Kniegelenk und eine Sprunggelenkdistorsion rechts mit Riss der Außenbänder am rechten oberen Sprunggelenk zu. Der durch den Unfall erlittene Schaden wurde gutachterlich nach Gliedertaxe bezogen auf das linke Bein mit 1/3 eingestuft. Aufgrund des eingeholten Gutachtens des Dr. med. ... vom 24.07.1999 hat die Beklagte die dauernde Funktionsbeeinträchtigung des linken Beines mit 1/3 angesetzt und die dem Versicherungsvertrag entsprechende Invaliditätsleistung von 44.660,00 DM an den Kläger ausbezahlt.

Die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung durch die Beklagte teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 23.09.1999 (Anlage K 3) mit.

Mit Schreiben vom 29.12.1999 (Anlage K 4) teilt der Kläger der Beklagten mit, er sei seit dem Unfall nicht mehr beschwerdenfrei und sehe die Sache als noch nicht ausgeheilt an. Die Angelegenheit betrachte er als noch nicht abgeschlossen. Wegen der Einzelheiten des Schreibens des Klägers wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen.

Unter dem 16.02.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, da das dritte Unfalljahr bereits abgelaufen sei, eine medizinische Prüfung nicht vorgenommen werden könne und der Schadensfall als abgeschlossen betrachtet werde. Wegen der Einzelheiten des Schreibens der Beklagten wird auf die Anlage K 5 Bezug genommen.

Mit Anwaltsschreiben vom 28.12.2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine abschließende Begutachtung unter Einbeziehung der während der weiteren Behandlung des Klägers gewonnenen Erkenntnisse vorzunehmen. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Anlage K 10 verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung,

er habe ein Recht auf Neubemessung des Grades der Invalidität. Das Verklagen auf Neubemessung könne nach § 11 Abs. 4 AUB 88 längstens bis zu 3 Jahre nach dem Eintritt des Unfalls gestellt werden. Dies sei mit dem Schreiben des Klägers vom 29.12.1999 geschehen.

Der Kläger beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Grad der Invalidität aus dem Unfall des Klägers vom 29.01.1997 auf den 28.01.2000 neu bemessen zu lassen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Auffassung,

das Feststellungsinteresse für die Feststellungsklage des Klägers fehle, der Kläger könnte Leistungsklage erheben.

Die Beklagte wendet zudem Verjährung ein, nachdem die Klageschrift unstreitig den Eingangsstempel 02.01.2003 trägt.

Das Begehren einer Neufeststellung der Invalidität sei verfristet. Der Kläger greife mit seinem Vorbringen eigentlich auch die Bewertung der ursprünglichen Feststellungen des Gutachtens an, berufe sich aber nicht auf nachträglich eingetretene Veränderungen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den hierzu vorgelegten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Klage ist zulässig. Die Klage ist zulässig im Gerichtsstand nach § 48 VVG erhoben, nachdem der Versicherungsvertrag unter Vermittlung der Generalagentur ... in ... abgeschlossen wurde.

Die vom Kläger erhobene Feststellungsklage ist auch zulässig. In Fällen wie dem hier vorliegenden braucht sich der Versicherungsnehmer nicht von vorn herein auf einen bestimmten Invaliditätsgrad festzulegen (vgl. OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 03.12.1997, Aktenzeichen 7 U 18/96). Das erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers ist mithin gegeben.

II.
Die Klage hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Zwar ist der Anspruch des Klägers nicht nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Nach dem Ablehnungsschreiben der Versicherung vom 16.02.2000 musste die Klageerhebung binnen zweier Jahre nach Abschluss des Kalenderjahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann, erfolgen, hier also bis spätestens zum 31.12.2002. Die Klage ist fristgerecht erhoben worden. Zwar weist der Eingangsstempel der Klageschrift das Datum ?02. Januar 2003? auf. Das Gericht ist nach der eidesstattlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 06.03.2003 (Anlage K 19) und der eingeholten dienstlichen Stellungnahme des Gerichtswachtmeisters beim Landgericht Memmingen vom 17.03.2003 (Bl. 21 d. A.) aber davon überzeugt, dass die Klageschrift am 31.12.2002 beim Landgericht Memmingen eingereicht worden ist. Ausweislich der Erklärung des Gerichtswachtmeisters beim Landgericht Memmingen erhielten auch die Schriftstücke, die am 31.12.2002 bei Gericht eingingen den Eingangsstempel ?02. Januar 2003?.

Das Begehren des Klägers auf Neufeststellung seiner Invalidität ist aber verfristet: Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AUB 88 ist der Versicherungsnehmer berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahre nach Eintritt des Unfalls, erneut ärztlich bemessen zu lassen. Dieses Recht auf eine Neufeststellung setzt aber gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 AUB 88 zunächst voraus, dass der Versicherungsnehmer dieses Recht innerhalb eines Monats nach Zugang der nach § 11 Abs. 1 AUB 88 abzugebenden Anerkenntniserklärung des Versicherers ausübt. Daran fehlt es hier: Der Kläger hat auf die Erklärung der Beklagten vom 23.09.1999 (Anlage K 3), mit der diese gemäß § 11 Abs. 1 AUB 88 die Ansprüche des Klägers aus dem Versicherungsfall anerkannt hat, zunächst nicht reagiert. Erst über drei Monate später, mit Schreiben vom 29.12.1999 (Anlage K 4) hat der Kläger gegenüber der Beklagten erklärt, er sehe die Angelegenheit noch nicht als abgeschlossen an. Mit diesem Schreiben kommt der Wille des Klägers zum Ausdruck, sich eine Neubemessung der Invalidität vorbehalten zu wollen.

Unabhängig davon, welche Rechtsfolgen sich aus der Nichteinhaltung der Monatsfrist des § 11 Abs. 4 Satz 2 AUB 88 durch den Kläger ergeben, hat der Kläger auch den Antrag auf Durchführung der Neufeststellung zu spät gestellt. Dieser Antrag kann, wie sich aus § 11 Abs. 4 Satz 1 AUB 88 ergibt, nur längstens bis zu drei Jahre nach dem Unfallereignis gestellt werden, und zwar noch so rechtzeitig, dass die ärztliche Untersuchung nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge noch vor Ablauf der Frist möglich ist (vgl. BGH, VersR 1994, 971; OLG Hamm, VersR 1989, 581; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl. 1998, § 11 AUB 88, Rdnr. 9). Daran fehlt es hier. Ein Antrag auf Durchführung einer Neufestsetzung der Invalidität liegt im Schreiben des Klägers vom 29.12.1999 nicht vor. Dieser Antrag wurde erstmals mit dem Anwaltsschreiben vom 21.12.2000 gestellt und damit fast vier Jahre nach dem Unfallereignis. Der Antrag ist damit verfristet, worauf sich die Beklagte auch beruft.

Ein weiterer Invaliditätsgrad ist mithin innerhalb der Zeit von drei Jahren, gerechnet ab dem Unfallereignis nicht festgestellt worden.

Der Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung Augsburg vom 09.01.2002, der dem Kläger einen Grad der Behinderung vom 40 % bestätigt, vermag die den Versicherungsvertraglichen Bedingungen entsprechende Feststellung des Invaliditätsgrades nicht zu ersetzen, zumal nicht ersichtlich ist, dass die Beklagte an dem Feststellungsverfahren des Amtes für Versorgung und Familienförderung ... beteiligt gewesen ist.

Damit steht der im streitgegenständlichen Fall festgestellte Invaliditätsgrad fest. Eine nachträgliche Neufeststellung aufgrund des Antrages des Klägers vom 28.12.2000 kommt nicht mehr in Betracht.

Die Begrenzung der Versicherungsleistung auf einen Invaliditätsgrad, der innerhalb einer bestimmten Zeitspanne festgestellt wird, ist auch zulässig (vgl. LG Düsseldorf, NJW-RR 988, 281).

Eine andere Bewertung des Sachverhalts ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Insbesondere bestand für die Beklagte keine Verpflichtung, den Kläger unmittelbar nach Erhalt des klägerischen Schreibens vom 29.12.1999 auf die Dreijahresfrist des § 11 Abs. 4 Satz 1 AUB 88 hinzuweisen. Die Beklagte hat auch nicht den Eindruck vermittelt, sich nicht auf die Verfristung des Neufeststellungsverlangens berufen zu wollen.

Die Klage war demzufolge abzuweisen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

RechtsgebieteVersicherungsrecht, InvaliditätVorschriften§ 12 Abs. 1 VVG; § 11 AUB 88

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