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28.12.2004 · IWW-Abrufnummer 042831

Finanzgericht des Saarlandes: Urteil vom 31.05.2001 – 1 K 114/00

Wochenendheimfahrten eines auswärts beschäftigten ledigen Arbeitnehmers in die elterliche Wohnung als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; Fahrtaufwendungen eines Aktionärs zu Hauptversammlungen


1 K 114/00

FINANZGERICHT DES SAARLANDES

URTEIL

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit XXX

wegen Einkommensteuer 1990 und 1991

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes unter Mitwirkung XXX aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2001 für R e c h t erkannt:

Unter Änderung der Bescheide vom 29. August und 23. September 1994, beide in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. April 1996, wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer 1990 und 1991 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von 310 DM für 1990 und 1.481 DM für 1991 neu zu berechnen.

Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 77/100 und dem Beklagten zu 23/100 auferlegt.

Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Rechtsmittelbelehrung XXX

Tatbestand

Der Kläger wohnte seit April 1992 in S (Bl. 11 FG; 25 Rb 90). Bis dahin hatte er seinen Hauptwohnsitz in H in der Wohnung seiner Eltern (Bl. 14 Rb 90). Daneben unterhielt er in den Streitjahren 1990 und 1991 einen Zweitwohnsitz in N bzw. St, wo er bis Ende September 1991 zunächst in N und ab dann in St als leitender kaufmännischer Angestellter berufstätig war (Bl. 2, 6 Rs., 11 Rb 90; 11, 25 Rb 91).

In seinen 1994 beim Beklagten für die Streitjahre eingereichten Einkommensteuererklärungen machte er neben PKW-Fahrtkosten zwischen seinen auswärtigen Arbeitsstätten und den dortigen Wohnungen u.a. auch solche zwischen ersteren und H geltend, und zwar für
· 58 (1990) bzw. 44 Fahrten (1991) zu je 304 Entfernungskilometern (N) und
· 25 Fahrten zu je 184 Entfernungskilometern (St).
Für 1991 rechnete er zusätzlich vier PKW-Wohnungssuch- und sieben PKW-Umzugsfahrten zwischen N und St nach gefahrenen Kilometern ab. Dabei setzte er für die einzelnen Umzugsfahrten 302 km an (Bl. 7 Rb 90; 11 Rb 91).

In den Anlagen KSO erklärte der Kläger für die Streitjahre Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.124,81 bzw. 1.791,72 DM, darunter 207,14 bzw. 312,18 DM aus Aktienbesitz (Bl. 4 Rb 90; 6 Rb 91). Hierzu machte er Werbungskosten für PKW-Fahrtaufwendungen zwecks Teilnahme an Aktionärsversammlungen in Höhe von 522,48 bzw. 1.073,52 DM geltend, die er ebenfalls nach gefahrenen Kilometern abrechnete (Bl. 16 Rb 90; 6 Rb 91).

Im Einkommensteuerbescheid 1990 vom 29. August 1994 (Bl. 30 ff. Rb 90) erkannte der Beklagte die Heimfahrten nach H nur für 45 Tage an (Bl. 32 Rb 90). Im Einkommensteuerbescheid 1991 vom 23. September 1994 (Bl. 27 ff. Rb 91) berücksichtigte er die Fahrtaufwendungen zu den Hauptversammlungen nicht und die Umzugskosten lediglich pauschal mit 500 DM (Bl. 29 u. 29 Rs. Rb 91).

Die Einsprüche wies der Beklagte unter Änderung der Einkommensteuer 1990 und 1991 durch Entscheidung vom 1. April 1996 als unbegründet zurück (Bl. 10 ff.).

Mit seiner am 26. April 1996 erhobenen Klage beantragt der Kläger,
unter Änderung der Bescheide vom 29. August und 23. September 1994, beide in Form der Einspruchsentscheidung vom 1. April 1996, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung sämtlicher erklärter Fahrtwerbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen festzusetzen, und zwar für
1990: in Höhe von insgesamt 10.766 statt 8.468 DM und
1991: in Höhe von insgesamt 19.790 statt 14.442 DM.

Hierzu trägt er vor: Seine Angaben zu den Fahrtaufwendungen zwischen seiner damaligen H?er Hauptwohnung und seinen beiden auswärtigen Arbeitsstätten sowie zu den Hauptversammlungen der Aktiengesellschaften, deren Aktien er gehalten habe, habe er bereits im Verwaltungsverfahren durch die Bestätigung seines Vaters vom 11. Februar 1996 belegt.

Heimfahrten seien ihm unter der Woche möglich gewesen, weil ihm vom Arbeitgeber gestattet worden sei, seine aufgrund einer Wochenarbeitszeit von 45 bis 60 Stunden angefallenen Überstunden wenigstens zum Teil halbtagsweise abzubauen (Bl. 1).

Dem Schreiben vom 19. Februar 1996 sei die Aufstellung der 1991 durchgeführten Fahrten zwischen H und N sowie zwischen N und St beigefügt gewesen (Bl. 25-30). Die Wohnungssuche im Großraum St habe sich schwierig gestaltet (Bl. 2). Um die Kosten dafür und für den Umzug nach St niedrig zu halten, habe er dazu seinen PKW benutzt (Bl. 2).

Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung und sein Schreiben vom 15. Februar 1996 führt er aus (Bl. 9, 37 FG mit 41 f. Rb 91): Während des Verwaltungsverfahrens habe der Kläger als benutztes Fahrzeug für seine Fahrten zwischen H und seinen beiden auswärtigen Arbeitsstätten ausschließlich den PKW XXX-A 318 angegeben (Bl. 9). Der nunmehr vorgelegte Nutzungsvertrag für ein zweites Fahrzeug betreffe nicht die Streitjahre (Bl. 37).

Das nachgereichte ?Fahrtenbuch? enthalte weder Kilometeranfangs- noch -endstände, noch weise es private Fahrstrecken aus (Bl. 37). Obwohl bereits das nicht glaubhaft sei (Bl. 37), sei in der Einspruchsentscheidung (Bl. 13) zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen worden, dass er für seine Privatfahrten zwei andere eigene PKW benutzt habe.

Der Kläger habe die 1991 mit dem PKW XXX-A 318 beruflich gefahrene Fahrtstrecke mit insgesamt 42.116 km angegeben, während er die Gesamtlaufleistung dieses Fahrzeuges für den längeren Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis 18. Mai 1993 auf 37.500 km beziffere (Bl. 42 Rb 91 mit Bl. 11 Rb 90).

Schließlich seien auch die Fahrten zu den Aktionärsversammlungen - etwa durch entsprechende Einladungen - nicht nachgewiesen worden (Bl. 9).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Verwaltungs- und im Klageverfahren, auf das Sitzungsprotokoll und auf den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur zum geringeren Teil begründet.

1. Rechtsgrundlagen

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG - hinaus nicht nur Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, sondern alle Aufwendungen, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Da Werbungskosten steuermindernd wirken, trifft die objektive Feststellungslast (Beweislast) für ihre Voraussetzungen den Steuerpflichtigen. Unterbleibt der konkrete Nachweis können sie gegebenenfalls nach Maßgabe der §§ 162 Abgabenordnung (AO), 96 Abs. 1 Halbsatz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) geschätzt werden.

b) Zu den Werbungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG insbesondere auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Wohnungen, so sind die Fahrten von und zu einer Wohnung, die nicht der Arbeitsstätte am nächsten liegt, nur zu berücksichtigen, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers bildet und nicht nur gelegentlich aufgesucht wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 Satz 3 EStG in der Fassung ab 1990).

Als Wohnung in diesem Sinne gilt auch das Zimmer eines ledigen Arbeitnehmers im Haus der Eltern. Allerdings wird sich bei ledigen Arbeitnehmern der Mittelpunkt der Lebensinteressen regelmäßig dort befinden, von wo aus sie sich überwiegend zur Arbeit begeben. Ausnahmsweise bildet aber die weiter entfernt liegende Wohnung dann den Mittelpunkt der Lebensinteressen, wenn die engeren persönlichen und sachlichen Beziehungen zu diesem Ort bestehen. Solche Beziehungen können ihren Ausdruck in besonderen persönlichen Bindungen (Eltern, Verlobte, Freundes- und Bekanntenkreis) wie auch in Vereinszugehörigkeiten oder anderen Aktivitäten finden, wegen welcher sich eine Person gerade an ihrem Heimatort besonders verwurzelt fühlt (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1985 VI R 7/83, BStBl II 1986, 221; FG des Saarlandes, Urteil vom 28. Februar 1995 2 K 141/93, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG 1995, 519; FG München, Urteil vom 21. Juni 1995 1 K 1250/93, EFG 1996, 744). Das bedeutet, dass sich der ledige Arbeitnehmer nachhaltig dort aufhalten muss (FG München a.a.O.). Wann das der Fall ist, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab und ist an Hand von Indizien zu ermitteln.

Nach der Rechtsprechung des BFH ist Nachhaltigkeit anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer weitgehend an dem von der Arbeitsstätte weiter entfernten Ort seiner besonderen Beziehungen lebt (BFH-Urteil vom 2. August 1985 VI R 171/82, BFH/NV 1986, 89). Das ist dann der Fall, wenn sich der ledige Arbeitnehmer an diesem Ort so oft wie möglich an den Wochenenden und seiner sonstigen Freizeit aufhält (s. z.B. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1985 VI R 7/83, BStBl II 1986, 221: ausreichend 45 Jahresfahrten zum geltend gemachten Ort des Lebensmittelpunktes).

Hält sich der ledige Arbeitnehmer in diesem Sinne nicht nur gelegentlich in der weiter entfernten Wohnung auf, so sind die Aufwendungen für die Fahrten zwischen dieser Wohnung und der auswärtigen Arbeitsstätte - unabhängig von ihrer Entfernung (dazu grundlegend BFH, BStBl II 1986, 221) - nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in gleicher Weise als Werbungskosten absetzbar wie die Fahrten zwischen der Wohnung am oder in der Nähe des auswärtigen Arbeitsortes. Nach Satz 4 dieser Vorschrift konnten als solche Werbungskosten in den Streitjahren 0,50 DM (1990) bzw. 0,58 DM (1991) je Entfernungskilometer abgesetzt werden. Dabei waren und sind nach ständiger Steuerrechtsprechung mit dem jeweiligen Pauschsatz die gewöhnlichen Kfz-Unterhaltungs- und -Nebenkosten wie z.B. Treibstoff, laufende Reparaturen, Kfz-Steuer und -versicherung, Kreditzinsen und Abschreibung abgegolten.

c) Nicht mit umfasst sind dagegen solche Fahrtaufwendungen, die nicht im Zusammenhang mit den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte stehen, die aber ebenfalls durch die Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen veranlasst sind. Dazu gehören Fahrtkosten mit dem eigenen PKW, die durch einen Arbeitsplatzwechsel an einen anderen Ort und die damit einhergehende dortige Wohnungssuche sowie den Umzug dorthin entstehen. Ebenso wie die Kosten für den eigentlichen Umzug - d.h. für die Beförderung des Umzugsgutes - lässt Abschnitt 38 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nrn. 1 und 2 der für den Streitfall maßgebenden LStR 1990 die Berücksichtigung solcher Fahrtaufwendungen in zutreffender Gesetzesauslegung in dem Umfang zu, wie dies für dem jeweiligen Steuerpflichtigen vergleichbare Bundesbeamte im entsprechend heranzuziehenden Bundesumzugskostengesetzes - BUKG - vorgesehen ist (so die LStR 1990 im Anschluss an das BFH-Urteil vom 30. März 1982 VI R 162/78, BStBl II 1982, 595). Lässt sich dem BUKG hierzu nichts entnehmen, können sie gegebenenfalls im Schätzungswege zum Werbungskostenabzug zugelassen werden, wenn ihre Entstehung glaubhaft gemacht ist.

d) Bei den Einkünften aus (Aktien-)Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) waren und sind Fahrtkosten eines Aktionärs zu Hauptversammlungen zum Kfz-Reisekostenpauschsatz von 0,42 DM je gefahrenen Kilometer selbst dann abzugsfähig, wenn die Fahrten vornehmlich zur Information über die Wertigkeit und zur Sicherung des Stammrechts unternommen werden (BFH-Urteile vom 28. August 1952 IV 448/51 U, BStBl III 1952, 265, 266; vom 4. Mai 1993 VIII R 7/91, BStBl II 1993, 832). Denn die Fürsorge für ein werthaltiges und -beständiges Aktienstammrecht sichert regelmäßig zugleich entsprechend werthaltige Dividendeneinnahmen (BFH a.a.O.). Deshalb lassen sich die Fahrtkosten eines Aktionärs zu Aktionärsversammlungen selbst dann nicht aufteilen oder gar ausschließlich dem Stammrecht zuordnen, wenn der Steuerpflichtige die Aktionärsversammlung erklärtermaßen vornehmlich deswegen besucht hat, um sich über die Wertigkeit des Stammrechts zu informieren. Eine Grenze dürfte allenfalls dann zu ziehen sein, wenn die Kosten für Fahrten zu Aktionärsversammlungen die Erträge aus den gehaltenen Aktien nachhaltig bei weitem übersteigen.

2. Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall

Die Klage hat nur hinsichtlich der Fahrtkosten zu den Hauptversammlungen Erfolg, wohingegen sie hinsichtlich der Fahrtaufwendungen zwischen Wohnung und Arbeitsstätten lediglich in geringem Umfange durchgreift.

a) Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätten

Sie sind dem Grunde nach zwischen den Beteiligten unstreitig und für die Fahrten des Klägers zwischen seinen auswärtigen Arbeitsstätten und seinen dortigen Zweitwohnungen auch der Höhe nach ohne weiteres einleuchtend.

a.1. Zwischen der elterlichen Wohnung und den auswärtigen Arbeitsstätten

Bezüglich der elterlichen Wohnung in H hat der Beklagte im Verwaltungs-verfahren ermittelt, dass der Kläger dort während seiner auswärtigen Beschäftigung in N und St seinen Hauptwohnsitz beibehalten hat. Das legt es nahe, dass der Kläger den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in den Streitjahren nach wie vor in H hatte. Über seine Fahrten von und nach dort zu und von seinen auswärtigen Arbeitsstätten hat der Kläger allerdings für 1990 überhaupt keine und für 1991 nur für die Dauer seiner Ner Beschäftigungszeit Aufzeichnungen geführt und auch hier nicht in Form eines Fahrtenbuches, sondern lediglich in Form einer datumsmäßigen Auflistung der jeweiligen Fahrtage. Nach dem BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298 kann die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches jedoch erlässlich sein, wenn sich die jeweiligen Fahrtangaben anderweitig überzeugend ermitteln lassen.

Im Streitfall hat der Kläger durchgehend vorgetragen, dass er für seine Fahrten zwischen H und seinen auswärtigen Arbeitsstätten ausschließlich einen Opel Manta benutzt habe, der sich trotz seiner hohen Kilometerleistung dennoch in einem gepflegten Zustand befunden habe und dass ihm für seine privaten Fahrten zu Hause zwei andere Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten. Dies hat sein Vater schriftlich unter dem 11. Februar 1996 ausdrücklich und dabei zusätzlich bestätigt, dass der Kläger an den Wochenenden sowie ?an Feiertagen unter der Woche? nach H zurückgekehrt sei, zumal seine Mutter krank gewesen sei (Bl. 23).

Dem gemäß steht auch ohne die Führung eines Fahrtenbuches fest, dass der Kläger in den Streitjahren in ständiger Wiederkehr von N bzw. St in die elterliche Wohnung nach H zurückgekehrt ist und demzufolge dort weiterhin den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte und dass er für die Fahrten zwischen H und seinen beiden auswärtigen Arbeitsstätten - und folgerichtig dann auch für die Fahrten zwischen diesen und seinen dortigen Wohnungen - ausschließlich den Opel Manta benutzt hat. Dagegen ergeben sich aus der schriftlichen Stellungnahme des Vaters des Klägers die vom Kläger für 1990 und 1991 insgesamt angesetzten Heimfahrtage nicht zwingend mit der Folge, dass diese geschätzt werden müssen. Die hierwegen vom Beklagten vorgenommenen Kürzungen sind nicht zu beanstanden.

a.2. Fahrten in 1990

An Stelle der vom Beklagten für 1990 angenommenen 45 Heimfahrten will der Kläger 58 Fahrten berücksichtigt wissen. Demzufolge hätte er an allen Wochenenden und Wochenfeiertagen dieses Jahres gesonderte Heimfahrten unternommen haben müssen. Das erläutert der Kläger dahin, dass er aufgrund seiner vielen Überstunden immer wieder nur halbtags habe arbeiten müssen. Dem steht jedoch entgegen, dass der Kläger nach seiner eigenen Zusammenstellung seiner Arbeitstage an 16 Samstagen und sieben Sonntagen arbeiten musste. Nach der Lebenserfahrung ist es deshalb wenig wahrscheinlich, dass der Kläger an all diesen Wochenenden - sommers wie winters - eine Gesamtfahrstrecke von 608 km auf sich genommen haben will, nur um einen knappen Tag zu Hause zu verbringen. Da es für diesen außer-gewöhnlichen Sachverhalt an einem genauen - z.B. fahrtenbuchmäßigen - Nachweis fehlt, müssen die insoweit bestehenden Zweifel zu Lasten des Klägers gehen.

Dem gemäß ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte in der Sache sieben Wochenenden mit Sonntagsarbeit und weiterhin auch die wöchentlichen Feiertagszwischenheimfahrten außer Ansatz gelassen hat. Denn der Kläger hat 1990 16 Urlaubstage genommen, wodurch dann zumindest zwei Wochenendheimfahrten wegfallen.

Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn der vom Kläger selbst angeschnittene Gesichtspunkt der Abtragung von Überstunden in Rechnung gestellt wird.

Damit ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte für 1990 lediglich 45 Heimfahrten berücksichtigt hat, die nach dem o.a. BFH-Urteil BStBl II 1986, 221 immer noch einen ausreichenden Schluss auf den Lebensmittelpunkt des seinerzeit ledigen Klägers am Heimatort zulassen.

Die schriftliche Bestätigung des Vaters des Klägers steht diesem niedrigeren Ansatz ebenfalls nicht entgegen. Denn sie deckt auch verlängerte Feiertagswochenende ab. Dass sich der Kläger, wie er vorträgt, auch ohne einen Feiertag während der Woche kurzfristig in H aufgehalten hat, hat sein Vater in seiner Erklärung vom 11. Februar 1996 nicht bestätigt.

a.3. Fahrten in 1991

Gleiches gilt auch für die Kürzungen der Heimfahrten des Streitjahres 1991 von N. Hier hat der Beklagte die Heimfahrten von 44 auf 34 Tage gekürzt. Das erscheint bereits deswegen berechtigt, weil nach der vom Kläger vorgelegten Fahrtenauflistung acht der Zwischenwochenheimfahrten keine Feiertage betreffen und daher von der vom Vater des Klägers allein bestätigten zwischenwöchentlichen Feiertagsrückkehr nicht umfasst werden. Für die beiden verbleibenden Kürzungstage gilt das oben zu den Wochenfeiertagen Ausgeführte entsprechend.

Demgegenüber hat der Beklagte von den 25 geltend gemachten Fahrtagen zwischen H und St zu Unrecht lediglich 10 Fahrtage anerkannt. Denn in das St?er Beschäftigungsquartal fielen 13 Wochenenden, die der Vater des Klägers glaubwürdig als Heimkunftszeiten bestätigt hat, während für die damaligen Wochenfeiertage (Buß- und Bettag - einem Mittwoch - und die Weihnachtsfeiertage - 25. und 26. Dezember, Mittwoch und Donnerstag -) wiederum Obiges gilt. Dabei erscheinen 13 Wochenendheimfahrten noch um so glaubwürdiger, als sich die Fahrtstrecke von und nach St im Vergleich zur Strecke nach N fast um die Hälfte vermindert hatte. Zudem war der Kläger in St nunmehr als kaufmännischer Leiter eines Betriebes der Regelungstechnik tätig (Bl. 25 Rb 91), wo erfahrungsgemäß keine Wochenendarbeit anfällt. Zu berücksichtigen sind damit grundsätzlich drei weitere Heimfahrten zu 3 x 184 km x 2 x 0,42 DM = 463,68 DM.
a.4. Korrektur der örtlichen Fahrten zwischen auswärtiger Wohnung und Arbeitsstätte

Hier ist zu beachten, dass der Kläger nach seinen Werbungskostenaufstellungen für die beiden Streitjahre bei seinen Fahrtkosten unterschiedliche auswärtige Endzielpunkte angibt: Da er nämlich seine Heimfahrten von und zu dem jeweiligen auswärtigen Betrieb angetreten hat, entfallen naturgemäß an diesen Tagen die innerörtlichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die Heim- und Rückfahrtarbeitstage sind aber jedenfalls in den für N angegebenen Gesamtarbeitstagen enthalten, weil sich dort anderenfalls 317 Arbeitstage für 1990 und 195 Arbeitstage für 1991 ergäben. Demzufolge hätten 1990 nur 259 ./. 45 und 1991 nur 151 ./. 34 Fahrtage von und nach H und damit lediglich 214 (1990) bzw. 117 (1991) innerörtliche Ner Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte berücksichtigt werden dürfen, so dass insoweit für 1990 (45 x 5 km x 0,50 DM =) 112,50 DM und für 1991 (34 x 5 km x 0,58 DM =) 98,60 DM zuviel an Fahrtwerbungskosten innerhalb N?s anerkannt worden sind.

Demgegenüber hat der Kläger die innerörtlichen St?er Fahrtkosten und die außerörtlichen Fahrtaufwendungen zwischen St und H getrennt gegenüber gestellt, so dass sich nunmehr umgekehrt die dortigen innerörtlichen Fahrtkosten um 41,76 DM (= 12 x 6 km x 0,58 DM) für die nicht anerkennungsfähigen zwölf außerörtlichen Fahrtage erhöhen.

a.5. Damit ergeben sich für 1990 zuviel anerkannte Fahrtkosten in Höhe von 112,50 DM und für 1991 zu wenig anerkannte Fahrtaufwendungen in Höhe von (463,68 + 41,76 ./. 98,60 = 406,84 = rd.) 407 DM.

b) Wohnungssuch- und Umzugsfahrtkosten

Das insofern grundsätzlich heranzuziehende BUKG geht - ebenso wie in § 4 bei den Umzugsgutbeförderungskosten - in § 5 Abs. 2 von nachgewiesenen Wohnungssuchtagen aus, von denen allerdings lediglich zwei berücksichtigt werden dürfen. Von den vom Kläger geltend gemachten vier Wohnungssuchtagen könnten deshalb ohnehin allenfalls die Fahrtkosten für zwei Tage zum Abzug zugelassen werden. Auch wenn es sicher schwierig ist, im Raum St eine insbesondere preislich annehmbare Wohnung zu finden, hat der Kläger lediglich behauptet, aber in keiner Weise belegt, dass und warum er tatsächlich viermal von N aus in St auf Wohnungssuche war, ohne diese auswärtige Wohnungssuche vorher sinnvoll auf einen einzigen Tag koordinieren oder konzentrieren zu können.

Ebenso wenig ist weder belegt, noch glaubhaft dargetan, dass der Kläger seinen Umzug von N nach St, wie behauptet, mit seinem Opel Manta durchgeführt hat. Dagegen spricht bereits, dass dieses Coupé-Fahrzeug nur wenig Stauraum hat und zudem auch aufgrund seines Alters für schwere Umzugstransporte nur wenig geeignet war.

Auch kann nicht unbeachtet bleiben, dass die vom Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 1991 bis 18. Mai 1993 mit insgesamt 37.500 DM angegebene Kilometerleistung des vorgenannten PKW (Bl. 11 Rb 90) nach seinen weiteren allein für 1991 gemachten Angaben schon für dieses Jahr mit 42.116 km deutlich überschritten wäre. Auch das zwingt zu dem Schluss, dass nicht nur die Fahrten zwischen H und N bzw. St gekürzt werden mussten, sondern auch die sieben Umzugsfahrten und drei Wohnungssuchfahrten unberücksichtigt bleiben müssen, um die Laufleistung des PKW Manta für 1991 auf eine einigermaßen plausible Kilometerzahl zurückzuführen.

Da aber der Umzug nach St tatsächlich stattgefunden hat und das BUKG in § 9 eine Umzugspauschale nur für besondere - wohnungstechnische - Umzugsnebenfolgen vorsieht und ferner der Kläger selbst vorgetragen hat, dass er die umzugs-bedingten Kosten habe niedrig halten wollen (was ihm im Übrigen bei den diesbezüglich geltend gemachten Fahrtaufwendungen in Höhe von insgesamt 1.410,36 DM nicht überzeugend gelungen wäre), ist es daher nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte die gesamten Aufwendungen aus Anlass des Umzuges mangels anderer Anhaltspunkte im Wege einer freien Schätzung nach § 162 AO mit insgesamt 500 DM pauschal abgegolten hat.

c) Fahrtkosten zu den Aktionärsversammlungen

Auch wenn der Kläger auf Rückfrage des Beklagten mitgeteilt hat, dass er die Hauptversammlungen aus einem von seinem Vater, einem ehemaligen Vorstandsmitglied, daran geweckten und weiter aus seinem Eigeninteresse an einem schnellen Kursgewinn besucht hat, so ändert dies nichts daran, dass mit einer angestrebten Wertverbesserung des Stammrechts gemäß Obigem regelmäßig auch eine Verbesserung der Dividendenzahlung einher geht und sich deshalb Fahrtaufwendungen zum Besuch einer Aktionärsversammlung, auf welcher sowohl der Wert wie der Ertrag der Aktien zur Diskussion stehen, als abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen darstellen. Denn dafür, dass der Kläger trotz seines geringen Aktienbesitzes nachhaltig auch später immer wieder bei weitem höhere Fahrtkosten zur Teilnahme an Hauptversammlungen aufgewandt hat, ist nichts ersichtlich. Dass er aber die streitbefangenen Fahrten auch tatsächlich mit einem seiner Fahrzeuge unternommen hat, hat ihm sein damals mitfahrender Vater in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 11. Februar 1996 ebenfalls glaubwürdig bestätigt.

Soweit der Beklagte einwendet, dass der Kläger keine Einladung zu einer solchen Versammlung vorgelegt habe, ist ihm entgegen zu halten, dass Hauptversammlungen in aller Regel ohne besondere Einladungen an die Kleinaktionäre ergehen, weil die Einberufung der Aktionärsversammlungen in den Gesellschaftsblättern öffentlich bekannt zu machen ist (vgl. §§ 121 Abs. 3, 125 Aktiengesetz).

d) Saldierung

Auch wenn im finanzgerichtlichen Verfahren eine Verböserung der angefochtenen Steuerfestsetzungen nicht stattfindet, sind bislang zu Unrecht anerkannte oder versagte Besteuerungsgrundlagen gegebenenfalls zu saldieren.

Für das Streitjahr 1990 bedeutet dies, dass die anzuerkennenden streit-befangenen Werbungskosten aus Kapitalvermögen um die für dieses Jahr zuviel anerkannten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gekürzt werden müssen, so dass bei den Kapitaleinkünften des Klägers nur (522,48 ./. 100,00 ./. 112,50 = rd.) 310 DM steuermindernd berücksichtigt werden können.

Demgegenüber vermindert sich das zu versteuernde Einkommen für 1991 gemäß Obigem um weitere abzugsfähige Fahrtaufwendungen in Höhe von 407 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sowie in Höhe von 1.074 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

3. Nebenentscheidungen

Die Kosten der nach allem nur zum geringeren Teil erfolgreichen Klage waren gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen dem Kläger zu 77/100 und dem Beklagten zu 23/100 aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und ihre Abwendung folgt aus §§ 155 FGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung. Die Verpflichtung des Beklagten zur Neuberechnung der Steuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

Für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO bestand keine Veranlassung.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 20 EStG

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