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07.01.2002 · IWW-Abrufnummer 020010

Bundesfinanzhof: Urteil vom 19.10.2001 – VI R 39/00

1. Geht ein Kind nach Abschluss einer Ausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach, befindet es sich auch dann nicht in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG), wenn es nachfolgend eine weitere Ausbildung beginnt.

2. Ein vollzeiterwerbstätiges Kind ist kein Kind, das seine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG).

3. Die während der Vollzeiterwerbstätigkeit erzielten Einkünfte und Bezüge des Kindes bleiben bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Betracht.


I.

Die im September 1974 geborene Tochter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) begann im August 1994 eine Ausbildung zur Steuerfachgehilfin. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung Ende Juli 1997 arbeitete die Tochter im August und September 1997 als Steuerfachgehilfin. Am 1. Oktober 1997 nahm sie an einer Berufsakademie ein dreijähriges Studium der Betriebswirtschaftslehre (Fachrichtung Steuern und Prüfungswesen) auf, für das sie sich bereits am 22. Juli 1997 eingeschrieben hatte. Die am 1. August 1997 beantragte Zulassung zum Studium hatte die Berufsakademie am 12. August 1997 erteilt. Im Einkommensteuerbescheid 1997 der Tochter berücksichtigte das Finanzamt (FA) Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 20 752 DM sowie Werbungskosten in Höhe von 8 087 DM, was bei Sonderausgaben in Höhe von 4 901 DM zu keiner Einkommensteuer führte. Von den Einnahmen entfielen 8 422 DM auf Ausbildungsvergütungen für die Monate Januar bis Juli, 7 152 DM auf das Gehalt für August und September und weitere 5 178 DM auf Ausbildungsvergütungen für die Monate Oktober bis Dezember. In den Werbungskosten sind enthalten 1 941 DM Fahrtkosten für Januar bis September, 401 DM Arbeitsmittel für die Berufsakademie und 5 745 DM sonstige vom FA anerkannte Aufwendungen für die Zeit ab Oktober 1997. Den Antrag der Klägerin, ihr für die Tochter von Januar bis Juli sowie von Oktober bis Dezember 1997 Kindergeld zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (die Familienkasse des Arbeitsamtes --Familienkasse--) ab. Zur Begründung führte die Familienkasse aus, die Einkünfte der Tochter für die Monate Januar bis Dezember 1997 überschritten den Jahresgrenzbetrag in Höhe von 12 000 DM.

Mit ihrer Klage trug die Klägerin im Wesentlichen vor, die Monate August und September 1997 seien keine Übergangszeit i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Tochter habe in diesem Zeitraum 7 152 DM brutto verdient, sie habe deshalb für sich selbst sorgen können. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 570 veröffentlichten Gründen ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und stützt sich zur Begründung insbesondere auf das Urteil des Niedersächsischen FG in EFG 1999, 1137.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Familienkasse unter Aufhebung der Vorentscheidungen zu verpflichten, Kindergeld für die Monate Januar bis Juli sowie Oktober bis Dezember 1997 in Höhe von 2 200 DM zu gewähren.

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung war aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht angenommen, die Tochter sei in den Monaten August und September 1997 zu berücksichtigen.

1. In den Monaten August und September ist die Tochter nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigungsfähig.

a) Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wird ein Kind berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Ein Kind befindet sich in Berufsausbildung, solange es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber noch ernstlich darauf vorbereitet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. Mai 2000 VI R 143/99, BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473). Die Berufsausbildung endet spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Vor der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ist die Berufsausbildung jedoch bereits dann beendet, wenn das Kind nach Erbringung aller Prüfungsleistungen eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473). Nimmt das Kind nach der Erbringung aller Prüfungsleistungen bzw. nach der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses eine Vollzeiterwerbstätigkeit auf, ist es auch dann nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG berücksichtigungsfähig, wenn es sich zuvor für eine weitere Ausbildung beworben hat und diese nach Beendigung der Vollzeiterwerbstätigkeit antritt. In diesem Fall tritt mit der Aufnahme der Vollzeiterwerbstätigkeit eine Unterbrechung der Berufsausbildung ein. Die Berufsausbildung wird wieder aufgenommen, wenn das Kind nach Beendigung der Vollzeiterwerbstätigkeit eine weitere Ausbildung beginnt. Durch die Bewerbung für eine Ausbildungsstelle und die nachfolgende Zusage befindet sich das Kind noch nicht in einer Ausbildung.

b) Im Streitfall wurde die Tochter danach in den Monaten August und September nicht für einen Beruf ausgebildet. Die Berufsausbildung der Tochter war in diesem Zeitraum --vorübergehend-- unterbrochen. Im Streitfall hat das FG zwar lediglich festgestellt, dass die Tochter die Prüfung zur Steuerfachgehilfin im Juli 1997 erfolgreich absolviert hat. Sofern das Prüfungsergebnis noch im Juli mitgeteilt worden sein sollte, endete damit die Berufsausbildung. Selbst wenn die Mitteilung des Prüfungsergebnisses jedoch erst im folgenden Monat erfolgt sein sollte, hätte die Berufsausbildung am 31. Juli 1997 geendet, weil die Tochter am 1. August 1997 eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen hat. Der Unterbrechung der Berufsausbildung steht auch nicht der Umstand entgegen, dass sich die Tochter am 22. Juli 1997 bei der Berufsakademie eingeschrieben und diese die am 1. August 1997 beantragte Zulassung zum Studium am 12. August 1997 erteilt hatte.

2. Die Tochter ist in den Monaten Juli und August auch nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu berücksichtigen.

a) Nach der genannten Vorschrift wird ein Kind, das noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG setzt nicht voraus, dass die zwei Ausbildungsabschnitte aufeinander aufbauen. Auch wenn das Kind nach erfolgreichem Abschluss oder nach Abbruch einer Ausbildung nachfolgend eine anders geartete Ausbildung aufnimmt, handelt es sich um zwei Ausbildungsabschnitte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Übergangszeiten ergeben sich als vom Kind nicht zu vermeidende Zwangspausen, z.B. durch Rechtsvorschriften über den Ausbildungsverlauf, aus festen Einstellungsterminen der Ausbildungsbetriebe oder den Einstellungsgewohnheiten staatlicher Ausbildungsinstitutionen (vgl. Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG-- 63.3.3 Abs. 2 Satz 1, Stand Mai 2000, BStBl I 2000, 636). Bei der Schaffung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass sich das Kind während dieser Zeiträume typischerweise in einer Unterhaltssituation befindet, die der während der Ausbildung entspricht. Eine solche typische Unterhaltssituation ist jedoch dann nicht gegeben, wenn das Kind in einem Zeitraum von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, b und c EStG erfasst solche Zeiträume, während derer die Eltern typischerweise mit Unterhaltsaufwendungen für das Kind belastet sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG sind im Verhältnis zur Regelung über den Jahresgrenzbetrag in Satz 2 in einem Regel-Ausnahmeverhältnis ausgestaltet. Wie der Gesetzesaufbau belegt, geht der Gesetzgeber davon aus, dass Kinder, die einen der Tatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG erfüllen, regelmäßig berücksichtigungsfähig sind; es sei denn, die Einkünfte und Bezüge des Kindes überschreiten den (anteiligen) Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

b) § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG bezweckt, den Kindergeldberechtigten während der Ausbildung des Kindes in dem von Verfassungs wegen gebotenen Umfang durch die Gewährung des Kinderfreibetrags zu entlasten bzw. durch das Kindergeld zu fördern, soweit das Kindergeld einen solchen Förderanteil enthält. Die Belastung der Eltern durch den Unterhaltsbedarf des Kindes endet regelmäßig in dem Zeitpunkt, in dem das Kind im Anschluss an die Ausbildung eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt. Dies gilt auch dann, wenn sich der --vorübergehenden-- Vollzeiterwerbstätigkeit ein weiterer oder neuer Ausbildungsabschnitt anschließt. Wäre jeder Zeitraum von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten als Übergangszeitraum i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG anzusehen, würde der Kindergeldanspruch nicht nur für den Zeitraum der Vollzeiterwerbstätigkeit entfallen, in dem das Kind sich selbst unterhalten kann, sondern auch für den vorangegangenen Zeitraum, in dem die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern durch die Ausbildung des Kindes gemindert gewesen ist. Der Begriff der Übergangszeit in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ist deshalb so auszulegen, dass der Kindergeldanspruch für die Zeiträume, in denen sich das Kind in Berufsausbildung befindet und während derer typischerweise eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern besteht, möglichst erhalten bleibt. So wie ein Kind mit der Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit noch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses seine Ausbildung beendet, unterbricht ein Kind seine Ausbildung, wenn es zwischen zwei Ausbildungsabschnitten einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht.

c) Diese Auslegung des Begriffs der Übergangszeit führt nicht dazu, dass bereits bei der Ermittlung des nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG berücksichtigungsfähigen Zeitraums die Einkünfte und Bezüge des Kindes zu berücksichtigen wären. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG und die über die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes im Hinblick auf eine mögliche Überschreitung des (anteiligen) Jahresgrenzbetrags in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind jeweils gesondert zu prüfen. Das Korrektiv der Regelung über den Jahresgrenzbetrag in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG setzt voraus, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes in einem nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG berücksichtigungsfähigen Zeitraum erzielt worden sind. Diese Auslegung des Begriffs der Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats in den sog. Heiratsfällen (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 2000 VI R 13/99, BFHE 191, 69, BStBl II 2000, 522), sowie in den Fällen der Aufnahme der Berufstätigkeit in unmittelbarem Anschluss an die Ausbildung (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 2000 VI R 135/99, BFHE 191, 74, BStBl II 2000, 466) und den Fällen der Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach Erbringung sämtlicher Prüfungsleistungen, jedoch vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses (vgl. BFH-Urteil in BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473).

d) Darauf, ob sich das Kind bereits vor Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes dazu entschlossen hat, nachfolgend eine weitere Ausbildung zu beginnen, kommt es für die Auslegung des Begriffs der Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht an. Nach dem Sinn und Zweck des Familienleistungsausgleichs, Eltern mit in Ausbildung befindlichen Kindern durch die Gewährung des Kinderfreibetrags in dem von Verfassungs wegen gebotenen Umfang steuerlich zu entlasten bzw. durch das Kindergeld steuerlich zu fördern, ist es ohne Bedeutung, ob das Kind den Entschluss, eine weitere oder eine neue Ausbildung zu beginnen, bereits während oder erst nach Abschluss eines Ausbildungsabschnitts gefasst hat. Andernfalls hinge die Berücksichtigungsfähigkeit des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in einem Zeitraum von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von der Zufälligkeit oder dem in Grenzen gestaltbaren Umstand ab, wann sich das Kind für eine weitere oder neue Ausbildung beworben hat, bzw. sich darum nach den vorgegebenen Fristen bewerben musste.

e) Diese Auslegung des Begriffs der Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG führt allerdings dazu, dass ein Kind für die Dauer seiner Vollzeiterwerbstätigkeit auch dann nicht berücksichtigt wird, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes --bei Einbeziehung der Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit-- insgesamt den (anteiligen) Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen würden. Dies ist die Folge dessen, dass bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes eine Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG ohne Rücksicht auf die Höhe der während der Vollzeiterwerbstätigkeit erzielten Einkünfte nicht gegeben ist. Diese Einschränkung des Kindergeldanspruchs ist jedoch --ebenso wie bei der Auslegung des Begriffs des Endes der Berufsausbildung-- hinzunehmen, weil die Kinder während der Dauer ihrer Vollzeiterwerbstätigkeit ihre Eltern regelmäßig nicht mit Unterhaltsansprüchen belasten.

f) Im Streitfall befand sich die Tochter danach in den Monaten August und September 1997 nicht in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Zwar handelte es sich bei der Ende Juli 1997 abgeschlossenen Ausbildung zur Steuerfachgehilfin ebenso um einen Ausbildungsabschnitt wie bei dem im Oktober 1997 begonnenen Ausbildungsdienstverhältnis im Rahmen des Studiums an der Berufsakademie. Zwischenzeitlich ging die Tochter aber als Steuerfachgehilfin einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach.

3. Auch die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Tochter nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG liegen in den Monaten August und September nicht vor.

a) Nach der genannten Vorschrift wird ein Kind, das noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist --ebenso wie der des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG-- dann nicht erfüllt, wenn das Kind einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht (vgl. FG des Landes Brandenburg, EFG 1999, 783, und EFG 2001, 375; FG Nürnberg, EFG 1998, 1204; FG Düsseldorf, EFG 2000, 17; FG München, EFG 1999, 846). Auch insoweit fehlt es an einer Unterhaltssituation, die typischerweise derjenigen entspricht, in der sich das Kind während der Ausbildung befindet. Insoweit gelten die Ausführungen unter II. 2. a bis f der Gründe entsprechend.

b) Der Senat kann deshalb offen lassen, ob auch ein Kind, das eine Zusage für einen Ausbildungsplatz erhalten hat, derzeit die erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnende Ausbildung jedoch noch nicht aufnehmen kann, nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen ist (so DA-FamEStG 63.3.4 Abs. 3 Satz 2, BStBl I 1998, 386, 418) oder ob danach nur ein Kind berücksichtigungsfähig ist, das noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat (so DA-FamEStG 63.3.4 Abs. 2 Satz 1 und 4, BStBl I 2000, 636, 665).

4. Da das FG von einer anderen Rechtsansicht ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.

Der Klägerin steht für ihre Tochter für die Monate Januar bis Juli sowie Oktober bis Dezember 1997 ein Anspruch auf Kindergeld in Höhe von 2 200 DM nach den §§ 62, 63, 32 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu.

a) Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2, 6 und 7 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung wird ein Kind, das noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird, nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder Berufsausbildung bestimmt und geeignet sind, von nicht mehr als 12 000 DM im Kalenderjahr hat. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich dieser Betrag um ein Zwölftel. Einkünfte, die auf diese Monate entfallen, bleiben außer Betracht.

b) In den Monaten Januar bis Juli --während der Ausbildung zur Steuerfachgehilfin-- und in den Monaten Oktober bis Dezember 1997 --während des Studiums an der Berufsakademie-- wurde die seinerzeit 23 bzw. 24 Jahre alte Tochter der Klägerin jeweils für einen Beruf ausgebildet. Die Einkünfte, die sie in den Monaten Januar bis Juli sowie Oktober bis Dezember 1997 erzielt hat, überschreiten nicht den anteiligen Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 und 6 EStG, der sich in der für das Streitjahr 1997 geltenden Fassung für den genannten Zeitraum auf 10 000 DM belief. Die gesamte Ausbildungsvergütung der Tochter in den Monaten Januar bis Juli und Oktober bis Dezember betrug 13 600 DM; dem standen die vom FA berücksichtigten Werbungskosten in Höhe von 8 087 DM gegenüber. Für den nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG zu berücksichtigenden Zeitraum von 10 Monaten beläuft sich das Kindergeld bei einem monatlichen Betrag in Höhe von 220 DM (§ 66 Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung) auf insgesamt 2 200 DM.

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG § 32 Abs. 4 Satz 2 Verfahrensgang: FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg

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