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08.10.2001 · IWW-Abrufnummer 011085

Finanzgericht Köln: Urteil vom 21.06.2001 – 10 K 6288/96

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

Aktenzeichen: 10 K 6288/96

Urteil des Senates vom 21.06.2001

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten des Klägers für eine USA-Reise im Streitjahr 1994 als Werbungskosten abziehbar sind.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger, der bereits früher in den USA tätig war, bezog im Jahr 1993 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 193.382 DM als kaufmännischer Angestellter bei einem im Bereich der Informationstechnologie tätigen Unternehmen. Wie bereits in den Vorjahren reiste der Kläger auch im Jahr 1993 in die USA, um an der Computer-Konferenz bzw. Messe .../USA (A.) teilzunehmen. Abflugtag war Sonntag, .... Die erste Hotelübernachtung erfolgte in der Nacht vom .... auf den .... (Montag). Die Vortragsveranstaltungen begannen am Montag und endeten am Donnerstag ...; an diesem Tag hielt der Kläger auch selbst einen Vortrag als Gastredner. Die letzte Übernachtung erfolgte in der Nach von Freitag ... auf Samstag ..., der Rückflug erfolgte am ... um 8.55 Uhr. Der Kläger wandte für die Reise, die nicht in Begleitung des Ehegatten stattfand, 9.170 DM auf (davon 5.335 DM Flugkosten und 2.277 DM für 6 Übernachtungen). Die Reisekosten wurden vom Beklagten wie erklärt anerkannt.

Zum 1. Juli des Streitjahres 1994 trat er eine neue Arbeitsstelle als ?EDV-Controller? in einem Unternehmen der Versicherungsbranche an. Sein Aufgabengebiet umfasste die Koordinierung und Betreuung der datentechnischen Bearbeitung von Außendienst-Mitarbeitern. Sein Verdienst im Streitjahr insgesamt betrug 152.671 DM zzgl. einer ermäßigt besteuerten Entschädigung in Höhe von 314.000 DM.

Am Freitag, dem ... 1994 reiste der Kläger wiederum in die USA (Abflug von ... 7.05 Uhr), um auch im Streitjahr an der A. teilzunehmen. Er erreichte USA noch am gleichen Tag um 16.32 Uhr nach einer Flugzeit von etwa 18 Stunden (Zeitverschiebung). Die erste Übernachtung im ?... Hotel? erfolgte allerdings erst in der Nach vom Samstag auf Sonntag; wo der Kläger in der Nacht vom Freitag auf Samstag nächtigte, ist ungewiss. Die A. selbst begann am Montag .... Die Fachveranstaltungen dauerten von 10.30 Uhr bis 12.00 Uhr, von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Daran anschließend fanden von 15.30 Uhr bis 17.00 Uhr Fachdiskussionen statt. Der Dienstag und Mittwoch liefen in gleicher Weise ab. Am Donnerstag (...; letzter Veranstaltungstag) fanden die Veranstaltungen von 9.00 Uhr bis 10.30 Uhr, von 11.00 Uhr bis 12.30 Uhr und von 13.00 Uhr bis 14.30 Uhr statt, allerdings ohne anschließende Fachdiskussionen. Einen eigenen Vortrag hielt der Kläger im Streitjahr nicht. Die letzte Übernachtung im ... Hotel erfolgte in der Nacht von Freitag ... auf Samstag. Die Rückreise begann am Samstag um 12.55 Uhr; er erreichte ... am Sonntag (20. November) um 13.50 Uhr. Laut Arbeitgeber-Bestätigung erhielt der Kläger keinen Zuschuss zu der Reise, die auch im Streitjahr nicht in Begleitung des Ehegatten stattfand. Es handelte sich auch nicht um Dienstzeit; vielmehr musste der Kläger seinen Jahresurlaub in Anspruch nehmen.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger Reisekosten für die USA-Reise in Höhe von 10.059 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Dieser Betrag ergab sich aus 6.233 DM Flugkosten, 880 DM Tagungskosten, 7 x 81 DM = 567 DM Verpflegungsmehraufwand, 98 DM Flughafengebühr und 2.281 DM für 6 Übernachtungen (die Rechnung des ... Hotel belief sich auf umgerechnet 2.719 DM; der vom Kläger angesetzte Betrag ergibt sich, wenn man die Rechnung um eine Übernachtung, das Telefonat, das Frühstück und die Position ?Bell Captain? kürzt). Der Beklagte erkannte unter Hinweis auf das Aufteilungsverbot des § 12 EStG nur die Tagungskosten (880 DM) an. ... USA sei ein Ort von erheblicher touristischer Attraktivität; im Übrigen sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger an allen Veranstaltungen einschließlich der Fachdiskussion teilgenommen habe. Die Reise sei auch nicht durch konkrete betriebliche Belange des Arbeitgebers veranlasst gewesen. Dies ergebe sich aus dem eigenen Vortrag des Klägers aus der fehlenden Kostenübernahme durch den Arbeitgeber und der Einbringung des Urlaubs.

Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, er habe erst einmal die 20-stündige Reise und den Zeitunterschied von 9 Stunden verkraften müssen, nachdem er am Freitagnachmittag in ... USA angekommen sei. Am Samstag habe er sich dann die erforderlichen Informationen und die Literatur beschafft, die er dann am Sonntag zur Vorbereitung der Fachveranstaltungen studiert habe. Auch der Freitag sei entgegen der Ansicht des Beklagten beruflich für ein aktives Großcomputer-Seminar genutzt worden, welches den ganzen Tag in Anspruch genommen habe. Nachweise für diesen Vortrag wurden nicht vorgelegt. Im Rahmen einer persönlichen Besprechung an Amtsstelle erklärte der Kläger weiter, die Themen der A. seien nicht auf spezielle betriebliche Belange seines Arbeitgebers zugeschnitten, zumal das Programm so weit gefächert sei, dass man seine eigenen Veranstaltungen nach den persönlichen Bedürfnissen jeweils aus verschiedenen nebeneinander stattfindenden Veranstaltungen auswählen könne. Die Teilnahme sei vielmehr zur Aktualisierung der Kenntnisse im IT-Bereich erfolgt, was dann auch dem Arbeitgeber zugute komme. Der zeitliche Rahmen der Veranstaltung habe keinen Raum für touristische Aktivitäten gelassen. Der Nachweis der Teilnahme an den Einzelveranstaltungen könne nur die Vorlage von Skripten geführt werden, die jedem Vortragsteilnehmer zur Verfügung gestellt würden. Er habe wegen der Anerkennung der Reisekosten in den Vorjahren auch im Streitjahr auf die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit vertraut. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Die Kläger machen unter Bezugnahme auf ihren Vortrag im Einspruchsverfahren ferner geltend, Fortbildungsveranstaltungen müssten nicht auf spezielle Belange des Arbeitgebers zugeschnitten sein, um als Werbungskosten anerkannt zu werden; es reiche die berufliche Veranlassung. Gerade im Bereich der EDV-Branche sei der Kläger darauf angewiesen, sich ständig auf dem Laufenden zu halten. Für die gebotene Fortbildung biete sich die USA an, die im EDV-Bereich den höchsten Entwicklungsstand habe. Auch der Teilnehmerkreis sei gleichartig gewesen; so hätten auch 4 Berufskollegen des Klägers aus Deutschland an der A. teilgenommen. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn diese die Reise anerkannt bekämen, der Kläger jedoch nicht. Ebenso sei es treuwidrig, die Anerkennung der Reisekosten im Streitjahr unter Hinweis auf den fehlenden Nachweis der Teilnahme an Einzelveranstaltungen zu versagen, obwohl ein solcher Nachweis in den Vorjahren nicht verlangt worden sei. Es spreche auch nicht gegen eine berufliche Veranlassung, dass weder Sonderurlaub noch ein Zuschuss gewährt worden sei. Die Anreise sei nur deshalb bereits am Freitag, dem ... erfolgt, weil es bei Intercontinentalflügen je nach Flughafen nicht möglich sei, bei angemessenem Preis-Leistungsverhältnis taggenaue Flüge zum Veranstaltungsbeginn zu buchen. Schließlich habe weder ein Ortswechsel stattgefunden, noch habe ... USA für den Kläger touristische Reize geboten, weil er bereits in den vergangenen Jahren immer wieder an der A. teilgenommen habe.

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für 1994 am 19. Mai 1995, zuletzt geändert am 9. April 1999 dahin zu ändern, dass die Kosten für die Teilnahme an der A. in der Gesamthöhe von 10.059 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er ist der Ansicht, eine private Mitveranlassung der Reise sei nicht auszuschließen. Dies ergebe sich aus der Nichtgewährung von Sonderurlaub und der fehlenden Bezuschussung der Reise. Außerdem könne der Kläger keinen Nachweis für die Teilnahme an den einzelnen Veranstaltungen erbringen.

Zunächst war zwischen den Beteiligten auch die ermäßigte Besteuerung der vom ehemaligen Arbeitgeber gezahlten Entschädigung streitig (314.000 DM). Dieser Streit ist nach Erlass eines entsprechenden Änderungsbescheids vom 9. April 1999 zwischenzeitlich beigelegt.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet. Das aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG hergeleitete Aufteilungsverbot steht einem Abzug von Reisekosten jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es angesichts einer überwiegend beruflich veranlassten Reise zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind (vgl. Urteil vom 28. November 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431, BStBl II 1981, 368 m.w.N.).

2. Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den nichtabziehbaren Ausgaben auch solche Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, selbst wenn diese Aufwendungen zur Förderung des Berufs erfolgen. Nach bisheriger Rechtsprechung verbietet diese Vorschrift zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern (sog. ?Aufteilungsverbot?; vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 und vom 19. Oktober 1970 GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21; ferner BFH-Urteil vom 12. September 1996 IV R 36/96, BFH/NV 1997, 219).

3. Auslandsreisen können sowohl dem beruflichen Bereich als auch der privaten Lebensführung zugehören. Wegen des o. a. Aufteilungsverbots bejaht der BFH die Abziehbarkeit von Reisekosten als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgaben nur dann, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen werden und die Verfolgung privater Interessen i. S. des § 12 Nr. 1 EStG, wie z. B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist (vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; Urteil vom 30. April 1993 VI R 94/90, BFHE 171, 242, BStBl II 1993, 674, BFH-Urteil vom 31. Januar 1997 VI R 72/95, BFH/NV 1997, 476). Anderenfalls sollen die gesamten Reisekosten nicht abziehbar sein, soweit sich nicht ein durch den Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt (BFH-Urteile vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19 und vom 21. Oktober 1996 VI R 39/96, BFH/NV 1997, 469 m.w.N.).

4. Für die Beurteilung der Frage, ob für eine Reise in nicht unerheblichem Umfang Gründer der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, hat der BFH in erster Linie auf ihren Zweck abgestellt.

a) Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt (das Halten eines Vortrags auf einem Kongress, die Durchführung eines Forschungsauftrags oder das Aufsuchen eines Geschäftspartner), sind in aller Regel ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzurechnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden können. Bei solchen Reisen tritt die Bedeutung von privaten Unternehmungen regelmäßig jedenfalls dann in den Hintergrund, wenn die Verfolgung privater Interessen nicht einen Schwerpunkt der Reise bildet (BFH-Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213; BFH-Urteile vom 18. Juli 1997 VI R 10/97, a.a.O. m.w.N. und vom 14. Juli 1988 IV R 57/87, BFHE 154, 312, BStBl II 1989, 19; vom 23. Januar 1997 IV R 39/96, BFHE 182, 536, BStBl II 1997, 357 und vom 21. Oktober 1996 IV R 39/96, a.a.O.).

b) Liegt der Reise - wie im Streitfall - ein solcher Anlass nicht zu Grunde, müssen die jeweils für eine berufliche oder private Veranlassung sprechenden Beurteilungsmerkmale gegeneinander abgewogen werden. Eine Qualifizierung als Werbungskosten scheidet bereits dann aus, wenn das Hineinspielen der Lebensführung ins Gewicht fällt und nicht nur von ganz untergeordneter Bedeutung ist; ein bloßes Überwiegen der beruflichen Veranlassung gegenüber den privaten Elementen reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 31. Januar 1997 VI R 72/95, BFH/NV 1997, 476 und vom 21. August 1995 VI R 47/95, BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10, m. w. N.). Die gesamten Reisekosten sind dann nicht abziehbar, soweit sich nicht ein durch Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt (BFH-Beschluss vom 14. August 1996 VI B 104/96, BFH/NV 1997, 108).

c) An den vom Steuerpflichtigen zu erbringenden Nachweis des beruflichen Charakters der Reise sind strenge Anforderungen zu stellen. Allein die Behauptung einer ausschließlichen oder nahezu ausschließlichen beruflichen oder betrieblichen Veranlassung führt noch nicht zur Abziehbarkeit der Reisekosten. Auch die Darlegung eines allgemeinen beruflichen Interesses reicht nicht aus, weil auch die Förderung allgemeiner beruflicher Interessen Teil der Allgemeinbildung und somit dem Privatbereich zuzuordnen ist. Eine Reise gilt daher nur dann als beruflich veranlasst, wenn sie dem Besuch einer straff organisierten Fachtagung dient und die Verfolgung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 1976 IV R 90/73, BStBl 1977, 54 und vom 15. März 1990 IV R 60/88, BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736).

d) Den Steuerpflichtigen trifft die Feststellungslast (objektive Beweislast) dafür, dass die Reise nahezu ausschließlich beruflich veranlasst und dass eine private Mitveranlassung ausgeschlossen ist. Denn nach den Regeln der Feststellungslast geht die Unerweislichkeit entscheidungserheblicher steuerbegründender Tatsachen zu Lasten der Finanzbehörde, diejenige steuerbefreiender oder steuermindernder Tatsachen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BStBl II 1989, 462 m.w.N.). Im Zweifelsfalle sind die Reisekosten daher nicht abziehbar.

e) Die Abziehbarkeit der Kosten für die Hin- und Rückreise zu Tagungen im Ausland setzt im Allgemeinen eine straffe Organisation der Tagung voraus. Daran fehlt es nach der Rechtsprechung des BFH, wenn die Gestaltung des Nachmittags bei einer Reise an einen beliebten Ferienort in das freie Belieben der Teilnehmer gestellt ist. Der BFH begründet dies mit dem Erfahrungssatz, ein solcher Aufenthalt sei zumindest nicht unwesentlich auch privat mitveranlasst. Das gilt auch dann, wenn die Teilnehmer an dem straff durchgeführten Vormittagsprogramm teilgenommen und dieses unwidersprochen nachmittags in kleinen Arbeitsgruppen fortgesetzt haben. Die freie Gestaltbarkeit der Zeit ist regelmäßig ein nicht unerhebliches Indiz dafür, dass die Teilnehmer durch die Tagung nicht daran gehindert werden sollten, am Nachmittag die Angebote des Ferienortes zu nutzen (BFH-Urteil vom 12. September 1996 IV R 36/96, BFH/NV 1997, 219; ebenso BFH-Urteil vom 18. April 1996 IV R 46/95, BFH/NV 1997, 18). Ebenso verneinte der BFH die Abziehbarkeit der Reisekosten eines Allgemeinmediziners für die Teilnahme an einem Fortbildungslehrgang des Ärzteverbandes an einem bekannten Wintersportort, der auf die Voraussetzungen zur Erlangung der Zusatzbezeichnung ?Sportmedizin? angerechnet werden konnte, da das Lehrgangsprogramm zur schönsten Tageszeit auch die Ausübung von Wintersport zur Skihauptsaison zuließ (BFH-Urteil vom 15. März 1990 IV R 60/88, BFHE 160, 313, BStBl II 1990, 736).

5. Im Streitfall ergibt die Abwägung der für eine berufliche mit den für eine private Veranlassung sprechenden Beurteilungsmerkmalen, dass nicht von einer nahezu ausschließlich beruflichen Veranlassung der Reise ausgegangen werden kann.

a) Angesichts des weit entfernt liegenden Reiseziels geht das Gericht bei der Bewertung der beruflichen Veranlassung der einzelnen Reisetage nicht davon aus, dass dem Kläger die Tage der An- und Abreise noch teilweise für touristische Unternehmungen zur Verfügung standen. Vielmehr lässt es den Anreisetag ... und den Abreisetag ... als neutral außer Betracht.

b) Eine nicht auszuschließende private Mitveranlassung hinsichtlich der 7 verbleibenden Tage des reinen USA-Aufenthalts ergibt sich zunächst daraus, dass der Kläger für Freitag den 18. November, also den Tag vor der Rückreise, nicht die Teilnahme an beruflichen Fortbildungs-Veranstaltungen nachgewiesen hat. Hinzu kommt, dass der Kläger die Reise im Streitjahr 2 Tage eher angetreten hat als im Vorjahr, nämlich schon am Freitag vor Veranstaltungsbeginn. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass angesichts des weit entfernten Reiseziels bei Veranstaltungsbeginn am Montag Morgen die Anreise bereits am Sonntag geboten ist, um sich vor Veranstaltungsbeginn richtig ausschlafen zu können. Dies rechtfertigt es aber lediglich, den Verpflegungsmehraufwand für Sonntag und die Übernachtungskosten von Sonntag auf Montag als beruflich veranlasst anzusehen. Eine frühere Anreise als am Sonntag mit der Begründung, der Kläger benötige den Sonntag zur ?Akklimatisierung?, war demgegenüber nicht geboten. Denn die Akklimatisierung als solche ist nicht beruflich veranlasst. Wenn der Kläger einen solchen Tag braucht, ist es ihm unbenommen, entsprechend eher anzureisen; es ist jedoch nicht gerechtfertigt, die Kosten eines solchen ?Akklimatisationstages? auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Im Übrigen fehlen praktikable Kriterien für die Beantwortung der Frage, unter welchen Umständen dem Reisenden über die im engeren Sinne beruflich veranlassten Tage hinaus ein zusätzlicher Tag der Akklimatisierung zuzugestehen ist.
Von den 7 Tagen des USA-Aufenthaltes können daher nur 4 Tage einem eindeutig beruflichem Anlass zugeordnet werden. Für überzogen hält es das Gericht dagegen, den Werbungskostenabzug für die 4 Tage der A-Veranstaltung unter Hinweis auf die Nichtvorlage von unterschriebenen Teilnahmebestätigungen an Einzelveranstaltungen zu versagen. Zunächst stößt die Vorlage solcher Teilnahmebestätigungen zumindest dann auf Schwierigkeiten, wenn im Streitfall mehrere Veranstaltungen gleichzeitig angeboten werden, um einen möglichst breiten Teilnehmerkreis zu erreichen. Hinzu kommt, dass im Ausland die Anforderung solcher Bescheinigungen durch die Finanzverwaltung und dementsprechend auch ihre Erteilung eher unüblich ist. Schließlich ist der Beweiswert schriftlicher Teilnahmebescheinigungen jedenfalls bei Seminaren an beliebten Urlaubsorten nicht von der Eindeutigkeit, die der Beklagte solchen Bescheinigungen offensichtlich beimisst. Denn es findet regelmäßig keine Identitätsprüfung statt, wenn die Teilnahme an einer bestimmten Veranstaltung abgezeichnet wird; es ist kein Ausnahmefall, dass die Teilnehmerliste einer Veranstaltung mehr Teilnehmer ausweist, als tatsächlich anwesend waren. Wegen der Besonderheiten des Streitfalls, insbesondere des Umstands, dass der Kläger es in jedem Jahr auf sich nimmt, an der A. teilzunehmen und dort im Jahr 1993 sogar einen Vortrag als Gastredner gehalten hat, geht das Gericht auch ohne Vorlage solcher Teilnahmebestätigungen von der Teilnahme des Klägers an den angekreuzten Veranstaltungen aus.

c) Zu berücksichtigen waren danach jedenfalls die Lehrgangskosten in Höhe von 880 DM. Hinzu kamen die Kosten für 4 Übernachtungen (für die Nacht von Sonntag auf Montag bis zur Nacht von Mittwoch auf Donnerstag) á 237,60 $ = 950,40 $, die bei dem vom Kläger angegebenen Umtauschkurs von 1,60 DM einem Betrag in Höhe von 1.521 DM entsprechen. Weiterhin sind Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 375 DM für 5 Tage (Sonntag bis einschl. Donnerstag) zu berücksichtigen, für die gemäß Abschn. 39 Abs. 4 Satz 1 der Lohnsteuerrichtlinien (- LStR -) 1993 länderweise unterschiedliche Pauschbeträge gelten (vgl. BMF-Schreiben vom 9. März 1994 ? IV B 6 ? S 2353 ? 296/94 und IV B 1 ? S 2228 ? 1/94, BStBl I 1994, 212: für USA 75 DM).

d) Die Flugkosten von 6.331 DM (6.233 DM für den Flug selbst und die Flughafengebühr in Höhe von 98 DM) wären auf der Grundlage des sog. Aufteilungsverbots des BFH nicht abziehbar, weil für drei der 7 Tage des reinen USA-Aufenthalts eine private Mitveranlassung der Reise nach ihrer tatsächlichen Durchführung nicht ausgeschlossen werden kann. Der Gericht hat Bedenken, ob die Nichtanerkennung von Reisekosten, die zumindest zu einem Teil ohne Frage beruflich veranlasst sind, eine hinreichende Grundlage in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG hat. Das sog. ?Aufteilungsverbot? ist zwischenzeitlich vermehrt in die Kritik geraten (vgl. Drenseck, Festschrift für Offerhaus, S. 497 ff; ferner FinMin NRW vom 8. Dezember 2000 S 2354 - 1 - V B 3 für privat angeschaffte PC, DB 2001, 231). Das Gericht möchte das starre Aufteilungsverbot jedenfalls in Fällen wie dem Streitfall aufbrechen, in denen es angesichts der überwiegend beruflich veranlassten Reise zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde. Eine Aufteilung im Schätzungswege ist durch das Finanzgericht gerade in den Fällen möglich, in denen der Abzug von Kosten für Reisen streitig ist, bei denen an einzelnen Tagen ganztägige berufliche Veranstaltungen stattgefunden haben. In diesen Fällen führt die Aufteilungsmöglichkeit nicht zu einer über Gebühr großen Rechtsunsicherheit, ermöglicht aber erheblich mehr Einzelfallgerechtigkeit. Deshalb hält der erkennende Senat im Streitfall auch 3.618 DM (4/7 von 6.331 DM) Flugkosten für abziehbar, so dass sich abziehbare Reisekosten in Höhe von insgesamt 6.393 DM ergeben.

6. Die Kostenentscheidung für die bis zur Teilerledigung des Klagebegehrens durch den Änderungsbescheid vom 9. April 1999 entstandenen Verfahrenskosten beruht auf § 135 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Kostenentscheidung für die danach entstandenen Verfahrenskosten auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

7. Die Revision war zuzulassen, weil die Entscheidung von Rechtsprechung des BFH zum Aufteilungsverbot von Kosten für solche Reisen abweicht, bei denen die Abwägung der für eine berufliche mit den für eine private Veranlassung sprechenden Beurteilungsmerkmalen ergibt, dass nicht von einer nahezu ausschließlich beruflichen Veranlassung der Reise ausgegangen werden kann.

RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 9 EStG, § 12 EStG

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