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19.10.2015 · IWW-Abrufnummer 145610

Oberlandesgericht Köln: Urteil vom 16.07.2015 – 11 U 44/13

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14.02.2013 – 18 O 190/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

1

Gründe:
2

I.
3

Die Klägerin ist ein international tätiges Speditionsunternehmen. Sie unterhält Kühlhallen, die der Lagerung temperaturgeführter Güter dienen. Sie nimmt den Beklagten, welcher als Bodengutachter für sie tätig war, wegen eines – wie sie behauptet: mangelhaft erstellten – Bodengutachtens auf Schadensersatz in Anspruch.
4

Im Jahr 2008 interessierte sich die Klägerin für ein Gewerbegrundstück von 21.782 m² in M, Ostwestfalen. Sie beabsichtigte, dieses als neuen Standort für eine noch zu errichtende, nicht unterkellerte Kühlhalle zu nutzen.
5

Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 14.05.2008 an den Beklagten in seiner Eigenschaft als Bodengutachter und bat „um eine Kostenschätzung für die Baugrunduntersuchung incl. Prüfung auf Kontaminationen“. Der Beklagte unterbreitete unter dem 14.05.2008 ein Angebot „über die Erstellung eines altlastenorientierten Baugrundgutachtens“. Die Klägerin bestätigte mit Schreiben vom 15.05.2008 „den Auftrag zur Erstellung eines altlasten-orientierten Baugrundgutachtens“. Sie wies in der Auftragsbestätigung darauf hin, dass als Bauvorhaben der Neubau einer Kühllagerhalle (7.500- 10.000 qm, 10 m Höhe) geplant sei und die Freiflächen für den Schwerlastverkehr befestigt werden müssten. Ferner überreichte sie dem Beklagten zwei Planunterlagen (Auszüge aus dem Geodatenbestand der Stadt M). Im Übrigen lagen dem Beklagten Angaben zur Lage, Art der Halle und der Außenanlagen nicht vor. Eine Beurteilung oder Ermittlung der zu erwartenden Kosten der jeweiligen Gründung war nicht Gegenstand des Auftrags.
6

Der Beklagte erstattete sein Baugrundgutachten unter dem 05.06.2008 vor. Darin heißt es unter Ziff. 2 „Bauvorhaben“:
7

„Die Größe der auf den Baugrund abzuleitenden Lasten ist zur Zeit noch nicht genau bekannt. Um den Entwurfsarbeiten einen Anhalt für die weitere Planung zu geben, wird in dem vorliegenden Baugrundgutachten das Ergebnis der Baugrundaufschlüsse erläutert und allgemein zur Gründung des geplanten Bauvorhabens Stellung genommen.“
8

Die Klägerin erwarb das Grundstück mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 11.09.2008 (Auszug Anlage K 38 zu Bl. 357 f.) und beauftragte einen Architekten mit der Planung und Durchführung des Bauvorhabens ohne weitere Einschaltung des Beklagten. Mit der Projektrealisierung wurde nach Ausschreibung die Fa. T AG betraut. Schwierigkeiten bei der Einrichtung der Baustelle veranlassten die Klägerin, ein weiteres Baugrundgutachten bei dem Sachverständigen Dr. A, Institut für Geotechnik, in Auftrag zu geben. Dieser kam zum Ergebnis, dass das von dem Beklagten erstellte Gutachten zahlreiche Fehler und Mängel in der Ausführung und auch in der Bewertung aufweise, die auf Grundlage der nunmehr tatsächlich erkannten Verhältnisse Planungs- und Ausführungsänderungen nach sich ziehen müssten.
9

Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Beklagten mit der Erstellung eines Gründungsgutachtens im Sinne der DIN 4020 beauftragt. Das Grundstück habe sie aufgrund seines Gutachtens erworben. Wäre das Gutachten negativ ausgefallen, hätte sie es nicht erworben. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag sei jedoch nicht mehr möglich gewesen, weil der Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss im Hinblick auf das Gutachten enthalten habe. Das Gutachten habe zu einer Fehleinschätzung bei der Grundstücksbewertung bzw. den Kosten der Baurealisierung geführt, welche ursprünglich seitens ihres Architekten unter dem 01.09.2008 grob auf 7,4 Mio. € geschätzt worden seien. Denn nach den – fehlerhaften – Berechnungen des Beklagten hätte die Halle auf dem Fundament selbst stehen können, indes habe sich im Nachhinein herausgestellt, dass dies zu Setzrissen geführt hätte. Hierdurch bedingt seien Änderungen in der Planung und Ausführung mit einem Kostenvolumen von 1.158.677,32 € erforderlich geworden, und zwar im Einzelnen 844.503,10 € Mehrkosten des ausführenden Bauunternehmens T AG auf Angebotsbasis, 150.601,00 € Mehrkosten der Fa. N GmbH für die erforderliche Pfahlgründung auf Angebotsbasis, 6.847,00 € Kosten des Sachverständigen Dr. A, 70.511,70 € erhöhtes Architektenhonorar, 10.928,87 € Bereitstellungszinsen und 75.285,56 € Laufzeitzinsen.
10

Das Feststellungsinteresse für den Feststellungsantrag rühre aus dem erhöhten Finanzierungsaufwand und dem Wegfall des ursprünglich geplanten Regenauffangbeckens.
11

Die Klägerin hat beantragt,
12

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.158.677,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit (= 07.07.2010) zu zahlen.
13

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren Schäden zu ersetzen, die aus dem fehlerhaften Gutachten vom 05.06.2008 resultieren.
14

Der Beklagte hat beantragt,
15

die Klage abzuweisen.
16

Er hat behauptet, auf der Grundlage des erstellten Baugrundgutachtens hätte die Planung so erfolgen können und müssen, dass spätere Änderungen nicht notwendig geworden wären. Die Angaben der Klägerin zu den ursprünglich geschätzten Baukosten, dem Zeitpunkt der Gewerke und der Baustelleneinrichtung hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Er hat die Auffassung vertreten, bei den als Schaden geltend gemachten Kosten handele es sich um Sowiesokosten der Klägerin. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass der Schaden auf Angebotsbasis kalkuliert werde, da die Kühlhalle fertig gestellt sein dürfte.
17

Mit am 14.02.2013 verkündetem Urteil (Bl. 303 – 307R d.A.), auf das wegen der Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht Bonn die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe selbst unter Berücksichtigung der Ausführungen aus dem nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist eingegangenen Schriftsatz vom 28.03.2013 mangels schlüssiger Darlegung zur haftungsausfüllenden Kausalität und zum Schaden keine Ansprüche gegen den Beklagten.
18

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren ursprünglichen Klageantrag weiterverfolgt. Sie ergänzt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und beruft sich darauf, dass sie aufgrund anderweitiger vertraglicher Verpflichtungen gegenüber der Firma M2 keine Zeit mehr gehabt habe, sich ab Februar/ März 2009 nach einem anderen Grundstück umzusehen.
19

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
21

II.
22

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klägerin hat die Voraussetzungen eines Anspruches auf Schadensersatz für den von ihr konkret geltend gemachten Schaden gegen den Beklagten nicht schlüssig darzulegen vermocht.
23

1.
24

Die Klägerin macht geltend, dass sie das Grundstück nur im Vertrauen auf die Richtigkeit der im Gutachten des Beklagten enthaltenen Angaben über eine – relativ kostengünstige – Gründung des Gebäudes erworben habe. Damit begehrt die Klägerin Ersatz des Vertrauensschadens. Der Höhe nach macht sie indessen die Kosten geltend, die ihr dadurch entstanden seien, dass sie – nunmehr in Kenntnis der tatsächlichen Baugrundverhältnisse – Mehraufwendungen für die Gründung vorgenommen habe. Diese Aufwendungen sind aber gerade nicht dadurch entstanden, dass das Gutachten des Beklagten (nach dem Klagevortrag) „falsch“ war, denn sie wären (ihre Notwendigkeit nach dem Vorbringen der Klägerin unterstellt) auch und gerade dann entstanden, wenn das Gutachten des Beklagten die Bodenverhältnisse „richtig“ beschrieben hätte. Grundsätzlich ist beim Schadensersatz wegen unrichtiger Auskunft, der der unrichtige Begutachtung gleichsteht, das negative Interesse maßgebend, während die Klägerin das positive Interesse verlangt, weil sie verlangt, so gestellt zu werden, als träfe die Begutachtung zu. Das positive Interesse kann aber nur dann geltend gemacht werden, wenn die Auskunftgeber bzw. der Gutachter eine Garantie für die Richtigkeit der Auskunft übernommen hat (vgl. Palandt/Grüneberg, 73. Aufl., Vorbem. V. § 249; Rdn. 16 ff. [ 18]). Das ist indessen hier nicht der Fall:
25

Das selbständige Garantieversprechen ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Verpflichtung zur Schadloshaltung übernommen wird, falls der garantierte Erfolg nicht eintritt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 – VIII ZR 70/98 –, NJW 1999, 1542, juris; Urteil vom 16. Dezember 1960 - II ZR 137/59 = WM 1961, 204 unter III, juris; Urteil vom 11. Juli 1985 - IX ZR 11/85 = WM 1985, 1035 = NJW 1985, 2941 unter II 1 c bb, juris; Horn in: Staudinger, BGB - Neubearbeitung 2012, vor §§ 765 ff. BGB, Rn 208). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Schuldner für seine Leistungen durch entsprechende zusätzliche Vereinbarungen die Gewähr übernehmen, wenn der gewährleistete Erfolg weiter geht als die bloße Vertragsmäßigkeit der Leistungen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 – VIII ZR 70/98 –, NJW 1999, 1542, juris).
26

Anhaltspunkte für eine nach diesen Grundsätzen durch den Beklagten übernommene Richtigkeitsgarantie liegen indes nicht vor.
27

Nach dem wechselseitigen Vortrag der Parteien und den vorgelegten Unterlagen ist mit dem Beklagten von einem Auftrag zur primär altlastenorientierten Bodenbegutachtung ausgehen, welche sich auf die Annahme einer dem Beklagten lediglich in allgemeiner Form bekannt gegebenen Bauplanung stützte und bei der insoweit auch lediglich in ganz allgemeiner Form Vorschläge zur Gründung eines solchen Vorhabens gemacht werden konnten (und wurden). Schon die Bezeichnung des Gutachtens als „altlastenorientiertes Baugrundgutachten“ spricht dafür, dass die Überprüfung auf Altlasten den Schwerpunkt des Gutachtens bilden sollte. Eine solche Überprüfung erscheint auch im Hinblick auf den Zeitpunkt des Auftrags – vor dem Erwerb des Grundstücks – und den beabsichtigten Gewährleistungsausschluss naheliegend. Soweit die Klägerin davon ausgegangen sein sollte, dass eine konkrete Bauplanung überprüft und gebilligt werden sollte, hat sie die entsprechende Zielsetzung dem Beklagten jedenfalls nicht vermittelt, so dass diese nicht Vertragsbestandteil geworden ist. Insbesondere ist weder schlüssig vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass der Beklagte gewusst hätte, dass sein Gutachten zur Grundlage einer Kaufentscheidung insbesondere im Hinblick auf eine bestimmte Bauweise, die er im einzelnen nicht kannte, gemacht werden sollte.
28

Zwar hat der Beklagte entsprechend seinem Angebot, wonach Gegenstand des Gutachtens unter anderem auch eine „Setzungsberechnung“ und ein „Gründungsvorschlag“ sein sollten, auch Untersuchungsergebnisse mitgeteilt, die die Belastbarkeit des Bodens betreffen und Gründungsempfehlungen für die weitere Planung gegeben. Er hat dies aber mit der ausdrücklichen Einschränkung versehen, dass „die Größe der auf den Baugrund abzuleitenden Lasten zur Zeit noch nicht genau bekannt“ sei und die Erläuterungen des Ergebnisses der Baugrundaufschlüsse nur als „Anhalt für die weitere Planung“ zu verstehen seien.
29

Selbst wenn der Klägerin zuzugestehen wäre, dass die gutachterlichen Angaben des Beklagten insoweit, mögen sie vielleicht auch nicht von vornherein geschuldet gewesen sein, möglicherweise allgemeinen Gewährleistungsansprüche gemäß §§ 633 BGB auslösen könnten, da die gutachterlichen Feststellungen unabhängig davon, ob der Beklagte hierzu verpflichtet war, einen Mangel begründen können, wenn sie Fehlvorstellungen zu wecken geeignet wären, fehlten jedenfalls Anhaltspunkte für die Übernahme einer über die §§ 633 ff. BGB hinausgehenden selbständigen Garantie für gerade diesen, jedenfalls nicht den Kern der eigentlichen Aufgabenstellung betreffenden Teil der Begutachtung vollständig. Eine Garantiehaftung des Beklagten scheidet nach dem Vorstehenden daher aus.
30

2.
31

Auf die Gewährleistungsvorschriften, §§ 633, 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB, kann die Klägerin den konkret geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht stützen:
32

Insoweit kann, wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, dahinstehen, ob das Gutachten die von der Klägerin behaupteten Fehler, die der Beklagte bestreitet, enthält. Denn es fehlt an dem Kausalzusammenhang zwischen etwaigen Mängeln des Gutachtens und den konkret geltend gemachten Schadenspositionen.
33

a.
34

Die Klägerin führt zur Schadensbegründung – so wörtlich im Schriftsatz vom 20.05.2014 (Bl. 432 d.A.) – aus, sie habe Maßnahmen zur Baugrundertüchtigung ergreifen müssen, die zusätzliche Kosten verursacht hätten, die ihr bei richtiger Beratung durch den Beklagten nicht entstanden wären. Dann hätte sie das Grundstück überhaupt nicht oder zumindest zu einem deutlich geringeren Preis gekauft (ebenso Seite 12 dieses Schriftsatzes, Bl. 442 d.A.). Sie macht nach ihrem Vortrag der Sache nach den Ersatz des negativen Interesses geltend, nämlich Ersatz des Schadens, der durch ihr enttäuschtes Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben zur konkreten Bebaubarkeit entstanden sein soll. Die geltend gemachten Schadenspositionen stellen jedoch diesen Vertrauensschaden nicht dar:
35

aa.
36

Die Klägerin behauptet, sie sei durch die Pflichtverletzung des Beklagten in Gestalt einer falschen Begutachtung zum Abschluss eines nachteiligen Vertrages veranlasst worden, den sie bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht abgeschlossen haben würde. In einem solchen Fall muss der Schuldner den Gläubiger so stellen, als hätte dieser die nachteilige Dispositionen nicht getroffen und insbesondere den nachteiligen Vertrag nicht abgeschlossen. Bei Verletzung vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten ist der Geschädigte nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie er stünde, wenn der Schädiger den Vertragspartner von Anfang an ordnungsgemäß aufgeklärt und beraten hätte (BGH NJW 1986, 123 [124]; NJW-RR 1991, 1243 [1244]; OLG Düsseldorf WM 1996, 1082 [1088]; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2012 Rn. 127). Nichts anderes kann hinsichtlich des Haftungszusammenhanges gelten, wenn die angeblich verletzten vertraglichen Hauptpflichten des mit einer Baugrundbegutachtung beauftragten Sonderfachmannes gerade auf eine solche Beratung gerichtet waren.
37

In dem Fall, in dem infolge der Pflichtverletzung ein nachteiliger Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks abgeschlossen worden ist, kann der Auftraggeber auf Rechtsfolgeseite verlangen, so gestellt zu werden, als wäre ihm die richtige Auskunft erteilt worden. Dann hätte er die auf der Beratung basierende Entscheidung nicht getroffen (BGH, Urteil vom 26. September 1991 – VII ZR 376/89 –, BGHZ 115, 213 ff.) und könnte deshalb Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz der Vertragskosten verlangen. Dem Umstand, dass das Erworbene noch werthaltig ist, kann gegebenenfalls dadurch Rechnung getragen werden, dass die Schadensersatzleistung Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 – VII ZR 376/89 –, BGHZ 115, 213 [221]; BGH, Urteil vom 06.02.2006 – II ZR 329/04 –, juris BGH NJW 2006, 2042; Grüneberg in: Palandt, BGB, 73. Auflage 2014, § 280 Rn. 32).
38

bb.
39

Die Klägerin macht jedoch gerade nicht geltend, dass der Beklagte sie von den Folgen des Abschlusses des Vertrages befreien soll. Vielmehr möchte sie erreichen, dass der Beklagte den Vertrag in ihrem ursprünglich vorgestellten Sinne „rentabel macht“. Denn sie verlangt, dass er die Mehrkosten erstatten soll, die dann nicht angefallen wären, wenn ihre ursprüngliche Vorstellung über die konkreten Erfordernisse für eine Bauwerksgründung richtig gewesen wäre. Dabei handelt es sich insbesondere um Kosten für Erdarbeiten (Fa. T – 844.503,19 €), für Pfahlgründung und Bodenverbesserung (Fa. N – 150.601,00 €), für eine weitergehende Bodenbegutachtung (Fa. N2&Partner – 8.402,11 €), für eine Umplanung durch den Architekten (70.511,70 €) und für erhöhte Bereitstellungs- (10.928,87 €) und Laufzeitzinsen (75.285,56 €), mithin insgesamt 1.158.677,32 €.
40

Mit der Forderung dieser Schadenspositionen verkennt die Klägerin, dass sie, wenn sie sich tatsächlich gegen einen Kauf entschieden haben würde, keinen Schaden gehabt hätte, der sich in erhöhten Bau- und Baunebenkosten niedergeschlagen haben würde. Vielmehr hätte sie dann die Arbeiten gar nicht durchgeführt (und auch nicht den Grundstückswert durch den Aufbau der Halle im Wert erheblich gesteigert). Ebenso wenig würde sie die Halle nunmehr nicht (gegebenenfalls sogar gewinnbringend) nutzen.
41

cc.
42

Vor diesem Hintergrund sei lediglich ergänzend und ohne, dass es für die Entscheidung hierauf ankäme darauf hingewiesen, dass die Klägerin auch nicht etwa vorgetragen hat, dass sie nach dem Erwerb des Grundstücks und nach gereifter Erkenntnis der gegenüber der ursprünglichen Planung wesentlich höheren Kosten für die Errichtung (bzw. Gründung) der Halle auch nur versucht hätte, das Grundstück anderweitig wieder zu veräußern und wenn ja, welchen finanziellen Verlust für einen gegenüber dem durch sie selbst entrichteten Kaufpreis sie insoweit aufgrund des dann geringeren Verkehrswertes erlitten haben würde. Die Klägerin hat zwar angegeben, dass sie im Verhältnis zum ursprünglichen Verkäufer nicht zum Rücktritt berechtigt gewesen sei. Eine Weiterveräußerung an Dritte dagegen scheidet damit nicht aus , wenn die Entscheidung der Klägerin tatsächlich mit der auf gerade das Bodengutachten des Beklagten gegründeten Annahme, dass das Grundstück zu Kosten in einer die ursprüngliche Planung nicht übersteigenden Höhe mit der geplanten Halle bebaut werden kann, „stand und fiel“.
43

Den Beklagten hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt darauf in Anspruch genommen, sie von dem von ihr geschlossenen Grundstückskaufvertrag zu befreien – und sei es gegebenenfalls durch Selbsteintritt in Gestalt der Zahlung des Kaufpreises gegen Übernahme des Grundstücks (zumal der Grundstückskaufpreis mit 21782 m² x 37 € = 805.934,00 € geringer gewesen wäre als der jetzt geltend gemachte Schadensersatzanspruch).
44

b.
45

Soweit die Klägerin den Widerspruch in ihrer Argumentation dadurch zu überbrücken sucht, dass sie vorträgt, in ihrer konkreten Situation habe es ihrer Obliegenheit zur Schadensminderung entsprochen, das Grundstück bebauen zu lassen, weil dies die kostengünstigste Alternative gewesen sei, ist schon fraglich, ob dieser Ansatz ein für die Schadensberechnung erheblicher Gesichtspunkt sein kann.
46

Jedenfalls wären diese Voraussetzungen nicht schlüssig dargetan:
47

Erstmals mit der Berufung (allerdings auch insoweit nicht hinreichend substantiiert) wird behauptet, dass die Klägerin nicht mehr kündbare vertragliche Verpflichtungen eingegangen sei und unter dem wirtschaftlichen Zwang gestanden habe, den Bau fortzusetzen (Bl. 387, 398, bestritten Bl. 405 d.A.). In erster Instanz hatte die Klägerin lediglich mit der Vorlage von Anlage K 13 (Bl. 77 d.A.) erkennen lassen, dass sie sich aufgrund drittvertraglicher Bindungen zur Fertigstellung des Bauvorhabens bis zum 31.12.2009 genötigt gesehen habe. Allerdings hatte sie auch insoweit nicht konkret dargelegt, dass dies mit einem etwaigen Ersatzgrundstück nicht möglich gewesen wäre. Auch die mit Schriftsatz vom 09.10.2013 pauschal aufgestellte Behauptung, dass ein Aufgeben des Bauvorhabens wesentlich teurer geworden wäre, weil sich die Klägerin Schadensersatzansprüchen der Firma M2 gegenüber gesehen habe, ist nicht hinreichend konkretisiert. Abgesehen davon handelt es sich um neues und nicht berücksichtigungsfähiges Vorbringen im Sinne von §§ 529, 531 ZPO.
48

3.
49

Ebenfalls ohne Bedeutung für das Ergebnis sei abschließend darauf hingewiesen, dass ist die Klage, soweit sie auf den Ersatz von „Mehrkosten“ gestützt wird, aber auch insoweit unschlüssig ist, als die Klägerin trotz entsprechender gerichtlicher Hinweise gerade hinsichtlich der behaupteten Mehrkosten keine Differenzierung zwischen den von ihr erhöht aufgewandten Kosten und den ihr aufgrund dieser Mehraufwendungen zugeflossenen oder weiterhin zufließenden Vorteilen vorgenommen hat, so dass es weiterhin auch an einer nachvollziehbaren Berechnung des Schadens fehlt. Insoweit sind auch die im Hinweis vom 02.04.2014 angesprochenen Bedenken (Ziffer 3. der mit der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung übersandten gerichtlichen Hinweise vom 02.04.2014, Bl. 408 d.A.) nicht ausgeräumt.
50

III.
51

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
52

Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Rechtsstreit hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO).
53

IV.
54

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
55

Bis zum 28.05.2014:
56

Klageantrag zu 1) 1.158.677,32 €
57

Klageantrag zu 2) 713.479,44 €
58

Gesamt: 1.872.156,76 €
59

ab dem 29.05.2014:
60

Klageantrag zu 1) 1.158.677,32 €
61

Soweit der Feststellungsantrag zu 2) noch eingangs der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 gestellt wurde, ist dieser mit 713.479,44 € anzusetzen. Dabei war zu berücksichtigen dass sich die Klägerin zu dessen Begründung darauf berufen hatte, sie habe die Darlehenssumme infolge von Mehrkosten um 1.131.594,31 € erhöhen müssen. Hieraus wiederum ergäben sich weitergehende Laufzeitzinsen von jährlich 4,7 %, mithin in Höhe von jährlich 53.184,93 €, mithin bei einer Laufzeit von 20 Jahren i.H.v. 531.849,30 € (Bl. 8-9). Im Übrigen hatte sich die Klägerin darauf berufen, dass ihr ein Schaden i.H.v. 360.000 € entstanden sei, gebildet aus einer Nutzungsdauer von 20 Jahren hinsichtlich des rechnerischen Verlustes eines Regenauffangbeckens i.H.v. 18.000 € (Bl. 9). Da beide Positionen von der Klägerin zur Begründung ihres Feststellungsantrages genannt wurden, sind sie zur Berechnung des Streitwertes heranziehen. Für den entsprechenden positiven Feststellungsantrag war insoweit ein Abschlag von 20 % vorzunehmen.

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