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14.02.2011

Landesarbeitsgericht München: Urteil vom 09.09.2009 – 10 Sa 88/99


In dem Rechtsstreit

A. A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte B. B-Straße, A-Stadt

gegen

Firma C. C-Straße, C-Stadt

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt D. D-Straße, D-Stadt

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. September 2009 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Kuhlemann und Krahl

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Endurteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 20.05.1998 (Az.: 4 Ca 5756/97) wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 9.125,39 brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.01.1995 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.525,38 brutto nebst 9,96 % Zinsen aus € 1.278,22 und 4 % Zinsen aus € 247,16 seit 01.01.1995 zu bezahlen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 3/7 und die Beklagte 4/7.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch über Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Abfindung, Abgeltung von Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sowie über die Berechnung und Entschädigung von Umzugskosten.

Die Beklagte unterhielt bis 30.06.1995 in A-Stadt einen von den Vereinigten Staaten von Amerika finanzierten Radiosender, der Programme für den ehemaligen Ostblock in der jeweiligen Landessprache ausstrahlte.

Der 1955 in Polen geborene Kläger, der als politischer Flüchtling in Frankreich Asyl erlangt hat, war seit März 1983 bei der Beklagten als Redakteur in der polnischen Abteilung beschäftigt und erzielte dabei nach seinen eigenen Angaben im Jahr 1988 ein monatliches Arbeitsentgelt von DM 6.270,00 brutto.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Regelungen des Manteltarifvertrags für Radio Freies Europa / Radio Liberty Inc., abgeschlossen zwischen der Beklagten und den Gewerkschaften DAG, RFFU in der Gewerkschaft Kunst DGB sowie den Bayerischen Journalistenverband e. V. Anwendung.

Der Kläger ist mindestens seit Januar 1988 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 50 % anerkannt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 17.02.1988 zum 30.06.1988 wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten. Mit dieser Kündigung und einem von der Beklagten dabei verfolgten Auflösungsantrag waren das Landesarbeitsgericht München und das Bundesarbeitsgericht mehrfach befasst. So haben das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 18.12.1989 (Az.: 4 Sa 888/88) der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen, das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 16.08.1991 (Az.: 2 AZR 241/90 = AP Nr. 2 zu § 15 SchwbG 1986) dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen und das Landesarbeitsgericht München mit Urteil vom 07.06.1996 (Az.: 3 (4) Sa 659/91) daraufhin das Arbeitsverhältnis zum 30.06.1988 gegen Zahlung einer Abfindung von DM 90.000,00 aufgelöst.

In einem Wiederaufnahmeverfahren hat das Landesarbeitsgericht München mit Zwischenurteil vom 25.09.1998 (Az.: 11 Sa 1326/97) dieses Urteil wieder aufgehoben, das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 02.12.1999 (2 AZR 843/98 = AP Nr. 4 zu § 79 ArbGG 1979) das Urteil des Landesarbeitsgerichts wieder aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverweisen und das Landesarbeitsgericht München daraufhin mit Urteil vom 13.12.2000 (Az.: 5 Sa 429/00) das Arbeitsverhältnis erneut zum 30.06.1988 gegen Zahlung einer Abfindung von DM 100.000,00 aufgelöst. Auf die Revision des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.03.2002 (Az. 2 AZR 158/01 = AP Nr. 42 zu § 9 KSchG 1969) die Auflösungsentscheidung aufgehoben, wodurch feststeht, dass die Kündigung vom 17.02.1988 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat und dieses über den 30.06.1988 hinaus fortbestanden hat.

Im Jahr 1995 verlegte die Beklagte den Sitz des Senders von A-Stadt nach Prag und stellte ihren Betrieb in Deutschland zum 30.06.1995 vollständig ein.

Mit Schreiben vom 22.06.1994 kündigte die Beklagte erneut das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.1994.

Das Landesarbeitsgericht München hat durch Urteil vom 19.07.2007 (Az.: 4 Sa 533/05) die Berufung des Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil des Arbeitsgerichts hinsichtlich dieser Kündigung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat durch Beschluss vom 28.08.2008 (Az.: 2 AZN 415/07) die Beschwerde des Klägers dagegen zurückgewiesen.

In der am 25.03.1988 zunächst hinsichtlich eines Entgeltfortzahlungsanspruchs erhobenen Klage hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.04.1989 die Klage hinsichtlich der Zahlung einer Urlaubsabgeltung für drei Tage Schwerbehindertenzusatzurlaub 1988 i.H.v. DM 892,38 erweitert. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 28.05.1997 hat er diesen Betrag auf DM 1.616,00 erhöht, da eine Quotelung nicht stattfinde. Mit Schriftsatz vom 15.08.1997 hat der Kläger die Klage hinsichtlich eines Betrages von DM 19.615,39 auf Zahlung eines tariflichen Abfindungsanspruchs erweitert. Mit Schriftsatz vom 26.11.1997 hat der Kläger schließlich einen weiteren Betrag von DM 1.616,00 Urlaubsabgeltung für Schwerbehindertenzusatzurlaub 1987 sowie einen Anspruch auf Bezahlung und Entschädigung von Umzugskosten geltend gemacht.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe Anspruch auf jährlich fünf Tage Zusatzurlaub für Schwerbehinderte. Dieser bestehe schon seit dem Jahr 1987 weil der Kläger bereits seit 22.12.1987 schwerbehindert sei. Ebenso bestehe ein Anspruch für 1988. Dieser Anspruch sei abzugelten. Dabei sei ein Tagessatz von DM 323,20 zugrunde zu legen. Dies ergebe sich aus der Gehaltsabrechnung für Juni 1988. Denn in dieser habe die Beklagte 14 Tage Jahresurlaub mit DM 4.524,81 (= US$ 2.667,30 zum damaligen Umrechnungsfaktor 1 US$ = DM 1,6964) abgerechnet. Der Anspruch für 1987 mit DM 1.616,00 sei bereits ab 01.01.1988 und der von 1988 ab 30.06.1988 mit 9,96 % zu verzinsen, wie sich aus einer Bankbestätigung der Commerzbank vom 06.09.1988 (Bl. 52 d. A.) ergebe. Ein dem entgegenstehender Aufrechnungsanspruch der Beklagten bestehe nicht. Eine Aufrechnung sei zudem nicht zulässig. Der Kläger habe außerdem Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung nach dem Manteltarifvertrag. Nach der von der Beklagten selbst erstellten Abrechnung für Juni 1988 belaufe sich diese auf DM 17.847,72. Nicht einmal diesen Betrag habe die Beklagte bezahlt. Zudem sei die Abrechnung richtig mit DM 19.615,39 zu berechnen. Denn das Landesarbeitsgericht München sei bei Berechnung der Abfindung im Verfahren 3 (4) Sa 695/91 von einem Jahresgehalt von DM 102.000,00 ausgegangen. Eine Abfindung i.H.v. 10-Wochen-Gehältern betrage daher DM 19.615,39. Auch dieser Betrag sei mit 9,96 % seit 30.06.1988 zu verzinsen. Schließlich habe der Kläger nach dem Manteltarifvertrag Anspruch auf Erstattung der Kosten des Umzugs nach Paris oder die Auszahlung einer 50 %-Pauschale. Dieser Anspruch sei nicht verfallen. Auch diesem Anspruch stehe kein Gegenanspruch der Beklagten gegenüber.

Der Kläger hat beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.616,00 nebst 9,96 % Zinsen hieraus seit 30.06.1988 sowie DM 1.616,00 nebst 9,96 % Zinsen daraus seit 01.01.88 an den Kläger zu zahlen.

II. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, weitere DM 19.615,39 nebst 9,96 % Zinsen hieraus seit dem 30.06.1988 an den Kläger zu zahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, die Umzugs- und Reisekosten für den Kläger von A-Stadt nach Paris gem. IV Ziff. I 2 des Manteltarifvertrags beim RFE / RL. Inc. bis 31.12.1997 zu berechnen und bei Nichtvornahme dieser Handlung eine innerhalb einer zu bestimmenden Frist vom Gericht festzusetzende Entschädigung zu zahlen. Sie wird weiter verurteilt, dem Kläger nach Wahl entweder 50 % dieser berechneten Summe auszuzahlen oder gegen Nachweis tatsächlich entstandener Umzugskosten diese in der berechneten Höhe zu übernehmen und die Fahrtausweise für die Rückreise des Klägers zu erwerben und diesen zu dem vom Kläger bestimmten Zeitpunkt auszuhändigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat - soweit noch von Interesse - vorgetragen, Ansprüche des Klägers seien nach der Ausschlussfrist des Tarifvertrags bereits verfallen. Der Berechnung der Urlaubsabgeltung und der Abfindung, die erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden seien, lege der Kläger ein unzutreffendes Grundgehalt zugrunde, da dieses bis 30.06.1988 DM 6.464,37 monatlich betragen habe. Auch ein Anspruch auf Entschädigung für Umzugskosten bestehe nicht. Dagegen stünden der Beklagten erhebliche Ansprüche gegen den Kläger zu. Der Kläger habe über den 30.06.1988 hinaus die Werkdienstwohnung genutzt ohne dafür einen Mietzins zu bezahlen. Dafür habe die Beklagte monatlich DM 1.500,00 aufgewendet (Kaltmiete DM 1.267,50, Heizung DM 161,00 und Strom DM 71,00). Für 111 Monate ergebe sich ein Anspruch von DM 166.444,50. Mit diesem Anspruch rechne die Beklagte auf.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.05.1998 die Klage abgewiesen. Das Urteil ist wegen lang andauernder Erkrankung des Vorsitzenden nicht zugestellt worden.

Gegen das Urteil hat der Kläger mit einem am 28.01.1999 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 01.04.1999 innerhalb bis dahin durch den Vorsitzenden verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er trägt vor, schon nach der Abrechnung der Beklagten bestehe ein Abfindungsanspruch des Klägers i.H.v. DM 17.847,42. Dieser sei aber unrichtig berechnet. Denn nach übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien im Kündigungsschutzprozess sei von einem Monatsgehalt des Klägers von DM 8.500,00 auszugehen, so dass die Abfindung DM 19.615,39 betrage. Dieser Anspruch bestehe auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zum 30.06.1988 geendet hätte. Der Kläger habe auch Anspruch auf Erstattung der Umzugeskosten oder die Auszahlung einer Pauschale von 50 %. Diese Verpflichtung habe die Beklagte noch in einem Schreiben an das Kreisverwaltungsreferat der Stadt A-Stadt vom 17.03.1988 (Bl. 365 d. A.) anerkannt. Ebenso bestehe ein Anspruch auf Abgeltung des Schwerbehindertenurlaubs. Schon aufgrund des Schwerbehindertenausweises stehe fest, dass der Kläger seit 22.12.1987 Schwerbehinderter sei. Bei der Beklagten bestehe eine betriebliche Übung, dass ein derartiger Anspruch ohne Geltendmachung gezahlt werde. Die Höhe des Anspruchs mit DM 323,20 pro Tag ergebe sich aus der bereits vorgelegten Abrechnung. Die Ansprüche für 1987 und 1988 i.H.v. je DM 1.616,00 bestünden auf jeden Fall, da die Beklagte ihren Betrieb geschlossen habe und eine Erteilung in Natur nicht mehr möglich sei. Mit Schriftsatz vom 08.09.2009 macht der Kläger geltend, dass sogar von einem Anspruch von je DM 1.961,55 pro Jahr auszugehen sei, da bei Zugrundelegung eines Monatsgehalts von DM 8.500,00 der Urlaubsverdienst pro Woche in Höhe dieses Betrages bestehe. Diese Ansprüche des Klägers seien auch nicht durch die Freistellung des Klägers erfüllt worden. Irgendwelche Aufrechungsforderungen bestünden nicht. Es sei schon unklar, für welche Partei eine Aufrechnung erklärt werde. Es fehle an einer Vertretungsbefugnis der handelnden Person. Identität und Existenz der vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten vertretenen Partei sei zweifelhaft. Für die von der Beklagten behaupteten Ansprüche sei das Arbeitsgericht nicht zuständig. Sie seien zudem doppelt rechtshängig. Für angebliche Zahlungen an die Eigentümer fehle es außerdem an jeglicher Rechtsgrundlage. Ansprüche bestünden in keinem Fall.

Der Kläger beantragt zuletzt:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 20.05.1998 (Az.: 4 Ca 5756/97) wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger mindestens DM 19.650,39 (= € 10.047,08) nebst 9,96 % Zinsen seit 30.06.1988 zu bezahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, die Umzugs- und Reisekosten des Klägers von A-Stadt nach Paris gem. Ziff. IV.12 MTV für RFE / RL. Inc. zu berechnen und bei Nichtvornahme dieser Handlung innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist eine vom Gericht festzusetzende Entschädigung (nicht unter € 3.000,00) zu bezahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger nach Wahl entweder 50 % dieser berechneten Summe auszuzahlen oder dessen tatsächlich entstandenen Umzugeskosten zu übernehmen und die Fahrausweise gem. Ziff. IV 2b 4 MTV zu erwerben und zu dem vom Kläger bestimmten Zeitpunkt auszuhändigen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.961,55 (€ 1.005,92) nebst 9,96 % Zinsen hieraus seit 01.01.1988 zu bezahlen.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere DM 1.961,55 (€ 1.005,92) nebst 9,96 % Zinsen hieraus seit 30.06.1988 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt zuletzt vor, hinsichtlich des Abfindungsanspruchs des Klägers werde ein Betrag von DM 17.847,72 anerkannt. Ein höherer Betrag stehe dem Kläger aber nicht zu. Denn der Berechnung sei kein vom Kläger nicht bezogenes Gehalt von DM 8.500,00 zugrunde zu legen. Zinsen stünden dem Kläger allenfalls ab 28.08.2008 zu, weil erst da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses festgestanden habe. Ein Anspruch auf Umzugskosten bestehe weiterhin nicht. Einen solchen habe der Kläger nicht dargelegt. Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 1987 und 1988 bestehe nicht. Derartige Ansprüche seien bereits mit der Freistellung des Klägers abgegolten. Jedenfalls sei der Anspruch 1987 zum 30.04.1988 verfallen. Zudem seien die Ansprüche der Höhe nach unrichtig berechnet, weil 1988 ein Gehalt von DM 6.464,00 und 1987 ein Gehalt von DM 5.952,00 zugrunde zu legen sei. Ansprüchen des Klägers stünden schließlich Ansprüche der Beklagten auf Erstattung von Mietzahlungen gegenüber. Dabei hat die Beklagte zunächst geltend gemacht, sie habe trotz zum 30.06.1988 beendeten Arbeitsverhältnis die Miete von DM 1.499,50 monatlich weiter gezahlt, so dass für die Zeit bis 30.09.1997 ein Anspruch von DM 166.494,50 bestehe, mit dem sie aufrechne. Nunmehr macht sie geltend, sie habe die Mietzahlungen an den Vermieter ab 01.04.1998 eingestellt, nachdem ihr das Mietverhältnis fristlos gekündigt worden sei. Nachdem sie aber nicht in der Lage gewesen sei, die Wohnung herauszugeben, habe der Vermieter die Miete für die Zeit vom 01.04.1998 bis 31.12.2005 vor dem Landgericht klageweise geltend gemacht. Schließlich habe die Beklagte mit dem Vermieter am 20.04.2009 einen umfassenden Vergleich geschlossen, wonach die Vermieterin eine Entschädigung von € 120.000,00 erhalten habe. Für die Zeit von Januar 1995 bis Januar 1996 entfalle darauf ein Betrag von 13 x € 735,49 = € 9.561,37, mit dem sie die Aufrechnung gegen eine Forderung des Klägers erkläre.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 01.03.1999 (Bl. 353 bis 355 d. A.), 30.03.1999 (Bl. 360 bis 365 d. A.), 05.01.2000 (Bl. 394 bis 395 d. A.), 10.04.2000 (Bl. 403 bis 406 d. A.), 16.09.2004 (Bl. 492 bis 495 d. A.), 15.11.2004 (Bl. 499 bis 503 d. A.) und 08.09.2009 (Bl. 582 bis 590 d. A.), der Beklagten vom 02.06.1999 (Bl. 380 bis 384 d. A.), 11. 04.2000 (Bl. 407 bis 408 d. A.), 07.10.2004 (Bl. 497 bis 498 d. A.), 12.08.2009 (Bl. 554 bis 558 d. A.), 01.09.2009 (Bl. 565 d. A.) und 08.09.2009 (Bl. 571 bis 572 d. A.) sowie die Sitzungsniederschriften vom 14.04.2000 (Bl. 409 bis 411 d. A.), 17.11.2004 (BL. 505 bis 506 d. A.) und 09.09.2009 (Bl. 595 bis 598 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist am 20.05.1998 verkündet aber mangels Unterschrift des Vorsitzenden (§ 60 Abs. 4 Satz 1 ArbGG) den Parteien nie zugestellt worden. Gem. § 64 Abs. 6 ArbGG a. F. i.V.m. § 516 ZPO a. F. bedeutete dies für das arbeitsgerichtliche Verfahren, dass gem. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG eine Berufung gegen ein derartiges Urteil innerhalb einer Frist von 17 Monaten einzulegen war (vgl. BAG vom 08.06.2000 - NJW 2000, 3515). Diese Frist hat der Kläger gewahrt. Zur Begründung der Berufung genügte es in diesem Fall, dass ohne eine Auseinandersetzung mit Gründen der angefochtenen Entscheidung allein dieser Verfahrensmangel gerügt wurde (vgl. BAG vom 13.09.1995 - NZA 1996, 446). Dem entspricht der Schriftsatz des Klägers vom 01.03.1999 in jeder Hinsicht.

II. Die Berufung des Klägers ist auch teilweise begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung i.H.v. € 9.125,39 brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit 01.01.1995 sowie ein Anspruch auf Abgeltung von Resturlaub für die Jahre 1987 und 1988 in der Gesamthöhe von € 1.525,38 brutto nebst 9,96 % Zinsen aus € 1.278,22 und 4 % Zinsen aus € 274,16 seit 01.01.1995 zu. Diese Ansprüche sind auch nicht durch eine Aufrechnung der Beklagten erloschen. Soweit der Kläger hinsichtlich Abfindung und Urlaubsabgeltung höhere Beträge geltend gemacht hat, ist die Berufung ebenso wenig begründet wie hinsichtlich eines Anspruchs auf Berechnung und Entschädigung von Umzugskosten, die gegenüber der Beklagten nicht bestehen.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung i.H.v. € 9.125,39 zu.

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien den Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Mitarbeiter Radio Freies Europa / Radio Liberty Inc. vom 01.04.1982 unterlag. Demgemäß bestimmt Ziff. II 5h des Manteltarifvertrags, dass im Fall einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung bezahlt wird, die im Fall des Klägers unstreitig 10 Wochengehälter beträgt, das sich wiederum aus dem letzten monatlichen Grundgehalt errechnet.

b) Danach steht dem Kläger diese Abfindung zu. Denn mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28.08.2008 im Verfahren 2 AZN 415/08 steht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.06.1994 zum 31.12.1994 aufgelöst wurde und damit eine Beendigung gemäß dem Manteltarifvertrag durch eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers vorliegt. Dass die Abfindung der Höhe nach jedenfalls mindestens DM 17.847,72 beträgt, bedarf keiner gesonderten Begründung, nachdem die Beklagte die Forderung in dieser Höhe ausdrücklich anerkannt hat. Dabei muss die Beklagte nach den Bestimmungen des Tarifvertrags der Berechnung ein Jahresgehalt von DM 92.808,14 zugrunde gelegt haben.

c) Soweit der Kläger demgegenüber der Berechnung ein Jahresgehalt von DM 102.000,00 zugrunde legen will, fehlt es dafür an jeglicher Rechtsgrundlage. Allein, dass das Landesarbeitsgericht München in einem ohnehin aufgehobenen Urteil (Az.: 3 (4) Sa 695/91) bei der Berechnung einer dort nach § 10 KSchG festgesetzten Abfindung von einem derartigen Betrag ausgegangen sein soll, besagt vorliegend überhaupt nichts. Für die Höhe des nach dem Tarifvertrag allein maßgeblichen Grundgehalts ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig. Dafür, dass sein Grundgehalt danach DM 8.500,00 betragen habe, ist de Kläger jeglichen Sachvortrag schuldig geblieben, obwohl die Beklagte dies bereits erstinstanzlich ausdrücklich bestritten hat und ihrerseits eingewandt hat, das Grundgehalt habe DM 6.464,37 monatlich betragen. Zur substantiierten Widerlegung dieses Betrages hätte für den Kläger umso mehr Anlass bestehen müssen, nachdem er selbst ein Grundgehalt von DM 6.464,00 in dem der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 19.07.2007 (AZ.: 4 Sa 533/05) zugrundeliegenden Verfahren vorgetragen hatte und selbst im vorliegenden Verfahren in seiner Klage vom 25.03.1988 noch ein Arbeitsentgelt von DM 6.270,00 angegeben hatte. Dem Kläger steht danach der Höhe nach lediglich ein Abfindungsanspruch von € 9.125,39 zu.

d) Diesen Betrag hat die Beklagte mit 4 % ab 01.01.1995 und nicht wie der Kläger meint mit 9,96 % seit 30.06.1988 zu verzinsen.

aa) Der Abfindungsanspruch ist erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden. Schon aus der Überschrift des Abschnitts II Ziff. 5 des Manteltarifvertrags ergibt sich, dass in Ziff. 5 h eine Leistung geregelt ist, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlt wird. Demgemäß bestimmt auch der Wortlaut der Ziff. 5 h selbst, dass eine Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezahlt wird. Zwischen den Parteien ist mittlerweile unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht zum 30.06.1988 geendet hat. Vielmehr ist das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1994 beendet worden wie sich aus den Entscheidungen der 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts München vom 19.07.2007 (Az.: 4 Sa 533/05) sowie dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28.08.2008 (Az.: 2 AZN 415/08) ergibt. Vor diesem Zeitpunkt ist ein Abfindungsanspruch daher weder entstanden, geschweige denn fällig geworden (vgl. BAG vom 15.07.2004 - 2 AZR 630/03; LAG Niedersachsen NZA-RR 2004, 478).

bb) Aufgrund der Bestimmung der Leistungszeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist das gem. § 284 Abs. 2 BGB a. F. einen Verzug der Beklagten begründende Ereignis erst mit dem 01.01.1995 eingetreten. Gem. § 288 Abs. 1 BGB in der im Jahr 1995 geltenden Fassung war die Geldschuld während des Verzugs mit 4 % pro Jahr zu verzinsen. Gem. Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EG BGB ist es für alle vor dem 01.01.2000 fällig gewordenen Forderungen bei dieser Gesetzeslage geblieben (vgl. Palandt-Heinrichs BGB 61. Aufl. § 288 Rz. 1).

cc) Nach § 288 Abs. 2 BGB a. F. war zwar die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen. Dazu zählten auch erhöhte Kreditkosten, wenn der Gläubiger nachweisen konnte, dass er zur Ausgleichung eines verspäteten Geldbetrags eigens einen Kredit aufgenommen hat (vgl. Staudinger/Löwisch BGB 12. Aufl. § 288 Rn. 19). Dies setzte aber eine substantiierte Darlegung und einen konkreten Nachweis derartiger Kreditkosten voraus (vgl. BAG vom 15.03.1995 - AP Nr. 105 zu § 37 BetrVG 1972; BAG vom 16.03.1994 - AP Nr. 162 zu § 611 BGB "Gratifikation"). Daran hat es der Kläger fehlen lassen, obwohl die Beklagte die Zinshöhe konkret bestritten hat. Denn der Kläger hat sich zwar erstinstanzlich auf eine Bankbestätigung der Commerzbank vom 06.09.1988 (Bl. 52 d. A.) berufen, nach der er für einen Kredit von DM 2.500,00 9,96 % Zinsen zu zahlen habe. Ein im Jahr 1988 bestehender Ratenkredit des Klägers, noch dazu über eine Höhe von DM 2.500,00, kann aber keine Kreditkosten im Jahr 1995 für DM 17.847,72 belegen.

2. Neben dem Anspruch auf Bezahlung einer Abfindung i.H.v. € 9.125,39 steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Abgeltung für je fünf Arbeitstage Resturlaub 1987 und 1988 zu.

a) Dass der Kläger bereits seit Dezember 1987 als Schwerbehinderter im Sinne des Schwerbehindertengesetzes a. F. anerkannt war, steht aufgrund des vom Kläger im Termin vom 14.04.2000 vorgelegten Schwerbehindertenausweises fest. Gem. § 47 SchwbG 1986 i.V.m. Ziff. III/2 des Manteltarifvertrags hatte der Kläger daher sowohl für das Jahr 1987 als auch für das Jahr 1988 einen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen, zu dem der dem Kläger sonst zustehende Urlaubsanspruch hinzutrat (vgl. BAG vom 24.10.2006 - 9 AZR 669/05). Zu Recht hat der Kläger dabei auch darauf hingewiesen, dass trotz einer Schwerbehinderung erst ab Dezember 1987 in diesem Jahr der volle Zusatzurlaub entstanden ist weil nach der damaligen Rechtslage eine Zwölftelung nicht stattfand (vgl. BAG vom 21.02.1995 - AP Nr. 6 zu § 47 SchwbG 1986).

b) Diesen Anspruch auf Zusatzurlaub für die Jahre 1987 und 1988 hat die Beklagte nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Denn die Erfüllung des Urlaubsanspruchs setzt nicht nur eine unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers voraus (vgl. LAG Köln NZA-RR 2007, 520) sondern gerade auch die ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, damit einen Urlaubsanspruch erfüllen zu wollen (vgl. BAG vom 09.06.1998 - 9 AZR 43/97; BAG vom 25.01.1994 - 9 AZR 312/92). Daran fehlt es aber selbst nach dem Sachvortrag der Beklagten. Denn eine Freistellung während des Kündigungsrechtsstreits wie sie die Beklagte behauptet kann eine Urlaubserteilung schon deshalb nicht darstellen, weil die Beklagte für diese Zeit das Bestehen des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich in Abrede stellt. Zum anderen ist nicht erkennbar, wie die Beklagte eine Schuld erfüllen wollte, die sie zunächst gar nicht kannte und deren Bestehen sie später ausdrücklich bestritten hat.

c) Der Urlaubsanspruch des Klägers ist auch nicht verfallen. Denn unabhängig davon, ob der Kläger nicht ohnehin seinen Urlaubsanspruch der Beklagten gegenüber ausdrücklich vor dem 31.03.1988 bzw. 31.03.1989 geltend gemacht hat, was jedenfalls hinsichtlich eines an seine Stelle tretenden Schadensersatzanspruchs einem Verfall entgegengestanden hätte (vgl. BAG vom 21.02.1995 - 9 AZR 166/94; BAG vom 25.10.1994 - 9 AZR 339/93; LAG Hessen NZA-RR 1997, 247), konnte ein Verfall schon nach den dem Urlaubsanspruch zugrundeliegenden tariflichen Bestimmungen nicht eintreten. Denn gem. Ziff. III/2 m des Manteltarifvertrags konnte danach ein Urlaubsanspruch nur verfallen, wenn dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber der Urlaub unstreitig angeboten wurde, dieser ihn aber nicht in Anspruch genommen hat. Dies gilt auch für den Zusatzurlaub. Denn der Zusatzurlaub gem. § 47 SchwbG 1986 folgt nach Entstehen wie Erlöschen dem Anspruch auf Erholungsurlaub (vgl. Dörner DB 1995, 1174 m.w.N.). Es ist weder von der Beklagten vorgetragen worden noch sonst wie ersichtlich, dass dem Kläger der Schwerbehindertenurlaub 1987 und 1988 angeboten wurde.

d) Nachdem nunmehr feststeht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.1994 geendet hat und daher ein Urlaubsanspruch oder ein dem gleichstehender Schadensersatzanspruch nicht mehr in Natur eingebracht werden kann, ist dieser abzugelten (vgl. BAG vom 18.02.2003 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Krankenkassen"). Denn auch der Zusatzurlaub ist wie der Erholungsurlaub gem. § 7 Abs.4 BUrlG abzugelten (vgl. BAG vom 25.06.1996 - AP Nr. 11 zu § 47 SchwbG 1986). Für die Abgeltung von 10 Arbeitstagen Zusatzurlaub stehen dem Kläger daher DM 2.983,38 (= € 1.525,38) zu. Denn auch hier ist der Berechnung des Anspruchs ein Grundgehalt von DM 6.464,00 zugrunde zu legen, wie es der Kläger selbst erstinstanzlich im Schriftsatz vom 26.06.1986 ausführlich und zutreffend dargelegt hat. Soweit der Kläger der Berechnung - wie bei der Abfindung - auch hier ein Monatsgehalt von DM 8.500,00 zugrunde legen will, fehlt es an jeglichem schlüssigen Sachvortrag.

e) Da der Anspruch auf Abgeltung erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden ist, kann der Kläger Zinsen erst seit 01.01.1995 beanspruchen. Nachdem die vom Kläger geltend gemachte Forderung hier den Zeitraum 1987/1988 betrifft, kann die vorgelegte Bestätigung der Commerzbank vom 06.09.1988 hier einen über 4 % hinausgehenden Zinsanspruch begründen. Dies kann allerdings nur einen bis DM 2.500,00 (= € 1.278,22) erreichenden Betrag betreffen, so dass der Rest mit 4 % zu verzinsen ist.

3. Die Ansprüche des Klägers auf Bezahlung einer Abfindung sowie einer Urlaubsabgeltung sind nicht aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist verfallen. Zwar sind nach Ziff. VI 1 a des Manteltarifvertrags alle Ansprüche innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach ihrer Entstehung schriftlich geltend zu machen. Allerdings erscheint schon zweifelhaft, ob der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte als gesetzlicher Anspruch überhaupt einer tariflichen Ausschlussfrist unterliegt (vgl. BAG vom 23.04.1996 - AP Nr. 6 zu § 17 BErzGG) und das Erfordernis der Geltendmachung des Abfindungsanspruchs nicht schon deshalb entfallen ist, weil diesen die Beklagte unstreitig abgerechnet und nur nicht ausbezahlt hat (vgl. BAG vom 21.04.1993 - AP Nr. 124 zu § 4 TVG "Ausschlussfristen"). Jedenfalls hat der Kläger diese Frist gewahrt. Denn sowohl Abfindungs- wie auch Urlaubsabgeltungsanspruch hingen vor der Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass zur schriftlichen Geltendmachung derartiger Ansprüche die Erhebung der Kündigungsschutzklage genügt (vgl. etwa: BAG vom 14.12.2005 - AP Nr. 281 zu § 1 TVG "Tarifverträge: Bau"; BAG vom 09.08.1990 - AP Nr. 46 zu § 615 BGB).

4. Die Forderungen des Klägers sind nicht durch eine Aufrechnung der Beklagten erloschen (§§ 387, 389 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn die Kammer mit der Beklagten von einer vollen Pfändbarkeit sowohl des Abfindungsanspruchs des Klägers wie des Urlaubsabgeltungsanspruchs (vgl. dazu: BAG vom 28.08.2001 - 9 AZR 611/99) ausgeht, so dass § 394 BGB einer Aufrechnung nicht entgegensteht und die Kammer entgegen der Auffassung des Klägers eine wirksame Aufrechnungserklärung der Beklagten gem. § 388 BGB unterstellt. Die Beklagte ist mit der im zweiten Rechtszug erklärten Aufrechnung gem. § 533 ZPO ausgeschlossen.

a) Gem. § 533 Nr. 1 ZPO ist eine Aufrechnungserklärung nur zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und die Aufrechnung auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Beides ist nicht der Fall. Der Kläger ist einer Aufrechnung der Beklagten entgegengetreten. Eine Sachdienlichkeit der Aufrechnung ist zu verneinen.

b) Zwar hat die Beklagte gegen die Forderungen des Klägers bereits im ersten Rechtszug aufgerechnet. Ausweislich des letzten von der Beklagten am 14.04.1998 eingereichten Schriftsatzes betraf die von ihr dabei geltend gemachte Forderung einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung einer von der Beklagten dem Kläger zur Verfügung gestellten Werkdienstwohnung für die Zeit vom 01.08.1993 bis 30.11.1994. Einen derartigen Anspruch verfolgt die Beklagte zweitinstanzlich mit ihrer Aufrechnung nicht mehr. Vielmehr ergibt sich aufgrund des Umstands der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 31.12.1994, dass der von der Beklagten erstinstanzlich geltend gemachte Aufrechnungsanspruch überhaupt nicht besteht, sondern der Kläger jedenfalls bis 31.12.1994 zu Recht die überlassene Wohnung nutzte.

c) Erstmals mit Schriftsatz vom 12.08.2009 erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit einer Forderung, die ihr aufgrund einer an den Vermieter bezahlten Entschädigung gem. § 546 a BGB zustehen soll. Zur Begründung bezieht sie sich dabei auf einen mit der Vermieterin geführten Rechtsstreit vor dem Landgericht A-Stadt I, in dem am 20.04.2009 ein Vergleich geschlossen wurde. Abgesehen davon, dass sich aus dem von der Beklagten geschilderten Sachverhalt die von ihr zur Aufrechnung gestellte Forderung gerade nicht ergibt, führt die Beklagte erstmals kurz vor Beendigung der Berufungsinstanz einen völlig neuen Lebenssachverhalt ein, der in dem bisherigen Rechtsstreit keine Rolle spielte. Die Aufrechnung mit einer Forderung, die auf völlig neue Tatsachen und einen neu in den Rechtsstreit eingeführten Streitstoff beruht, ist weder sachdienlich noch mit § 533 Nr. 2 ZPO zu vereinbaren. Diese - neue - Aufrechungsforderung ist daher im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen.

5. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Berechnung von Umzugs- und Reisekosten von A-Stadt nach Paris sowie wahlweise die Auszahlung der tatsächlichen Umzugskosten oder 50 % der errechneten Summe begehrt, ist die Berufung unbegründet. Insoweit hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Für den vom Kläger hier verfolgten Anspruch fehlt es an einer Rechtsgrundlage.

a) Soweit der Kläger die Berechnung von Umzugs- und Reisekosten von A-Stadt nach Paris durch die Beklagte und im weiteren die Auszahlung eines derart berechneten Betrags fordert, bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob für einen derartigen Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Denn eine Klage kann sich nicht auf Verpflichtungen beziehen, deren Erfüllung der Gegenpartei unmöglich ist (vgl. BAG vom 27.04.2004 - AP Nr. 12 zu § 8 TzBfG; BAG vom 11.08.1998 - AP Nr. 160 zu § 242 BGB "Gleichbehandlung"). Einem darauf zielenden Antrag fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BAG vom 18.12.1996 - 8 AZR 502/84). So verhält es sich mit dem Antrag des Klägers. Denn wenn er die Berechnung von - noch dazu ausdrücklich auf seine Person bezogenen - Umzugs- und Reisekosten verlangt, setzt dies voraus, dass derartige Kosten auch tatsächlich entstanden sind. Dies ist aber nicht der Fall. Der Kläger ist nicht nach Paris umgezogen. Umzugs- und Reisekosten, über die die Beklagte abrechnen könnte, sind daher nicht angefallen.

b) Darüber hinaus besteht aus dem gleichen Grund für den Kläger aber ohnehin kein Anspruch. Ziff. IV/11 des Manteltarifvertrags bestimmt im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, dass die Beklagte die Kosten für die Rückreise und Rückführung an den Einstellungsort des Klägers zu übernehmen hat. Für diese Kosten kann der Arbeitnehmer gem. IV/11 b 8 anstelle der Erstattung einen Anspruch auf Barzahlung von 50 % geltend machen, mit dem dann die tatsächlichen Kosten abgegolten sind. Damit verlangt schon die Rechtsgrundlage eines Anspruchs auf Ersatz von Reise- und Umzugskosten, dass ein Umzug und eine Reise auch tatsächlich durchgeführt werden. Der Kläger behauptet aber selbst nicht, nach Paris umgezogen zu sein. Ein Erstattungs- oder Entschädigungsanspruch für Umzugs- und Reisekosten scheidet daher aus.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO.

Da dem Rechtsstreit über die Klärung der konkreten Rechtsbeziehungen der Parteien hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, bestand für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Gegen dieses Urteil ist deshalb die Revision nur gegeben, wenn sie das Bundesarbeitsgericht aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, auf deren Möglichkeit und Voraussetzungen nach § 72 a ArbGG die Parteien hingewiesen werden, zulassen sollte.

Moeller
Kuhlemann
Krahl

VorschriftenBUrlG § 7 Abs. 4, SchwbG (1986) § 47, BGB § 284 (a.F.), BGB § 288 (a.F.), BGB § 387, BGB § 389, ZPO § 533

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