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24.07.2002 · IWW-Abrufnummer 020877

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 22.07.2002 – 1 U 230/01

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

Verkündet am 22. Juli 2002

1 U 230/01

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. E sowie der Richter am Oberlandesgericht P und K auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. Oktober 2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.376,26 ? (8.559,23 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 1. Dezember 2000 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden zu 19 % dem Kläger und zu 81 % der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg. Die Beklagte schuldet ihm die Zahlung restlichen Schadensersatzes in dem tenorierten Umfang. Das Landgericht hat zu Unrecht die Auffassung vertreten, der Kläger müsse seinen Fahrzeugschaden auf der Basis eines wirtschaftlichen Totalschadens abrechnen. Der Kläger hat sein Interesse am Erhalt und an der Weiternutzung des heute zehn Jahre alten PKW Marke Mercedes Benz 250 D hinreichend bekundet, so dass ihm der streitige "Integritätszuschlag" von bis zu 30 % über dem ungekürzten Wiederbeschaffungswert zusteht.

Entgegen der durch den Kläger vorgenommenen Abrechnung führt seine Zuschlagsberechtigung jedoch nicht zu einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten in der eingeklagten Resthöhe von 10.566,00 DM. Die nach Maßgabe des § 249 Satz 2 BGB erforderlichen Reparaturkosten ergeben sich nicht aus der Rechnung der Firma R vom 21. August 1999. Maßgeblich ist vielmehr der um 1.308,77 DM geringere Bruttobetrag, der sich aus dem durch den Kläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen L vom 29. Juli 1999 als Instandsetzungsbetrag ergibt.

II.

Rechtsgrundlage für das begründete klägerische Ersatzbegehren sind die Vorschriften der §§ 7, 17 StVG i.V.m. mit § 3 Nr. 1 PflVG.

1.

Soweit die Beklagte Einwendungen gegen den Grund ihrer Ersatzverpflichtung vorbringt, ist ihre Rechtsverteidigung unerheblich. Gleiches gilt hinsichtlich der durch das Landgericht geäußerten Bedenken, es sei fraglich, ob der Kläger nach der Schadensreparatur durch seinen Sohn als den nach § 18 StVG mithaftenden Schadensverursacher überhaupt noch einen Schaden habe (Bl. 6, 6 UA; Bl. 92 R, 93 d.A.).

a)

Der Kläger hatte bereits in seiner Klageschrift vom 6. Juli 2000 darauf hingewiesen, der Unfallhergang sei als Aufprallkollision zwischen den Parteien völlig unstreitig (Bl. 2 d.A.). Die Beklagte hat sodann in ihrer Klageerwiderung vom 6. Februar 2001 ausdrücklich erklärt, Einwendungen zum Haftungsgrund würden nicht erhoben, denn es sei unbestritten, dass sie für die dem Kläger anläßlich des Verkehrsunfallgeschehens vom 23. Juli 1999 entstandenen Schäden einzutreten habe; es bestehe nur Streit über den Abrechnungsmodus bezüglich des Schadens an seinem Fahrzeug (Bl. 32 d.A.). Dieses Vorbringen hat sich der Kläger in seinem Folgeschriftsatz vom 28. Februar 2001 zu eigen gemacht (Bl. 70 d.A.).

b)

Nach dem wechselseitigen Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass zwischen ihnen bezüglich der Anspruchsberechtigung des Klägers dem Grunde nach ein Schuldbestätigungsvertrag zustandegekommen ist, und zwar auf der Grundlage eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses der Beklagten in der Klageerwiderung. Ein solches Anerkenntnis soll eine bereits bestehende Schuld bestätigen, wobei das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Beziehungen dem Streit der Parteien oder der Ungewißheit entzogen werden soll (Palandt/Sprau, Kommentar zum BGB, 61. Aufl., § 781, Rdn. 3 mit Hinweis auf BGH NJW 1976, 1259). Eine unbestritten bestehende Forderung ist nicht Voraussetzung. Vielmehr kann das deklaratorische Anerkenntnis ein nur möglicherweise bestehendes Schuldverhältnis als tatsächlich bestehend bestätigen und damit Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten der Parteien über den Anspruchsgrund und seine Rechtsgrundlage beenden; in diesem Umfang hat es eine potentiell konstitutive Wirkung (Palandt/Sprau a.a.O. mit Hinweis auf BGHZ 66, 250 sowie BGH NJW 1980, 1158), Entsprechend seinem Zweck schließt das deklaratorische Schuldanerkenntnis in der Regel alle Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur für die Zukunft aus, die der Schuldner bei der Abgabe kannte oder mit denen er zumindest rechnete (Palandt/Sprau a.a.O. mit Hinweis auf BGH WM 1974, 410).

c)

Aus diesen Gründen ist das Verteidigungsvorbringen der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung unerheblich, soweit sie darin Zweifel hinsichtlich der Zufälligkeit des streitgegenständlichen Schadensereignisses vom 23. Juli 1999 auf der Cloppenburger Straße in Essen anmeldet (Bl. 122 unten d.A.). Ebensowenig dringt die Beklagte mit ihrem Einwand durch, sie sei nicht einstandspflichtig für die an dem Fahrzeug des Klägers entstandenen Frontschäden, weil dieser aufgrund eigenen Verschuldens auf den PKW aufgefahren sei, den die Zeugin H vor ihm angehalten habe (Bl. 123 oben d.A.). Der Kläger hatte seinem Schriftsatz vom 20. Dezember 2000 eine Kopie des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-lng. L vom 29. Juli 1999 nebst der Originallichtbilder als Anlage beigefügt. Sowohl aus der Beschreibung der Kollisionsbeeinträchtigungen ("Anstoßstelle"; Bl. 20 d.A.) als auch aus der tabellarischen Reparaturkosten-Kalkulation (Bl. 22 d.A.) geht jeweils das Vorhandensein eines instandsetzungsbedürftigen Frontschadens hervor, der u.a. das Gitter der Kühlerverkleidung und den Stoßfänger betraf.

Aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte in ihrem nachfolgenden Schriftsatz vom 6. Februar 2001 zum Ausdruck brachte, es bestehe zwischen den Parteien nur Streit über den Abrechnungsmodus bezüglich des Fahrzeugschadens, weil der Kläger auf eine Abrechnung nach Eintritt eines wirtschaftlichen Totalschadens beschränkt sei, (Bl. 32 ff. d.A.) steht ebenfalls außer Zweifel, dass sie den gesamten klagegegenständlichen Schadensumfang - einschließlich der Frontbeeinträchtigungen - als Folge des Unfallereignisses vom 23. Juli 1999 hinnahm. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus ihrem Hinweis eingangs des Schriftsatzes vom 6. Februar 2001, nach ihrer Ansicht sei, was die Fahrzeugschäden anbetreffe, die Vorlage des Sachverständigengutachtens nicht erforderlich (Bl. 32 d.A.).

2.

Ausweislich des von der Klägerin vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. L stellt sich der Wiederbeschaffungswert des verunfallten Fahrzeuges auf 20.000,- DM einschließlich Mehrwertsteuer (Bl. 21 d.A.). Da nach den weiteren gutachterlichen Ausführungen die Reparaturkosten 24.559,23 DM ausmachen (Bl. 20 d.A.), kommt es für die Begründetheit der Klageforderung darauf an, ob der Kläger berechtigt ist, den sogenannten Integritätszuschlag geltend zu machen. Nichts anderes ergibt sich, wenn man auf die durch den Kläger vorgelegte Instandsetzungsrechnung der Firma R vom 21. August 1999 abstellt, die einen Bruttobetrag von 25.868,00 DM ausweist (Bl. 59 d.A.). Nach ständiger Rechtsprechung, auch des Senats, kann der Geschädigte, der nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug fachgerecht und vollständig reparieren läßt und damit sein Interesse an dessen Erhaltung bekundet, gemäß § 249 Satz 2 BGB vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Geldbetrag verlangen, sofern sich die Reparaturkosten auf nicht mehr als 130 % des Wiederbeschaffungswertes belaufen (BGH NJW 1992, 302; Senat, Urteil vom 27. November 2000, 1 U 2/00, veröffentlicht in DAR 2001, 125 sowie Senat Urteil vom 25. April 2001, 1 U 9/00, veröffentlicht in DAR 2001, 499).

a)

Das Landgericht hat zu Unrecht die Auffassung vertreten, der unstreitigen Instandsetzung des klägerischen Fahrzeuges habe "kein nennenswertes Integritätsinteresse" zugrundegelegen. Ebensowenig vermag der Senat die durch das Landgericht geäußerten Zweifel zu teilen, ein solches Interesse sei möglicherweise gar nicht vorhanden gewesen (Bl. 4 UA; Bl. 92 d.A.). Nicht überzeugend ist die in diesem Zusammenhang angeführte Argumentation, der Kläger sei mit dem eben erst gekauften Fahrzeug auf der ersten Fahrt noch nicht vertraut gewesen und die Weiterbenutzung dieses unbekannten PKW habe genausoviele Risiken geboten wie die Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges (Bl. 4 UA; Bl. 92 d.A.).

b)

Es ist jedenfalls nach dem Berufungsvorbringen des Klägers davon auszugehen, dass er sein Interesse am Erhalt und an der Weiterbenutzung des inzwischen 10 Jahre alten PKW Marke Mercedes Benz 250 D hinreichend bekundet hat, obwohl er dieses Fahrzeug ausweislich des durch ihn vorgelegten Kaufvertrages vom 8. Juli 1999 erst kurz vor dem Schadensereignis erworben hatte. Zum Zeitpunkt des Ankaufs war der PKW gut 7 Jahre alt und hatte ausweislich des Kaufvertrages eine Laufleistung von unter 100.000 km. Es ist senatsbekannt, dass Personenfahrzeuge der Marke Mercedes Benz mit Dieselantrieb auf dem Gebrauchtwagenmarkt gewöhnlich wegen ihrer Robustheit und langen Haltbarkeit geschätzte Ankaufsobjekte sind. Da der Wagen eine eher unterdurchschnittliche Laufleistung hatte, hat sich der Kläger ausweislich seiner Berufungsbegründung bei dem Kaufentschluß auch von der nach den Umständen begründeten Erwartung einer noch langen Lebensdauer des Fahrzeuges leiten lassen (107 d.A.). Nach dem Schadensgutachten des Sachverständigen L befand sich der Wagen in einem gepflegten Zustand (Bl. 20 d.A.). Zudem wies der PKW neben einer Metalliclackierung ein elektrisches Schiebedach sowie eine Anhängerkupplung auf. Als Zusatzausstattung ist in dem Gutachten ein Radio mit Cassettenteil aufgeführt (Bl. 22 d.A.). Berücksichtigt man schließlich, dass der Wagen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch 14 Monate lang TÜV-frei war (Bl. 19 d.A.), wird deutlich, dass der Kläger ein nachvollziehbares Interesse daran hatte, den gerade erst erworbenen und schon auf der Überführungsfahrt beschädigten PKW instandsetzen zu lassen und diesen - wie bei Abschluß des Kaufvertrages beabsichtigt - unter Ausnutzung der erwarteten langen Lebensdauer weiterhin zu gebrauchen.

c)

Zwar spielt bei der Darlegung des Integritätsinteresses auch die Frage eine Rolle, seit wann der Geschädigte Eigentümer des verunfallten Fahrzeuges ist. Sollte er es erst verhältnismäßig kurze Zeit vor dem Unfall erworben haben, hat sein Integritätsinteresse ein geringeres Gewicht als im Fall einer langjährigen Besitzdauer (Senat OLGR-Düsseldorf 1995, 120, 122). Entgegen der Begründung des Landgerichts läßt sich im vorliegenden Fall jedoch ein schutzwürdiges Interesse des Klägers am Erhalt des in Rede stehenden Fahrzeuges nicht allein mit der Begründung verneinen, er habe "es eben erst gekauft" und es sei bereits auf der Überführungsfahrt verunfallt.

aa)

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger seiner im Schriftsatz vom 26. Juni 2002 aufgestellten Behauptung gemäß alsbald nach dem Kauf des Fahrzeuges eine Urlaubsreise von über 5.000 km mit dem Wagen unternommen hat, bevor es zu dem Unfall kam. Träfe dieser Vortrag zu, ließe sich das schutzwürdige Interesse des Klägers an der Instandsetzung des Fahrzeuges nicht mit der Begründung verneinen, wegen einer zu kurzen Gebrauchsdauer vor dem Schadensereignis sei nach Lage der Dinge noch keine Gewöhnung an den unbekannten Wagen eingetreten und der Kläger habe nur die Unannehmlichkeiten der Suche nach einem Ersatzfahrzeug vermeiden wollen. Eine Fahrtstrecke von mehreren Tausend Kilometern wäre vielmehr durchaus geeignet gewesen, dem Kläger einen Eindruck von den erwarteten Gebrauchsvorteilen des Fahrzeuges zu vermitteln, die seine Kaufentscheidung mit beeinflußten, und in ihm den Wunsch nach einer Weiterbenutzung entstehen zu lassen.

bb)

Selbst wenn aber das Schadensereignis auf den ersten Fahrkilometern eingetreten wäre, änderte dies nichts daran, dass ein schutzwürdiges Interesse des Klägers am Erhalt des fraglichen Pkw festzustellen ist. Er hatte als privater Fahrzeugnutzer gezielt nach einem Fahrzeug der in Rede stehenden Art Ausschau gehalten und war schließlich nach diversen Ankaufsbemühungen bei einem 200 km von seinem Wohnsitz entfernten Händler fündig geworden. Sein Kaufentschluß war entscheidend von der Erwartung einer noch überdurchschnittlichen Nutzungsdauer bestimmt, die im Hinblick auf den Erhaltungszustand und die Laufleistung des Wagens gerechtfertigt war. Dieses Nutzungsinteresse muß als Bestandteil des - schützenswerten - Integritätsinteresses gesehen werden. Dem Kläger würde ein zu großer Nachteil entstehen, wenn man ihm zumutete, nach einer Abrechnung auf Totalschadenbasis mit Restwertabzug nach einem adäquaten Ersatzfahrzeug Ausschau zu halten und dabei wieder die umfangreichen Suchbemühungen auf sich zu nehmen, die er gerade erst mit Erfolg abgeschlossen hatte. Fraglich erscheint insbesondere, ob er überhaupt in der Lage gewesen wäre, in angemessener Zeit mit dem ihm aus der Totalschadenabrechnung zustehenden Geldbetrag einen mit dem verunfallten Wagen vergleichbaren Pkw zu finden.

3.

Darüber hinaus vermag sich der Senat nicht der durch das Landgericht geäußerten Auffassung anzuschließen, die konkrete Art der Instandsetzung des klägerischen Fahrzeuges dokumentiere kein schützenswertes Integritätsinteresse (Bl. 5 UA; Bl. 92 R d.A.).

a)

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Reparatur und die weitere Ingebrauchnahme des Fahrzeuges nur die Mindestanforderungen für die Gewährung des sogenannten "Integritätszuschlages" darstellen. Die Instandsetzung muß nämlich eine vollständige und fachgerechte Reparaturmaßnahme sein, um das Fahrzeug zumindest annähernd wieder in den Zustand zu versetzen, den es vor dem Unfallereignis aufwies. Nur unter dieser Voraussetzung ist es gerechtfertigt, dem Geschädigten einen Instandsetzungsaufwand von bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes zuzuerkennen. Eine "Teilreparatur" oder "Billigreparatur" reicht in diesem Zusammenhang nicht (Senat, Urteil vom 25. April 2001, Aktenzeichen 1 U 9/00 a.a.O. mit Hinweis auf Senat NJW 1989, 1041; NZV 1995, 232; NZV 1996, 279 sowie NZV 1997, 355; OLG Düsseldorf, 15. Zivilsenat, OLGR-Düsseldorf 1994, 192; OLG Schleswig VersR 1999, 202).

b)

Andererseits hängt die Zuschlagsberechtigung nicht davon ab, dass das Unfallfahrzeug nach den Richtlinien des Herstellers repariert wird. Auch das Schadensgutachten schreibt die Instandsetzungsmethode nicht verbindlich vor. Technische oder optische Defizite schaden nicht, wenn sie nach umfassender Bewertung der Interessenlage des Geschädigten mit Blick auf den Zustand des Fahrzeuges vor dem Unfall nicht entscheidend ins Gewicht fallen (Senat, Urteil vom 25. April 2001, Aktenzeichen 1 U 9/00, a.a.O.). Ebensowenig kommt es entscheidend darauf an, ob der Geschädigte sein Fahrzeug in einer Fremdwerkstatt oder in Eigenregie oder im Rahmen einer Kombination beider Möglichkeiten instandgesetzt hat (Senat NZV 1997, 355, 356).

c)

Aus diesen Gründen steht im vorliegenden Fall der Gewährung des "Integritätszuschlages" nicht von vornherein der Umstand entgegen, dass der Kläger den verunfallten PKW nicht in einer Vertragswerkstatt für Mercedes Benz Fahrzeuge hat herrichten lassen, sondern in dem von seinem Sohn betriebenen Reparaturunternehmen. Wenn ein KFZ-Eigentümer sein unfallgeschädigtes Fahrzeug in Eigenregie durch einen Verwandten in einer sogenannten Hobbywerkstatt instandsetzen läßt und es anschließend binnen eines Monats verkauft, kann ihm der in Rede stehende Zuschlag nicht gewährt werden (Senat NZV 1996, 279). Ein solcher Ausnahmefall ist hier indes nicht gegeben.

In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass der von der Beklagten beauftragte Privatsachverständige in seinem "Tätigkeitsbericht" vom 8. März 2000 anläßlich der Nachbesichtigung des Fahrzeuges die fachgerechte Instandsetzung des Heckschadens, dessen erhebliches Ausmaß durch die Lichtbilder zum Gutachten des Sachverständigen L verdeutlicht wird (Bl. 15-17 d.A.), festgestellt hat (Bl. 48 d.A.). Auch der durch den Kläger beauftragte Gutachter L hat in seiner nachträglichen Stellungnahme vom 31. August 1999 eine Reparatur des Fahrzeuges bestätigt (Bl. 28 d.A.). Die durch ihn bei der Nachbesichtigung gefertigten Lichtbilder, die in Fotokopie zu den Akten gelangt sind (Bl. 47 d.A.), lassen ebenfalls - soweit sich dies anhand der Bilderqualität beurteilen läßt - einen äußerlich einwandfreien Zustand des Fahrzeuges erkennen. Deswegen bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer "Teilreparatur" oder "Billigreparatur".

e)

Dieser Feststellung steht nicht entgegen, dass unstreitig der PKW des Klägers nicht so repariert worden ist, wie dies durch die Instandsetzungsaufstellung im Gutachten des Sachverständigen L vom 29. Juli 1999 vorgegeben ist. Ausweislich des unwidersprochen gebliebenen Vorbringens der Beklagten beschränken sich die Abweichungen darauf, dass die hinteren Seitenwände rechts und links nicht erneuert, sondern nur durch Ausbeul- und Spachtelarbeiten instandgesetzt worden sind (Bl. 37, 71 d.A.). Wegen dieser Aufarbeitung des Untergrundes mögen in den betroffenen Bereichen entsprechend dem weiteren Vortrag der Beklagten Lackspiegelungen feststellbar sein (Bl. 37 d.A.).

f)

Der Senat vermag sich jedoch nicht vorbehaltslos der durch das Landgericht vertretenen Auffassung anzuschließen, die Reparatur von Blechschäden, u.a. durch erheblichen Spachtelauftrag, werde durch Käufer von Fahrzeugen der gehobenen Klasse als nicht unerheblicher Makel angesehen (Bl. 5 UA; Bl. 92 R d.A.).

aa)

Wenn und soweit die kraftfahrttechnische Würdigung ergibt, dass die Instandsetzung technisch oder optisch hinter dem ursprünglichen Zustand zurückgeblieben ist, so kann das Sacherhaltungsinteresse gleichwohl gewahrt sein. Allgemeine Regeln darüber, welche Defizite noch hinnehmbar und welche mit der Wahrung des Integritätsinteresses unvereinbar sind, lassen sich nicht aufstellen. Erforderlich ist vielmehr eine fallbezogene Betrachtung. Im Rahmen des hier einschlägigen § 287 ZPO sind deshalb sämtliche Einzelfallumstände in die Bewertung einzubeziehen. Unter Berücksichtigung dessen sind die Begriffe "fachgerecht" und "vollständig" relativer Natur. Sie sind nicht rein technisch, sondern vor allem normativ zu verstehen. Art und Ausmaß von technischen oder optischen Reparaturdefiziten können bei wertender Betrachtung von unterschiedlichem Gewicht hinsichtlich des Integritätsinteresses sein. Was bei einem neuen, marktgängigen PKW nicht mehr akzeptabel ist, kann bei einem älteren Kraftwagen, für den es im Fachhandel keinen adäquaten Ersatz in ausreichender Auswahl mehr gibt, durchaus noch vertretbar sein. So sind beispielsweise optische Mängel nicht in jedem Fall ein taugliches Anzeichen dafür, dass der Eigentümer am Erhalt seines Fahrzeuges kein wirkliches Interesse mehr hat. Ein Ersatzberechtigter, der auf eine kostspielige Metallic-Lackierung verzichtet und sich mit einem Normallack begnügt, kann dafür beachtenswerte Gründe haben (Senat, Urteil vom 25. April 2001, Aktenzeichen 1 U 9/00, DAR 2001, 499, 501).

bb)

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger sein Interesse am Erhalt des kurz vor dem Unfallereignis erworbenen Fahrzeuges hinreichend manifestiert.

Ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Tätigkeitsberichtes ihres Privatsachverständigen ließ sich der Spachtelauftrag im Schadensbereich nur mit Hilfe einer Lackschichtenmessung feststellen. Ansonsten sind die ehemaligen Schadensstellen lediglich durch Lackspiegelungen zu erkennen, die auf den beigefügten Fotos lichtbildlich dargestellt sind (Bl. 51-56 d.A.). Diese optischen Mängel gehen jedoch nach den Umständen nicht über Schönheitsfehler hinaus und lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass der Kläger durch die von ihm gewählte Art der Reparatur des Fahrzeuges sein Integritätsinteresse in schützenswerter Weise gewahrt hat. Denn ihm kam es nicht auf den Erwerb eines neuwertigen Fahrzeuges mit einem in jeder Hinsicht einwandfreien äußeren Erscheinungsbild an, sondern für ihn standen bei dem Erwerb des PKW Marke Mercedes Benz 250 D erwartete fahrtechnische Vorteile sowie eine mutmaßliche lange Lebensdauer des Wagens im Vordergrund. Auch dürften bei dem Kaufentschluß die Ausstattungsmerkmale des Fahrzeuges eine Rolle gespielt haben. Zwar legt der Kläger darüber hinaus dar, dass ihm die Farbe des PKW (schwarz-metallic) besonders zusagte. Nach Lage der Dinge ist aber nicht die Schlußfolgerung gerechtfertigt, dass er wegen verbleibender übermäßiger Lackspiegelungen in den ehemaligen Schadensbereichen nur eine unzureichende Reparaturmaßnahme in Auftrag gegeben hat, welche nicht von einem realen Integritätsinteresse bestimmt war.

3.

Indes ist nicht in voller Höhe der Reparaturkostenaufwand erstattungsfähig, der Gegenstand der Rechnung der Firma R vom 21. August 1999 über eine Gesamtsumme von insgesamt 25.868,- DM brutto ist (Bl. 59 d.A.).

a)

Einerseits ist zu berücksichtigen, dass ein Schadensgutachten lediglich als Richtschnur herangezogen werden kann, weil es den erforderlichen Arbeits- und Materialaufwand näher beschreibt. Es legt diesen Aufwand jedoch nicht abschließend verbindlich fest (Senat NZV 1997, 355, 356).

Andererseits ist nicht außer acht zu lassen, dass die Reparaturkosten-Kalkulation im Gutachten des Sachverständigen L vom 29. Juli 1999 (Bl. 22-26 d.A.) in detaillierter Weise eine Vielzahl von Instandsetzungsverrichtungen einschließlich der damit verbundenen Arbeitswerte und DM-Beträge aufweist. Im Vergleich dazu verhält sich die Rechnung der Firma R vom 21. August 1999 ohne jede Spezifizierung nur über einen Festpreis in Höhe von 22.300,00 DM netto zuzüglich Mehrwertsteuer verbunden mit der pauschalen Angaben, das Fahrzeug sei "nach neuesten Verkehrstechnischen Erkenntnissen wiederhergestellt" (Bl. 59 d.A.).

b)

Damit fehlt der Rechnung jede Prüffähigkeit. Es sind insbesondere keine Feststellungen dahingehend möglich, hinsichtlich welcher Einzelarbeiten bei der Instandsetzung die durch den Kläger in Auftrag gegebene Reparatur von den Wiederherstellungsvorschlägen des Sachverständigen L abweicht und ob diese Abweichung gegebenenfalls erforderlich war. Allein für die Erneuerung der beschädigten Hinterkotflügel rechts und links hat der Sachverständige L in seinem Gutachten vom 28. Juli 1999 Einzelbeträge von jeweils 1.983,60 DM netto in Ansatz gebracht (Positionen 53111 E 63-1884 bzw. 53112 E 63-1892; Bl. 23, 24 d.A.). Hinzuzurechnen sind noch die Lackierungsarbeiten. Da der Kläger unstreitig von der Erneuerung dieser Teile abgesehen hat und da davon auszugehen ist, dass deren tatsächliche Instandsetzung durch Ausbeul- und Spachtelarbeit preisgünstiger ausgefallen ist als die durch den Sachverständigen vorgeschlagene Totalerneuerung, ist schon im Ansatz nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der durch den Kläger in Ansatz gebrachte Festpreis von knapp 25.870 DM um mehr als 5 % über dem durch den Sachverständigen auf der Grundlage der Preise einer Fachwerkstatt kalkulierten Reparaturkostenaufwand von knapp 24.560 DM liegt. In diesem Zusammenhang darf auch nicht die Tatsache außer acht gelassen werden, dass die Reparatur des Fahrzeuges in einer durch den Sohn des Klägers geführten Reparaturwerkstatt vorgenommen worden ist.

c)

Maßgeblich für die Schadensberechnung ist deshalb der in dem Gutachten des Sachverständigen L vom 29. Juli 1999 ausgewiesene Reparaturaufwand von 24.559,23 DM brutto. Darauf läßt sich der Kläger die Zahlung seiner Vollkaskoversicherung im Umfang von 15.350,- DM anrechnen (Bl. 3 d.A.).

Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten hat sie an den Kläger vorprozessual auch bereits den Selbstbeteiligungsbetrag der Versicherung in Höhe von 650,- DM zur Anweisung gebracht (Bl. 35 unten d.A.). Damit reduziert sich der von ihr zu erstattende Restsaldo auf den Betrag von 8.559,23 DM, entsprechend 4.376,26 ?.

d)

Da nach dem Gutachten des Sachverständigen L der Wiederbeschaffungswert für das Fahrzeug einschließlich Mehrwertsteuer 20.000,- DM beträgt, bewegt sich der durch ihn mit 24.559,23 DM bezifferte Reparaturkostenaufwand noch innerhalb der 130 %-Grenze. Auf die streitige Frage, welcher Restwert für das verunfallte Fahrzeug vor den Instandsetzungsarbeiten berücksichtigungsfähig war, kommt es nicht an, da sich der Kläger nicht auf eine Totalschadensabrechnung verweisen lassen muß.

4.

Soweit der Kläger eine Zinsforderung im Umfang von 8,5 % seit Rechtshängigkeit mit der Behauptung geltend macht, er arbeite mit Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe, bleibt er hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen dieser Nebenforderung beweisfällig. Er hat deshalb nur Anspruch auf die gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen nach Maßgabe der §§ 288, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 10.566 DM, entsprechend 5.402,31 Euro. Die Beschwer der Parteien liegt jeweils unter 20.000 Euro.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlaß, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. nicht gegeben sind.

RechtsgebieteStVG, PflVG, BGB, ZPOVorschriftenStVG § 7 StVG § 17 StVG § 18 PflVG § 3 Nr. 1 BGB § 288 BGB § 291 BGB § 249 Satz 2 ZPO § 287 ZPO § 713 ZPO § 708 Nr. 10 ZPO § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO § 543 Abs. 2 n.F. Verfahrensgang: LG Düsseldorf 13 O 504/00

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