Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

19.07.2001 · IWW-Abrufnummer 010901

Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.04.2000 – 1 K 6554/94

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Köln

Az.: 1 K 6554/94
Urteil des Senats vom 19.04.2000

Tatbestand

Umstritten ist die steuerliche Anerkennung eines Mietverhältnisses unter Angehörigen.

Die Kläger werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist Kaufmann und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; die Klägerin ist Hausfrau. Nicht umstritten sind die Beteiligungseinkünfte des Klägers im Bereich Vermietung und Verpachtung (Kindertagesstätte ...... minus 27.821,00 DM).

Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 13.08.1976 (UR.Nr. ......... des Notars Dr. ..... in .......) übertrugen die Eltern des Klägers diesem das in ......... belegene bebaute Grundstück ......... 18. Der Kläger hatte bestimmte Belastungen zu übernehmen (Abschn. II Ziffer 5 des Übertragungsvertrages). Als Gegenleistung des Klägers gegenüber den Eltern wurde gem. Abschn. II Ziffer 1 vereinbart, daß sich die Eltern als Gesamtberechtigte auf ihre Lebenszeit das unentgeltliche Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundbesitz vorbehielten. Die Eintragung des Nießbrauchs in das Grundbuch wurde bewilligt, und später auch vollzogen. Schuldrechtlich verpflichtete sich der Kläger, auch die "laufenden Lasten" zu tragen. Sodann enthält Abschn. II 2 die Verpflichtung des Klägers, seine Eltern auf deren Lebenszeit zu betreuen und sie bei Krankheit und im Alter zu pflegen und zu versorgen. Der Kläger durfte auch den übertragenen Grundbesitz zu Lebzeiten seiner Eltern nicht ohne deren Zustimmung bzw. nicht ohne Zustimmung des Längstlebenden von ihnen veräußern. Auf die übrigen Bestimmungen des Vertrages wird der Vollständigkeit halber verwiesen.
Hinsichtlich des übertragenen Grundstück in ........ wurden von den Klägern bis einschließlich 1991 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt.

Für das Streitjahr waren umfangreiche Modernisierungsaufwendungen geplant; was letztlich im Haus ........ im Streitjahr 1992 modernisiert und renoviert wurde, ergibt sich aus einem Aktenvermerk der Kläger vom 29.03.1993 (der Einkommensteuerakte des Beklagten vorgeheftet). Am 03.01.1992 - die Mutter des Klägers war zwischenzeitlich verstorben - schlossen der Kläger und sein Vater ..... per 01.01.1992 einen Wohnungs-Mietvertrag (nach dem Einheitsmietvertrag), in welchem das Haus in ........, ....... 18 komplett mit Grundstück und Garage für 750,00 DM monatlich zzgl. 100,00 DM monatlich Abschlag auf die Nebenkosten, insgesamt also 850,00 DM monatlich, vermietet wurde. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Dem Vermieter (Kläger) stand kein Kündigungsrecht zu. Die Mieten sollten in bar entrichtet werden. Der Vermieter - Kläger - verpflichtete sich überdies, vor Übergabe, spätestens jedoch bis zum 31.12.1992, die Zaunanlage zu erneuern und die Hoffläche zu sanieren. § 17 des Mietvertrages enthielt auch eine Bestimmung über die vorzeitige Beendigung der Mietzeit und Haftung des Kläger als Vermieter für den Fall der Kündigung des Mieters aus wichtigem Grund. Eine Mietanpassung war nach Ablauf von 5 Jahren erstmals frühestens möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag verwiesen.

Am 29.05.1992 bewilligte der Vater und beantragte der Kläger die "gänzliche Löschung des Nießbrauchsrechts", ohne das hierfür ein Entgelt gezahlt wurde. Zwischenzeitlich ist der Vater des Klägers ebenfalls verstorben.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gaben die Kläger auch eine Anlage V für das Grundstück in ..... ab. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für dieses Grundstück errechneten die Kläger einen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen i. H. v. minus 69.302,00 DM. In den Werbungskosten waren auch Erhaltungsaufwendungen (Reparaturaufwendungen) i. H. v. 76.653,00 DM enthalten. Als Einnahmen aus dem Grundstück hatten die Kläger 10.200,00 DM erklärt (9.600,00 DM Miete für Erdgeschoß und Obergeschoß sowie 600,00 DM Miete für die Garage). Nach Erörterung berücksichtigte der Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 18.08.1993 die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich des Grundstücks in ...... nicht. In seinen Erläuterungen zum Bescheid berief der Beklagte sich darauf, daß keine außersteuerlichen Gründe ersichtlich seien, das bestehende unentgeltliche Nießbrauchsrecht des Vaters zu löschen und statt dessen einen Mietvertrag abzuschließen. Der Beklagte verwies der weiteren Einzelheiten wegen auf sein Schreiben vom 07.04.1993.

Mit ihrem Einspruch machten die Kläger geltend, es lägen sehr wohl gewichtige außersteuerliche Gründe vor, das Nießbrauchsrecht des Vaters zu löschen. Der Vater sei im Streitjahr 82 Jahre und von schlechtem Gesundheitszustand gewesen. Wegen der bevorstehenden Renovierungsaufwendungen habe man das bestehende Nießbrauchsrecht löschen müssen. Als Ausgleich für den Verzicht des Vaters auf sein Nießbrauchsrecht sei im Mietvertrag das Kündigungsrecht durch den Kläger ausgeschlossen worden. Die Haftungsregelung in § 17 des Mietvertrages sei lediglich die Konsequenz aus dem einseitigen Kündigungsrecht durch den Mieter. Die Festschreibung der Miethöhe auf 5 Jahre sei nicht unüblich. Für die Zeit der Bau- bzw. Reparaturmaßnahmen habe der Mieter Einschränkungen hinnehmen müssen, die eine Festschreibung der Miethöhe rechtfertigen. Faktisch sei im Kalenderjahr 1992 kein lebenslängliches Nießbrauchsrecht zu Gunsten des Herrn ........... existent gewesen. Er habe vielmehr im Streitjahr einen angemessenen Mietzins für die Nutzung des Grundstücks gezahlt. Wäre das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Vater nicht begründet worden, hätte der Kläger in Anbetracht des zu diesem Zeitpunkt bereits fortgeschrittenen Alters und der Gebrechlichkeit seines inzwischen verstorbenen Vaters die Bau- und Reparaturmaßnahmen niemals vorgenommen. Auf das Vorbringen der Kläger im einzelnen während des Einspruchsverfahrens wird verwiesen.

Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Er stellte sich auf den Standpunkt, für das Grundstück in ........ seien keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen, da ein Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i. S. d. § 42 der Abgabeordnung (AO) vorliege. Der einzige Sinn für die Löschung des unentgeltlichen Nießbrauchsrechts des Vaters sowie den Abschluß des Mietvertrages habe für den Kläger darin bestanden, gegenüber dem Finanzamt den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 EStG und hohe Werbungskosten durch Renovierungsaufwendungen geltend machen zu können. Die Vertragsgestaltung zwischen Kläger und Vater halte einem Fremdvergleich nicht stand. So sei es unter fremden Dritten nicht vorstellbar, daß ein unentgeltliches lastenfreies Wohnen aufgrund eines Nießbrauchsrechts aufgegeben und nunmehr Miete für das gleiche Grundstück bezahlt würde. Gerade wegen seines hohen Alters und wegen seines schlechten Gesundheitszustandes habe es für den Vater keinen wirtschaftlichen Grund gegeben, auf sein Nießbrauchsrecht zu verzichten und statt dessen Miete zu zahlen. Auf die sonstigen Gründe der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit ihrer Klage wiederholen und vertiefen die Kläger ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren. Nach ihrer Ansicht ist das Mietverhältnis unter Beachtung der besonderen Umstände des Streitfalls sehr wohl als üblich und angemessen anzusehen. Bei Abschluß des Mietvertrages seien die Vertragsparteien nämlich davon ausgegangen, daß die Mietdauer faktisch zeitlich sehr begrenzt sein würde, denn die behandelnden Ärzte hätten mit einem baldigen Ableben des Vaters gerechnet, was sich im nachhinein leider bestätigt habe. Für den Vater habe der Mietvertrag in "keinster" Weise eine Verschlechterung seiner Rechtsposition bedeutet. Der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht sei unter diesen Umständen keineswegs ungewöhnlich. Aufgrund der vorgenommenen Reparaturmaßnahmen sei der Kläger in der Lage gewesen, das Objekt unmittelbar nach dem Tode des Vaters langfristig weiter zu vermieten; zur Zeit bestehe ein Mietvertrag für 7 Jahre. Zweifellos sei das Objekt zur Weitervermietung vorgesehen gewesen, so daß der Hinweis des Finanzamtes auf § 42 AO nicht sachgerecht erscheine. Selbst wenn mit dem Vater kein rechtswirksames Mietverhältnis abgeschlossen und mit der Instandhaltung erst nach dem Ableben des Vaters begonnen worden wäre, wären die Aufwendungen als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen gewesen. Durch die Vornahme der Reparaturen schon im Jahre 1992 habe ein längeres Leerstehen nach dem Tode des Vater vermieden werden können. Auf die weiteren Einzelheiten des Klagevorbringens wird verwiesen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und Änderung der festgesetzten Einkommensteuer für 1992 einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung des Hauses .......... i. H. v. 69.302,00 DM zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

Klageabweisung

aus den Gründen seiner Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Mit dem Objekt ......... hat der Kl. (Ehemann) im Streitjahr nicht den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 21 EStG) verwirklicht. Infolgedessen kann der errechnete Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen (§§ 9, 21 EStG) nicht zum Abzug zugelassen werden.

1. Rechtszustand bis einschließlich 1991

Bis einschließlich 1991 konnte der Kläger Einkünfte aus dem streitbefangenen Objekt nicht erzielen. Der Vater nutzte das bebaute Grundstück zu eigenen Wohnzwecken vielmehr unentgeltlich aufgrund des eingetragenen Vorbehaltsnießbrauchrechts. Aus diesem Grunde war der Kl. tatsächlich und rechtlich nicht in der Lage, (positive) Einkünfte aus diesem Grundstück zu erzielen; er konnte niemanden gegen Entgelt das Grundstück zum Gebrauch überlassen.

Beim unentgeltlichen Nießbrauch oder sonstigen Nutzungsrecht kann der Eigentümer grundsätzlich keine Werbungskosten geltend machen, wenn der Berechtigte das Objekt selbst nutzt und dem Berechtigten - wie hier - der Nutzungswert zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 13.2.1990 IX R 99/85, BFH/NV 1990, 628 m. w. N.; BFH-Urteil v. 20.12.1990 XI R 10/89, BFH/NV 1991, 450).

2. Rechtszustand im Streitjahr aufgrund Mietvertrags

Zu Recht und mit zutreffenden Gründen hat der Beklagte vorliegend entschieden, daß sich am oben beschriebenen Rechtszustand auch im Streitjahr nichts geändert hat, weil der abgeschlossene Mietvertrag der Besteuerung nicht zugrundegelegt werden kann. Dies gilt für das ganze Streitjahr ungeachtet des Zeitpunkts der Bewilligung der Löschung des Nießbrauchrechts (29.05.1992). Denn unabhängig davon, ob der Mietvertrag im engeren Sinne als sog. "Angehörigenvertrag" einem Fremdvergleich standhalten würde oder nicht, stellt der Verzicht auf sein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchsrecht in Kombination mit dem Abschluß des einseitig unkündbaren Mietvertrags einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. d. § 42 AO dar, der nichts anderes zum Ziel hatte, als die untere Ziffer 1 beschriebenen Rechtsfolgen zu umgehen.

Der Senat sieht davon ab, die Entscheidungsgründe in diesem Punkt weiter darzustellen und stellt fest, daß er der Begründung der Einspruchsentscheidung folgt (§ 105 Abs. 5 FGO). Als Konsequenz hieraus ist der Steueranspruch gem. § 42 Satz 2 AO so entstanden, als ob es den Mietvertrag nicht gegeben hätte.

Diese Ansicht widerspricht nicht dem Urteil des BFH vom 03.02.1998 IX R 38/96, BStBl. II 1998, 539, in welchem ein Nebeneinander von Mietvertrag und (Sicherungs-) Nießbrauch unbeanstandet blieb. Denn dort sollte - von vornherein - ein Wohnungsrecht ausdrücklich der Verstärkung des gleichzeitig vereinbarten Mietverhältnisses dienen. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

3. Finanzierung des Instandhaltungsbedarfs

Gegen den Mißbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sprechen auch nicht sog. "veränderte Umstände", die die neuen vertraglichen Regelungen wirtschaftlich plausibel gemacht hatten. So haben die Kl. insbesondere nicht vorgetragen, daß z. B. aufgrund veränderter Umstände (etwa unvorhergesehener Instandhaltungsbedarf) die Miete des Vaters auch zur Finanzierung solchen Bedarfs nötig war (FG Thüringen, EFG 1998, 1642).

4. Vorweggenommene Werbungskosten

Auch unter diesem Gesichtspunkt ist ein Abzug der Renovierungsaufwendungen als Werbungskosten nicht möglich.

Trotz des Urteils des BFH vom 25.02.1992 IX R 331/87, BFH/NV 1992, 591 war in der Literatur ungeklärt, ob z. B. Erhaltungs- oder Umbauaufwendungen, die gegen Ende des unentgeltlichen Nutzungsverhältnisses getätigt wurden, mit Blick auf spätere Vermietungen als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden könnten (vgl. Dremseck in Schmidt u. a., EStG 18. Aufl. 1999, Rz. 46 zu § 21 EStG m. w. N.). Nach dem Vortrag des Klägers war so kurzfristig mit dem Ableben des Vaters zu rechnen, daß die Aufwendungen als durch später erwartete Mieteinnahmen veranlaßt angesehen werden können.

Dies wird vom BFH indessen in einem neueren Beschluß (vom 10.06.1998 IX B 47/98, BFH/NV 1998, 1346) wiederum verneint. Danach sind vom Eigentümer eines mit einem Vorbehaltsnießbrauch belasteten Grundstücks getätigte Aufwendungen selbst dann nicht als vorweggenommene Werbungskosten abziehbar, wenn im konkreten Fall ein Ende der Nutzung absehbar ist. Der BFH hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verneint.

5. Sonderausgaben

a) Nach dem Urteil des BFH vom 25.08.1999 X R 38/95, BStBl. II 2000, S. 21 können Verpflichtungen des Eigentümers gegenüber dem Wohnberechtigten eine "dauernde Last" i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG begründen, wenn der Übernehmer im Übertragungsvertrag die Erhaltung der Wohnung im vertragsgemäßen Zustand zugesichert hat.
Im Streitfall sind vom Kläger "laufende Lasten" übernommen, für das Streitjahr 1992 jedoch nicht als solche dargetan und konkretisiert worden.

b) Soweit der Kläger im Mietvertrag die Verpflichtung übernommen hat, die Zaunanlage zu erneuern und die Hoffläche zu sanieren, liegen periodische Aufwendungen nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Vorschriften§ 42 AO; 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i. V. m. §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 21 EStG

Sprechen Sie uns an!

Kundenservice
Max-Planck-Str. 7/9
97082 Würzburg
Tel. 0931 4170-472
kontakt@iww.de

Garantierte Erreichbarkeit

Montag - Donnerstag: 8 - 17 Uhr
Freitag: 8 - 16 Uhr