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30.07.2001 · IWW-Abrufnummer 010780

Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 23.02.2001 – 22 U 130/00

1.

Die Tragwerksplanung einer Betonbodenplatte mit darin einzulassenden Entwässerungsrinnen ist fehlerhaft, wenn sie entgegen den Einbauhinweisen des Rinnenherstellers unmittelbar neben den Rinnen eine Dehnungsfuge vorsieht und es deshalb nach entsprechendem Einbau zu Bruchschäden an den Rinnenwänden kommt; die Ursächlichkeit des Planungsfehlers für den Schaden entfällt nicht deshalb, weil ein anderes Rinnenmodell verwendet wird, welches jedoch in gleicher Weise einzubauen ist.

2.

Der Planer, der einen Teil der ihm obliegenden Planung an einen Subunternehmer vergibt (hier: Tragwerksplanung), muß es sich nicht als Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er einen für ihn nicht offenkundigen Planungsfehler des Subunternehmers nicht erkennt.

3.

Der Auftraggeber kann für den Zeitaufwand seiner Mitarbeiter zur Bearbeitung und Abwicklung der Mängelbeseitigung durch einen Drittunternehmer von dem schadenersatzpflichtigen Auftragnehmer grundsätzlich keinen Ersatz verlangen.


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL

22 U 130/00
14 O 8/00
LG Wuppertal

Verkündet am 23. Februar 2001

Gehenzig, Justizangestellte
als Urkundsbeamter der
Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Weyer, den Richter am Oberlandesgericht Muckel und die Richterin am Landgericht Fuhr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 27.6.2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.713,36 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.10.1999 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 80 % und der Klägerin zu 20 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Sachverhalt:

Das Architektur- und Ingenieurbüro der Kl war mit der Planung und Überwachung eines Bauvorhabens beauftragt. Die Tragwerksplanung, die u.a. eine 4.500 m² große Stahlbetonbodenplatte nebst darin einzulassenden Entwässerungsrinnen umfaßte, vergab sie ihrerseits an die Bekl. Nach kurzer Zeit zeigten sich Bruchschäden an den Rinnenkanten, welche nach dem in einem selbständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten darauf zurückzuführen sind, daß unmittelbar neben den Rinnen Dehnungsfugen angebracht wurden. Die Kl nimmt die Bekl wegen der Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 36.713,36 DM und wegen von ihr im Rahmen der Schadensfeststellung und -beseitigung geleisteter 74 Ingenieurstunden zu 121 DM = 8.954 DM auf Schadenersatz in Anspruch.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl hat überwiegend Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 635 BGB Schadensersatz in Höhe von 36.713,36 DM verlangen, weil diese das der Klägerin geschuldete Werk - die Tragwerksplanung für den Umbau/Ausbau der Werkshalle auf dem ehemaligen F-Gelände - teilweise mangelhaft erbracht hat.

Ein Planungsentwurf ist immer mangelhaft, wenn er fehlerhafte Konstruktionen aufweist, technisch also nicht einwandfrei ist, insbesondere wenn er gegen anerkannte Regeln der Bautechnik verstößt (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdnr. 1483; Senatsurt. v. 31.5.1996, NJW-RR 1997, 275).

Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen W vom 23.11.1998 steht fest, dass die von der Beklagten erstellte Detailplanung der Entwässerungsrinnen im Bereich der äusseren Bodenplatte hinsichtlich der Anordnung der Raumfugen bautechnisch fehlerhaft ist. Der Sachverständige hat hierzu auf Seite 6 und 14 seines Gutachtens ausgeführt, dass Rinnenwände nur für vertikale Lasten ausgelegt seien. Horizontalkräfte könnten von den Rinnenwänden nur durch direkten Kontakt weitergeleitet werden, weshalb die Einbettung der Rinnen in eine starre Konstruktion erforderlich sei. Aus diesem Grunde habe die Dehnungsfuge nicht - wie von der Beklagten geplant - direkt neben der Rinne ohne Einsatz eines Ortbetonläufers als Rückenstütze angeordnet werden dürfen. In diesem Fall (bei fehlender Seitenstütze) werde die Rinnenwandung auf Biegung beansprucht, für die sie nicht ausgelegt sei, was zu den entstandenen Bruchschäden geführt habe.

Diese Feststellungen hat der Sachverständige in bezug auf das von der Beklagten geplante Rinnenmodell der Firma H "Faserfix Super 100" getroffen, und zwar in Übereinstimmung mit den von der Firma H gegebenen Einbaubeispielen bzw. Einbauhinweisen (Bl. 44 d.A.), in denen für den Einbau der Rinne in eine Betonfläche neben dem Rinnenrand ein Ortbetonläufer als Stütze und sodann eine Raumfuge vorgesehen ist. Dass bei der Verlegung der Rinnenelemente die vom Hersteller mitzuliefernden Einbauvorschriften zu beachten sind, ergibt sich aus Punkt 7.1 der DIN 19580. Dementsprechend hätte die Beklagte bei ihrer Planung des Rinnenmodells der Firma H die Einbauhinweise des Herstellers berücksichtigen müssen.

Die Behauptung der Beklagten, bei einer Rinne der Firma H dürfe - wie geplant - eine Dehnungsfuge unmittelbar neben der Entwässerungsrinne angebracht werden, ist durch das Sachverständigengutachten widerlegt und ergibt sich insbesondere nicht aus dem von der Beklagten mit der Klageerwiderung vorgelegten Einbaubeispiel der Firma H für das Bauvorhaben B/Bahnhof (Bl. 35 d.A.). Wie die Klägerin in der Berufungsbegründung (Bl. 103/104 d.A.) zu Recht ausführt, ist dieses von der Beklagten angeführte Einbaubeispiel auf den vorliegenden Fall - Einbau der Rinne in eine Betonfläche - nicht anwendbar; es betrifft vielmehr den Einbau einer Schwerlastrinne in eine Pflasteroberfläche. Zudem ist die dort dargestellte Rinne in eine Betonrückenstütze eingelassen.

In zweiter Instanz beruft sich die Beklagte auch nicht mehr zur Rechtfertigung ihrer Planung auf das Einbaubeispiel Bl. 35 d.A., das sie offensichtlich ihrer Planung seinerzeit auch nicht zugrundegelegt hat. Wie die Beklagte auf S. 2 der Klageerwiderung vom 28.2.2000 (Bl. 23 d.A.) ausführt, hat sie ihre Planung nach den Angaben eines Mitarbeiters der bauausführenden Firma erstellt, sich jedoch nicht die einschlägigen Einbauhinweise beschafft.

Die Beklagte macht in zweiter Instanz geltend, keine Raumfuge, sondern einen Fugenverguss und eine Hartschaumplatte geplant zu haben. In dieser Ausführung könne sich die gefüllte Fuge direkt am Rinnenrand befinden. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Sachverständige auf der Grundlage des von der Beklagten erstellten Schnitts e-e festgestellt hat, dass die Dehnungsfuge fehlerhaft neben der Rinne angeordnet ist. Mithin hat der Sachverständige die nunmehr von der Beklagten als Fugenverguss definierte Planung als Dehnungsfuge angesehen, wie auch die Beklagte selbst erstinstanzlich immer von einer Dehnungsfuge gesprochen hat (vgl. Schriftsatz vom 28.2.2000, S. 4 u. 6; Schriftsatz vom 11.4.2000, S. 4).

Der Planungsfehler der Beklagten ist ursächlich für die am Bauwerk entstandenen Schäden geworden.

Unstreitig ist die Entwässerungsrinne nach den von der Beklagten erstellten Plänen eingebaut worden.

Der Ursachenzusammenhang ist - entgegen der vom Erstgericht vertretenen Ansicht - auch nicht dadurch unterbrochen, dass die Klägerin ein anderes Rinnenmodell im Leistungsverzeichnis ausgeschrieben hat und schließlich der Einbau eines sowohl von der Planung als von der Ausschreibung abweichenden Rinnenmodells zur Ausführung gelangt ist.

Die Abweichung von der Planung der Beklagten durch die Ausschreibung im Leistungsverzeichnis ist insoweit unbeachtlich, als diese durch eine wiederum andere Ausführung überholt worden ist und sich somit letztlich nicht ausgewirkt hat.

Es kommt also maßgeblich darauf an, ob sich die fehlerhafte Planung allein auf das darin genannte Modell Faserfix Super 100 bezog und für das eingebaute Modell A ohnehin nicht hätte verwendet werden dürfen. Dies ist jedoch zu verneinen.

Denn aufgrund des Sachverständigengutachtens steht fest, dass das eingebaute Rinnenmodell dem geplanten gleichartig ist. Der Sachverständige W hat auf Seite 10 seines Gutachtens festgestellt, dass die eingebaute Rinne Typ Q 100 der Firma A in bezug auf die Einbauweise und Belastbarkeit der geplanten Rinne der Firma H, Typ Faserfix Super 100, entspräche und die Rinne A auch - wie die Rinne der Firma H laut deren Einbaubeispiel - mit einer Ortbetonrückenstütze als Läufer, der mit dem Rinnenfundament biegesteif verbunden ist, mit anschließender Raumfuge hätte eingebaut werden können (Bl. 6 unten des Gutachtens). Das heisst, dass bei technisch richtiger Planung der Beklagten sowohl das von ihr zugrundegelegte Modell Faserfix als auch das gleichwertige Modell in gleicher Weise hätten eingebaut werden können.

Die Schäden am Bauwerk, die nach den Feststellungen des Sachverständigen auf der falsch angeordneten Fuge beruhen, wären somit nicht entstanden, wenn die Beklagte bautechnisch richtig geplant hätte.

Die Beklagte ist der Klägerin daher zum Ersatz des aufgrund ihres Planungsfehlers entstandenen Schadens verpflichtet.

Da die Klägerin, wie sie selbst auf S. 4 des Schriftsatzes vom 30.3.2000 (Bl. 43 GA) vorträgt, nicht zugleich Bauherrin war, sondern ihrerseits von der Bauherrin mit der Planung und Bauüberwachung beauftragt war, besteht ihr Schaden in den Ersatzleistungen, die sie aufgrund ihrer Gewährleistungspflicht gegenüber der Bauherrin zu erbringen hatte.

Aus der Vorlage der an die Klägerin gerichteten Rechnung der Firma H vom 1.6.1999 (Bl. 4 GA) ergibt sich, dass diese ihrer Auftraggeberin keinen Geldersatz geleistet, sondern selbst die Beseitigung des Schadens übernommen hat, und zwar zu über 50 % günstigeren Kosten, als der Sachverständige W im Beweissicherungsverfahren für die Mängelbeseitigung als erforderlich veranschlagt hat.

Auch die Beklagte geht (wie ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung I. Instanz eingereichten Schriftsatz vom 12.5.2000, Bl. 56, zu entnehmen ist) davon aus, dass die Klägerin den Schaden gegenüber der Bauherrin reguliert hat und darauf ihr gegen die Beklagte gerichteter Schadensersatzanspruch beruht. In zweiter Instanz bestreitet die Beklagte auch lediglich die Höhe des geltend gemachten Schadens und nicht die Tatsache, dass der Klägerin überhaupt ein Schaden entstanden sei.

Die Klägerin kann daher die Beseitigungskosten von 36.713,36 DM von der Beklagten ersetzt verlangen.

Soweit die Klägerin darüber hinaus Ersatz der von ihr im Zusammenhang mit der Bearbeitung und Abwicklung des Schadens geleisteten 74 Ingenieurstunden á 121,-- DM, insgesamt 8.954,-- DM verlangt, ist ihr Anspruch unbegründet. Denn insofern hat die Klägerin keine Vermögenseinbuße erlitten. Die Klägerin macht nicht geltend, dass sie für die Schadensabwicklung zusätzliches Personal beschäftigen musste, oder dass ihr Gewinn dadurch entgangen sei, dass ihre Mitarbeiter durch die Schadensbearbeitung an anderen Tätigkeiten gehindert waren. Mithin hatte sie in der Zeit, in der ihre Mitarbeiter den von der Beklagten verursachten Schaden bearbeiteten, keine höheren Personalkosten als sonst. Dementsprechend verneint die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 31.5.1976, NJW 1977, 35; BGH, Urt. v. 28.2.1969, NJW 1969, 1109) einen Schadensersatzanspruch, wenn eine Behörde oder ein größeres Unternehmen für die Schadensbearbeitung eigenes Personal einsetzt.

Schließlich muss sich die Klägerin kein anspruchsminderndes Mitverschulden anrechnen lassen.

Der Klägerin oblagen zwar im Verhältnis zur Bauherrin Kontrollpflichten in bezug auf die technische Richtigkeit der Ausführungsplanung (OLG Köln, Urt. v. 12.9.1996, NJW-RR 1997, 597; Senatsurteil v. 19.12.1997, NJW-RR 1998, 741, 742 = BauR 1998, 582 ff. = OLGR 1998, 236 ff. = VersR 1998, 1418); im Verhältnis zur Beklagten als Subunternehmerin bestanden derartige Pflichten jedoch nicht.

Die Klägerin hatte die Beklagte für einen begrenzten Leistungsausschnitt des von ihr (der Klägerin) zu erbringenden Werkes unterbeauftragt und damit der Beklagten die Verantwortung für eine bautechnisch mangelfreie Ausführungsplanung übertragen. Zur Kontrolle der von der Beklagten zu erbringenden Leistung war die Klägerin der Beklagten gegenüber nicht verpflichtet. Vielmehr konnte sie sich darauf verlassen, dass die Beklagte, die insoweit über die spezielleren Fachkenntnisse verfügte und zu diesem Zweck gerade beauftragt worden war, ihr Werk ordnungsgemäß erstellen würde.

Ein Verschulden der Klägerin in eigener Angelegenheit kommt ebenfalls nicht in Betracht. Ein solches wäre nur dann anzunehmen, wenn die Klägerin die Sorgfalt außer Acht gelassen hätte, die ein verständiger Mensch in der jeweiligen Lage ausgeübt hätte, um sich selbst vor Schaden zu bewahren (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdnr. 2444). Das wäre im vorliegenden Fall dann zu bejahen, wenn für die Klägerin der Planungsfehler der Beklagten offenkundig gewesen wäre. Offenkundig war der Fehler jedoch schon deshalb nicht, weil er nur durch einen Vergleich mit den Einbauhinweisen des Rinnenherstellers hätte festgestellt werden können. Von der Klägerin konnte jedoch nicht verlangt werden, dass sie sich die Einbauvorschriften für das geplante oder das bestellte Rinnenmodell besorgte, um deren Beachtung durch die Beklagte zu überprüfen. Die Klägerin hat sich vielmehr zu Recht darauf verlassen, dass die Beklagte die Einbauvorschriften bei ihrer Planung berücksichtigen würde.

Der Zinsanspruch ist aus Verzug gemäß §§ 284, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 i.V.m. § 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass (§ 546 Abs. 1 ZPO).

Streitwert für die Berufungsinstanz: 45.667,36 DM.

Beschwer der Beklagten: 36.713,36 DM,

Beschwer der Klägerin: 8.954 DM.

RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 254 BGB § 635

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