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13.06.2001 · IWW-Abrufnummer 010773

Oberlandesgericht Celle: Urteil vom 16.11.2000 – 22 U 249/99

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Oberlandesgericht Celle

Im Namen des Volkes

Urteil

22 U 249/99
12 O 177/97 LG Hannover

Verkündet
am 16. November 2000

Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25. August 1999 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet. Alle Parteien dürfen die Sicherheit durch unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört oder einer öffentlichen Sparkasse leisten.

Beschwer: 129.975,13 DM.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen als Nacherben von dem Beklagten Schadensersatz aus dessen Tätigkeit als Testamentsvollstrecker.

Der am 8. Oktober 1980 verstorbene und dessen am 2. Februar 1995 nachverstorbene Ehefrau setzten sich durch gemeinschaftliches Testament vom 21. September 1978 gegenseitig als befreite Vorerben ein. Zu gleichteiligen Nacherben bestimmte jeder von ihnen die gemeinsamen Enkel, nämlich die beiden Kläger und die vor Eintritt des Nacherbfalls bereits verstorbene. Außerdem ordneten sie Testamentsvollstreckung an, auch über die Nacherbschaft, und zwar bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres der jüngsten Enkelin, der Klägerin zu 1 (am 29. September 1996). Die Testierenden legten eine Vergütung für den Testamentsvollstrecker von jährlich 3.000 DM, mindestens jedoch 9 % der jährlichen Erträge fest. Nach dem Tode des ernannten Testamentsvollstreckers Rechtsanwalt im Jahre 1993 führte der Beklagte dieses Amt vom 11. August 1999 bis Februar 1996. Ausweislich Rechnungen zwischen dem 5. Juli und 17. November 1994 fanden Mittel der Vorerbschaft in Höhe von 123.225,13 DM Verwendung, um das Haus in zu renovieren (Wintergarten, Innenräume und Fenster), den Garten zu pflegen und Schutt abzufahren. Dieses Haus steht auf einem Grundstück, das nicht zum Nachlass sondern dessen nachverstorbener Ehefrau allein gehörte. Diese veräußerte das Grundstück auf Grund notariellen Vertrages vom 7. Dezember 1999 an ihre Tochter, die Mutter der Kläger, und deren Ehemann. In dem Vertrag ist vermerkt, die Ehefrau des Erblassers sei Eigentümerin des Grundstücks als befreite Vorerbin. Die Kläger stimmten als Nacherben der Veräußerung zu. Sie beerbten auch die Vorerbin. Als Entgelt für die Zustimmung erhielten die Klägerin zu 1 250.000 DM und der Kläger zu 2 Wohnungseigentum in Spanien im Werte von 90.000 DM sowie Zahlung von 90.000 DM. Das Landgericht Hamburg (302 = 132/99) verurteilte die Kläger inzwischen zu Rückgewähr dieser Werte an ihre Mutter und deren Ehemann, weil es mangels Zugehörigkeit des Grundstücks zur Vorerbschaft ihrer - der Kläger - Zustimmung zur Veräußerung des Grundstücks nicht bedurft habe. Die Kläger - dort Beklagte - legten gegen dieses Urteil Berufung ein, über die noch nicht entschieden ist.

Die Kläger haben von dem Beklagten Ersatz gefordert in Höhe von 131.725,13 DM nebst Zinsen, nämlich 123.225,13 DM wegen der Investitionen in das eigene Grundstück ihrer Großmutter aus Mitteln der Vorerbschaft und 8.500 DM zu viel entnommene Vergütung als Testamentsvollstrecker (11.500 DM für das Jahr 1999 statt der festgesetzten 3.000 DM). Sie haben gemeint, der Beklagte habe ihrer Großmutter die Mittel der Vorerbschaft unentgeltlich überlassen und dadurch seine Pflichten als Testamentsvollstrecker schuldhaft verletzt. - Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt. Er hat gemeint, die Freigabe der Mittel sei berechtigt gewesen, weil die Vorerbin wegen ihrer schweren Krebserkrankung auf die dieser angemessene Renovierung ihres Hauses angewiesen gewesen sei, die sie aus ihrem Eigenvermögen nicht habe bezahlen können. Ferner hat er behauptet, er habe mit der Vorerbin vereinbart, dass er abweichend von dem Testament jährlich 10.000 DM netto für die Ausübung seines Amtes erhalte.

Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 129.975,13 DM nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, der Beklagte habe pflichtwidrig und schuldhaft unentgeltliche Verfügungen zum Nachteil der Nacherben getroffen und sich überdies nicht an die testamentarische Anordnung gehalten, lediglich den Lebensunterhalt der Vorerbin sicherzustellen; von der entnommenen Vergütung müsse er nur 6.750 DM zurückgeben, weil ihm für die 19 Monate seines Amtes nach dem Testament 9.750 DM gebührten.

Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, wendet der Beklagte sich mit der Berufung. Er meint, der Anspruch der Kläger scheitere daran, dass ihre Großmutter als befreite Vorerbin die Gegenstände der Vorerbschaft für sich habe verwenden dürfen, ohne sich dadurch zum Ersatz deren Wertes zu verpflichten; die Vereinbarung einer höheren Vergütung zwischen Erbe und Testamentsvollstrecker sei auch im Widerspruch zu der Anordnung des Erblassers in dem Testament wirksam.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger stellen den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet.

I.

Die Kläger als Nacherben ihres am 8. Oktober 1980 verstorbenen Großvaters seit dem Tode der Vorerbin, ihrer Großmutter Edeltraud M, am 2. Februar 1995 haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt schuldhafter Verletzung seiner Pflichten als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des Erblassers in der Zeit vom 11. August 1999 bis Februar 1996 (§ 2219 Abs. 1 Fall 1 BGB).

1. Der Beklagte hat seine Pflichten als Testamentsvollstrecker nicht schuldhaft verletzt, indem er die behindertengerechte Ausstattung, aber auch unabhängig von dieser die Renovierung des Hauses auf dem Grundstück in der Vorerbin, das nicht zur Vorerbschaft, sondern deren sonstigem Vermögen gehörte, mit Mitteln der Vorerbschaft finanziert hat. Jedenfalls trifft den Beklagten kein Verschulden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Anordnung des Erblassers unter § 6 Buchstabe c seines gemeinschaftlichen Testamentes mit der Vorerbin vom 21. September 1978, der Testamentsvollstrecker solle "vornehmlich" den "normalen, angemessenen Lebensunterhalt für die (Vorerbin sicherstellen)", bei objektiver Würdigung die Auslegung nahe legt, der Erblasser habe die in § 1 vorausgegangene Einsetzung seiner Ehefrau als befreite Vorerbin in der Weise wieder einschränken wollen, dass diese nur ihren normalen, angemessenen Lebensunterhalt aus der Vorerbschaft erhalten sollte. Zumindest durfte der Beklagte, gemessen an den Sorgfaltsanforderungen, die an ihn angesichts seines Berufes und des von ihm übernommenen Amtes wie an jeden anderen in seiner Lage zu stellen waren (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB), den Passus zu § 6 Buchstabe c des Testamentes auch so verstehen, dass der Erblasser dem Testamentsvollstrecker lediglich als Anleitung für die Ausübung dessen Amtes mit auf den Weg geben wollte, was er wenigstens für seine Ehefrau, sofern sie ihn überlebte, zu tun haben werde, dass er aber nicht die gerade erst ausgesprochene Bestimmung zur im Rahmen des gesetzlich Möglichen unbeschränkten Vorerbin teilweise sogleich wieder rückgängig machen wollte. Dieses gilt umso mehr, als die Einsetzung des Erblassers als befreiter Vorerbe durch seine Ehefrau keinerlei Beschränkungen unterlag.

Davon abgesehen durfte der Beklagte die Kläger als gegen den Verlust der aus der Vorerbschaft finanzierten Investitionen in das zum Eigenvermögen der Vorerbin gehörende Grundstück hinreichend geschützt ansehen, weil er diese als durch das gemeinschaftliche Testament vom 21. September 1978 außer zu Nacherben desjenigen, der von den Testierenden zuerst verstarb, auch als Ersatzerben des Überlebenden von ihnen an Stelle des erstverstorbenen Testierenden bestimmt betrachten durfte (§ 2102 Abs. 1 BGB). In diesem Falle hatten die Kläger beim Tode der Vorerbin, wenn diese ihr Grundstück verschenkte, gegen den Beschenkten Anspruch auf Rückübereignung oder, falls diese nicht mehr möglich sein sollte, auf Wertersatz (§ 2287 Abs. 1, § 818 Abs. 2 Fall 2 BGB).

2. Der hilfsweise von den Klägern gegen den Beklagten erhobene Vorwurf, er habe, als die Vorerbin ihr eigenes Grundstück an Tochter und Schwiegersohn, die Eltern der Kläger, aufgrund notariellen Vertrages vom 7. Dezember 1999 je zur ideellen Hälfte verschenkt habe, schuldhaft unterlassen, darüber aufzuklären, dass dieses Grundstück nicht zur Vorerbschaft gehöre, wohl aber beim Tode der Großmutter der Kläger dem Anspruch aus § 2287 Abs. 1 BGB unterliege, ist ebenfalls unberechtigt. Die Veräußerung dieses Grundstücks, das nicht zur Vorerbschaft gehörte, sondern zum Eigenvermögen der noch lebenden Vorerbin, berührte nicht das Amt des Beklagten als Testamentsvollstrecker. - Für die Haftung auf Grund von diesem Amt unabhängiger vertraglicher Beziehung zu den Klägern oder unerlaubter Handlung ist nichts Konkretes dargetan.

II.

Die Kläger können auch nicht Rückgewähr desjenigen Teils der Vergütung fordern, welche der Beklagte für die Ausübung seines Amtes über den testamentarisch bestimmten Betrag von 3.0000 DM jährlich hinaus der Vorerbschaft entnommen hat, aus dem Gesichtspunkt ungerechtfertigter Bereicherung des Beklagten (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB). Der Beklagte hat diesen Teil der Vergütung durch Leistung der Vorerbin nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Er hatte Anspruch auf diesen auf Grund vertraglicher Vereinbarung mit der Vorerbin.

1. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Vergütung von jährlich 10.000 DM mit der Vorerbin vereinbart, ohne dass die Kläger diesem Vorbringen mit Substanz haben entgegentreten können. Für diese Vereinbarung spricht, dass die Vorerbin es hingenommen hat, dass der Beklagte seine Vergütung entsprechend der Verabredung eines Honorars von 10.000 DM pro Jahr der Vorerbschaft entnahm.

2. Die schuldrechtliche Vereinbarung der Mehrvergütung war ohne weiteres wirksam, aber auch die Entnahme des Geldes aus der Vorerbschaft in Erfüllung dieser Vereinbarung.

a) Diese Entnahme stellte keine unentgeltliche Verfügung über Gegenstände der Vorerbschaft dar (§ 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB). Sie diente der Erfüllung einer Verpflichtung, für welche die Vorerbin als Gegenleistung die Übernahme des Amtes durch den Beklagten erreicht hatte. Nach über sechzehn Jahren, seit die Testierenden das Honorar mit 3.000 DM jährlich festgelegt hatten, hätte sich voraussichtlich auch kein anderer als der Beklagte bereit erklärt, das Amt an Stelle des ernannten und verstorbenen Testamentsvollstreckers für dieses Honorar fortzuführen. Die Fortführung lag indessen im Interesse der Testierenden. Diese hatten die Testamentsvollstreckung vorgesehen bis zum 29. September 1996, der Vollendung des 23. Lebensjahres durch die Klägerin zu 1.

b) Aber selbst wenn die Vorerbin wegen der Bestimmung der Vergütung im Testament die Schuld aus der Vereinbarung mit dem Beklagten nicht aus der Vorerbschaft hätte begleichen dürfen, ändert dieses nicht an der Wirksamkeit dieses Vorgehens. Den Klägern wäre daraus allenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Vorerbin erwachsen, der sich nicht auswirkt, weil sie selbst deren Erben geworden sind.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, § 711 Satz 1, § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriftenBGB § 2287 Abs. 1 BGB § 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB § 91 BGB § 708 Nr. 10 BGB § 711 Satz 1 BGB § 546 Abs. 2 Satz 1

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