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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Alles Wichtige zum Kostenabzug für ein (häusliches) Arbeitszimmer

    | Das (häusliche) Arbeitszimmer ist ein Dauerbrenner im Einkommensteuerrecht. Denn zu kaum einem Thema gibt es so viel Rechtsprechung ‒ und ein Ende ist nicht in Sicht. Dabei geht es im Kern immer um die Frage, ob die Aufwendungen voll abziehbar sind, nur zum Teil oder gar nicht. |

    1. Grundsätze

    Zunächst ist festzuhalten, dass die als Arbeitsmittel zu qualifizierenden Gegenstände (z. B. Computer, Aktenschränke, Regale) nicht von den Abzugsbeschränkungen betroffen sind.

     

    Bei den eigentlichen Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer (Miete, Energiekosten etc.) ist nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b i. V. mit § 9 Abs. 5 EStG wie folgt zu unterscheiden:

     

    • Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig.
    • Stellt das Arbeitszimmer jedoch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung dar, besteht keine Abzugsbeschränkung.
    • Bildet das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der Betätigung, steht aber für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Kosten bis 1.250 EUR abziehbar.

     

    Die grundsätzliche Systematik beim Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer kann wie folgt veranschaulicht werden:

     

    2. Abgrenzungskriterien (häuslich versus außerhäuslich)

    Liegt ein außerhäusliches Arbeitszimmer oder eine (häusliche) Betriebsstätte vor, sind die Kosten in voller Höhe abzugsfähig. Auf den Tätigkeitsmittelpunkt oder einen weiteren Arbeitsplatz kommt es nicht an. Hier ist wie folgt abzugrenzen:

     

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist das häusliche Arbeitszimmer ein Raum, der in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (z. B. BFH 26.3.09, VI R 15/07). Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt.

     

    In die häusliche Sphäre eingebunden ist ein solches Arbeitszimmer regelmäßig dann, wenn es sich in einem Raum befindet, der zur privat genutzten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen einschließlich der Zubehörräume (wie Abstell-, Keller- und Speicherräume) gehört.

     

    Ein Büroraum, der einem nicht unwesentlichen Publikumsverkehr unterliegt, ist seiner Funktion nach kein häusliches Arbeitszimmer (BFH 14.1.04, VI R 55/03). Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht einem Büro entsprechen (z. B. Lager, Werkstatt, Arztpraxis), sind auch dann nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers zuzuordnen, wenn sie ihrer Lage nach mit dem Wohnraum des Steuerpflichtigen verbunden sind (BFH 26.3.09, VI R 15/07).

     

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    3. Kein Kostenabzug bei teilweiser Privatnutzung

    Nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats des BFH (27.7.15, GrS 1/14) wirken sich Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer (weiterhin) nur dann steuermindernd aus, wenn die Räume nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt werden.

     

    Kurzum: Aufwendungen für Räume, die z. B. zu 60 % beruflich und zu 40 % privat genutzt werden, sind nicht abziehbar. Auch Aufwendungen für eine „Arbeitsecke“ sind nicht abzugsfähig, da diese Räume schon ihrer Art und ihrer Einrichtung nach auch privaten Wohnzwecken dienen.

     

    Die Nutzungsvoraussetzungen sind individuell für jeden Raum und damit auch für Nebenräume zu prüfen. Eine zumindest nicht unerhebliche private Mitnutzung derartiger Räume ist daher abzugsschädlich (BFH 17.2.16, X R 26/13).

     

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    4. Mittelpunkt der betrieblichen/beruflichen Tätigkeit

    Bei der Frage, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, ist der qualitative Schwerpunkt der Betätigung maßgeblich. Bei Hochschullehrern (BFH 27.10.11, VI R 71/10), Richtern (BFH 8.12.11, VI R 13/11) und Universitäts-Professoren (BFH 14.12.12, VI B 134/12) ist das Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der Betätigung.

     

    Mehr Glück hatte ein Dirigent und Orchestermanager vor dem FG Baden-Württemberg (4.3.15, 6 K 610/14). Er durfte die Aufwendungen insgesamt als Betriebsausgaben abziehen, da er darlegen konnte, dass ihm als Manager umfangreiche Verwaltungsaufgaben übertragen worden waren, die er nur von zuhause aus erledigen konnte.

     

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    • Arbeitszimmer eines auch als Gutachter tätigen Pensionärs im Keller
     

    5. Anderer Arbeitsplatz

    Ein anderer Arbeitsplatz i. S. der Vorschrift ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist (BFH 7.8.03, VI R 17/01). Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes werden nicht gestellt. Somit sind die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände (z. B. Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr) grundsätzlich unbeachtlich (BFH 7.8.03, VI R 162/00). Ein eigener, räumlich abgeschlossener Arbeitsbereich ist nicht erforderlich.

     

    Beispielsweise hat der BFH (26.2.14, VI R 37/13) entschieden, dass ein Poolarbeitsplatz nur dann ein anderer Arbeitsplatz ist, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann.

     

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    6. Erforderlichkeit ist kein Tatbestandsmerkmal

    Nach einer Entscheidung des BFH ist es unerheblich, ob ein Arbeitszimmer für die Tätigkeit auch erforderlich ist. Für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen genügt die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung (BFH 8.3.17, IX R 52/14).

     

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    7. Arbeitszimmer bei Erzielung unterschiedlicher Einkünfte

    Nutzt der Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer, um unterschiedliche Einkünfte zu erzielen (z. B. nichtselbstständige Einkünfte und freiberufliche Nebeneinkünfte) und steht ihm z. B. nur bei der freiberuflichen Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind die Aufwendungen entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen. Anschließend ist der auf die freiberuflichen Einkünfte entfallende Kostenanteil bis zur Höhe von 1.250 EUR abziehbar.

     

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    8. Personenbezogene Abzugsbeschränkung

    Der Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug ist zwar nicht auf den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer beschränkt, wohl aber auf den personenbezogenen Höchstbetrag von 1.250 EUR begrenzt. Das bedeutet: Die betragsmäßige Beschränkung gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum nacheinander oder zeitgleich (in mehreren Wohnungen) zwei Arbeitszimmer genutzt hat (BFH 9.5.17, VIII R 15/15).

     

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    9. Arbeitszimmernutzung durch mehrere Steuerpflichtige

    Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein Arbeitszimmer, sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG personenbezogen auf die einzelne steuerpflichtige Person zu prüfen (BFH 15.12.16, VI R 53/12 und VI R 86/13).

     

    Da die Höchstbetragsgrenze von 1.250 EUR nicht objekt-, sondern personenbezogen anzuwenden ist, können Steuerpflichtige, die ein Arbeitszimmer gemeinsam nutzen und die beide die gesetzlichen Abzugsvoraussetzungen erfüllen, den Höchstbetrag im Ergebnis doppelt in Anspruch nehmen.

     

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    10. Vermietung eines (häuslichen) Arbeitszimmers

    Einkünfte aus der Vermietung eines häuslichen Arbeitszimmers an den Auftraggeber eines Gewerbetreibenden sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn die Vermietung ohne den Gewerbebetrieb nicht denkbar wäre (BFH 13.12.16, X R 18/12).

     

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    11. Versteuerung stiller Reserven: Häusliches Arbeitszimmer im Betriebsvermögen

    Ein im Betriebsvermögen erfasstes Arbeitszimmer kann zum Boomerang werden. Bei einer Veräußerung oder Entnahme ist der Gewinn nämlich auch dann zu versteuern, wenn die Aufwendungen nicht oder nur beschränkt berücksichtigt wurden.

     

    Allerdings scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Beim BFH liegt nämlich ein Revisionsverfahren (BFH VIII R 15/17), in dem es um die Frage geht:

     

    Ist bei Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit der Buchwert eines im Betriebsvermögen befindlichen häuslichen Arbeitszimmers um die bis zur Betriebsaufgabe angefallenen AfA-Beträge zu erhöhen, soweit diese wegen der Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG zu keiner Minderung des laufenden Gewinns geführt hatten?

     

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    12. Versteuerung stiller Reserven: Arbeitszimmer im Privatvermögen

    Wird ein Grundstück innerhalb der gesetzlichen 10-Jahresfrist verkauft, ist dies steuerlich insoweit unbeachtlich, als zuvor eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG). In Bezug auf das Arbeitszimmer greift diese Regelung nach Ansicht der Finanzverwaltung indes nicht, da hier eine betriebliche Nutzung und somit keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgte. Doch das sieht das FG Köln (20.3.18, 8 K 1160/15, Rev. BFH IX R 11/18) anders: Ein Arbeitszimmer ist in den privaten Wohnbereich integriert und stellt kein selbstständiges Wirtschaftsgut dar.

     

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    13. Aktuelle Verwaltungsanweisung

    Bereits 2011 hatte das BMF in einem ausführlichen Schreiben zum häuslichen Arbeitszimmer Stellung bezogen. Infolge der zahlreichen BFH-Entscheidungen hat das BMF sein Schreiben im Oktober 2017 angepasst und die neue Rechtsprechung übernommen (BMF 6.10.17, IV C 6 - S 2145/07/10002:019).

     

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    14. Alles auf einem Blick

    Das häusliche Arbeitszimmer ist eine „Never Ending Story“. Hier finden Sie alles Wichtige auf einen Blick, außerdem aktuelle Nachrichten, nützliche Arbeitshilfen und Checklisten:

     

     

     

    • IWW-Webinare
    • IWW-WEBINARE : Aktuelles Steuerrecht: Q3/2018
     

     

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    • Arbeitszimmer eines auch als Gutachter tätigen Pensionärs im Keller
     
    Quelle: ID 45514228

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