Urteil vom 23.03.2022 · IWW-Abrufnummer 230654
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Aktenzeichen 2 Sa 35/21
1. Das Tragen einer Atemschutzmaske dient nach dem Sinn und Zweck des § 10 Ziff. 1.2 RTV für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung dem Eigenschutz der Beschäftigten vor durch die Arbeiten ausgelösten giftigen Gasen und Staubpartikeln.
2. Eine schlichte OP-Maske dient demgegenüber nicht vornehmlich dem Eigenschutz, sondern schützt Dritte vor virenbelasteten Tröpfchen und Aerosolen, die der Träger der OP-Maske beim Sprechen, Husten oder Niesen absondert.
3. Auch die Systematik der Tarifnorm spricht dafür, dass eine eher locker sitzende textile OP-Maske keine solche Erschwernis darstellt, die eine 10 %ige Erschwerniszulage gemäß § 10 Ziff. 1.2 RTV begründet.
In der Rechtssache
- Kläger/Berufungskläger -
Proz.-Bev.:
gegen
- Beklagte/Berufungsbeklagte -
Proz.-Bev.:
hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - 2. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hensinger, die ehrenamtliche Richterin Baumgartl und den ehrenamtlichen Richter König auf die mündliche Verhandlung vom 23.03.2022
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 24.09.2021 - 10 Ca 1382/20 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch auf Zahlung einer tariflichen Erschwerniszulage.
Der Kläger ist seit dem 16. Februar 1980 bei der Beklagten in der Glas- und Gebäudereinigung beschäftigt und wird ihm Rahmen der zwischen der Beklagten und deren Kunden geschlossenen Verträgen zur Glas- und Gebäudereinigung im Kundenobjekt eingesetzt. Der Einsatz des Klägers erfolgt beim Kunden E..
Mit einer E-Mail-Nachricht vom 20. Mai 2020 teilte der Kunde E. der Beklagten Folgendes mit:
Zumindest ab dem 25. Mai 2020 trug der Kläger infolge der Weisung des Kunden der Beklagten bei seinem Aufenthalt in den Liegenschaften des Kunden einen Mund-Nasen-Schutz.
Der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk für die Bundesrepublik Deutschland vom 31. Oktober 2019 (künftig: RTV) sieht u.a. Folgendes vor:
Der Kläger behauptet, in der 15. Kalenderwoche des Jahres 2020 habe der Objektleiter der Beklagten dazu aufgefordert, während der Arbeitszeit eine - zur Verfügung gestellte - Maske zu tragen. Diese Masken, bei denen es sich um medizinische Masken handele, seien als Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm anzusehen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei eine Atemschutzmaske, eine Gesichtsmaske, die dem Schutz vor dem Einatmen giftiger Gase oder verseuchter Luft, beziehungsweise zur Verhütung einer Ansteckung Dritter diene.
Mit dem Erschwerniszuschlag solle besonders die Erschwernis von Reinigungskräften in Krankenhäusern kompensiert werden. Auch das Tragen von Alltagsmasken bzw. medizinischen Masken führe im Übrigen zu Erschwernissen und könne Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit auslösen. Wenn nur das Tragen von FFP-Masken einen Zuschlag hätte auslösen sollen, hätten die Tarifvertragsparteien dies durch ausdrückliche Erwähnung dieser Masken klarstellen können. Deshalb bestehe ab dem Zeitpunkt der Trageanordnung ein Anspruch auf Erschwerniszuschläge nach § 10 Ziffer 1.2 RTV für die unter der Erschwernis geleisteten Arbeitsstunden, dh. für Mai 2020 128 Stunden, Juni 2020 152,50 Stunden, Juli 2020 117 Stunden, September 2020 160,5 Stunden und November 2020 48,5 Stunden zu je 15,12 Euro x 10%.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte beantragt,
Die Beklagte meint im Wesentlichen, bei den von ihren Beschäftigten zu tragenden Mund-Nasen-Bedeckungen bzw. medizinischen Masken handele es sich nicht um eine persönliche Schutzausrüstung (gem. DGVU) und nicht um eine Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm. Der Erschwerniszuschlag solle auch nicht in Krankenhäusern eingesetzten Reinigungskräften zugutekommen, da diese bereits nach § 8 RTV in der Lohngruppe 2 eingruppiert seien. Entscheidend sei, dass eine Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm vor Schadstoffen aus der Umgebungsluft schützen solle, während die im Kundenobjekt zu tragenden OP-Masken Dritte vor potentiell virenbelasteten Aerosolen des Trägers bewahren solle.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.09.2021 die Klage abgewiesen. Das angefochtene Urteil ist der Ansicht, dass ein Mund-Nasen-Schutz, den der Kläger auf Anweisung des Kunden während des Aufenthalts in dessen Räumlichkeiten zu tragen hatte, keine "vorgeschriebene Atemschutzmaske" im Sinne von § 10 Ziff. 1.2 RTV sei. Dies ergebe eine Auslegung der Tarifnorm.
Das angefochtene Urteil führt dazu aus:
Gegen das dem Kläger am 01.10.2021 zugestellte Urteil richtet sich die am 29.10.2021 eingelegte und am 13.01.2022 innerhalb der verlängerten Begründungsfrist ausgeführte Berufung des Klägers.
Der Kläger vertieft das erstinstanzliche Vorbringen. Er ist weiterhin der Auffassung, dass es sich bei einem Mund-Nasen-Schutz um eine Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm handele. Dabei sei vom allgemeinen Sprachgebrauch vor der Pandemie auszugehen. Die Tarifnorm können nicht derart eng ausgelegt werden, dass lediglich die fachtechnischen Begriffe im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen werden könnten. Ein fachtechnisches Verständnis des Begriffs "Atemschutzmaske" werde auch nicht durch den tariflichen Zusammenhang gestützt. Bei einem Mund-Nasen-Schutz handele es sich um eine Schutzbekleidung und nicht um ein Atemschutzgerät im Sinne der Tarifvorschrift. Das Tragen einer medizinischen Maske als Teil der persönlichen Schutzausrüstung (im Sinne der SARS-COV-2-Arbeitsschutzverordnung) stelle eine Erschwernis im Sinne der Tarifnorm dar.
Auch Sinn und Zweck der Tarifregelung sprächen nicht gegen eine Erfassung der Mund-Nasen-Bedeckungen unter den Begriff der "vorgeschriebenen Atemschutzmaske". Es komme nicht darauf an, ob es sich beim Mund-Nasen-Schutz um eine persönliche Schutzausrüstung im engeren Sinn handele. Vielmehr sei darauf abzustellen, dass das Tragen derartiger Masken eine Erschwernis im Sinne der Tarifvorschrift darstelle. Der Begriff "Atemschutzmaske" habe sich bereits in einem Vorgängertarifvertrag zum aktuellen RTV befunden. Mit dem Zuschlag von 10 % hätten insbesondere Reinigungskräfte in Krankenhäusern eine zusätzliche Vergütung für die besonderen Belastungen bei der Ausübung ihrer Arbeiten erhalten sollen. Auch beim Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, komme es zu einem erschwerten Atmen und damit zu einer erhöhten körperlichen Belastung. Aus der Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien auch im Vorgängertarifvertrag Masken mit besonderer Schutzwirkung nicht definiert hätten, könne geschlossen werden, dass es nicht auf die Schutzwirkung der Masken, sondern allein auf die durch das Tragen beeinträchtigende Wirkung auf die Arbeitenden ankomme. Nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards für die Gebäudereinigung vom 29.10.2020 führe "das Tragen einer MNB, medizinischen Gesichtsmaske und filtrierenden Halbmaske zu höheren Belastungen". Daraus sei zu ersehen, dass auch die vom Kläger zu tragende Maske unter den Begriff der "vorgeschriebenen Atemschutzmaske" falle. Bezüglich des zweitinstanzlichen Vorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 13.01.2022 ergänzend Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich:
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Schon der allgemeine Sprachgebrauch stelle eine OP-Maske nicht mit einer Atemschutzmaske gleich. Nach den Definitionen des Duden und in Wikipedia dienten Atemschutzmasken dem Eigenschutz des Trägers. OP-Masken hingegen sollten eine Ansteckung der Mitarbeiter des Kunden in dessen Räumlichkeiten verhindern. Bei einer OP-Maske handele es sich auch nicht um eine Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm. Die Tarifvertragsparteien verwendeten den Begriff "Atemschutzmaske" innerhalb § 10 Ziff. 1 RTV erkennbar im Sinne der Vorschriften zur Unfallverhütung und damit in einem fachtechnischen Sinn. Deshalb fielen nur Halbmasken, die den Klassen FFP 1 bis FFP 3 zuzuordnen sind, nicht aber Alltagsmasken unter diesen Begriff. Auch der tarifliche Zusammenhang führe zu diesem Ergebnis. Nur das Tragen einer "vorgeschriebenen" Atemschutzmaske, die Teil der persönlichen Schutzausrüstung (im Sinne der Unfallverhütung) ist, sei eine Erschwernis im Sinne des RTV. Dies treffe für das Tragen einer medizinischen Maske im Rahmen von Hygienekonzepten nicht zu. Auch die Systematik der Tarifnorm spreche dafür, dass es sich bei einer einfachen OP-Maske nicht um eine Atemschutzmaske handelt. Das zeige der Vergleich zwischen den Erschwerniszuschlägen gemäß § 10 Ziff. 1.1 a) und b) und dem Zuschlag gemäß Ziff. 1.2 RTV. Das mit einem Zuschlag von 10 % bewertete Tragen einer Atemschutzmaske müsse für den Träger eine ähnliche Erschwernis darstellen wie das Tragen einer Filterschutzmaske oder eines luftunterstützenden Beatmungssystems. Schließlich spreche auch die Historie des RTV für dieses Auslegungsergebnis. Nach dem Vorgängertarifvertrag des aktuellen RTV hätten Reinigungskräfte, die Arbeiten u. a. in geschlossenen Krankenstationen verrichteten, eine 10 %ige Erschwerniszulage erhalten. Der RTV n.F. sehe eine derartige Erschwerniszulage nicht mehr vor. Grund dafür sei, dass die Lohngruppe 2 geschaffen wurde. Wegen der Höhergruppierung dieser Arbeiten sei der zuvor gewährte Erschwerniszuschlag entfallen. Bezüglich des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 09.03.2022 ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 lit. a ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist fristgerecht eingelegt und ausgeführt worden. Im Übrigen sind Bedenken an der Zulässigkeit der Berufung nicht veranlasst.
II.
In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die zulässige Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der tariflichen Erschwerniszuschläge gemäß § 10 Ziff. 1.2 RTV wegen des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung während des Aufenthalts - und damit auch während der Arbeitszeit - in den Räumlichkeiten des zu reinigenden Kundenobjekts. Ein Mund-Nasen-Schutz, welche der Kläger auf Anweisung des Kunden zu tragen hat, ist keine "vorgeschriebene Atemschutzmaske" im Sinne von § 10 Ziff. 1.2 RTV. Diese Wertung ergibt sich - wie das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt hat - aus einer Auslegung der tariflichen Bestimmung. Da das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt, wird insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und nur auf das neue Berufungsvorbringen des Klägers eingegangen.
1. Wie das angefochtene Urteil zu Recht ausführt, folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Insoweit wird auf A. II. 1 lit. b der Entscheidungsgründe verwiesen.
2. Das Berufungsgericht schließt sich auch der Meinung des angefochtenen Urteils an, dass es sich nach dem Wortlaut der Tarifnorm bei einem Mund-Nasen-Schutz (Alltagsmaske, medizinische Maske, OP-Maske) nicht um eine Atemschutzmaske im Sinne von § 10 Ziff. 1.2 RTV handelt. Insoweit wird auf A. II. 1. lit. b) aa) der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Berufungsvorbringen des Klägers bringt insoweit nichts Neues.
Das Berufungsgericht ist wie die Beklagte der Auffassung, dass schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein MNS keine Atemschutzmaske darstellt. Verwenden Tarifvertragsparteien einen rechtlichen oder im Arbeitsleben allgemein gebräuchlichen Begriff, ist anzunehmen, dass dieser Begriff auch den allgemeinen/rechtlichen Bedeutungsinhalt haben soll wie er sich aus Wörterbüchern oder Lexika ergibt (BAG 18.10.2006 - 10 AZR 657/05 - Rn. 19, juris). Nach den Definitionen von Duden und Wikipedia dienen Atemschutzmasken dem Eigenschutz des Trägers vor durch die Arbeiten ausgelösten giftigen Gasen oder Staubpartikeln. Medizinische Masken hingegen sollen eine Ansteckung der in den Räumlichkeiten anwesenden Mitarbeiter, Patienten und Besucher des Kunden verhindern.
3. Das Berufungsgericht ist auch wie das Arbeitsgericht der Ansicht, dass die Systematik der Tarifnorm dafürspricht, dass ein MNS nicht die Kriterien einer Atemschutzmaske im Sinne der Tarifnorm erfüllt. Insoweit wird auf A. II.1. b) bb) der Entscheidungsgründe verwiesen.
Dies folgt schon aus einem Vergleich zwischen den Erschwerniszulagen gemäß § 10 Ziff. 1.1 a) und b) und Ziff. 1.2 RTV. Das Tragen eines Schutzanzuges mit Kapuze, Überschuhen, Handschuhen und Brille löst eine Erschwerniszulage von 5 % aus, § 10 Ziff. 1.1 a) RTV. Kommt noch das Tragen einer Filterschutzmaske oder eines luftunterstützenden Beatmungssystems hinzu, erhält der Beschäftigte eine Erschwerniszulage von 15 %, § 10 Ziff. 1.1 b) RTV. Die zusätzliche Belastung durch das Tragen einer Filterschutzmaske oder eines luftunterstützenden Beatmungssystems bewerten die Tarifvertragsparteien mithin mit 10 %. Dies spricht dafür, dass das Tragen einer Atemschutzmaske eine ähnliche Erschwernis für den Träger darstellen muss, wie das Tragen einer Filterschutzmaske oder eines luftunterstützenden Beatmungssystems, damit ein Anspruch auf Zahlung der 10 %igen Erschwerniszulage nach § 10 Ziff. 1.2 RTV begründet wird (LAG Schleswig-Holstein 14. Oktober 2021 - 5 Sa 101/21 -, Rn. 41, juris). Bei einem locker sitzenden und damit die Atmung wenig belasteten MNS handelt es sich dementsprechend nicht um eine Atemschutzmaske im tariflichen Sinne.
Der tarifliche Gesamtzusammenhang zeigt auch, dass nicht die Arbeit mit jeder Atemschutzmaske zuschlagspflichtig sein soll. § 10 Nr. 1.2 RTV erfasst vielmehr lediglich Arbeiten, die mit einer Atemschutzmaske als Teil der persönlichen Schutzausrüstung der Beschäftigten verrichtet werden. Die Tarifvertragsparteien haben nicht für jede erschwerte Arbeit, sondern lediglich für Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung (§ 10 Nr. 1), dem Arbeiten in/an besonderen Räumen und Einrichtungen (§ 10 Nr. 2) und bei einer Verlängerung der Arbeitszeit (§ 10 Nr. 3) vorgesehen. Ein Zuschlag nach § 10 Nr. 1.2 RTV ist deshalb nur geschuldet, wenn die Atemschutzmaske Teil der persönlichen Schutzausrüstung der Beschäftigten ist, die während der Arbeit getragen werden muss. Dies trifft auf eine OP-Maske nicht zu. Eine persönliche Schutzausrüstung ist nach § 1 Abs. 2 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA-Benutzungsverordnung - PSA-BV) "jede Ausrüstung, die dazu bestimmt ist, von den Beschäftigten benutzt oder getragen zu werden, um sich gegen eine Gefährdung für ihre Sicherheit und Gesundheit zu schützen, sowie jede mit demselben Ziel verwendete und mit der persönlichen Schutzausrüstung verbundene Zusatzausrüstung". Dass die Tarifvertragsparteien unter einer "persönlichen Schutzausrüstung" etwas Anderes gemeint haben, als in der PSA-BV geregelt, ist nicht ersichtlich. Vielmehr muss mangels entgegenstehender Anhaltspunkte angenommen werden, dass sie den gesetzlich festgelegten Rechtsbegriff der "persönlichen Schutzausrüstung" in gleicher Weise verwenden wollten wie der Verordnungsgeber (LAG Berlin-Brandenburg 17. November 2021 - 17 Sa 1067/21 -, Rn. 21, juris).
Der Rechtsansicht des Klägers kann nicht zugestimmt werden, dass es sich beim MNS um eine Schutzbekleidung und nicht um ein Atemschutzgerät im Sinne von § 10 Ziff. 1 RTV handelt. § 10 Ziff. 1 RTV regelt zwei Arten der persönlichen Schutzausrüstung (in Klammern: Schutzbekleidung, Atemschutzgerät). Zum einen Schutzbekleidung, die in Ziff. 1.1 die verschiedenen Formen des vorgeschriebenen Schutzanzugs definiert.
Einen solchen Schutzanzug musste der Kläger beim Verrichten seiner Arbeiten nicht tragen.
Zum anderen wird in § 10 Ziff. 1 RTV Atemschutzgerät als "vorgeschriebene Atemschutzmaske" definiert. Auch darunter fällt - wie bereits ausgeführt - und auch nach dem Verständnis des Klägers nicht ein Mund-Nasen-Schutz.
4. Schließlich ist die Berufungskammer wie das angefochtene Urteil der Meinung, dass auch Sinn und Zweck der Tarifnorm gegen eine Erfassung des MNS unter den Begriff der "vorgeschriebenen Atemschutzmaske" sprechen. Insoweit wird auf A. II.1. b) cc) der Entscheidungsgründe verwiesen. Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass schon das Tragen eines MNS eine Erschwernis im Sinne der Tarifnorm darstellt und verweist insoweit auf die historische Entwicklung des Begriffs "Atemschutzmaske" in den Vorgängertarifverträgen des aktuellen RTV.
Gerade die Historie des RTV steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Nach der alten Tarifnorm erhielten Reinigungskräfte, die Arbeiten in Isolier-, Intensiv-, Operationsräumen und sonstigen geschlossenen Krankenstationen wie TBC-Krankenstationen, Isotopenlabors, Bestattungseinrichtungen verrichteten, eine 10 %ige Erschwerniszulage. Der RTV n.F. enthält eine derartige Erschwerniszulage nicht mehr, da mit Einführung der Lohngruppen (anstatt eines Ecklohnes, erstmals durch den RTV vom 04.10.2003) die Lohngruppe 2 geschaffen wurde. Danach sind jetzt gemäß § 8 Ziff. 3 RTV n.F. Mitarbeiter, die Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten in OP-, Isolier-, Intensiv-, Dialyse-Räumen sowie TBC-Krankenstationen und Isotopenlabors (qualifizierte Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten) verrichten, eingruppiert in Lohngruppe 2 RTV n.F. Durch die Höhergruppierung dieser Arbeiten entfiel zugleich der entsprechende zuvor gewährte Erschwerniszuschlag nach § 9 Ziff. 2.8 RTV a.F. Dies hat per se nichts mit dem Tragen einer Atemschutzmaske zu tun. Die Vergütung nach Lohngruppe 2 RTV n.F. erhalten Arbeitnehmer, die beispielsweise OP-Räume reinigen auch dann, wenn sie keine Atemschutzmaske tragen müssen. Ein Rückschluss von § 9 Ziff. 2.8 RTV a.F. und der Lohngruppe 2 nach § 3 RTV n.F. darauf, wie eine Atemschutzmaske nach § 10 Ziff. 1.2 RTV n.F. beschaffen sein muss, kann hieraus nicht gezogen werden. Die höhere Eingruppierung in Lohngruppe 2 RTV n.F. setzt gerade nicht das Tragen besonderer "Schutzkleidung" oder von "Atemschutzgerät" nach § 10 Ziff. 1 RTV voraus, was dafürspricht, dass diese Arbeiten neben der körperlichen Belastung auch psychisch belastend sind (Entfernung von Blut etc.) und nach dem Willen der Tarifvertragsparteien besonders honoriert werden soll (LAG Schleswig-Holstein14. Oktober 2021 - 5 Sa 101/21 -, Rn. 43, juris).
III.
Da somit die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben konnte, hat er die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Die Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
Baumgartl
König
Verkündet am 23.03.2022