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  • 25.01.2013

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 13.09.2012 – 5 K 653/12

    1. Hält es der Steuerpflichtige infolge der anstehenden Ehescheidung und somit aus persönlichen Gründen für unzumutbar, eine Teileigentumsgemeinschaft mit seiner Ehefrau bezüglich eines vermieteten Grundstücks fortzuführen, und beantragt er deswegen, im Wege der Teilungsversteigerung die Teileigentumsgemeinschaft aufzulösen, so sind die Aufwendungen für die Teilungsversteigerung (Anwalts- und Gerichtskosten) mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Da die Teilungsversteigerung nicht mehr in Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern mit der beabsichtigten Beendigung der Erzielung dieser Einkünfte steht, scheidet ein Werbungskostenabzug der Aufwendungen für die Teilungsversteigerung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung jedenfalls dann aus, wenn für den Steuerpflichtigen letztendlich nach Abzug aller Unkosten ein Vermögenswert übrig bleibt.

    2. Mit einer Ehescheidung zusammenhängende Kosten sind nur insoweit als „zwangsläufig” zu beurteilen, als sie unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung der Ehescheidung entstanden sind. Deshalb sind Aufwendungen für die außergewöhnliche vermögensrechtliche Auseinandersetzung als Folge der Ehescheidung, worunter z. B. auch Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Teilungsversteigerung eines Familienhauses fallen, nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Dem BFH-Urteil v. 12.5.2011 (VI R 42/10) ist nicht zu entnehmen, dass sämtliche Aufwendungen, die durch die Inanspruchnahme von Behörden oder Gerichten entstehen, nunmehr als zwangsläufig zu betrachten und damit außergewöhnliche Belastungen sind.


    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    In dem Finanzrechtsstreit

    hat der 5. Senat unter Mitwirkung von Vizepräsidentin des Finanzgerichtes G., Richterin am Finanzgericht G., Richterin am Finanzgericht L. und der ehrenamtlichen Richter R. und S. auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13. September 2012 für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob der Kläger Aufwendungen für eine Teilungsversteigerung geltend machen kann.

    Der Kläger war gemeinsam mit seiner seit 2009 geschiedenen Ehefrau Eigentümer eines 1981 erworbenen Grundstückes in T., das in den Vorjahren vermietet worden war. Im Rahmen der Steuererklärungen wurden keine Werbungskosten für Schuldzinsen für dieses Grundstück, sondern nur für eine Eigentumswohnung in B angesetzt. Da die geschiedene Ehefrau einem gemeinsamen Verkauf nicht zustimmte und die Eigentumsgemeinschaft aus Sicht des Klägers nicht aufrechterhalten werden konnte, beantragte er, im Wege der Teilungsversteigerung die Teileigentumsgemeinschaft aufzulösen. Im Rahmen eines Vergleiches vor dem Amtsgericht – Familiengericht – vom 12. Januar 2009 vereinbarte der Kläger mit seiner ehemaligen Ehefrau, dass sie das Grundstück in T., dessen Verkehrswert im Rahmen eines Gutachtens mit EUR 240.000 geschätzt worden war, erhält und er die ebenfalls im gemeinsamen Eigentum stehende Eigentumswohnung in B.. Der Kläger sollte seine ehemalige Ehefrau von einem Kredit mit einer Restschuld in Höhe von ca. EUR 55.000 freistellen und diese sollte an den Kläger EUR 25.000 zahlen. Der Unterhalt der ehemaligen Ehefrau für 2009 wurde auf EUR 13.000 beziffert, der aufgrund der Vereinbarung als getilgt gelten sollte. Das Amtsgericht T hob das Teilungsverfahren mit Beschluss vom 26. Januar 2009 (K 87/07) auf. Für das Teilungsversteigerungsverfahren hatte der Kläger 2009 Kosten in Höhe von EUR 1.656 (Anwaltsrechnung vom 24. Februar 2009 und Gerichtskostenrechung vom 19. Februar 2009) gezahlt.

    Mit Bescheid vom 23. Juni 2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2009 fest, wobei er die Aufwendungen für die Teilungsversteigerung nicht berücksichtigte. Mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 änderte er den vorangegangenen Bescheid und setzte die Einkommensteuer 2009 wegen hier nicht streitiger Punkte nunmehr auf EUR 9.938 fest.

    Der Kläger bringt vor, die Aufwendungen für die Teilungsversteigerung seien entweder als Werbungskosten oder als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Wegen der Haltung seiner geschiedenen Ehefrau habe es sich um ein aufgedrängtes kostenpflichtiges Verfahren gehandelt, dem er nicht habe ausweichen können. Die Aufrechterhaltung der Eigentumsgemeinschaft mit der geschiedenen Ehefrau habe ihm nicht zugemutet werden können. Die Teilungsversteigerung habe jedoch bewirkt, dass die ehemalige Ehefrau eingelenkt habe. Die Teilungsversteigerung sei auch auf einen Mehrerlös und damit einen Ertrag gerichtet gewesen.

    Der Kläger beantragt,

    den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 23. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 dahingehend zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen um EUR 1.656 gemindert wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte trägt vor, dass die Kosten der Teilungsversteigerung weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastungen seien. Kosten, die mit der Aufgabe einer Einkunftsquelle verbunden seien, seien keine Werbungskosten, im Übrigen seien Kosten für Zivilprozesse nicht zwangsläufig.

    Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die zu Gericht gereichten Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2012 Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    I.

    Die Aufwendungen für die Teilungsversteigerung sind weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

    1. Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch die sie veranlasst sind (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. September 2010 IX R 42/09, BFHE 230, 567, BStBl. II 2011, 271). Nach bisheriger Rechtsprechung wurde der Bezug zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verneint, soweit die Aufwendungen ganz durch die nicht steuerbare Veräußerung des Mietobjekts veranlasst sind (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 31. Juli 2007 IX R 51/05, BFH/ NV 2008, 933 und vom 24. Januar 2012, IV R 16/11, BFH/NV 2012, 1108). Die Teilungsversteigerung steht auch nicht mehr in Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern mit der beabsichtigten Beendigung der Erzielung dieser Einkünfte.

    Nach nunmehr geänderter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, DStR 2012, 1801) können Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstückes dienten, auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Ob die tragenden Gründe, die in diesem Urteil zum Abzug von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geführt haben, auf die hier für eine nicht durchgeführte Teilungsversteigerung entstandenen Kosten Anwendung finden können, kann dahinstehen. Auch bei einer Anwendung dieser Grundsätze auf die Kosten der Teilungsversteigerung könnten diese hier nicht geltend gemacht werden, denn es verbleiben keine offenen Kosten, die nicht gedeckt wären. Die Eheleute waren beide jeweils Miteigentümer eines Grundstücks und einer Eigentumswohnung. Das Grundstück in T hatte lt. einem Gutachten einen Verkehrswert in Höhe von EUR 240.000. Die Hälfte dieses Grundstückes, mithin EUR 120.000, hat der Kläger aufgegeben, um das hälftige Miteigentum an der Eigentumswohnung in B zu erhalten. Der Wert der Eigentumswohnung in B ist nicht bekannt. Auf dem Grundstück in T lastete jedenfalls eine Grundschuld in Höhe von EUR 159.000, die offensichtlich nicht zur Absicherung eines Darlehens für dieses Grundstück, sondern für das Grundstück in B diente, denn nur insoweit wurden Werbungskosten für Zinsen geltend gemacht. Da die Grundschuld kaum erheblich höher sein dürfte, als der Verkehrswert, ist der Wert der Eigentumswohnung mit rd. EUR 150.000 anzusetzen. Die Hälfte davon beträgt EUR 75.000, die der Kläger für seinen Eigentumsanteil an dem Grundstück in T erhalten hat. Das durch die Grundschuld abgesicherte Darlehen, auf das noch rd. EUR 55.000 zu zahlen waren, musste der Kläger zurückzahlen. Er erhielt von seiner Ehefrau jedoch EUR 25.000 und wurde von seiner Unterhaltspflicht in Höhe von EUR 13.000 befreit, so dass noch eine Belastung von EUR 17.000 verblieb, die den Wert des aufgegeben Grundstücksteils in T erheblich unterschreitet. Wenn daher eine Veräußerung des Grundstückes in T stattgefunden hätte, hätte der Kläger einen Betrag erhalten, mit dem er die Kosten der Teilungsversteigerung in Höhe von EUR 1.656 hätte tilgen könne. Dass hier keine Veräußerung des Grundstückes an einen Dritten erfolgte, in dem tatsächlich ein Kaufpreis gezahlt wurde, sondern ein Tauschgeschäft erfolgte, muss außer Betracht bleiben. Der Tausch und die Verrechnung gegenseitiger Verpflichtungen muss vielmehr einer Veräußerung gleichgestellt werden. Denn jemand, der ein Grundstück im Wege des Tausches aufgibt, kann im Rahmen der notwendigen Betrachtung der finanziellen Gesamtbelastung nicht besser gestellt werden, als wenn er dieses verkauft hätte.

    2. Die Aufwendungen für die Teilungsversteigerung – die sich hier in voller Höhe wegen der aufgrund weiterer außergewöhnlicher Belastungen bereits überschrittenen zumutbaren Belastungen auswirken würden – sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

    Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Für die Entscheidung, ob Aufwendungen zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG angefallen sind, ist auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt hat. Liegt diese in der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung, kommt ein Abzug nicht in Betracht. Mit einer Ehescheidung zusammenhängende Kosten sind nur dann als zwangsläufig zu beurteilen, soweit sie unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung der Ehescheidung entstanden waren. Deshalb sind Aufwendungen für die außergewöhnliche vermögensrechtliche Auseinandersetzung als Folge der Ehescheidung, worunter z. B. auch Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Teilungsversteigerung eines Familienhauses fallen, nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 30. Juni 2005 III R 36/03, BStBl. II 2006, 491 und Beschluss vom 22. März 2002 III B 158/01, BFH/NV 2002, 1025). Die Teilungsversteigerung stellt sich hier als mittelbare Folge der Ehescheidung des Klägers dar, da ihm die Aufrechterhaltung der Eigentumsgemeinschaft mit der geschiedenen Ehefrau nicht mehr zumutbar erschien. Sie sind daher nach den bisherigen Grundsätzen der Rechtsprechung nicht als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG einzustufen.

    Auch nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Mai 2011, dass notwendige und angemessene Kosten eines Zivilprozesses, der hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind (VI R 42/10, BStBl. II 2011, 1015), ist eine abweichende Beurteilung nicht gerechtfertigt. Der Entscheidung lag die Überlegung zugrunde, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen und abzuwehren sind. Dies ist mit der Aufhebung einer Eigentümergemeinschaft nicht vergleichbar. Bei einer Gemeinschaft kann jeder Teilhaber die Auflösung verlangen (§ 749 BGB), ohne dass gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen ist. Da bei dem Grundstück eine Teilung in Natur (§ 752 BGB) nicht möglich war, musste dies als Folge der Auflösung gemäß § 753 BGB versteigert werden. Dies ist einem freihändigen Verkauf vergleichbar, lediglich mit dem Unterschied, dass durch ein gerichtliches Handeln ein neuer Eigentümer gefunden wird. Ein Verkauf von Eigentum ist jedoch keineswegs zwangsläufig und damit der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung zuzuordnen, bei der eine außergewöhnliche Belastung nicht vorliegt. Darüber hinaus ist die Auflösung der Grundstücksgemeinschaft letztlich auf eine persönliche Entscheidung des Klägers zurückzuführen, da ihm eine Fortsetzung mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht zumutbar erschien und er eine mögliche gütliche Einigung im Scheidungsverfahren – wie dies hier tatsächlich erfolgt ist – nicht abwarten wollte. Weiterhin ist dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Mai 2011 nicht zu entnehmen, dass sämtliche Aufwendungen, die durch die Inanspruchnahme von Behörden, Gerichte o.ä. entstehen, nunmehr als zwangsläufig zu betrachten sind und damit außergewöhnliche Belastungen sind.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen, da die Frage zu klären ist, ob aufgrund des Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Mai 2011 nunmehr sämtliche Kosten von Verfahren, bei denen einen Gericht zu beteiligen ist, außergewöhnliche Belastungen sind.

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1 S. 1, EStG § 9 Abs. 1 S. 2, EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 33 Abs. 1, EStG § 33 Abs. 2, BGB § 749, BGB § 752, BGB § 753

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