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  • 28.04.2016 · IWW-Abrufnummer 185533

    Landgericht Potsdam: Urteil vom 05.08.2015 – 6 S 3/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    6 S 3/15
    34 C 78/14 Amtsgericht Potsdam

    Verkündet am 05.08.2015

    Landgericht Potsdam

    Im Namen des Volkes
    Urteil

    In dem Berufungsverfahren
    pp.

    hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam
    auf die mündliche Verhandlung vom 15.07.2015
    durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …, die Richterin am Landgericht … und den Richter …
    für  Recht erkannt:

    1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 17.12.2014 (Aktenzeichen 34 C 78/14) wird zurückgewiesen.

    2. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

    3. Das angefochtene Urteil ist vorläufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.

    4. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Von der Abfassung eines Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen, weil gegen das Urteil unzweifelhaft kein Rechtsmittel zulässig ist. Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen und die erforderliche Beschwer gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO liegt nicht vor. Stattdessen wird auf den Inhalt der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
    Der Beklagte hat – neben der Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags – in der Berufungsinstanz erstmals vorgetragen, die Klägerin habe bei der Gothaer Krankenversicherung AG (i.F. „Gothaer“) gar kein Umstellungsangebot für den Beklagten angefordert. Er ist zudem der Ansicht, die Dienstleistungsvereinbarung vom 21.11.2011 sei unwirksam, weil die Klägerin als Versicherungsberaterin keine Erfolgshonorare vereinbaren könne. Jedenfalls verstoße die Vergütungsvereinbarung gegen §§ 305 ff. BGB.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    II.

    1.

    Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene und begründete Berufung ist unbegründet.
    Das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 17.12.2014 beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.052,05 aus der Dienstleistungsvereinbarung vom 21.11.2011, einen Anspruch auf Ersatz ihrer Mahnkosten von EUR 10,00, ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von EUR 269,00 sowie Ansprüche auf Verzugszinsen.

    a.
    Die Dienstleistungsvereinbarung vom 21.11.2011 ist nicht nach § 4 Abs. 2 S. 2 RDGEG i.V.m. § 4a Abs. 1 RVG unwirksam.
    Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin Versicherungsberaterin oder Versicherungsmaklerin ist. In beiden Fällen findet § 4 Abs. 2 RDGEG keine Anwendung, weil es sich bei der Klägerin nicht um eine registrierte Erlaubnisinhaberin im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 RDGEG handelt. Zu den „registrierten Erlaubnisinhabern“ gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 RDGEG zählen nach § 3 Abs. 2 RDG nur solche Personen, die sich nach § 1 Abs. 1 S. 2 RDGEG i.V.m. gemäß § 13 RDG im Rechtsdienstleistungsregister registrieren lassen haben (Seichter in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Auflage 2015, § 4 RDGEG Rn. 4). Nach § 2 RDGEG können aber Versicherungsberater keine Erlaubnis nach dem RDG, sondern nur nach § 34e Abs. 1 GewO beantragen. Auch Versicherungsmakler werden nicht gemäß § 13 RDG im Rechtsdienstleistungsregister, sondern nach § 34d Abs. 1 S. 4 GewO im Versicherungsvermittlerregister registriert. Damit zählen weder Versicherungsberater (vgl. LG München, Urteil vom 19.09.2014 – 41 O 2962/14; a.A. LG Hamburg, Urteil vom 22.03.2013 - 315 O 76/12, VersR 2013, 1224) noch Versicherungsmakler zu den „registrierten Erlaubnisinhabern“ im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 RDGEG (so ausdrücklich Seichter, a.a.O.).

    Davon abgesehen würde ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 S. 2 RDGEG i.V.m. § 4a Abs. 1 RVG nicht zur Unwirksamkeit einer erfolgsabhängigen Vergütungsvereinbarung, sondern nur dazu führen, dass der registrierte Erlaubnisinhaber gemäß § 4b RVG eine höhere als die gesetzliche Vergütung nicht fordern kann (vgl. BGH NJW 2014, 2653, 2654 für den gleichlautenden § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO).

    b.
    Die Vergütungsvereinbarung ist auch nicht gemäß §§ 305 ff. BGB unwirksam.

    Selbst wenn es sich hierbei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handeln würde, unterläge sie schon nicht der Inhaltskontrolle, weil sie die Vergütung für die Hauptleistung der Klägerin unmittelbar regelt (vgl. nur BGH NJW 2010, 2789). Eine erfolgsabhängige Vergütung wäre auch nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB. Ferner wäre die Vergütungsvereinbarung nicht wegen einer zu langen „Bindungsfrist“ unwirksam. Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 1 BGB ist nicht ersichtlich. Selbst wenn man die Vergütungsvereinbarung so verstehen wollte, dass die Klägerin über einen Zeitraum von 24 Monaten tätig werden soll, wäre die zeitliche Grenze des § 309 Nr. 9a) BGB nicht überschritten. Zudem ergibt sich für den Beklagten keine laufende Zahlungsverpflichtung, sondern lediglich im Fall der Realisierung der von der Klägerin recherchierten Einsparmöglichkeit durch Tarifumstellung. Darin liegt keine unangemessene Benachteiligung des Beklagten.

    c.
    Die Klägerin hat die vereinbarte Vergütung auch verdient, weil der Beklagte eine von der Klägerin recherchierte Einsparmöglichkeit in Anspruch genommen hat.

    1)
    Der Provisionsanspruch setzt – wie beim Vermittlungsmakler gemäß § 652 Abs. 1 BGB – voraus, dass der vermittelte und der abgeschlossene Vertrag im Wesentlichen identisch sind, mithin der abgeschlossene Vertrag bei umfassender Würdigung der konkreten Umstände den identischen wirtschaftlichen Erfolg erzielt wie der beabsichtigte Vertrag (vgl. nur BGH NJW 2008, 651). Vorliegend sind die von der Klägerin empfohlenen und die schließlich vom Beklagten vereinbarten Tarife im Wesentlichen identisch. Der Beklagte hat mit der Vertragsanpassung auf die Bausteine Medi Vita 500 sowie Medi Vita Z 90 überwiegend diejenigen Bausteine gewählt, die in der Empfehlung der Klägerin genannt waren. Auch die jährliche Selbstbeteiligung von EUR 500,00 entspricht dem von der Klägerin vorgeschlagenen Tarif 2. Bereits damit waren der von der Klägerin empfohlene und der schließlich vom Beklagten abgeschlossene Tarif nach Ansicht der Kammer im Wesentlichen gleich, so dass es nicht mehr darauf ankommt, ob auch die Bausteine SE2 und SEK den von der Klägerin empfohlenen Bausteinen SE2 V und SEK V entsprechen.

    Soweit der Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals behauptet, nicht die Klägerin, sondern nur die Albatros – eine Gesellschaft seines Arbeitgeber – habe bei der Gothaer ein Umstellungsangebot für ihn angefordert, ist bereits zweifelhaft , ob dieser neue Vortrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen ist. Letztlich kann die Entscheidung hierüber dahinstehen. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass der neuerliche Vortrag des Beklagten mit seinem bisherigen Vorbringen nicht in Einklang steht: Noch mit der Berufungsbegründung hat der Beklagte ein Schreiben der Gothaer vom 19.11.2014 eingereicht, mit dem diese bestätigt, dass ihre Unterlagen der Klägerin zur Verfügung standen. Aber selbst wenn der dem widersprechende neue Vortrag des Beklagten zutreffen sollte und die Klägerin tatsächlich kein Umstellungsangebot bei der Gothaer angefordert hätte, wäre der Vergütungsanspruch gleichwohl entstanden. Nach der Dienstleistungsvereinbarung war die Klägerin zur Recherche von Einsparmöglichkeiten bei der bestehenden Versicherungsgesellschaft, nicht aber zur Einholung eines Umstellungsangebots verpflichtet. Die Vergütung ist daher bereits verdient, wenn der Kunde eine von der Beklagten recherchierte Einsparmöglichkeit realisiert.
    Aus diesem Grund stünde es dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, wenn der Beklagte die der E-Mail der Klägerin vom 09.12.2011 beigefügte ausführliche Leistungsübersicht der recherchierten Tarife nicht hätte öffnen können. Abgesehen davon, dass der Beklagte mit der Klägerin – wie von dieser ausdrücklich angeboten (vgl. Anlage K 3) – hätte Kontakt aufnehmen und die Leistungsübersicht im Rahmen seiner vertraglichen Ansprüche hätte nachfordern können, hat der Beklagte das Ergebnis der Recherchetätigkeit unstreitig erhalten.

    2)
    Die Recherchetätigkeit der Klägerin war (zumindest mit-) ursächlich für die Tarifumstellung des Klägers. Der Beklagte hat keine Umstände vorgetragen, die den ersten Anschein der Ursächlichkeit erschüttern.

    Der Vergütungsanspruch setzt voraus, dass die Tätigkeit des Vermittlers für die Vertragsumstellung mitursächlich geworden ist. Die Vertragsumstellung muss sich somit zumindest auch als Ergebnis der Tätigkeit des Vermittlers darstellen (vgl. zu § 652 BGB nur BGH NJW-RR 1999, 1256; OLG Nürnberg NJW-RR 2012, 116). Dabei spricht der Beweis des erstens Anscheins für eine (Mit-)Ursächlichkeit der Vermittlungstätigkeit für die spätere Vertragsumstellung, wenn die Umstellung in angemessener Zeit nach Vermittlungstätigkeit erfolgt. Diesen Anscheinsbeweis zu erschüttern, oberliegt dem Vertragspartner des Vermittlers. Weist er Umstände nach, die ausnahmsweise für ein Fehlen der Kausalität sprechen, trifft wiederum den Vermittler die volle Beweislast (vgl. zu § 652 BGB: BGH NJW 2008, 651; BGH NJW 2006, 3062; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1999, 1502, 1503; Palandt/Sprau, BGB, 73. Auflage 2014, § 652 Rn. 55).

    Von diesen Grundsätzen ausgehend steht zur Überzeugung der Kammer im vorliegenden Fall fest, dass die Übermittlung des Rechercheergebnisses der Klägerin (mit-)ursächlich für die vom Beklagten vorgenommene Vertragsumstellung war. Der Beklagte hat seinen Krankenversicherungsvertrag bei der Gothaer zum 01.02.2012, also nur 2 Monate nach dem Zugang der klägerischen E-Mail vom 09.12.2011, und damit in angemessener Zeit umgestellt. Damit spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Ursächlichkeit der Recherchetätigkeit der Klägerin. Diesen Anscheinsbeweis hat der Beklagten nicht zu entkräften vermocht.

    Er hat keine Umstände vorgetragen und nachgewiesen, die die Ursächlichkeit in Zweifel ziehen können. Vielmehr hat er in seiner Berufung behauptet, er habe im Februar 2012 durch einen Mitarbeiter der Gothaer erfahren, dass die von der Klägerin recherchierten Tarife keinen Wagnisausgleich, dafür aber deutliche Leistungseinschränkungen beinhalten würden. Dies zeigt, dass der Beklagte mit dem Mitarbeiter der Gothaer über die von der Klägerin recherchierten Tarife gesprochen hat. Demgegenüber wäre der Kausalzusammenhang jedoch nur unterbrochen worden, wenn es sich um einen völlig neuen, von der Recherchetätigkeit der Klägerin unabhängigen Kontakt gehandelt hätte. Hat der Beklagte, wie er angegeben hat, mit der Gothaer über die von der Klägerin recherchierten Tarife gesprochen, handelt es sich nicht um einen von der Tätigkeit der Klägerin unabhängigen Kontakt.

    Schließlich würde die Kausalität auch dann nicht entfallen, wenn der Beklagte – wie in der Berufung erstmals behauptet – mit der Albatros eine weitere Gesellschaft mit der Recherche von Einsparmöglichkeiten (und ggfs. dem Einholen eines Umstellungsangebotes) beauftragt hätte. Wie sich der Beklagte der Vergütungspflicht nicht durch eine Kündigung entziehen kann (dazu nachfolgend), entfällt seine Vergütungspflicht nicht durch die Einschaltung eines zweiten Beraters, der dem Beklagten im Wesentlichen die bereits von der Klägerin recherchierten Umstellungsmöglichkeiten aufzeigt (vgl. zu § 652 BGB BGH DB 1976, 2459: die Mitwirkung mehrerer Makler schließt den vollen Provisionsanspruch des Einzelnen nicht aus). Bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung wäre auch in diesem Fall die Recherche der Klägerin noch mitursächlich, weil ihre Ergebnisse durch die zweite Recherche im Wesentlichen bestätigt wurden.

    d.
    Der klägerische Anspruch ist auch nicht durch eine vom Beklagten erklärte Kündigung der Dienstleistungsvereinbarung entfallen.
    Zwar dürfte im seitens des Beklagten im Schreiben vom 14.02.2012 erklärten Entzugs der Vollmacht nach §§ 133, 157 BGB zugleich die Kündigung der Dienstleistungsvereinbarung zu sehen sein. Allerdings lässt auch eine Kündigung den Vergütungsanspruch nicht entfallen, weil die Klägerin ihre Leistungen bereits erbracht hatte. Dass die Leistungserbringung der Klägerin erst nach der Kündigung zum im Vertrag vorausgesetzten Erfolg (hier: Realisierung von Einsparungen) führt, steht der Vergütungspflicht nicht entgegen (vgl. zu § 652 BGB schon BGH NJW 1965, 964).

    Im Übrigen stand dem Beklagten kein Kündigungsrecht gemäß § 626 Abs. 1 BGB zu. Selbst wenn man das dem Beklagten mit E-Mail vom 09.12.2011 zugesandte Rechercheergebnis als Schlechtleistung ansehen wollte, war ihm unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht unzumutbar. Vielmehr hätte er die Klägerin vor Kündigung darauf hinweisen müssen, dass er die Anlagen der E-Mail nicht öffnen konnte und die recherchierten Tarife wegen fehlende Berücksichtigung von Wagnisausgleich für ihn nicht vergleichbar sind.

    e.
    Der Anspruch auf Verzugszinsen für den Vergütungsanspruch seit dem 04.10.2013 ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB, der Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten sowie der Mahnkosten von EUR 10,00 aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Der Anspruch auf Verzinsung der Verzugsschäden ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

    2.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    3.

    Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Das Berufungsurteil beruht im Kern auf einer rechtlichen Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Die Kammer weicht nicht von obergerichtlicher Rechtsprechung ab.

    RechtsgebietErfolgshonorarVorschriften§ 4 RDGEG