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  • 02.01.2008 | Lohnpfändung

    Bevorrechtigte Vollstreckung während der Insolvenz gilt nur für Neugläubiger

    Die Vollstreckung in die erweitert pfändbaren Bezüge des Schuldners ist nur Neugläubigern von Unterhalts- und Deliktsansprüchen, nicht aber Unterhalts- und Deliktsgläubigern gestattet, die am Insolvenz-verfahren teilnehmen. Das Insolvenzgericht ist gemäß § 89 Abs. 3 InsO zur Entscheidung über Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung berufen, gleich ob die beantragte Maßnahme angeordnet oder ihr Erlass abgelehnt wurde. Auf eine Verletzung der Zuständigkeitsregelung kann die Rechtsbeschwerde nicht gestützt werden (BGH 27.9.07, IX ZB 16/06, Abruf-Nr. 073624).

     

    Sachverhalt

    Mit Beschluss vom 11.10.02 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Die Gläubigerin ist Inhaberin eines vor Insolvenzeröffnung gegen den Schuldner erwirkten Zahlungstitels. Nach ihrer Darstellung liegt der Forderung eine vorsätzlich unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde. Die Gläubigerin erteilte der zuständigen Gerichtsvollzieherin einen kombinierten Vollstreckungsauftrag. Die Gerichtsvollzieherin teilte der Gläubigerin mit, dass das Vollstreckungsverfahren wegen des laufenden Insolvenzverfahrens eingestellt werde. Die von der Gläubigerin gegen die Weigerung der Gerichtsvollzieherin, den Vollstreckungsauftrag zu erledigen, eingelegte Erinnerung hat das AG – Vollstreckungsgericht – zurückgewiesen. Die dagegen von der Gläubigerin erhobene sofortige Beschwerde hat das LG zurückgewiesen. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihr Begehren weiter. Der BGH wies die Beschwerde als unbegründet zurück.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH stellt zunächst klar, dass wegen der größeren Sachnähe anstelle des Vollstreckungsgerichts das Insolvenzgericht zur Entscheidung über die eingelegte Erinnerung berufen ist (§ 89 Abs. 3 InsO; BT-Drucksache 12/2443 S. 137 f. zu § 100 RegE zur InsO). Das Insolvenzgericht ist nicht nur zuständig, falls nach einer tatsächlich durchgeführten Zwangsvollstreckung mit einem Rechtsbehelf Verstöße gegen § 89 Abs. 1und 2 InsO gerügt werden (MüKo/Breuer, InsO, 2. Aufl., § 89 Rn. 38; Nerlich/Römermann/Wittkowski, InsO, § 89 Rn. 30; App, NZI 99, 138). Es ist auch zuständig, wenn die Vollstreckungsorgane – wie vorliegend – unter Berufung auf § 89 Abs. 1und 2 InsO den Erlass der beantragten Vollstreckungsmaßnahme ablehnen. Denn die Verweigerung einer Vollstreckungsmaßnahme kann als sog. actus contrarius nicht anders als ihre Anordnung behandelt werden (Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 89 Rn. 34). Weiterhin stellt der BGH klar, dass auf die Unzuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts die Rechtsbeschwerde nicht gestützt werden kann (§ 576 Abs. 2 ZPO). Dem BGH ist auch die Prüfung entzogen, ob das erstinstanzliche Gericht funktionell zuständig war (BGH FamRZ 03, 1273; 4.7.07, VII ZB 6/05, Abruf-Nr. 072530).  

     

    Des Weiteren klärt der BGH, dass das Vollstreckungsprivileg des § 89 Abs. 2 S. 2 InsO nur für Neugläubiger gilt: