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  • 06.09.2011 · IWW-Abrufnummer 113002

    Landessozialgericht Saarland: Urteil vom 25.05.2011 – L 2 U 30/10

    1. Zu Art und Umfang der freiwilligen Unfallversicherung ehrenamtlich Tätiger im Sinne von § 6 Abs 1 Nr. 3 SGB VII.





    2. Ein Vorstandsmitglied eines Sportvereins (hier: Geschäftsführerin) erleidet ein Arbeitsunfall, wenn es sich bei einer Vereinsveranstaltung, an der es in Ausübung ihrer Vorstandstätigkeit quasi als Leiter teilgenommen hat, verletzt (hier: bei einer Wanderung) .


    LSG Saarbrücken Urteil vom 25.5.2011

    L 2 U 30/10

    Tenor

    Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 13.9.2010 sowie der Bescheid vom 26.8.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2010 aufgehoben.

    Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 26.6.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

    Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Wanderunfall der Klägerin am 26.6.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

    Die Klägerin, die mit ihrem Ehemann eine Versicherungsagentur betreibt, ist als Geschäftsführerin Vorstandsmitglied beim Sport und Kulturverein (SKV) Versicherungen G. e.V. (künftig: Verein). Der Verein ist Mitglied im Saarländischen Betriebssportverband und im Saarländischen Fußballverband. Satzungsmäßig gibt es im Verein neben der Geschäftsführerin als weitere Vorstandsmitglieder zwei Vorsitzende und - im erweiterten Vorstand - vier Abteilungsleiter. Der Vorstand führt den Verein ehrenamtlich, die Mitglieder des Vorstands werden nach der Satzung auf die Dauer von vier Jahren gewählt. Die Abteilungsleiter sind automatisch Mitglieder des Vorstands; sie vertreten diesen in den Abteilungen. Der Verein besteht aus verschiedenen Sparten wie Fußball, Wandern, Kultur, Spielgemeinschaft, Tischtennis, Nordic-Walking und Schützen. Der Verein hat für die Klägerin die freiwillige Unfallversicherung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII abgeschlossen.

    Für die Wandergruppe, deren Abteilungsleiter der Zeuge J. St. ist und die mindestens zweimal jährlich Wanderwochenenden für die Vereinsmitglieder anbietet, organisierte die Klägerin vom 26.6. bis 28.6.2009 eine Wochenendwanderung in Le Hohwald im Elsass. An dieser Wandertour nahmen außer der Klägerin und ihrem Ehemann, dem ersten Vorsitzenden des Vereins, weitere fünf Personen teil, unter anderem der Zeuge St.. Am Anreisetag gegen 15:00 Uhr stürzte die Klägerin im Verlauf der ersten Rundwanderung an einer glatten Stelle und zog sich einen komplizierten Splitterbruch (dislozierte distale Radiusfraktur links mit Medianus-Kompression) im Handgelenk zu.

    Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 26.8.2009 einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen wegen dieses Unfalls ab. Nach der Schilderung des Ehemanns habe es keine klare Verteilung der Vorstandsaufgaben auf die einzelnen Vorstandsmitglieder gegeben. Versichert seien bei Ehrenämtern nur solche Tätigkeiten, die in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Ehrenamt stünden. Hierzu gehörten bei Geschäftsführern oder sonstigen Vorstandsmitgliedern eines Vereins regelmäßig die Planung und Durchführung von Vorstandssitzungen, die Erledigung des Schriftverkehrs, Geschäftsabschlüsse, die Ehrung von Vereinsmitgliedern, die Herausgabe von Pressemeldungen oder die Planung und Organisation von öffentlichen Veranstaltungen. Tätigkeiten, die nicht dem Aufgaben- und Pflichtenkreis des Ehrenamtsträgers zuzuordnen seien bzw. alleine wesentlich privaten Interessen des Amtsträgers dienten, z.B. die schlichte Teilnahme am Vereinsleben, stünden als eigenwirtschaftliche Tätigkeit nicht in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Ehrenamt. Der Unfall sei bei der Teilnahme an einer Wanderung der Wandergruppe des Vereins geschehen, somit bei der normalen Teilnahme am Vereinsleben. Es handele sich um eine Tätigkeit, die alleine wesentlich dem eigenen Vergnügen und Interesse diene und nicht dem Aufgaben- und Pflichtenkreis als Geschäftsführerin zugeordnet werden könne.

    Im Widerspruchverfahren machte die Klägerin geltend, wenn die Ansicht der Beklagten zuträfe, könne ein Geschäftsführer lediglich alles organisieren und disponieren, vor Ort dürfe er die Organisation nicht übernehmen, weil dies dem privaten Interesse diene. Die Organisation von Fahrten, die Versorgung, die Unterkunft, das Material und Begleichung von Rechnungen seien Dinge, die nur vor Ort und mit Anwesenheit des mit der Organisation Betrauten erledigt werden könnten. Sie habe sich für die Wanderung im Elsass um die Zimmer, die Übernachtung, die Wanderstrecke, die Anfahrt, das Programm vor Ort, die Verpflegung und die Rückfahrt gekümmert.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Argumentation zurück. Den Unfall habe die Klägerin bei Ausübung des Hobbys Wandern während einer wesentlich der Erholung und dem Vergnügen dienenden dreitägigen Wandertour des Vereins erlitten.

    Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgebracht, dass die Wanderabteilung die jährlichen Wanderrouten jeweils festlege, der Abteilungsleiter den Vorstand bitte, die Möglichkeiten der Geschäftsstelle mit ihr als Geschäftsführerin in Anspruch nehmen zu dürfen. Diesem werde in der Regel entsprochen. Sie als Geschäftsführerin kümmere sich dann um Unterkunft, Wanderziel, Ort der Wanderung, Sehenswürdigkeiten, das Kartenmaterial, die Routen zu den Zielen. Sie tue dies auch für die anderen Abteilungen Kultur oder Fußball. Sie sei auch verantwortliche Reiseleiterin vor Ort und betreue dort die Gruppen, was ähnlich auch in anderen Vereinen der Fall sei.

    Die Beklagte hat dagegen ausgeführt, der Beitragssatz für Träger von Ehrenämtern belaufe sich derzeit auf 2,73 EUR pro Jahr. Bei Unfällen im Rahmen einer Vereinsveranstaltung müsse stets geprüft werden, ob die Tätigkeit die schlichte Teilnahme am Vereinsleben gewesen sei, ansonsten würde das versicherte Risiko nicht mehr in angemessenem Verhältnis zum geringen Beitragssatz stehen. Der Unfall sei nicht im Rahmen organisatorischer Vor- bzw. Nachbereitung der Wandertouren geschehen, sondern während der Wanderung. Dies sei ein Hobby der Klägerin und die restlichen Teilnehmer hätten die Wanderung auch ohne die Klägerin fortsetzen können, nachdem sie vorzeitig die Heimreise habe antreten müssen.

    Mit Urteil vom 13.9.2010 hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) die Klage abgewiesen. Es ist im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten gefolgt. Es werde nicht verkannt, dass sich in einem Verein in den verschiedenen Abteilungen häufiger Wechsel ergäben und Vakanzen aufträten, bisweilen jeder alles tue und eine Geschäftsführerin Mädchen für alles sei. Die Grenze sei dort zu ziehen, wo es nicht mehr um den Kernbereich der Amtspflichten im Rahmen des versicherten Ehrenamts gehe, sondern bei objektiver Betrachtung die schlichte Teilnahme am Vereinsleben als aktives Vereinsmitglied im Vordergrund stehe. Die Klägerin sei in ihrem Verein mit großem Aufwand sehr engagiert und Privatleben, Beruf und Vereinstätigkeit hätten sich als Einheit ausgebildet. In Anbetracht der konkreten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt seien keine Unterschiede im Vergleich zu den von den anderen Mitgliedern der Wandergruppe geleisteten Tätigkeiten des Wanderns zu erkennen. Ein wesentlicher innerer Zusammenhang mit dem Ehrenamt könne daher nicht hergestellt werden. Nicht alle Tätigkeiten eines freiwillig versicherten ehrenamtlichen Geschäftsführers eines Vereins als Organisator einer Wandertour stünden unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung; das Wandern gehöre nicht hierzu.

    Die Klägerin hat gegen das am 6.10.2010 zugestellte Urteil am 7.10.2010 Berufung eingelegt.

    Sie wiederholt und vertieft ihre Argumentation und führt zudem aus, sie habe bei der Wanderung auch notwendige Unterlagen dabei gehabt wie die Kasse und habe für Proviant gesorgt. Sie sei für die Route und die Unterkunft verantwortlich gewesen.

    Die Klägerin beantragt,

    das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 13.9.2010 sowie den Bescheid vom 26.8.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.2.2010 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 26.6.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen,

    hilfsweise:

    1. die Kassenberichte des Vereins zum Unfalljahr 2009 und zu 2008 beizuziehen, weil sich daraus ergeben wird, dass die Ausflüge der Wandergruppe nicht über den Verein abgerechnet werden,

    2. die Kassenberichte der „Wander“-Abteilung zum Unfalljahr 2009 und zu 2008 beizuziehen, weil sich daraus ergeben wird, dass weder die Ausflüge der Wandergruppe noch die Vorbereitungen dazu über die Abteilung abgerechnet werden,

    3. die Abrechnungen vorhergehender Wanderungen beizuziehen, weil sich daraus ergeben wird, dass die Ausflüge der Wandergruppe nicht über den Verein abgerechnet werden,

    4. Frau Sch.-G. im Hinblick auf die unterschiedlichen Angaben der Klägerin und des Wanderwarts Herrn St. als Zeugin zu hören zu der Frage, ob bzw. welche Kasse nach dem Unfall von einer anderen (welchen?) Person übernommen wurde.

    Auch sie wiederholt und vertieft ihre Argumentation.

    Der Berichterstatter des Senats hat im Erörterungstermin vom 14.3.2011 die Klägerin informatorisch befragt und den Leiter der Abteilung Wandern J. St. als Zeugen vernommen. Eine weitere Befragung der Klägerin durch den Senat ist in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Wegen des Ergebnisses der Befragung und der Vernehmung wird auf die Sitzungsprotokolle vom 14.3.2011 und 25.5.2011 verwiesen.

    Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung der Klägerin hat Erfolg, denn das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat nämlich in ihrer Funktion als Vorstandsmitglied des Vereins am 26.6.2009 einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten.

    Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

    Die Klägerin gehört nach dem Abschluss einer freiwilligen Versicherung zum Kreis der gesetzlich Unfallversicherten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII. Gewählte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen haben seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des unfallversicherungsrechtlichen Schutzes bürgerschaftlich Engagierter und weiterer Personen vom 9.12.2004 (BGBl. I S. 3299) die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung, wenn es sich um ein in der Satzung der Organisation vorgesehenes Amt handelt. Insbesondere ist diese Möglichkeit für gewählte Vorstände oder Vorsitzende von Sportvereinen von Bedeutung (Jochem Schmitt, SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, 4. Auflage 2009, § 6 Rn. 14; Lauterbach-Schwerdtfeger, Unfallversicherung, 4. Auflage, § 6 Rn. 13). Hierbei müssen die gewählten Ehrenamtsträger ein offizielles satzungsmäßiges Amt bekleiden (Kasseler Kommentar-Ricke, Sozialversicherungsrecht, SGB VII, § 6 Rn. 6.).

    Diese persönlichen Voraussetzungen hat die Klägerin als gewählte Geschäftsführerin eines Sportvereins und damit satzungsmäßiges Vorstandsmitglied (§ 9 Abs. 1 der Vereinssatzung) erfüllt.

    Zudem ist für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (st. Rechtsprechung; vgl. nur BSG, Urteil vom 18.3.2008, B 2 U 2/07 R mwN.) . Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG aaO. mwN.). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (BSG aaO. mwN.). Der Betroffene muss den Willen haben, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem unfallversicherten Verhältnis, hier der ehrenamtlichen Tätigkeit als Geschäftsführerin, zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern (BSG, Urteil vom 9.11.2010, B 2 U 14/10 R).

    Für den Bereich der ehrenamtlichen Tätigkeit sind außerdem Besonderheiten zu beachten, wie sie die Rechtsprechung für den Bereich des Unfallversicherungsschutzes ehrenamtlich Tätiger im Rahmen von § 2 Abs. 1 Nr. 10a und 10b SGB VII, also für Tätigkeiten für öffentlich-rechtliche Körperschaften und Religionsgemeinschaften, entwickelt hat. Die ehrenamtliche, somit unentgeltliche, Tätigkeit muss in einem bestimmten umgrenzten, institutionell geordneten Wirkungskreis ausgeübt werden, wobei ein verantwortlich wahrzunehmender Pflichtenbereich hinzukommen muss (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.2.2004, L 3 U 111/03 mwN.). Für den Bereich des Vereinslebens bedeutet dies, dass sich die Tätigkeit im Rahmen des Aufgabenbereichs des Vorstandsmitglieds halten muss. Vorausgesetzt wird, dass ein bestimmter, qualifizierter Aufgaben- und organisatorischer Verantwortungsbereich der Vereinigung gegeben ist, innerhalb dessen die ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt werden muss (BSG, Urteil vom 10.10.2002, B 2 U 14/02 R). Dabei muss die Maßnahme für die Vereinigung insgesamt bedeutsam sein (BSG aaO). Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich muss nicht durch Satzungsrecht oder durch sonstige organisatorische Vorkehrungen als eine in ehrenamtlicher Funktion auszuübende Tätigkeit ausgewiesen sein (Butzer, Festschrift für Scharf, Wider den Ratschlag: Willst du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt Dir geben!, Der Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10a, Nr. 10 b SGB VII für ehrenamtliches Engagement, S. 119 ff., 132). Das Vorliegen einer ehrenamtsfähigen Aufgabe genügt alleine nicht, um den Unfallversicherungsschutz auszulösen. Vielmehr muss auch mit ehrenamtlicher Handlungstendenz gehandelt werden (Butzer aaO. S. 135). Der Handelnde muss mit der Zielrichtung tätig werden, ehrenamtlich zu handeln. Tätigkeiten in einem inneren Zusammenhang mit dem Ehrenamt sind solche, die die Wahrnehmung des Ehrenamts zwangsläufig mit sich bringt, sowie solche, zu denen das Ehrenamt den Handelnden zumindest in vernünftigen Grenzen veranlasst (Butzer aaO. S. 136). Die Teilnahme an einer geselligen Veranstaltung der eigentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit wie bei Festen reicht in der Regel nicht aus; anderes gilt aber, wenn die gesellige Tätigkeit zum Aufgabenkreis eines Ehrenamtlichen gehört (BSG, Urteil vom 18.3.1997, 2 RU 22/96, Butzer aaO.).

    Dies zu Grunde legend ist im konkreten Fall Versicherungsschutz für die Klägerin zu bejahen. Ihr Unfall hat sich nämlich bei ihrer versicherten ehrenamtlichen Tätigkeit geeignet.

    Die Auswertung der Beweisaufnahme ergibt, dass die Klägerin als Geschäftsführerin des Vereins in dieser Funktion nicht nur die äußere Organisation der Wochenendveranstaltung im Elsass durchgeführt, sondern auch entsprechende Leitungsaufgaben während der Wanderung übernommen hat. Sowohl nach den Angaben der Klägerin wie auch des Zeugen St. waren die Aufgaben im Vorstand so verteilt, dass der Zeuge St. als Abteilungsleiter der Abteilung Wandern verschiedene abteilungsinterne Aufgaben hatte, die Sonderveranstaltungen in Form von zwei bis dreimal jährlichen Wandertouren an Wochenenden aber nicht organisiert hat. Nicht im Streit ist zwischen den Beteiligten, dass die Klägerin als Geschäftsführerin für den Verein dafür verantwortlich war, dass bei Sonderveranstaltungen die Buchung der Unterkünfte, Festlegung des Programms, Durchführung der finanziellen Angelegenheiten im Rahmen der Planung und vor Ort funktionieren und Einladungen verschickt werden. Die Klägerin macht dies eigenem Vortrag zu Folge gerne und verfügt wegen ihrer beruflichen Tätigkeit auch über die entsprechende kommunikative Infrastruktur sowie ein eigenes Vereinsbüro. Der Zeuge St. war eher für die administrativen Aufgaben der Wanderabteilung des Vereins zuständig wie Einberufung von Sitzungen, Kontrolle der Beitragszahlungen, Versammlungen usw. Nach den Angaben beider hatte man gemeinsam nur das Ziel der Wandertouren abgesprochen, ab dann hatte der Zeuge St. keine Aufgaben mehr, sondern dies führte die Klägerin als Geschäftsführerin alleine verantwortlich durch. Der Zeuge St. hat demgemäß bekundet, bei der Wanderung habe er sich als normaler Teilnehmer quasi wie im Urlaub, nicht aber als Abteilungsleiter dieser Sparte gefühlt.

    Die Beweisaufnahme hat weiter ergeben, dass die ehrenamtliche Tätigkeit der Klägerin sich nicht nur auf die äußere Organisation dieses Wochenendes beschränkt hatte. Auch bei der Wanderung am Unfalltag hatte sie eine besondere Funktion inne, was sich dadurch zeigte, dass sie Essen und Proviant für die Mitglieder organisiert und mitgebracht hatte, das Kartenmaterial bei sich führte und sie dafür sorgte, dass bei einem Einkehren in Gaststätten als Zuschuss Geld des Vereins zur Verfügung stand, um die Verköstigung der Teilnehmer zu bezahlen. Bezeichnend ist auch, dass sie es war, die für Notfälle eine Erste-Hilfe-Ausrüstung dabei hatte. All dies zeigt, dass die Klägerin nicht etwa, wie die Beklagte meint, normale Vereinsteilnehmerin der Wanderung war oder sich als normale Teilnehmerin der Veranstaltung gesehen hatte, sondern sie als Verantwortliche des Vereins für diese Veranstaltung fungierte und tätig werden wollte, was bei ihr als Vorstandsmitglied und damit Vereinsvertreterin auch nahelag. Der nach der Rechtsprechung des BSG geforderte Willen, im Rahmen ihrer Vorstandsarbeit auch die Wandergruppe während der Wanderung zu betreuen und damit Vorstandsaufgaben wahrzunehmen, hat bei ihr vorgelegen. Damit hat sie sich abgrenzbar von den anderen Teilnehmern des Wanderwochenendes unterschieden und als ehrenamtlich Tätige in ihrer Funktion und im Interesse des Vereins als Leiterin der Wanderung hieran teilgenommen. Belegt wird dies auch dadurch, dass ihr vom Verein für diese Tour Fahrtkostenerstattung gewährt wurde (Abrechnung vom 7.7.2009). Ihre Handlungstendenz war geprägt durch diese Leitungsfunktion, während das Wandern an sich einen für die Klägerin positiven Nebeneffekt bedeutete. Die Frage einer gespaltenen Handlungstendenz bzw. einer gemischten Motivationslage stellt sich daher nicht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9.11.2010, B 2 U 14/10 R). Die Klägerin hat damit während der Wanderung unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.

    Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass nach außen der Abteilungsleiter dieser Sparte nicht die Klägerin war. Einen konkreten Geschäftsverteilungsplan gab es im Vorstand nicht; auch in der Satzung sind keine konkreten Aufgaben der einzelnen Vorstandsmitglieder definiert. Es obliegt daher der Autonomie des Vereins, wie er die Aufgaben an die einzelnen Vorstandsmitglieder verteilt. Der Zeuge St. hat bekundet, dass schon zu dem Zeitpunkt, als er dem Verein beigetreten ist, die Klägerin im Vorstand des Vereins tätig war und sie die Organisation von Veranstaltungen, auch der Wanderabteilung, schon damals durchführte. Dieser Struktur hat er sich angepasst. Es ist unfallversicherungsrechtlich nicht schädlich, wenn innerhalb des Vorstands eines Vereins dem Geschäftsführer faktisch und im Einvernehmen des Vorstands auch die Organisation und Durchführung von Sonderveranstaltungen einer einzelnen Abteilung übertragen ist. Dass die Klägerin den organisatorischen Part auch von anderen Sonderveranstaltungen des Vereins übernommen hat, ist aktenkundig. Sie hatte – was wegen eines dortigen Unfalls in der Akte dokumentiert ist - im Jahr 2006 eine Reise für die Fußball-Abteilung des Vereins organisiert und insoweit betreut, als sie mit Übernachtungen mit einer Gruppe von Vereinsmitgliedern das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in München besucht hatte. Dies zeigt, dass die Klägerin im Rahmen der Vereinsarbeit nicht nur die Wanderung organisiert, sondern auch andere Themenreisen organisiert und betreut und sie dies als ihre Aufgabe in ihrer Funktion als Vorstandsmitglied und Geschäftsführerin verstanden hatte.

    Das Argument der Beklagten, lediglich administrative Aufgaben der Vorstandsmitglieder wie z.B. Teilnahme und Leitung von Vorstandssitzungen, Mitgliederversammlungen, Ehrungen von Vereinsmitgliedern u.ä. seien vom Versicherungsschutz des § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII erfasst, findet weder im Wortlaut des Gesetzes noch in der amtlichen Begründung einen Niederschlag. Vielmehr sollte jegliche ehrenamtliche Tätigkeit durch die Möglichkeit, Vorstandsmitglieder unfallversicherungsrechtlich zu schützen, besonders gefördert werden. Dem liefe es zuwider, wenn man zwar "ungefährliche" bürokratische Tätigkeiten unter Versicherungsschutz stellt, die verantwortliche Leitung von Vereinsveranstaltungen demgegenüber jedoch nicht. Die Auffassung des Senats wird ferner gestützt durch die im UVMG ab 5.11.2008 und somit schon vor dem Unfall der Klägerin eingeführte Erweiterung des Personenkreises auf beauftragte Träger von Ehrenämtern. Hiermit wollte der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung tragen, dass Vereinsmitglieder häufig auch außerhalb eines konkreten Amts in besonderer Weise Verantwortung übernehmen und den gewählten Vereinsvertretern vergleichbar sind (Bundestagsdrucksache 16/9154 S. 26). Gerade dies zeigt, dass allgemein die Übernahme von Verantwortung in einem Ehrenamt, insbesondere in einem Verein, sehr weitgehend geschützt werden sollte. Eine Einengung auf bestimmte Tätigkeiten ist gerade nicht gewollt.

    Auch mit dem Argument, der Jahresbeitrag belaufe sich derzeit auf 2,73 EUR pro Vorstandsmitglied und dies könne einen kompletten Unfallversicherungsschutz nicht abdecken, kann die Beklagte nicht gehört werden. Nicht der Beitrag bzw. die Beitragshöhe wird gesetzlich geregelt, sondern die Tatbestände, bei denen Unfallversicherungsschutz besteht. Hieraus müssen die Beiträge errechnet werden (§§ 152 ff. SGB VII, vgl. insb. § 154 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 155 Abs. 1 SGB VII). Es kann nicht sein, dass die Beklagte, falls sie die Beitragshöhe ungünstig kalkuliert hat, den Unfallversicherungsschutz an die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel anpasst.

    Auch die von der Beklagten hervorgehobene Tatsache, dass nach dem unfallbedingten Ausfall der Klägerin die Veranstaltung fortgesetzt werden konnte, ist kein Argument gegen die Rechtsauffassung des Senats. Nirgends ist geregelt, dass ein Versicherungsschutz nur dann besteht, wenn die vom ehrenamtlich Tätigen durchgeführte Vereinsarbeit derart gestaltet ist, dass ohne ihn diese Veranstaltung nicht durchgeführt werden kann. Eine Unersetzlichkeit des Vorstandsmitglieds für solche Tätigkeiten ist kein Tatbestandsmerkmal des Unfallversicherungsschutzes. In diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass die Klägerin nach ihrem Unfall die Verantwortung auf eine andere Person, die an der Wanderung teilgenommen hat, übertragen hat, so dass seitens des Vereins die Notwendigkeit erkannt wurde, einen verantwortlichen Gruppenleiter zu bestimmen. Nicht entscheidend ist, ob dies der Zeuge St. oder Frau Sch.-G. war. Die entsprechenden unterschiedlichen Angaben des Zeugen St. einerseits und der Klägerin andererseits im Erörterungstermin hat die Klägerin ohne Weiteres nachvollziehbar in der mündlichen Verhandlung damit erklärt, dass sie dies nicht mehr so genau in Erinnerung hatte.

    Den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen kann nicht entsprochen werden. Die Beiziehung der Kassenberichte ist nicht geboten, weil sich für das hier allein entscheidende Unfalljahr 2009 der Beleg der Fahrtkostenabrechnung des Vereins für die Klägerin in den Verwaltungsakten befand. Was im Jahre 2008 geschehen ist, kann diesbezüglich keine Bedeutung haben. Gleiches gilt für den Antrag, die Kassenberichte der Wandererabteilung hinzuzuziehen. Auch dies würde nichts daran ändern, dass die Fahrtkosten für die Klägerin bezahlt wurden und sie konkrete Funktionen für den Verein bei der Wanderung innehatte. Auch die Abrechnungen vorhergehender Wanderungen haben keinen Einfluss auf die Frage, in welcher Funktion die Klägerin an der Wanderung des Jahres 2009 teilgenommen hat. Die Frage, wer die Kasse nach dem Unfall der Klägerin erhalten hat, wurde bereits ohne den von der Beklagten gestellten vierten Hilfsantrag aufgeklärt.

    Im Hinblick auf die schlüssigen, nachvollziehbaren und glaubhaften Angaben der Klägerin, bestätigt durch den Zeugen St., der auch angegeben hatte, dass die Klägerin Geldbeträge des Vereins beispielsweise für eine Einkehr dabei hatte, ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt.

    Nach alldem liegt ein Arbeitsunfall vor.

    Die Berufung hat daher Erfolg.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

    Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zu, denn es gibt – soweit ersichtlich – keine höchstrichterliche Rechtsprechung zum Umfang des Versicherungsschutzes ehrenamtlich Tätiger im Rahmen von § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB VII.