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20.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188779

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 21.07.2016 – 5 Sa 412/15


Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 8. Juli 2015, Az. 11 Ca 3724/13, abgeändert und die Beklagte unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 10. September 2014 verurteilt, an die Klägerin € 14.475,48 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. August 2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.


3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 65 % und die Beklagte zu 35 % zu tragen. Von den Kosten zweiter Instanz hat die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen.


4. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über Differenzlohnansprüche der Klägerin wegen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts.



Die Beklagte stellt Schuhe her. Die am 11.01.1953 geborene Klägerin ist bei ihr seit 01.08.1994 als Produktionsmitarbeiterin beschäftigt. Die Beklagte zahlte bis 31.12.2012 den in der Produktion beschäftigten Frauen bei gleicher Tätigkeit einen geringeren Stundenlohn als den Männern. Die Klägerin erhielt seit 01.01.2002 einen Stundenlohn von € 8,45 und seit 01.01.2004 einen Stundenlohn von € 8,61. Demgegenüber belief sich der Stundenlohn der Männer, die mit der gleichen Arbeit wie die Klägerin betraut waren, seit 01.01.2002 auf € 9,56 und seit 01.01.2004 auf € 9,66. Ein diese Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund bestand unstreitig nicht. Auch die Anwesenheitsprämie (5 % des Bruttolohns) sowie das Weihnachtsgeld (Berechnungsformel: 172 Stunden x Stundengrundlohn x 40 %) und das Urlaubsgeld (Berechnungsformel: 28 Tage x Stundengrundlohn x 8 Stunden x 46,5 %) berechnete die Beklagte für die bei ihr beschäftigten Frauen bis zum 31.12.2012 auf der Grundlage der niedrigeren Stundenlöhne.



Die geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung von Frauen und Männern bei der Entlohnung (jedenfalls für die Zeit ab 01.01.2009) ist der Klägerin spätestens seit einer Betriebsversammlung, die im September 2012 stattfand, bekannt. Ob die Klägerin bereits seit einem früheren Zeitpunkt von dieser Ungleichbehandlung Kenntnis hatte, ist zwischen den Parteien streitig.



Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 08.11.2012 hat die Klägerin gegenüber der Beklagten bezifferte Nachzahlungsansprüche wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2012 sowie einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend gemacht und die Beklagte darüber hinaus aufgefordert, "umfassend" Auskunft darüber zu erteilen, ob und inwieweit sie bereits vor dem 01.01.2009 hinsichtlich des Lohnes und sonstiger Vergütungsbestandteile aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wurde. Am 18.12.2012 verzichtete die Beklagte in einer Vereinbarung mit der Klägerin auf die Einrede der Verjährung für Ansprüche, die nicht bereits an diesem Stichtag verjährt waren. Die von der Klägerin begehrte Auskunft über die Höhe der Arbeitsvergütung der Männer, die mit der gleichen Tätigkeit wie sie beschäftigt sind, hat die Beklagte für die Zeit ab Januar 2002 am 19.09.2013 erteilt.



Mit einer am 29.01.2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage (ArbG Koblenz 9 Ca 376/13; nachfolgend LAG Rheinland-Pfalz 5 Sa 440/13) hat die Klägerin die Beklagte ua. auf Zahlung der Differenzvergütung für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2012, einer Entschädigung sowie auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen. Die Klage war hinsichtlich der geltend gemachten Zahlungsansprüche überwiegend erfolgreich, die Klage auf Auskunftserteilung blieb hingegen erfolglos (LAG Rheinland-Pfalz 13.05.2015 - 5 Sa 440/13).



Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 09.07.2013 forderte die Klägerin von der Beklagten wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung die Nachzahlung von Arbeitsvergütung, Anwesenheitsprämien sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld für die Zeit ab Beginn des Arbeitsverhältnisses bis einschließlich 31.12.2008 und erklärte zugleich, dass sie die betreffenden Beträge für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit als "Entgeltfortzahlungsansprüche, Krankengeld oder sonstige Lohnersatzleistungen" geltend mache. Mit ihrer am 09.10.2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage verfolgt sie die Ansprüche - zuletzt - für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 gerichtlich weiter.



Die Beklagte hat sich erstinstanzlich im Wesentlichen auf die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG berufen und außerdem die Einrede der Verjährung erhoben. Die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Entlohnung sei schon seit jeher im Betrieb allgemein und auch der Klägerin bekannt gewesen.



Weil die Klägerin im Kammertermin vom 10.09.2014 keinen Sachantrag gestellt hat, hat das Arbeitsgericht Koblenz ein klageabweisendes Versäumnisurteil erlassen. Gegen das am 19.09.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.09.2014 Einspruch eingelegt.



Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.07.2015 Bezug genommen.



Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

das Versäumnisurteil vom 10.09.2014, Az. 11 Ca 3724/13, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie € 16.993,60 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 10.08.2013 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.



Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil mit Urteil vom 08.07.2015 aufrechterhalten und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die von der Klägerin geltend gemachten Nachzahlungsansprüche aus der Zeit bis zum



31.12.2008 seien verjährt. Die kenntnisabhängige Verjährungsfrist von drei Jahren gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB sei vor Klageerhebung am 09.10.2013 abgelaufen gewesen. Spätestens zum 31.12.2008 sei zumindest von einer grob fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin von der Entgeltdiskriminierung iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auszugehen. Es sei in der Belegschaft bekannt gewesen, dass die Beklagte den männlichen Produktionsmitarbeitern bei gleicher Tätigkeit einen höheren Stundenlohn als den Frauen gewährte. Sollte die Klägerin hiervon keine Kenntnis gehabt haben, sei dies durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 08.07.2015 Bezug genommen.



Die Klägerin hat gegen das ihr am 13.08.2015 zugestellte Urteil am Montag, dem 14.09.2015 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 13.10.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 13.11.2015 begründet.



Die Klägerin meint, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG greife nicht ein, weil sie keine Schadensersatz-, sondern Erfüllungsansprüche geltend mache. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die - zuletzt - geltend gemachten Ansprüche für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 nicht verjährt. Eine grob fahrlässige Unkenntnis von der Diskriminierung der Frauen aufgrund ihres Geschlechts könne ihr nicht vorgeworfen werden. Die Beklagte habe nicht ansatzweise dargelegt, dass ihr bereits vor der Betriebsversammlung im September 2012 bekannt gewesen sei, dass sie die in der Produktion beschäftigten Frauen generell schlechter vergüte als Männer. Der Sachvortrag der Beklagten zu einer früheren Kenntniserlangung sei unsubstantiiert bzw. unerheblich. Es treffe auch keineswegs zu, dass sie infolge grober Fahrlässigkeit von den anspruchsbegründenden Umständen keine Kenntnis genommen habe.



Wegen ihrer geschlechtsbezogenen Diskriminierung habe sie gegen die Beklagte einen Anspruch auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung, Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung iHv. insgesamt € 14.960,76 brutto. Dieser Betrag errechne sich auf Grundlage der Lohnabrechnungen für die Monate Dezember 2002 bis der Dezember 2008 und der den abgerechneten Bruttobeträgen jeweils zu Grunde liegenden Anzahl vergüteter Stunden. Des Weiteren habe sie gegen die Beklagte für die Jahre 2002 bis 2008 auf Grundlage der unstreitigen Berechnungsformeln Anspruch auf Nachzahlung von Urlaubsgeld iHv. ingesamt € 778,08 brutto und Weihnachtsgeld iHv. ingesamt € 513,94 brutto. Außerdem könne sie die Nachzahlung der von der Beklagten an ihre Mitarbeiter monatlich ausgezahlten Anwesenheitsprämie von 5 % der Summe aus Bruttogrundlohn und (eventuellem) Urlaubsentgelt iHv. € 740,82 brutto beanspruchen. Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift vom 13.11.2015, insbesondere auf die dortige Berechnung der geltend gemachten Ansprüche, Bezug genommen.



Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.07.2015, Az. 11 Ca 3724/13, sowie das Versäumnisurteil vom 10.09.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie € 16.993,60 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.08.2013 zu zahlen.



Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.



Die Beklagte meint, die Berufung sei unzulässig, weil sich die Klägerin nicht hinreichend mit den Urteilsgründen für den zur Entscheidung stehenden Fall auseinandergesetzt habe. Die Berufung sei jedenfalls unbegründet. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche seien wegen Unbestimmtheit der Klageforderung unzulässig. So habe die Klägerin in der Klageschrift Lohndifferenzen iHv. € 38.361,92 brutto geltend gemacht, die Klage später auf € 40.969,10 erweitert und anschließend auf € 17.189,61, zuletzt auf nunmehr € 16.993,60 reduziert. Es sei nicht zweifelsfrei erkennbar, in welcher Höhe die Klägerin welche Ansprüche zurückgenommen habe und in welcher Höhe welche Ansprüche noch streitgegenständlich sein sollen. Auch im Übrigen fehle es dem Vortrag der Klägerin in weiten Teilen an der erforderlichen Bestimmtheit. Die Zahlungsanträge beruhten auf bloßen Schätzungen, Mutmaßungen und Musterberechnungen. Die Klage sei unbegründet, denn die geltend gemachten Ansprüche seien im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits verjährt gewesen. Insoweit verteidigt die Beklagte das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 25.01.2016, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Um keine Kenntnis iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehabt zu haben, hätte die Klägerin konsequent über ihre gesamte Beschäftigungszeit hinweg die Augen vor der generellen geschlechtsbezogenen Ungleichbehandlung verschließen müssen, obwohl sich diese geradezu aufgedrängt habe.



Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.



Der Einwand der Beklagten, es fehle an einer hinreichenden inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil, greift nicht durch. Gegenstand und Richtung des Berufungsangriffs sind erkennbar. Die Klägerin hat die Gesichtspunkte aufgezeigt, die aus ihrer Sicht gegen das erstinstanzliche Urteil und für das mit der Berufung angestrebte Ergebnis sprechen. Sie macht insbesondere deutlich, dass ihre Ansprüche für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht verjährt seien. Gerügt wird die Verkennung der Begriffe "Kenntnis" bzw. "grob fahrlässige Unkenntnis" von den "den Anspruch begründenden Umständen" iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Berufung setzt sich damit inhaltlich mit der angefochtenen Entscheidung hinreichend auseinander.



II. Die Berufung ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Vergütungsdifferenzen iHv. insgesamt € 14.475,48 brutto für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 nebst Zinsen. Die weitergehende Klage ist unbegründet.



1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag entgegen der Ansicht der Beklagten hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.



a) Gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Sie hat den Streitgegenstand dazu so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Bei mehreren im Wege einer objektiven Klagehäufung gem. § 260 ZPO in einer Klage verbundenen Ansprüchen muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die "Gesamtklage" zusammensetzt. Genügt die Klage diesen Anforderungen nicht, ist sie unzulässig (BAG 18.02.2016 - 6 AZR 629/14 - Rn. 21 mwN).



b) Die Klägerin hat entgegen der Ansicht der Beklagten den von ihr - zuletzt - geforderten Betrag von € 16.993,60 brutto für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 in einer Weise aufgeschlüsselt, der sich nachvollziehbar entnehmen lässt, wie sich die Gesamtsumme auf die verschiedenen Einzelansprüche verteilt.



Die tabellarische Darstellung der Forderung in der Berufungsbegründungsschrift genügt, weil ihr entnommen werden kann, welche Beträge für die einzelnen Monate des Klagezeitraums beansprucht werden. Die Klage ist auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Klägerin ihre Ansprüche auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung, Urlaubsentgelt und Krankenvergütung (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) in einem Gesamtbetrag zusammengefasst hat, ohne diese Ansprüche jeweils einzelnen Zeitabschnitten (Zeiten der Arbeitsleistung, Urlaubszeiten, Krankheitszeiten) zuzuordnen. Die Klage richtet sich - erkennbar - auf Nachzahlung eines bestimmten Differenzbetrages wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung für jede von der Beklagten in der Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 auf Basis eines bestimmten Stundenlohnes und einer bestimmten Anzahl von Stunden gezahlte Vergütung, sei es Arbeitslohn, Urlaubsentgelt oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Damit sind sowohl Gegenstand als auch Grund des erhobenen Anspruchs hinreichend bestimmt (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 13.01.2016 - 4 Sa 616/14 - Rn. 28).



2. Die Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 Anspruch auf Nachzahlung von Arbeitslohn, Urlaubsentgelt und Krankenvergütung (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall) iHv. € 12.647,73 brutto, von zusätzlichem Urlaubsgeld iHv. € 662,46 brutto, von Weihnachtsgeld iHv. € 437,57 brutto und von Anwesenheitsprämien iHv. € 727,72 brutto nebst Zinsen. Der Rest der in der Berufungsinstanz noch anhängigen Gesamtforderung iHv. € 2.518,12 war abzuweisen.



a) Die Nachzahlungsansprüche der Klägerin beruhen auf geschlechtsbezogener Diskriminierung.



Die Beklagte hat der Klägerin, ebenso wie allen anderen weiblichen Produktionsbeschäftigten, bis zum 31.12.2012 - also auch im streitigen Zeitraum vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 - einen niedrigeren Stundenlohn gezahlt als den männlichen Produktionsbeschäftigten. Auf Basis des geringeren Stundenlohnes hat sie der Klägerin auch ein niedrigeres Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine niedrigere Anwesenheitsprämie gewährt als den in der Produktion beschäftigten Männern. Die niedrigere Entlohnung beruhte unstreitig allein auf dem Geschlecht und stellt daher eine unmittelbare geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung dar, die nicht gerechtfertigt war (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 13.05.2015 - 5 Sa 440/13 - im Vorprozess der Parteien).



Alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen geben der unerlaubt benachteiligten Arbeitnehmerin einen Anspruch auf die vorenthaltene Leistung. Das gilt zunächst nach dem AGG. Die bei der Entgeltzahlung unerlaubt benachteiligte Arbeitnehmerin hat entsprechend der zugrunde liegenden Regelung - hier der individualrechtlichen Vereinbarung - einen Anspruch auf die vorenthaltene Leistung. Aus der Wertung in § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 2 AGG ergibt sich, dass bei einer diesem Gesetz widersprechenden Diskriminierung eine Grundlage für Ansprüche auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeiten gegeben ist. Auch § 612 Abs. 3 BGB stellte, trotz seiner Formulierung als Verbotsnorm, eine Anspruchsgrundlage für die vorenthaltenen Entgeltbestandteile dar (BAG 20.08.2002 - 9 AZR 710/00 - Rn. 21 mwN). Ebenso gibt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz den benachteiligten Arbeitnehmerinnen einen Anspruch auf die Leistungen, die ihnen aufgrund ihres Geschlechts vorenthalten wurden (BAG 11.12.2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 45 mwN). Die Beseitigung der Diskriminierung bei der Entgeltzahlung kann nur durch eine "Anpassung nach oben" erfolgen.



b) Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin nicht nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen.



Nach § 15 Abs. 4 AGG muss ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Klägerin macht jedoch, soweit sie die Nachzahlung von Vergütungsdifferenzen begehrt, keinen Schadensersatz-, sondern einen Erfüllungsanspruch auf die ihr als Frau vorenthaltenen Leistungen geltend. Sie verlangt eine Gleichbehandlung mit den männlichen Produktionsmitarbeitern, denen die Beklagte bei gleicher Tätigkeit aufgrund ihres Geschlechts bis zum 31.12.2012 eine höhere Vergütung gezahlt hat als den Frauen. Dieser Leistungsanspruch ist ein Erfüllungs- und kein Schadensersatzanspruch. Für Ansprüche aus § 7 Abs. 1 AGG (BAG 25.02.2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 16 mwN) auf Erfüllung derjenigen Ansprüche, die der begünstigten Gruppe gewährt wurden, gilt § 15 Abs. 4 AGG nicht (BAG 30.11.2010 - 3 AZR 754/08 - Rn. 23; BAG 24.09.2009 - 8 AZR 636/08 - Rn. 37; BeckOK ArbR/ Roloff Stand 01.06.2016 AGG § 15 Rn. 12; MüKo BGB/Thüsing bis zur 6. Aufl. AGG § 15 Rn. 32; wohl aA ders. ab 7. Aufl. AGG § 15 Rn. 47).



c) Die Nachzahlungsansprüche der Klägerin ab 01.12.2002 sind nicht nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt.



aa) Nach § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist regelmäßig drei Jahre und nach § 199 Abs. 4 BGB - kenntnisunabhängig - höchstens zehn Jahre. Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Diese Kenntnis hatte die Klägerin jedenfalls nicht vor der Betriebsversammlung, die im September 2012 stattfand, so dass der Anspruch am 18.12.2012 nicht verjährt war. Da die Beklagte am 18.12.2012 auf die Einrede der Verjährung bezüglich der diskriminierungsbedingten Nachzahlungsansprüche der Klägerin verzichtet hat, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, reicht die zehnjährige Verjährungsfrist vorliegend zurück bis auf den 18.12.2002. Damit sind auch Ansprüche der Klägerin für den Monat Dezember 2002 nicht verjährt, weil der Dezemberlohn erst mit Ablauf des Monats fällig geworden und iSv. § 199 Abs. 4 BGB entstanden ist.



bb) Die für die erforderliche Kenntnis der Klägerin darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, dass die Klägerin vor der Betriebsversammlung, die im September 2012 stattfand, iSd. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von den ihren Anspruch begründenden Umständen -"dem Diskriminierungsgeschehen"- positive Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.



(1) Die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Gläubiger die Erhebung einer Klage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Gläubiger alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Anspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BAG 20.11.2013 - 5 AZR 776/12 - Rn. 11).



(2) Nach diesen Maßgaben lässt sich eine positive Kenntnis der Klägerin nicht feststellen.



(a) Positive Kenntnis von den einen Anspruch auf Nachzahlung von Arbeitsvergütung wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung begründenden Umständen hat eine Arbeitnehmerin - auch unter Berücksichtigung der Beweislastregel des § 22 AGG - dann, wenn sie weiß, dass ihr Arbeitgeber die bei ihm beschäftigten Frauen generell schlechter vergütet als die Männer. Nicht ausreichend ist insoweit die Kenntnis davon, dass etwa nur einige, dh. eine begrenzte Anzahl der in der Produktion beschäftigten Männer eine höhere Arbeitsvergütung erhalten als eine oder mehrere mit vergleichbaren Arbeitstätigkeiten betraute Frauen, da sich hieraus noch nicht der Rückschluss ziehen lässt, dass die unterschiedliche Vergütung zwischen Männern und Frauen auf einem generalisierenden Prinzip beruht (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 13.01.2016 - 4 Sa 616/14 - Rn. 43, zu einem anderen Unternehmen der B.-Gruppe).



(b) Dem Vorbringen der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, aufgrund welcher konkreten Gespräche, Erklärungen, Ereignisse oder sonstigen Umständen gerade (auch) die Klägerin positive Kenntnis davon erlangt haben könnte, dass die im Betrieb beschäftigten Frauen bei gleicher Arbeit generell eine geringere Vergütung erhielten als Männer.



Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin bereits im Bewerbungs- oder Einstellungsgespräch im Jahr 1994 auf die unterschiedliche Vergütung zwischen Männern und Frauen in der Produktion hingewiesen wurde. Die Beklagte hat zwar vorgetragen, die Produktionsmitarbeiterinnen hiervon "in aller Regel" bereits bei der Einstellung in Kenntnis gesetzt zu haben. Hieraus folgt jedoch nicht, dass dies gerade auch bei der Einstellung der Klägerin der Fall war. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, die Lohnstrukturen im Unternehmen seien stets bekannt und Gegenstand zahlreicher Diskussionen und Konflikte gewesen, so lässt sich hieraus nichts für den konkreten Kenntnisstand der Klägerin ableiten. Entsprechendes gilt für die Behauptung der Beklagten, die Lohnstrukturen seien stets "offen kommuniziert" worden. Dieses Vorbringen steht im Übrigen in Widerspruch zu dem Umstand, dass die Beklagte (unstreitig) auch Arbeitsverträge verwendet, die hinsichtlich der Arbeitsvergütung eine Verschwiegenheitsklausel enthalten. Auch wenn es - wie von der Beklagten behauptet - Beschwerden einzelner Frauen, uU. sogar der Klägerin selbst, darüber gab, weniger zu verdienen als ein oder mehrere vergleichbare Männer, so ergibt sich hieraus noch nicht, dass die Frauen Kenntnis davon hatten, dass diese Ungleichbehandlung auf einem generalisierenden Prinzip beruhte. Diese gilt erst Recht für die Behauptung der Beklagten, die Ungleichbehandlung sei Gegenstand einer Vielzahl von Gesprächen zwischen Mitarbeitern im Betrieb gewesen. Der Umstand, dass am Standort der Beklagten im Jahr 2006 anlässlich der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Schulung gem. § 12 Abs. 2 AGG stattgefunden hat, ist für die Beurteilung des Kenntnisstandes der Klägerin ohne Belang. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Betrieb der Beklagten Gegenstand dieser Schulung war. Unerheblich ist auch der Hinweis der Beklagten auf einen Zeitungsartikel aus der Wochenzeitung "Die Zeit" aus dem Jahr 1996, dessen Inhalt Rückschlüsse auf eine Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen innerhalb der Unternehmensgruppe zulässt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin von diesem Zeitungsartikel vor den zahlreichen Rechtsstreitigkeiten über die Frauendiskriminierung, die ab 2012 anhängig wurden, Kenntnis erlangt hat. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Erklärungen anderer Mitarbeiterinnen berufen, wonach die Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen "allen" Beschäftigten "stets" bekannt gewesen sei. Aus den betreffenden Erklärungen ergibt sich nämlich weder, auf welche konkreten Tatsachen bzw. Informationen die Mitarbeiterinnen, die eine solche Erklärung abgegeben haben, ihre Erkenntnis stützen, noch, wann und auf welche Weise der Klägerin das Wissen von der generellen Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen vermittelt worden sein soll. Eine diesbezügliche Wissensvermittlung lässt sich auch ansonsten dem Sachvortrag der Beklagten nicht entnehmen (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 13.01.2016 - 4 Sa 616/14 - Rn. 45).



Es ist auch unerheblich, dass der Ehemann der Klägerin, der in einem anderen Unternehmen der B.-Gruppe beschäftigt ist, einen höheren Stundenlohn als die Klägerin erhielt. Die Kenntnis über die Lohnhöhe des Ehemanns, lässt keinen Rückschluss auf eine strukturelle Diskriminierung der Frauen im Produktionsbereich zu.



Dem Antrag der Beklagten, die Klägerin als Partei zu der Behauptung zu vernehmen, sie - die Klägerin - habe aus zahlreichen Gesprächen mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen seit ihrer Einstellung Kenntnis davon, dass weibliche Produktionskräfte im Betrieb grundsätzlich niedrigere Löhne erhielten als männliche, war nicht zu entsprechen. Denn bei diesem, auf die Feststellung einer inneren Tatsache bezogenen Beweisantrag handelt es sich in Ermangelung jeglicher Angaben, aufgrund welcher konkreten Gespräche die Klägerin die behauptete Kenntnis erhalten haben soll, sowie in Ermangelung ausreichender Indizien, die für eine solche Kenntniserlangung sprechen könnten, um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag. Erst aufgrund der Erhebung des angebotenen Beweises, dh. der Parteivernehmung der Klägerin, könnte die Beklagte möglicherweise in die Lage versetzt werden, den ihr obliegenden substantiierten Tatsachenvortrag zu liefern (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 13.01.2016 - 4 Sa 616/14 - Rn. 46).



(3) Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von den die geltend gemachten Ansprüche begründenden Umständen ist zu verneinen.



(a) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis iSv. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung ("Verschulden gegen sich selbst") vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben, er davor aber letztlich die Augen verschlossen hat. Hierbei trifft den Gläubiger aber generell keine Obliegenheit, im Interesse des Schuldners an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Verjährungsfrist Nachforschungen zu betreiben; vielmehr muss das Unterlassen von Ermittlungen nach Lage des Falls als geradezu unverständlich erscheinen, um ein grob fahrlässiges Verschulden des Gläubigers bejahen zu können (BGH 15.03.2016 - XI ZR 122/14 - Rn. 34 mwN).



(b) Nach diesen Maßstäben kann eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin davon, dass die Beklagte in der Produktion beschäftigte Frauen generell geringer vergütete als Männer, nicht angenommen werden. Selbst wenn die Klägerin von der vergütungsmäßigen Besserstellung einzelner oder einiger Männer (auch ihres Ehemanns) gegenüber den Frauen im Produktionsbereich Kenntnis gehabt haben sollte, war ihr nicht zuzumuten, eigene Nachforschungen über die Lohnstrukturen im Betrieb der Beklagten (oder sogar innerhalb der Unternehmensgruppe) anzustellen, um zu ermitteln, ob eine generalisierende Schlechterstellung von Frauen gegeben war. Ein Betriebsrat, an den sich die Klägerin hätte wenden können, existierte bei der Beklagten bis zum September 2014 nicht. Die Klägerin war zur Vermeidung der groben Fahrlässigkeit nicht verpflichtet, Ansprüchen aktiv nachzuspüren, indem sie sich etwa bei den anderen Produktionskräften über die Höhe deren Arbeitsvergütung erkundigt. Derartige Initiativen wären im Kollegenkreis auf Unverständnis gestoßen und im Falle einer gewissen Beharrlichkeit auch geeignet gewesen, den Betriebsfrieden zu beeinträchtigen (ebenso LAG Rheinland-Pfalz 13.01.2016 - 4 Sa 616/14 - Rn. 47).



d) Die zweitinstanzlich noch geltend gemachten Ansprüche sind in einer Gesamtsumme von € 14.475,48 brutto der Höhe nach begründet. Ein weitergehender Anspruch steht der Klägerin nicht zu.



aa) Die Klägerin kann von der Beklagten wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung Nachzahlung von Arbeitsvergütung, Urlaubsentgelt und Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 iHv. insgesamt € 12.647,73 brutto beanspruchen. Darüber hinaus hat sie einen Anspruch auf Nachzahlung von zusätzlichem Urlaubsgeld für die Jahre 2003 bis 2008 iHv. insgesamt € 662,46 brutto, auf Weihnachtsgeld iHv. €437,57 brutto und auf Anwesenheitsprämien iHv. € 727,72 brutto.



bb) Die Klägerin hat entgegen der Ansicht der Beklagten den von ihr geforderten Gesamtbetrag in der Berufungsbegründungsschrift in einer Weise aufgeschlüsselt, der sich nachvollziehbar entnehmen lässt, wie sich die zuletzt geforderte Gesamtsumme auf die verschiedenen Einzelansprüche verteilt.



(1) Die tabellarische Darstellung der Forderung auf Nachzahlung von Lohndifferenzen auf den Seiten 5 bis 15 des Schriftsatzes vom 13.11.2015 genügt unter Berücksichtigung der Erläuterungen im selben Schriftsatz den Anforderungen an die Substantiierungspflicht, weil ihr entnommen werden kann, welche Beträge für die einzelnen Monate des Klagezeitraums vom 01.12.2002 bis 31.12.2008 von der Klägerin beansprucht werden. Die Klägerin hat das Zahlenwerk ausführlich dargestellt. In Spalte 1 der Tabelle hat sie den jeweiligen Monat aufgeführt, für den sie die Differenz zwischen ihrem geringeren Stundenlohn und dem höheren Stundenlohn der Männer beansprucht (€ 1,11 von 2002 bis 2003; € 1,05 von 2004 bis 2008). In der Spalte 5 hat sie die Summe der ihr im jeweiligen Monat von der Beklagten tatsächlich gezahlten Arbeitsvergütung (untergliedert in Lohn, Urlaubslohn und Lohnfortzahlung) beziffert aufgeführt. Diesen Ist-Monatslohn hat sie durch den Ist-Stundenlohn dividiert und so die Anzahl der von ihr im jeweiligen Monat geleisteten und von der Beklagten vergüteten Arbeitsstunden aufgeführt (Spalte 6). Diese Stunden hat sie schließlich mit der Stundenlohndifferenz multipliziert und genannt (Spalte 7).



(2) Die Klägerin hat auch die geforderten Bruttodifferenzbeträge für das zusätzliche Urlaubsgeld auf Seite 16 der Berufungsbegründungsschrift schlüssig dargelegt. Sie hat die Berechnungsformel der Beklagten angewendet (28 Tage x 8 Stunden x 46,5 %) und mit der Stundenlohndifferenz von € 1,11, bzw. € 1,05 getrennt für die Jahre 2002 bis 2008 multipliziert, so dass sich für 2002 und 2003 einen Differenz jährlich von € 115,62 und für 2004 bis 2008 von jährlich € 109,37 errechnet.



(3) Auch die geforderten Bruttodifferenzbeträge für das Weihnachtsgeld hat die Klägerin auf Seite 18 des Schriftsatzes vom 13.11.2015 so errechnet. Sie hat die Berechnungsformel der Beklagten angewendet (172 Stunden x 0,4) und mit der Stundenlohndifferenz von € 1,11, bzw. € 1,05 getrennt für die Jahre 2002 bis 2008 multipliziert, so dass sich für 2002 und 2003 einen Differenz jährlich von € 76,37 und für 2004 bis 2008 von jährlich € 72,24 errechnet.



(4) Schließlich ist auch der Nachzahlungsbetrag der geforderten Anwesenheitsprämie schlüssig berechnet. Diese beträgt 5 % der Summe aus Grundlohn und Urlaubslohn. In den Spalten 1 bis 8 ihrer Tabelle hat die Klägerin ihre Rechenschritte auf den Seiten 22 bis 30 der Berufungsbegründungsschrift, und zwar für jeden Monat getrennt, übersichtlich dargestellt.



cc) Den Darlegungen und Berechnungen der Klägerin ist die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hinreichend entgegengetreten.



(1) Die Beklagte durfte sich angesichts der detaillierten Aufstellungen und Berechnungen der Klägerin nicht mit einfachem Bestreiten begnügen. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Der Beklagten war ein substantiierter Gegenvortrag auch möglich und zumutbar. Die Lohnabrechnungen, die die Klägerin ihrem Zahlenwerk zu Grunde gelegt hat, hat sie selbst erstellt. Da die Klägerin als Anlage zu ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 13.11.2015 keine Lohnabrechnungen (nur) zur Gerichtsakte gereicht hat, bestand auch kein Anlass diese der Beklagten vorzulegen. Die Beklagte war entgegen ihrer Ansicht anhand des Vortrags der Klägerin in die Lage gesetzt, deren Berechnungen nachzuvollziehen und deren Richtigkeit sachlich und rechnerisch zu überprüfen. Ebenfalls unzutreffend ist das Argument der Beklagten, die Klägerin stütze ihre in der Berufungsbegründungsschrift nochmals ausführlich dargestellten Nachzahlungsansprüche auf Pauschalierungen, Schätzungen und hypothetische Musterberechnungen.



(2) Von der Gesamtforderung sind insgesamt € 2.518,12 brutto abzuziehen. In der Aufstellung der Klägerin auf Seite 14 und 15 der Berufungsbegründungsschrift vom 13.11.2015 sind noch Differenzbeträge "Minderlohn" für die Monate Januar bis November 2002 in einer Gesamthöhe von € 2.313,03 brutto aufgelistet, obwohl die Klägerin ihre Klageforderung auf die Zeit ab 01.12.2002 beschränkt hat. Auf Seite 16 des Schriftsatzes vom 13.11.2015 ist ein "Minderbetrag Urlaubsgeld" für das Jahr 2002 iHv. € 115,52 aufgeführt, der am 18.12.2012 (Datum des Verzichts auf die Einrede der Verjährung für noch unverjährte Ansprüche) bereits verjährt war, denn das Urlaubsgeld wird im Juni und Oktober eines Jahres zur Zahlung fällig. Auf Seite 18 des Schriftsatzes vom 13.11.2015 ist ein "Minderbetrag Weihnachtsgeld" iHv. € 76,37 für das Jahr 2002 aufgelistet, der am 18.12.2012 bereits verjährt war, weil das Weihnachtsgeld mit dem Novemberlohn zur Zahlung fällig wird. Schließlich ist der Beklagten zuzugeben, dass die Klägerin in ihrer Tabelle für April 2008 einen Betrag iHv. € 9,27 brutto (Seite 23) und für Mai 2004 einen Betrag iHv. € 3,83 brutto (Seite 27 des Schriftsatzes vom 13.11.2015) unter der Überschrift "diskriminierungsbedingt zu wenig gezahlte Anwesenheitsprämie" geltend macht, obwohl ihr in diesen Monaten keine Anwesenheitsprämie gezahlt worden ist.



dd) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befindet sich aufgrund der Zahlungsaufforderung der Klägerin vom 09.07.2013 ab dem 10.08.2013 mit der Leistung in Verzug.



III. Die Kostenentscheidung folgt für das Berufungsverfahren - bei einem Streitwert von € 16.993,60 - aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; für das erstinstanzliche Verfahren - bei einem Streitwert von € 40.969,19 - aus § 92 Abs. 1 ZPO iVm. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Eine Gebührenprivilegierung für Teilklagerücknahmen besteht nicht (BAG 23.02.2011 - 4 AZR 336/09 - Rn. 54 mwN). Dass die Klägerin die Kosten ihrer Säumnis im Termin vom 10.09.2014 gem. § 344 ZPO allein zu tragen hat, wurde versehentlich nicht in den Tenor aufgenommen.



Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

Verkündet am: 21.07.2016

Vorschriften§ 15 Abs. 2 AGG, § 15 Abs. 4 AGG, § 69 Abs. 2 ArbGG, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 308 ZPO, § 322 ZPO, § 260 ZPO, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 2 AGG, § 612 Abs. 3 BGB, § 15 Abs. 1 AGG, § 7 Abs. 1 AGG, § 195 BGB, § 199 Abs. 4 BGB, § 22 AGG, § 12 Abs. 2 AGG, § 138 Abs. 2 ZPO, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 92 Abs. 1 ZPO, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 344 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG

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