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03.05.2016 · IWW-Abrufnummer 185640

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 15.03.2016 – 5 Sa 119/15

1. Die vorübergehende Übertragung einer höher bewerteten Tätigkeit ist an den Regeln zu messen, die der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts (Direktionsrechts) nach § 106 GewO grundsätzlich einzuhalten hat. In einem ersten Schritt muss es billigem Ermessen entsprechen, dem Arbeitnehmer die höher bewertete Tätigkeit überhaupt zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen ( BAG, Urteil vom 16. April 2015 - 6 AZR 242/14 - Rn. 20, juris = NZA-RR 2015, 532 [BAG 16.04.2015 - 6 AZR 242/14] ).

2. Überträgt der Arbeitgeber eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend, ohne den Zeitraum näher festzulegen, kann die Leistungsbestimmung nicht zur zum Zeitpunkt der Erklärung unbillig sein, sondern darüber hinaus im Laufe der Zeit unbillig werden.

3. Bei der Interessenabwägung ist auf Seiten des Arbeitnehmers nicht nur ein materielles Interesse an einer dauerhaften Sicherung des höheren Einkommens zu berücksichtigen, sondern auch ein immaterielles Interesse an der höherwertigen Tätigkeit, die mit einer bestimmten Stellung im Betrieb oder in der Dienststelle verbunden ist.


Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund - Kammern Neubrandenburg - vom 15.01.2015 - 11 Ca 1366/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung, insbesondere darüber, ob die Arbeitgeberin berechtigt war, eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen.



Die am 24.03.1970 geborene Klägerin ist Volljuristin und seit dem 01.09.2005 bei der Beklagten im Geschäftsbereich N. tätig. Mit Einstellung übertrug die Beklagte ihr die Aufgaben einer "Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG einer ARGE" am Dienstort W.. Die Agentur für Arbeit N. und der Landkreis M. hatten zur gemeinsamen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II zum 01.01.2005 die ARGE M. gegründet und hierzu einen Dienstleistungsüberlassungsvertrag geschlossen. Eine Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG hat die Aufgabe, Widersprüche und Klagen zu bearbeiten sowie die Prozessvertretung vor den Sozialgerichten wahrzunehmen, soweit nicht die Erste Sachbearbeiterin zuständig ist.



Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestimmt sich gemäß Änderungsvertrag vom 16.05.2006 nach dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung. Ausweislich des Änderungsvertrages ist die Klägerin in der Tätigkeitsebene IV des TV-BA eingruppiert. Sie ist in Vollzeit beschäftigt.



In der Bearbeitungsstelle SGG der ARGE M. waren neben der Klägerin mehrere weitere Sachbearbeiter tätig, die mit Ausnahme eines beim Landkreis beschäftigten Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen. Der vom Landkreis zugewiesene Sachbearbeiter schied aufgrund von Altersteilzeit zum 31.12.2009 aus. Er bezog die Vergütung der Entgeltgruppe 10 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD), was der Tätigkeitsebene III des TV-BA entspricht. Da die Stelle durch den kommunalen Träger mangels geeigneter Mitarbeiter nicht wiederbesetzt werden konnte und da zwischenzeitlich die Anzahl der vorhandenen Sachbearbeiter den Einsatz einer "Ersten Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II" rechtfertigte, übertrug die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2010 diese Aufgabe zunächst für den Zeitraum vom 01.05. bis zum 31.12.2010. Die Tätigkeit einer Ersten Sachbearbeiterin ist der Tätigkeitsebene III des TV-BA zugeordnet. Aufgrund dessen erhielt die Klägerin wegen der vorübergehenden Wahrnehmung einer höherwertigen Tätigkeit eine tarifvertragliche Zulage.



Am 12.07.2010 wurde das Gesetz zur Schaffung zukunftsfähiger Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Kreisstrukturgesetz M-V) verabschiedet (GVOBl. M-V 2010, 366), das die bisherigen Landkreise mit Wirkung zum 04.09.2011 auflöste und zu größeren Kreisen zusammenfasste (Art. 1 Kreisstrukturgesetz M-V [Landkreisneuordnungsgesetz M-V]).



Im November 2010 prüfte die Beklagte eine Fortführung der vorübergehenden höherwertigen Beschäftigung der Klägerin und entschied am 01.12.2010, die Beauftragung bis auf weiteres als Ersatz für fehlendes kommunales Personal fortzusetzen. Ab dem 01.01.2011 führten die Beklagte und der Landkreis M. die gemeinsame Einrichtung unter der Bezeichnung Jobcenter (§ 6 d SGB II) weiter. Mit Schreiben vom 03.01.2011 verlängerte die Beklagte unter Bezugnahme auf das frühere Schreiben vom 03.05.2010 die Beauftragung der Klägerin "bis auf weiteres", ohne einen Endtermin zu nennen.



Mit Inkrafttreten des Kreisstrukturgesetzes M-V am 04.09.2011 wurde der Landkreis M. aufgelöst. Rechtsnachfolger dieses Landkreises sowie der Landkreise D. und M.-S. wurde der neu gebildete Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (§ 10 Abs. 1 Landkreisneuordnungsgesetz M-V). Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte gab es am 01.01.2012 zum einen ein kommunales Jobcenter gemäß § 6 a Abs. 2 SGB II (Optionskommune), zuständig für das Gebiet des ehemaligen Landkreises M.-S., und zum anderen drei gemeinsame Einrichtungen, nämlich das Jobcenter M., das Jobcenter D. und das Jobcenter N.. Der Kreistag des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte beauftragte den Landrat mit Beschluss vom 07.05.2012, in Zusammenarbeit mit der Beklagten die Zusammenlegung der gemeinsamen Einrichtungen D., M. und N. zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorzubereiten. Nach § 4 Abs. 2 des Landesausführungsgesetzes SGB II M-V vom 28.10.2004 in der ab 01.01.2011 geltenden Fassung musste sich der neue kommunale Träger für den Fall, dass nach der Kreisstrukturreform in dem Gebiet eine gemeinsame Einrichtung neben einer Option besteht, auf eine dieser Organisationsformen für das gesamte Kreisgebiet festlegen. Diese Entscheidung verschob der Landkreis zunächst, um das Für und Wider beider Varianten näher zu prüfen. Am 03.06.2013 entschied sich der Kreistag schließlich für die Variante der gemeinsamen Einrichtung und beauftragte den Landrat, die Option mit Ablauf des 31.12.2013 zu beenden.



Die Klägerin bewarb sich 2012 ohne Erfolg auf eine Teamleiterstelle im Leistungsbereich und eine Teamleiterstelle Markt und Integration.



Ab dem 17.09.2013 nahm die Klägerin an einer berufsbegleitenden, halbjährigen Qualifizierungsmaßnahme für Team- und Bereichsleiter/innen mit der Bezeichnung "In Führung gehen" teil, die bis zum 25.03.2014 andauerte.



Mit Schreiben vom 01.10.2013 unterrichtete die Beklagte ihre Mitarbeiter über den Stand der Neuorganisation und die aktuellen Fortschritte bei der Errichtung des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte Nord, das die bisherigen Jobcenter D. und M. umfasst. Das dem Schreiben beigefügte Organigramm siedelte die Sachbearbeitung SGG in W. an, was einen Wechsel der Sachbearbeiter aus D. nach W. erforderte. Als Leiterin der Bearbeitungsstelle war Frau B.-W. vorgesehen, die im Jobcenter D. bereits die Funktion der Ersten Sachbearbeiterin innehatte. Frau B.-W. befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in Elternzeit, die am 08.02.2014 enden sollte. Während der Elternzeit wurde sie von Frau N. vertreten.



Mit Schreiben vom 05.12.2013 übertrug die Beklagte der Klägerin zum 01.01.2014 erneut die Tätigkeit einer Ersten Sachbearbeiterin SGG vorübergehend bis auf weiteres in dem zum 01.01.2014 neu gebildeten Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte Nord.



Frau B.-W. teilte der Beklagten im Dezember 2013 mit, wegen einer erneuten Schwangerschaft und einem Beschäftigungsverbot den Dienst zum 08.02.2014 nicht antreten zu können. Mit Schreiben vom 11.12.2013 setzte die Beklagte Frau G. als Teamleiterin in der Bearbeitungsstelle SGG in W. ein. Frau G. war vordem als Erste Sachbearbeiterin und später als Teamleiterin SGB II im Jobcenter N. beschäftigt. Die Tätigkeit einer Teamleiterin ist ebenso wie die Tätigkeit einer Ersten Sachbearbeiterin SGG der Tätigkeitsebene III TV-BA zugeordnet.



Mit Schriftsatz vom 30.12.2013 hat sich die Klägerin gerichtlich gegen die Zuweisung von Frau G. zur Widerspruchsstelle des Jobcenters Mecklenburgische Seenplatte Nord gewandt und zugleich die dauerhafte Übertragung der Tätigkeit einer Ersten Sachbearbeiterin SGG in diesem Jobcenter gefordert.



Die Umstrukturierung der Jobcenter fand planmäßig zum 01.01.2014 statt. Zu diesem Zeitpunkt übernahm die Beklagte sämtliche Mitarbeiter des Landkreises unter Überleitung in ihr Tarifrecht. Die Tarifvertragsparteien änderten zum 01.01.2014 die Bezeichnung der Ersten Sachbearbeiterin SGG in "Erste Fachkraft in der Rechtsbehelfsstelle im Operativen Service".



Die Beklagte widerrief mit Schreiben vom 28.01.2014 die Beauftragung der Klägerin mit der höherwertigen Tätigkeit zum 07.02.2014. Damit entfiel die bisher gezahlte Zulage. Ebenso widerrief die Beklagte die Beauftragung von Frau N. zum gleichen Datum.



Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass es nicht zulässig gewesen sei, ihr die Tätigkeit der Ersten Sachbearbeiterin SGG zum 01.01.2011 wiederum nur vorübergehend und nicht dauerhaft zu übertragen. Die vorübergehende Übertragung habe nicht billigem Ermessen entsprochen. Mit zunehmender Dauer der Aufgabenwahrnehmung erhöhe sich das Interesse des Arbeitnehmers an einer endgültigen Beschäftigung mit der höherwertigen Tätigkeit. Wenn auch die erstmalige höherwertige Beauftragung auf einer kommunalen Stelle erfolgt sei, so habe die Beklagte jedoch später Stellen der Tätigkeitsebene III TV-BA neu geschaffen, nämlich in der Leistungsabteilung und im Kundenbüro. Die Klägerin habe alle Aufgaben einer Teamleiterin wahrgenommen. Sie habe nicht nur die Fachaufsicht über die Sachbearbeiter, sondern darüber hinaus auch die Dienstaufsicht ausgeübt, d. h. Mitarbeitergespräche geführt, Beurteilungen erstellt, Arbeitszeiten kontrolliert usw.



Eine dauerhafte Übertragung habe aber spätestens zum 01.01.2014 erfolgen müssen, da es ab diesem Zeitpunkt nur noch Stellen der Beklagten gegeben habe.



Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt



festzustellen, dass sie ab 01.01.2011, hilfsweise ab einem späteren Zeitpunkt, in die Tätigkeitsebene III TV-BA einzugruppieren ist und dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin entsprechend zu vergüten, zuzüglich der Funktionsstufe 1, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils ab dem 01. des Folgemonats der jeweils fälligen monatlichen Vergütung.



Die Beklagte hat beantragt,



die Klage abzuweisen.



Sie habe nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt, indem sie der Klägerin zum 01.05.2010 und erneut zum 01.01.2011 die höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend übertragen habe. Mit dem Ausscheiden eines kommunalen Mitarbeiters Ende 2009 sei eine Stelle mit der Wertigkeit der Tätigkeitsebene III TV-BA freigeworden. Die Beklagte habe keine andere freie Stelle im Jobcenter M. gehabt. Da der kommunale Träger nicht in der Lage gewesen sei, die Stelle nachzubesetzen, habe die Beklagte sie für die höherwertige Beauftragung der Klägerin genutzt. Es sei nicht möglich gewesen, der Klägerin die Stelle dauerhaft zu übertragen, weil die Beklagte nicht endgültig über die Stelle habe verfügen können. Ohnehin hätte die Stelle vor einer endgültigen Besetzung zunächst ausgeschrieben werden müssen. Die Klägerin habe ab dem 01.01.2012 nicht sämtliche Tätigkeiten einer Teamleiterin ausgeübt.



Die erneute Beauftragung zum 01.01.2014 habe den Zweck gehabt, in der Phase des Zusammenschlusses der vormaligen Jobcenter D. und M. die Arbeitfähigkeit und den ordnungsgemäßen Betriebsablauf in der Übergangszeit sicherzustellen. Zudem sei es nicht sinnvoll gewesen, für die letzten fünf Wochen der Elternzeit von Frau B.-W. ein Interessenbekundungsverfahren für die Vertretung durchzuführen.



Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15.01.2015 abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Vergütung der Tätigkeitsebene III TV-BA habe, da die Beklagte ihr eine solche Aufgabe nicht auf Dauer übertragen habe. Die vorübergehenden Übertragungen seien wirksam. Die Beklagte habe die Grundsätze des billigen Ermessens gewahrt. Es habe sich um eine kommunale Stelle gehandelt, weshalb die Beklagte hierüber nicht habe verfügen können. Die Beklagte habe nicht ausschließen können, dass ein geeigneter Mitarbeiter des Landkreises zu einem späteren Zeitpunkt für die Stelle in Frage komme, dem die Klägerin den Vortritt lassen müsse. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine neue Stelle für die Klägerin zu schaffen. Zudem habe aufgrund der Kreisstrukturreform nicht festgestanden, wie die Leistungsgewährung nach dem SGB II zukünftig organisiert werde. Schließlich habe auch die nochmalige vorläufige Übertragung zum Januar 2014 billigem Ermessen entsprochen, da aufgrund des Zusammenschlusses der Jobcenter D. und M. mit einem zeitweise erhöhten Arbeitsaufkommen zu rechnen gewesen sei.



Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Die Beklagte sei im Januar 2011, jedenfalls aber im Dezember 2013, nicht mehr berechtigt gewesen, der Klägerin die höherwertige Tätigkeit einer Ersten Sachbearbeiterin SGG wiederum nur vorübergehend zu übertragen. Diese Übertragungsakte seien hinsichtlich der zeitlichen Beschränkung unbillig und deshalb unwirksam, sodass von einer dauerhaften Übertragung auszugehen sei.



Die vorübergehende Übertragung sei nur zulässig, wenn aufgrund einer Prognose zum Übertragungszeitpunkt zu erwarten sei, dass eine dauerhafte Beschäftigung nicht möglich sein werde. Eine bloße Ungewissheit hinsichtlich zukünftiger Beschäftigungsmöglichkeiten reiche nicht aus. Der Beschäftigungsbedarf für eine Erste Sachbearbeiterin bestehe dauerhaft. Um wessen Stelle es sich handele, sei demgegenüber unerheblich. Der Landkreis habe zwar die Option gehabt, die Stelle des ausgeschiedenen Mitarbeiters wiederzubesetzen. Er habe hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht und auch über einen Zeitraum von mehreren Jahren nicht versucht, die Stelle zu besetzen. Die Beklagte habe jederzeit die Möglichkeit gehabt, den Stellenplan gemeinsam mit dem Landkreis zu ändern. Ohnehin sei es geplant gewesen, die Stelle zum 01.01.2014 auf die Beklagte überzuleiten.



Die nochmalige vorübergehende Übertragung mit Schreiben vom 05.12.2013 lasse sich nicht mit der zu erwartenden Rückkehr von Frau B.-W. rechtfertigen. Es sei anzunehmen, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits von ihrer weiteren Verhinderung gewusst habe. Im Übrigen habe nicht die Klägerin, sondern Frau N. die Vertretung von Frau B.-W. übernommen. Die Klägerin bestreitet, dass zum 01.01.2014 ein fusionsbedingter Mehrbedarf aufgetreten und dass eine Einarbeitung von Frau G. erforderlich gewesen sei. Der Widerruf zum 07.02.2014 habe ebenfalls nicht billigem Ermessen entsprochen, da zu diesem Zeitpunkt bereits festgestanden habe, dass Frau B.-W. die Arbeit nicht zum 08.02.2014 antreten werde.



Die Klägerin beantragt,



das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund - Kammern Neubrandenburg - vom 15.01.2015 - 11 Ca 1366/13 - abzuändern und



1. festzustellen, dass der Klägerin die Tätigkeit einer Ersten Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II (ab 01.01.2014 bezeichnet als Erste Fachkraft in der Rechtsbehelfsstelle im Operativen Service) jedenfalls seit dem 01.01.2011, hilfsweise seit dem 01.01.2014, auf Dauer übertragen ist,



2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 08.02.2014 eine Vergütung nach der Tätigkeitsebene III des TV-BA zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 01.03.2014 ab dem 01. eines jeden Folgemonats mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, und



3. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu Ziffer 2,



festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 08.02.2014 zuzüglich zu der Vergütung nach der Tätigkeitsebene III des TV-BA die Funktionsstufe 1 zu zahlen und die jeweiligen monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 01.03.2014 ab dem 01. eines jeden Folgemonats mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.



Die Beklagte beantragt,



die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die erweiterte Klage abzuweisen.



Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zutreffend entschieden. Die Verlängerung der vorübergehenden Beauftragung über den 31.12.2010 hinaus habe letztlich im Interesse der Klägerin gelegen, da im Falle einer Ausschreibung der Stelle ein Mitarbeiter des Landkreises den Vorrang gehabt hätte oder ggf. auch ein anderer Mitarbeiter der Beklagten zum Zuge gekommen wäre. Das Arbeitsgericht habe darüber hinaus zutreffend auf die Neuordnung der Landkreise verwiesen.



Dass Frau B.-W. die Arbeit nicht wie geplant am 08.02.2014 wieder aufnehmen werde, habe die Beklagte erst nach dem 05.12.2013 erfahren. Anfang Dezember 2013 sei die Beklagte noch davon ausgegangen, dass Frau B.-W. auf den Arbeitsplatz zurückkehre, auch wenn sie langfristig einen wohnortnäheren Einsatz anstrebe. Die Beklagte habe trotz der abweichenden Entwicklung an der vorläufigen Beauftragung der Klägerin festgehalten, da aufgrund des Zusammenschlusses der Jobcenter in der Übergangszeit mit einem erhöhten Arbeitskraftbedarf zu rechnen gewesen sei. Anfang Februar 2014 sei die Fusion dann erfolgreich abgeschlossen worden, sodass es für eine weitere Aufrechterhaltung der vorübergehenden Beauftragung keinen sachlichen Grund mehr gegeben habe. Der Widerruf sei deshalb rechtmäßig.



Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.



Entscheidungsgründe



Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.



I.



Die Klage ist einschließlich der zweitinstanzlichen Erweiterung zulässig.



Bei dem Antrag zu Ziffer 2 handelt es sich um eine allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage.



Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Eine Eingruppierungsfeststellungsklage ist regelmäßig geeignet, das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend zu klären (z. B. BAG, Urteil vom 16. April 2015 - 6 AZR 352/14 - Rn. 22, juris = ZTR 2015, 511 [BAG 16.04.2015 - 6 AZR 352/14] ).



Der Antrag zu Ziffer 1 ist als Zwischenfeststellungsklage zulässig.



Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde (§ 256 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung über den Eingruppierungsfeststellungsantrag unter Ziffer 2 hängt davon ab, ob die höherwertige Tätigkeit der Klägerin als auf Dauer übertragen gilt.



II.



Die Klägerin hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten, ab dem 08.02.2014 nach der Tätigkeitsebene III TV-BA vergütet zu werden.



Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der TV-BA und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. In dem TV-BA heißt es:



"...



§ 14



Eingruppierung



(1) 1Alle in der BA auszuübenden Tätigkeiten werden von der BA in Fach- und Organisationskonzepten beschrieben und von den Tarifvertragsparteien Tätigkeits- und Kompetenzprofilen (TuK) zugeordnet. 2Die in den TuK festgelegten Anforderungen sind Grundlage für deren Zuordnung durch die Tarifvertragsparteien zu einer der acht Tätigkeitsebenen. 3Die/der Beschäftigte ist in der Tätigkeitsebene eingruppiert, der die ihr/ihm nicht nur vorübergehend übertragene Tätigkeit gemäß Satz 1 und 2 zugeordnet ist. 4Die Zuordnung der Tätigkeiten zu TuK und die Zuordnung der TuK zu Tätigkeitsebenen ist in den von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Zuordnungstabellen festgelegt (Anlage 1.0 bis 1.11).



...



§ 15



Vorübergehende Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit



(1) Wird der/dem Beschäftigten vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen, die einer höheren Tätigkeitsebene zugeordnet ist, als die ihr/ihm dauerhaft übertragene Tätigkeit, und hat sie/er diese mindestens einen Monat ausgeübt, erhält sie/er für die Dauer der Ausübung eine persönliche Zulage rückwirkend ab dem ersten Tag der Übertragung der Tätigkeit.



Niederschriftserklärung zu Absatz 1:



Die Tarifvertragsparteien stellen klar, dass die vertretungsweise Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ein Unterfall der vorübergehenden Übertragung einer Tätigkeit ist.



..."



Die Tätigkeit einer "Ersten Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG im Bereich SGB II" ist ebenso wie die Tätigkeit einer "Teamleiterin im Bereich SGB II" der Tätigkeitsebene III TV-BA zugeordnet. Die Beklagte hat jedoch weder die eine noch die andere Tätigkeit der Klägerin nicht nur vorübergehend übertragen.



Die vorübergehende Übertragung einer höher bewerteten Tätigkeit ist an den Regeln zu messen, die der Arbeitgeber bei der Ausübung seines arbeitsvertraglichen Leistungsbestimmungsrechts (Direktionsrechts) nach § 106 GewO grundsätzlich einzuhalten hat. In einem ersten Schritt muss es billigem Ermessen entsprechen, dem Arbeitnehmer die höher bewertete Tätigkeit überhaupt zu übertragen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es billigem Ermessen entspricht, diese Tätigkeit nur vorübergehend zu übertragen (BAG, Urteil vom 16. April 2015 - 6 AZR 242/14 - Rn. 20, juris = NZA-RR 2015, 532 [BAG 16.04.2015 - 6 AZR 242/14] ). Dabei ist unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das Interesse des Arbeitgebers an einer nur vorübergehenden Übertragung oder das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit und ggf. einer höheren Vergütung überwiegt. Bei einer mehrfachen Übertragung steigen die Anforderungen an die darzulegenden Gründe (BAG, Urteil vom 04. Juli 2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 18, juris = ZTR 2013, 24 [BAG 04.07.2012 - 4 AZR 759/10] ).



Wird demselben Angestellten dieselbe oder eine gleichermaßen höherwertige Tätigkeit mehrmals nacheinander vorübergehend oder vertretungsweise übertragen, unterliegt jeder dieser Übertragungsakte der gerichtlichen Billigkeitskontrolle entsprechend § 315 BGB. Ist bei auch nur einer dieser mehreren interimistischen Übertragungen billiges Ermessen hinsichtlich dessen, dass die Übertragung nicht auf Dauer erfolgte, nicht gewahrt, kann dies zur Folge haben, dass diese Übertragung kraft richterlicher Entscheidung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB als auf Dauer erfolgt anzusehen ist (BAG, Urteil vom 18. April 2012 - 10 AZR 134/11 - Rn. 22, juris = NZA 2012, 927 [BAG 18.04.2012 - 10 AZR 134/11] ; BAG, Urteil vom 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - Rn. 43, juris = NZA 2003, 159 [BAG 17.04.2002 - 4 AZR 174/01] ).



Überträgt der Arbeitgeber eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend, ohne den Zeitraum näher festzulegen, kann die Leistungsbestimmung nicht zur zum Zeitpunkt der Erklärung unbillig sein, sondern darüber hinaus im Laufe der Zeit unbillig werden. Eine ständige vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ist mit dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 TV-BA nicht vereinbar. Die Tarifnorm gibt allerdings keine zeitliche Obergrenze vor. Auch eine mehrjährige Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit kann demnach noch billigem Ermessen entsprechen. Mit zunehmender Dauer der Übertragung gewinnen aber regelmäßig die Interessen des Arbeitnehmers an Gewicht.



Entspricht die vorübergehende Übertragung der Tätigkeit nicht billigem Ermessen, erfolgt die Bestimmung der "Leistung" entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch richterliche Entscheidung. Sie kann bei einer interimistischen Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit auch darin bestehen, dass die Übertragung der Tätigkeit nicht als nur vorübergehend, sondern als auf Dauer vorgenommen erklärt oder die zeitliche Dauer anders bestimmt wird. Eine solche Bestimmung kann im Eingruppierungsrechtsstreit inzident vorgenommen werden. Die Beweislast dafür, dass die Ausübung des Direktionsrechts billigem Ermessen entspricht, trägt derjenige, der das Leistungsbestimmungsrecht ausübt (BAG, Urteil vom 04. Juli 2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 19, juris = ZTR 2013, 24 [BAG 04.07.2012 - 4 AZR 759/10] ; BAG, Urteil vom 18. April 2012 - 10 AZR 134/11 - Rn. 22, juris = NZA 2012, 927 [BAG 18.04.2012 - 10 AZR 134/11] ).



Regelfall ist die dauerhafte Übertragung einer Tätigkeit, während die vorübergehende Übertragung die Ausnahme darstellt und deshalb eines ausreichenden Grundes bedarf, um billigem Ermessen zu entsprechen. Allein die mögliche Unsicherheit über die Dauer der Beschäftigungsmöglichkeit mit den übertragenen höherwertigen Tätigkeiten reicht nicht aus. Das Instrument der vorübergehenden Übertragung dient nicht dazu, die Ungewissheit über die Dauer der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit auf den Arbeitnehmer zu verlagern (BAG, Urteil vom 04. Juli 2012 - 4 AZR 759/10 - Rn. 20, juris = ZTR 2013, 24 [BAG 04.07.2012 - 4 AZR 759/10] ).



Grundsätzlich ist es hinzunehmen, wenn der öffentliche Arbeitgeber die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit mit haushaltsrechtlichen Überlegungen, insbesondere mit fehlenden Haushaltsstellen und mit in der haushaltsrechtlichen Situation liegenden Tatsachen begründet. Stehen dem Arbeitgeber auf Dauer keine Stellen zur Verfügung, muss ihm die Möglichkeit bleiben, vorhandene Stellen, die zeitweise ganz oder teilweise nicht besetzt sind, vorübergehend zu besetzen. Hat er zeitweise Stellen zur Verfügung, die höherwertig ausgewiesen sind, kann er diese zur vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten nutzen (BAG, Urteil vom 17. April 2002 - 4 AZR 174/01 - Rn. 54, juris = NZA 2003, 159 [BAG 17.04.2002 - 4 AZR 174/01] ).



Diese Grundsätze gelten auch für eine gemeinsame Einrichtung nach § 44 b SGB II. In der gemeinsamen Einrichtung entscheidet die Trägerversammlung über die organisatorischen, personalwirtschaftlichen, personalrechtlichen und personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung; dazu gehört u. a. die Aufstellung des Stellenplans und der Richtlinien zur Stellenbewirtschaftung (§ 44 c Abs. 2 SGB II). Mit der Zuweisung von Tätigkeiten übertragen die Träger der gemeinsamen Einrichtung die entsprechenden Planstellen und Stellen sowie Ermächtigungen für die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit befristeten Arbeitsverträgen zur Bewirtschaftung (§ 44 k Abs. 1 SGB II). Der von der Trägerversammlung aufzustellende Stellenplan bedarf der Genehmigung der Träger. Bei Aufstellung und Bewirtschaftung des Stellenplanes unterliegt die gemeinsame Einrichtung den Weisungen der Träger (§ 44 k Abs. 2 SGB II).



Die Beklagte hat der Klägerin die höherwertige Tätigkeit in der Tätigkeitsebene III TV-BA ab dem 01.01.2011 zunächst ohne zeitliche Begrenzung ("bis auf weiteres") übertragen. Sie hat erst mit dem Schreiben vom 28.01.2014 das Enddatum (07.02.2014) festgelegt. Das Schreiben vom 05.12.2013 enthält keinen eigenständigen Übertragungsakt, da die Beklagte damit lediglich die bereits laufende vorübergehende Beauftragung von dem bisherigen Jobcenter M. auf das nunmehr neu gebildete Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte Nord übergeleitet hat. Die Beklagte hat die bisherige Beauftragung nicht vorher beendet, sondern nur in die neue Struktur überführt, um Klarheit zu schaffen. Bei der früheren Umstellung von der ARGE auf das Jobcenter zum 01.01.2011 hat sie diesen Hinweis für verzichtbar angesehen und auf die erstmalige Beauftragung mit dem Schreiben vom 03.05.2010 Bezug genommen.



Die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit ab dem 01.01.2011 war trotz der Dauer von mehr als drei Jahren nicht unbillig. Die Interessen der Klägerin erforderten es nicht, ihr die Tätigkeit zwischenzeitlich dauerhaft zu übertragen. Die Beklagte konnte sich ihrerseits auf gewichtige Interessen stützen, die eine nur vorübergehende Übertragung zuließen. Die Beklagte durfte zum 01.01.2011 und in der Folgezeit davon ausgehen, die Klägerin nicht dauerhaft in der Funktion einer Ersten Sachbearbeiterin SGG oder einer Teamleiterin SGG beschäftigen zu können. Zwar besteht der betriebliche Bedarf an dieser Tätigkeit nicht nur vorübergehend, da eine Verringerung der Anzahl von Sachbearbeitern SGG nicht zu erwarten war. Die Beklagte konnte jedoch diese Funktion nicht endgültig vergeben, da zum einen die Wiederbesetzungsoption bei dem damaligen Landkreis M. lag und zum anderen die anstehende Neuordnung im Zuge der Kreisstrukturreform eine Verringerung der Beschäftigungsmöglichkeiten erwarten ließ.



Wenn auch der Landkreis die Wiederbesetzungsoption seinerzeit nicht genutzt hat und mangels geeigneten Personals nicht nutzen konnte, so hat er deshalb aber nicht auf die ihm zustehende Option auf Dauer verzichtet. Dabei ist es unerheblich, dass der Ende 2009 ausgeschiedene, vom Landkreis zugewiesene Sachbearbeiter nicht als Erster Sachbearbeiter oder als Teamleiter tätig war. Die mit der Tätigkeit vom Landkreis übertragene Stelle bot jedenfalls die Möglichkeit einer Beschäftigung als Erste Sachbearbeiterin bzw. Teamleiterin, die im Mai 2010 erstmals genutzt wurde. Die Beklagte durfte zum Zeitpunkt der vorübergehenden Beauftragung im Januar 2011 und in der Folgezeit durchaus davon ausgehen, dass der Landkreis M. oder sein Rechtsnachfolger die Rechte aus der Wiederbesetzungsoption später geltend machen werde. Der Landkreis hat nur vorläufig davon abgesehen, die Stelle mit eigenem Personal wiederzubesetzen.



Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich auf die Wiederbesetzungsoption des Landkreises zu berufen. Sie war nicht gehalten, im Interesse der Klägerin zu einem früheren Zeitpunkt auf einen endgültigen Verzicht des Landeskreises auf eine Wiederbesetzung hinzuwirken oder eine eigene Stelle einzurichten. Bereits im Januar 2011 stand fest, dass mit dem Inkrafttreten des Kreisstrukturgesetzes im September 2011 eine Neuordnung der Jobcenter anstand. Insbesondere wurde es notwendig, die Organisationsform zu vereinheitlichen, da sich der ehemalige Landkreis M.-S. für das Optionsmodell entschieden hatte. Die Beklagte musste zunächst das Ergebnis der Abstimmungsprozesse in dem neu gebildeten Landkreis abwarten, um die Jobcenter entsprechend umstrukturieren zu können. Dass sich die Neuorganisation über mehrere Jahre hinzog, ist angesichts der Tragweite einer Landkreisneuordnung und der damit verbundenen Aufgaben nicht ungewöhnlich. Die Beklagte durfte zunächst den Ausgang dieser Abstimmungsprozesse abwarten, um den eigenen Personalbedarf zuverlässig zu ermitteln. Bei einer Zusammenfassung von Organisationseinheiten ist regelmäßig mit einer Verringerung der Anzahl von Leitungsfunktionen zu rechnen, was ggf. entsprechende Personalmaßnahmen erfordert.



Nachdem der neu gebildete Landkreis im Juni 2013 über die zukünftige Organisationsform entschieden hatte und im Anschluss daran der Übergang des Personals auf die Beklagte geklärt war, stand zwar endgültig fest, dass die Wiederbesetzungsoption des Landkreises nicht mehr zum Tragen kam. Der Beklagten stand es jedoch frei, die Stelle im Wege einer Um- oder Versetzung zu besetzen. Andernfalls hätte die Stelle nur unter Berücksichtigung des Art. 33 Abs. 2 GG, nach dem jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat, vergeben werden dürfen. In der Regel ist eine Stelle vorher auszuschreiben. In das Auswahlverfahren sind alle geeigneten Bewerber einzubeziehen.



Die Beklagte durfte die vorübergehende höherwertige Beauftragung der Klägerin über den 31.12.2013 hinaus bis zum 07.02.2014 aufrechterhalten. Das gilt unabhängig davon, ob im Dezember 2013 mit einer Rückkehr von Frau B.-W. an ihren Arbeitsplatz zu rechnen war oder nicht. Nachdem die neue Teamleiterin, Frau G., Anfang Januar 2014 ihre Arbeit in dem neu gebildeten Jobcenter Mecklenburgische Seenplatte Nord angetreten hatte, galt es, die laufenden Rechtsstreite und die sonstigen anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß zu übergeben. Die Beklagte durfte angesichts der soeben vollzogenen Neuordnung der Jobcenter von einem gewissen Mehraufwand ausgehen und eine kurzzeitige Doppelbesetzung der Funktion für zweckmäßig halten. Ob die Beschäftigung der Klägerin in der höherwertigen Funktion vom 01.01. bis 07.02.2014 tatsächlich für eine ordnungsgemäße Übergabe des Arbeitsplatzes notwendig war, ist unerheblich. Sie war jedenfalls sachdienlich und im Übrigen wegen des Zulagenanspruchs auch im Interesse der Klägerin.



Die Interessen der Klägerin haben demgegenüber geringeres Gewicht. Zu berücksichtigen ist einerseits ein materielles Interesse an einer dauerhaften Sicherung des höheren Einkommens und andererseits ein immaterielles Interesse an der höherwertigen Tätigkeit, die mit einer bestimmten Stellung im Betrieb oder in der Dienststelle verbunden ist. Je länger ein Beschäftigter eine höherwertige Tätigkeit wahrnimmt, desto mehr richtet er sich auf diese Position ein. Im Hinblick auf das immaterielle Interesse kann von Bedeutung sein, auf welchen Grund die nur vorübergehende Übertragung zurückgeht. Betriebliche Gründe, die allein in der Sphäre des Arbeitgebers liegen und auf die der Arbeitnehmer keinen Einfluss hat, beeinträchtigen das Ansehen im Betrieb regelmäßig nicht. Darüber hinaus ist für das Interesse des Arbeitnehmers an einer Beibehaltung der höherwertigen Tätigkeit von Bedeutung, in welchem Umfang der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Vertrauen hierauf geweckt hat.



Die nur vorübergehende Beauftragung der Klägerin als Erste Sachbearbeiterin geht ausschließlich auf betriebliche Gründe zurück. Die langjährige Dauer dieser Beauftragung ist der Kreisneuordnung und der damit einhergehenden Neuordnung der Jobcenter geschuldet. Die zeitliche Dauer der Umstrukturierung war den Umständen nach angemessen. Die Beklagte hat die Prozesse nicht verzögert. Sie hat gegenüber der Klägerin auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf eine dauerhafte Übertragung der Aufgaben hervorgerufen. Die Klägerin konnte zwar davon ausgehen, keine schlechten Chancen bei einer endgültigen Vergabe der Funktion zu haben; verlassen konnte sie sich hierauf aber nicht. Sie kannte die anstehende Neuordnung der Jobcenter und das damit verbundene Risiko einer Zusammenfassung von Aufgaben und Funktionen. Im Falle einer Rückkehr von Frau B.-W. wäre diese vorrangig zu berücksichtigen gewesen. Mit der nur vorläufigen Beauftragung der Klägerin vermied die Beklagte die Gefahr einer späteren dauerhaften Doppelbesetzung in der Funktion der Ersten Sachbearbeiterin bzw. Teamleiterin. Eine dauerhafte Aufgabenübertragung hätte den laufenden Umstrukturierungsprozess erschwert und ggf. zusätzliche Personalmaßnahmen erfordert.



Da die nur vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit billigem Ermessen entsprach, war die Zwischenfeststellungsklage abzuweisen. Der Antrag zu Ziffer 3 auf Zahlung einer Funktionsstufe ist nicht zur Entscheidung angefallen.



Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

VorschriftenArt. 1 Kreisstrukturgesetz M-V, § 6 d SGB II, § 10 Abs. 1 Landkreisneuordnungsgesetz M-V, § 6 a Abs. 2 SGB II, § 4 Abs. 2 des Landesausführungsgesetzes SGB II M-V, § 256 Abs. 1 ZPO, § 256 Abs. 2 ZPO, § 106 GewO, § 315 BGB, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB, § 44 b SGB II, § 44 c Abs. 2 SGB II, § 44 k Abs. 1 SGB II, § 44 k Abs. 2 SGB II, Art. 33 Abs. 2 GG, § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO

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