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02.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100215

Oberlandesgericht Jena: Beschluss vom 23.06.2009 – 5 U 12/09

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


5 U 12/09
THÜRINGER OBERLANDESGERICHT
Beschluss
In dem Rechtsstreit
....
hat der 5. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Ross, den Richter am Oberlandesgericht Bayer und die Richterin am Oberlandesgericht Rothe
am 23.06.2009 beschlossen:
Der Antrag der Kläger vom 04.03.2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Der Antrag der Kläger vom 04.03.2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von den Klägern eingelegte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 28.11.2008, Az. 8 O 1858/06, ist zurückzuweisen, da es der Berufung an hinreichenden Erfolgsaussichten i.S. des § 114 ZPO fehlt.
Zutreffend und ohne Beweiswürdigungsfehler hat das Landgericht den, von den Klägern zu führenden Nachweis für die Beauftragung einer sog. Vollarchitektur, d.h. die Übertragung sämtlicher Leistungsphasen, nämlich der Leistungsphasen 1 — 9 gemäß § 15 HOAI im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages, für nicht erbracht angesehen.
Mangels Vermutung oder ersten Anscheins für einen bestimmten Vertragsumfang (vgl. z.B. auch Palandt-Sprau, 68. Aufl., Rdn 19 zu § 631 BGB m.weit.Nachw.) obliegt den Klägern vorliegend die volle Darlegungs- und Beweislast für die von ihnen behauptete Beauftragung der Beklagten mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 — 9 des § 15 HOAI.
Die Kläger können sich insoweit nicht mit Erfolg auf die erstinstanzlich unter Anlagen K 13 und 14 vorgelegten Unterlagen berufen. Diese Unterlagen sind auch nach Auffassung des Senates nicht geeignet, den Nachweis eines über eine Vollarchitektur geschlossenen Vertrages zu erbringen. Ebenso wenig kommt diesen Unterlagen eine zur Nachweisführung der Kläger ausreichende Indizwirkung zu.
Soweit die Beklagte in der Anlage K 14 als "Bauleitung" angeführt wurde kann hieraus, ebenso wenig wie aus der Angabe ihrer Mobilfunknummer — auch nicht als Indiz — der Schluss gezogen werden, dass die Beklagte von den Klägern über die Leistungsphasen 1 — 4 auch mit der Erbringung der Leistungsphasen 5- 9 des § 15 HOAI beauftragt war.
Gegen eine solche Schlussfolgerung spricht nach Ansicht des Senates bereits entscheidend, dass der Begriff der "Bauleitung" mit dem eines "Bauüberwachers" i.S.d. § 15 Abs. 2 Nr. 8 HOAI nicht identisch ist. So ist der Bauleiter nach allgemeinen Sprachverständnis dafür zuständig, zu überwachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, während der Objektüberwacher eine Ausführung des Objektes gemäß der vertraglichen zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrrn schuldet. Demgegenüber muss der Bauleiter gerade nicht darauf achten, dass die vertraglichen Anforderungen, die sich aus dem Vertrag mit dem Objektüberwacher ergeben, erfüllt werden. Deshalb kann der Bauleiter auch nicht von dem Bauherrn auf der Basis seiner Bauleiterfunktion wegen Mängeln der Bauleistung in Anspruch genommen werden (vgl. zum Ganzen auch Motzke/Preussner-Kehrmann, Die Haftung des Architekten, 9. Aufl., R Rdn. 38,39 m.weit.Nachw.).
Abgesehen davon, dass somit die Bezeichnung als "Bauleitung" noch nicht die Aufgabe der Bauüberwachung i.S.d. § 15 Abs. 2 Nr. 8 HOAI beinhaltet, kann vorliegend aus dieser Bezeichnung in der Anlage K 14 aber auch deshalb kein Indiz für eine, über die Leistungsphasen 1- 4 hinausgehende Beauftragung abgeleitet werden, weil die Beklagte bereits erstinstanzlich bestritten hat, dass die sich auf der Anlage befindliche Unterschrift von ihr stammt und diese zugleich unwidersprochen vorgetragen hat, dass es sich insoweit um ein lediglich aus Textbausteinen zusammengesetztes Leistungsverzeichnis handele.
Hieran ändert auch die Angabe der Mobilfunknummer der Beklagten nichts. Entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung, deutet dies insbesondere nicht zwingend darauf hin, dass die Beklagte eine Objektüberwachung übernommen habe, sondern stellt nur die Erreichbarkeit der Beklagten auch außerhalb ihres Büros sicher. Dass die Beklagte im Falle der Nichterreichbarkeit in ihrem Büro mit einer Objektüberwachung bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben beschäftigt sein müsse, stellt indes eine nicht schlüssige Folgerung der Kläger dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte 4;) wohl nicht nur einen Auftrag hatte und auch anderweitige Aufgaben außerhalb des Büros zu erledigen hatte. Hinzu kommt, dass es sich bei der Anlage K 14, wie bereits ausgeführt, nach dem Vortrag der Beklagten um ein aus Textbausteinen zusammengesetztes Leistungsverzeichnis handelt.
Auch dem unter Anlage K 13 vorgelegten Schreiben der Beklagten an den Zeugen P### kommt entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung keine, zur Nachweisführung ausreichende Indizwirkung zu.
Vielmehr kann diesem Schreiben nach seinem Inhalt auch nach Auffassung des Senates lediglich entnommen werden, dass die Beklagte, wie diese i.Ü. auch einräumt, sich um eine Unterstützung des, den Klägern behilflich gewesenen Zeugen P###, bemüht hat. Hierfür spricht auch, dass dem Schreiben ein Schreiben des Zeugen P### vorausgegangen war und es sich nicht um ein unmittelbares Anschreiben der Beklagten an die Kläger handelt, wie dies im Falle einer Beauftragung der Beklagten mit der Bauüberwachung zu erwarten wäre.
Auch die von den Klägern erhobene Rüge einer nicht vollständig durchgeführten Beweisaufnahme geht nach Auffassung des Senates fehl. Denn bereits aus dem erstinstanzlichen Vortrag der Kläger ergibt sich nach Ansicht des Senates, dass sich die Kläger darüber klar waren, dass zwischen ihnen und der Beklagten keine Vereinbarung über den Umfang der von dieser zu erbringenden Architektenleistungen getroffen wurde. Dies ergibt sich aus der eigenen Einlassung des Klägers zu 1) zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2007. Dass beiden Parteien, wie der Kläger zu 1) dort weiter ausgeführt hat, klar gewesen sei, dass für die gesamte Baumaßnahme ein Architekt benötigt werde, ersetzt keine Einigung der Parteien über den Umfang der von der Beklagten zu erbringenden Architektenleistungen. Vor diesem Hintergrund des eigenen Vortrages der Kläger kommt dem unter Beweis des Zeuge H### gestellten weiteren Vortrag der Kläger, dass die Beklagte mehrfach beteuert habe, für die ordnungsgemäße Fertigstellung des Bauvorhabens persönlich mit Unterstützung des Gehilfen P### Sorge zu tragen, nach Ansicht des Senates keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass ein "dafür Sorge tragen wollen" nicht gleichbedeutend mit einem Einverständnis zur persönlichen Erbringung der Leistungsphasen 5 — 9 nach § 15 HOAI ist.
Auch die Würdigung der Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen H### und P### durch das Landgericht als unergiebig, greifen die Kläger mit der Berufung ohne Erfolg an.
Auf das von der Zeugin H### geschilderte, mit der Beklagten im Vorfeld geführte Gespräch kommt es entscheidungserheblich nicht an, da diese Zeugin über die tatsächlich in dem späteren Vertragsgespräch zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen keine Aussage treffen konnte.
Zu Recht hat das Landgericht auch die Aussage des Zeugen P###, dass dieser die Kläger mehrfach auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Architekten hingewiesen habe, für entscheidungserheblich angesehen.
Dem steht entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht auch nicht die weitere Erklärung des Zeugen P### entgegen, dass der Kläger zu 1) ihm darauf erwidert habe, dass er Termine mit der Beklagten vereinbart habe. Denn dies besagt nichts darüber, zu welchem Zweck die Termine vereinbart wurden, d.h. ob die Beklagte bereits über die Leistungsphasen 1 - 4 hinaus beauftragt war oder etwa in diesen Terminen eine solche Beauftragung erst von Seiten der Kläger in Angriff genommen werde sollte, es zu dieser dann aber nicht gekommen ist.
Infolge der von dem Zeugen P### bestätigten mehrfachen Hinweise auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Architekten können sich die Kläger auch nicht mit Erfolg auf eine, die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtende Hinweispflichtverletzung berufen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte aufgrund ihrer Beauftragung mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 — 4 die Kläger auf die Notwendigkeit einer Beauftragung eines Architekten mit den Leistungsphasen 5 — 9 ausdrücklich hätte hinweisen müssen oder es sich insoweit, wie die Beklagte meint, um nicht hinweispflichtiges Allgemeinwissen handelt. Denn jedenfalls müsste diesbezüglich aufgrund der Hinweise des Zeugen P### von einem so erheblichen Mitverschulden der Kläger ausgegangen werden, dass dieses eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten hier ausschließen würde. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die Kläger die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 13.10.2006 unter Fristsetzung zur Erbringung der als geschuldet behaupteten Leistungen aufgefordert haben, d.h. mehr als 4 Monate nach der letzten durch die Beklagte gestellten Rechnung und einem Zeitpunkt, in dem die Mängel bereits eingetreten waren.
Soweit die Kläger ferner mit der Berufung auf ihren Vortrag im Schriftsatz vom 2.10.08 Bezug nehmen, mit dem unter Beweisangebot vorgetragen wurde, dass auch der Zeuge P### die Beklagte als die mit der der Objektüberwachung beauftragte Architektin angesehen habe, kommt dem, entgegen der von den Klägern vertretenen Ansicht, ebenfalls keine indizielle Bedeutung für eine tatsächliche Beauftragung der Beklagten mit der Erbringung der Leistungsphasen 5 — 9 zu. Dies nämlich besagt nichts darüber, durch wessen Verhalten der Zeuge P### zu dieser Einschätzung gelangt ist. War dies aber z.B. deshalb der Fall, weil die Kläger dem Zeugen P### gegenüber fälschlicherweise diesen Anschein erweckt haben, ist dies als Indiz für eine tatsächliche Beauftragung der Beklagten von vorne herein ungeeignet und lässt allenfalls die Schlussfolgerung zu, dass die Kläger irrigerweise davon ausgegangen sind, die Beklagte bereits über die Leistungsphasen 1- 4 hinaus beauftragt zu haben.
Hinzu kommt, dass die Abrechnungsweise der Beklagten, wie das Landgericht nach Auffassung des Senates ebenfalls zu Recht ausgeführt hat, gegen ihre Beauftragung mit der Erbringung von Leistungen der Leistungsphasen 5 — 9 des § 15 HOAI spricht. Dies gilt insbesondere für die Abrechnung nach Stunden in der Rechnung vom 19.6.2006, welche zeigt, dass jedenfalls die Beklagte nicht von der Beauftragung mit den Leistungsphasen 5 — 9 ausgegangen ist.
Schließlich vermag auch die formale, mit der Berufung erhobene Rüge der Kläger, dass das Landgericht die mündliche Verhandlung hätte wiedereröffnen müssen und dieses der Beklagten keinen Schriftsatznachlass auf den nachgelassenen Schriftsatz der Kläger hätte einräumen dürfen, ohne in das schriftliche Verfahren überzugehen, der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar ist diese Rüge im Grundsatz zutreffend. Dieser Verfahrensfehler des Landgerichtes hat sich auf die getroffene Entscheidung im Ergebnis aber nicht ausgewirkt, weil der nachgelassene Schriftsatz der Kläger vom 2.10.2008 kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen enthalten hat und insofern auch keine Gründe für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO bestanden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1 GKG, 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.

RechtsgebieteBGB, ZPOVorschriftenBGB §§ 133, 157, 241 Abs. 2; ZPO §§ 156, 283, 522 Abs. 2

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