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  • 03.03.2008 | Gebührenanrechnung

    Gebührenanrechnung bei Kündigung und Räumungsrechtsstreit

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    1. Der Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit eines Rechtsanwalts, der mit der Beratung des Vermieters über das Kündigungsrecht und dem Ausspruch der Kündigung beauftragt ist, betrifft das Räumungsverlangen des Vermieters und somit denselben Gegenstand wie eine spätere gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen der Räumungsklage.  
    2. Die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts für die vorgerichtliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Kündigung ist gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG, § 41 Abs. 2 GKG nach dem einjährigen Bezug der Nettomiete zu berechnen und im Rahmen der Vorbem. 3 Abs. 4 VV auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Räumungsrechtsstreits anzurechnen.  

     

    Praxishinweis

    Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr eines späteren Rechtsstreits erfolgt nur, wenn die Geschäftsgebühr „wegen desselben Gegenstands” entstanden ist. Neben einem zeitlichen Zusammenhang des Rechtsstreits mit der außergerichtlichen Tätigkeit des Anwalt sowie eines personellen Zusammenhangs der beteiligten Personen wird dabei auch ein sachlicher Zusammenhang zwischen der vorprozessualen Tätigkeit und dem gerichtlichen Streitstoff verlangt.  

     

    Ob die letzte Voraussetzung erfüllt ist, wenn der Anwalt außergerichtlich die Kündigung eines Mietvertrags erklärt und sodann den Räumungsprozess führt, ist umstritten. Nach einer Ansicht fehlt der für eine Anrechnung erforderliche innere Zusammenhang, weil die Kündigung auf die Beendigung des Mietverhältnisses abziele, der Räumungsanspruch die Beendigung aber gerade voraussetze (LG Mönchengladbach AGS 06, 6 m. Anm. Mock; LG Karlsruhe AGS 06, 112 m. Anm. N. Schneider; LG Bückeburg AGS 07, 121 m. Anm. N. Schneider; Mock, BRAGO prof. 00, 105). Die Gegenmeinung nimmt eine wertende Betrachtung vor, wonach die Kündigung als anspruchsbegründende Voraussetzung für den Räumungsanspruch Gegenstand des Räumungsprozesses und die Aufspaltung in zwei unterschiedliche Gegenstände daher willkürlich sei (OLG Frankfurt AGS 05, 390 m. Anm. N. Schneider; AG Königstein NZM 04, 548; AG Hamburg-Altona AGS 07, 24 m. Anm. N. Schneider und Schons). Dieser zweiten Ansicht hat sich in der Entscheidung vom 14.3.07 nun auch der 8. Zivilsenat des BGH angeschlossen und eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorgenommen.  

     

    Die Begründung des BGH überzeugt jedoch nicht. Zwar wird zutreffend das gesetzgeberische Ziel der Anrechnungsnorm dargelegt, wonach die gleiche Tätigkeit nicht zweimal honoriert werden soll, wenn sie als außergerichtliche und später als gerichtliche betrieben wird, während sie bei sofortiger gerichtlicher Geltendmachung nur einmal vergütet worden wäre. Anstatt aber diese Zielsetzung im Fall von Kündigung und Räumungsklage zu untersuchen, postuliert der BGH im folgenden Teil seiner Begründung nur noch die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, nach der Kündigung und Räumungsklage einen inneren Zusammenhang aufwiesen. Die verwendeten Formulierungen lassen erahnen, dass dem BGH die anwaltliche Vergütung ohne eine Anrechnung schlicht als zu hoch erschien.