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  • Abgeltungsbereich der Gebühren
    Gebührenrechtliche Angelegenheit im RVG
    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    § 15 RVG enthält Regelungen über die gebührenrechtliche Angelegenheit und zur Gebührenberechnung. Inhaltlich wird § 13 BRAGO übernommen. Der folgende Beitrag stellt die Einzelheiten des § 15 RVG dar.
    RVG sieht eine pauschale Gebührenabgeltung vor
    Nicht jede einzelne Maßnahme des Anwalts wird vergütet. Er bekommt vielmehr nach § 15 Abs. 1 RVG eine pauschale Gebühr, die sämtliche Einzeltätigkeiten innerhalb derselben Angelegenheit abdeckt. Die Gebühr fällt also nur einmal an, selbst wenn der Gebührentatbestand mehrmals verwirklicht wird, solange es sich um dieselbe Angelegenheit handelt.
    Beispiel 1: Anfall einer Terminsgebühr
    Anwalt R nimmt an einer mündlichen Verhandlung teil. Das AG beraumt auf Grund des ergänzten Vortrags der Parteien einen weiteren Verhandlungstermin an. Obwohl R an zwei Verhandlungsterminen teilgenommen hat, erhält er die Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) nur einmal.
    Die Gebühren können erneut verlangt werden, wenn der Anwalt in einer neuen Angelegenheit tätig wird. Der Begriff Angelegenheit ist daher ein zentrales Thema der anwaltlichen Gebührenberechnung. Dies hat sich auch beim RVG nicht geändert, da die grundsätzliche Struktur mit der der BRAGO identisch ist. Der Gesetzgeber strebt aber in §§ 16 ff. RVG eine weitgehende Konkretisierung dieses Begriffs an. Ob dieselbe oder verschiedene Angelegenheit(en) vorliegen, ist nach dem RVG wie folgt zu prüfen:
  • Nach §§ 16 bis 19 RVG ist zu ermitteln, ob es eine ausdrückliche Regelung gibt, die die anwaltlichen Tätigkeiten derselben Angelegenheit bzw. dem Rechtszug zuordnet.
  • Findet sich in diesen Vorschriften keine Regelung, sind die von der Rechtsprechung zu § 13 BRAGO entwickelten und nachfolgend dargestellten Kriterien zu prüfen, die auch für § 15 RVG weiter gelten.
    Begriff Angelegenheit bei außergerichtlicher Tätigkeit ist nicht definiert
    Wie schon in § 13 BRAGO fehlt es auch in § 15 RVG an einer Definition für den Begriff der Angelegenheit im Bereich der außergerichtlichen Tätigkeiten. In Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass es für eine Angelegenheit darauf ankommt, welchen Auftrag der Anwalt erhalten hat (BGH NJW 95, 1431). Die anwaltlichen Leistungen betreffen dieselbe Angelegenheit, wenn
  • ein einheitlicher Auftrag zu Grunde liegt und zwischen ihnen
  • ein innerer Zusammenhang sowie
  • ein einheitlicher Rahmen besteht.
    Einheitlicher Auftrag: Bei mehreren (Teil-)Aufträgen liegt ein einheitlicher Auftrag vor, wenn Einigkeit zwischen Anwalt und Mandant besteht, dass die Aufträge gemeinsam behandelt werden sollen und die neuen Aufträge sukzessive Erweiterungen des Ursprungsauftrags sind. Soweit der Anwalt dagegen mit neuen Tätigkeiten betraut wird, die mit dem ursprünglichen Auftrag nicht zusammenhängen, liegt eine neue Angelegenheit vor. Dasselbe gilt, wenn die weiteren Aufträge erst nach vollständiger Erledigung des ersten Auftrags ausgeführt werden können.
    Beispiel 2: Neuer Auftrag
    Der Anwalt wird beauftragt, den Gegner zur Nachbesserung eines mangelhaften Werkes aufzufordern. Für den Fall, dass dies ohne Erfolg bleibt, wird er beauftragt, den Rücktritt zu erklären und Wandlungsklage zu erheben. Hier kann der zweite Auftrag aus Rechtsgründen erst bei Scheitern des ersten Auftrags und nicht mit diesem gemeinsam behandelt werden.
    Beim Auftrag mehrerer Personen liegt dieselbe Angelegenheit vor, wenn diese gemeinsam am Gegenstand beteiligt sind, z.B. als Erbengemeinschaft, oder wenn es um ein einheitliches Rechtsverhältnis geht.
    Gleicher Rahmen: Dieser ist gegeben, wenn das Mandat einheitlich bearbeitet werden kann. Bei mehreren Gegenständen kann man den gleichen Rahmen noch bejahen, wenn sich beide Begehren gegen denselben Gegner richten und einheitlich vorgegangen werden kann.
    Beispiel 3: Gleicher Rahmen
    Anwalt R fordert vom Mieter des Mandanten in einem Schreiben Zahlung rückständiger Miete und Unterlassung des ruhestörenden Lärms.
    Innerer Zusammenhang: Dieser ist bei mehreren Gegenständen zu bejahen, wenn diese auf einem einheitlichen Lebensvorgang beruhen und in einem einheitlichen Gerichtsverfahren geltend gemacht werden können. Verschiedene Angelegenheiten liegen vor, wenn Ansprüche in verschiedenen Rechtszügen oder Rechtswegen verfolgt werden müssten.
    Beispiel 4: Kein innerer Zusammenhang
    Der Anwalt soll im Auftrag eines Miteigentümers die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Durchführung einer baulichen Veränderung sowie einen in der Anlage wohnenden Mieter auf Unterlassung der Garagennutzung zur Nachtzeit in Anspruch nehmen. Der Anspruch gegen die Gemeinschaft wäre nach § 43 WEG im FGG-Verfahren vor dem AG (WEG-Abteilung) geltend zu machen, der Unterlassungsanspruch gegen den Mieter im Streitverfahren vor dem AG (Zivilabteilung).
    RVG regelt aber den Begriff Angelegenheit in Gerichtsverfahren
    Nach § 15 Abs. 2 S. 2 RVG gilt jeder Rechtszug als eine besondere Angelegenheit. Rechtszug meint grundsätzlich den prozessualen Rechtszug, so dass jede Instanz in der Regel auch eine eigene Angelegenheit darstellt. Die beiden Begriffe sind allerdings nicht völlig deckungsgleich. Auch innerhalb desselben Rechtszugs können mehrere Angelegenheiten vorliegen.
    Beispiel 5: Verschiedene Angelegenheiten
    Dem Urkundsverfahren folgt das Nachverfahren. Beide finden innerhalb derselben prozessualen Instanz statt. Sie bilden aber nach § 17 Nr. 5 RVG verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten.
    Umgekehrt können auch mehrere prozessuale Rechtszüge eine Angelegenheit sein. Für die Abgabe und (Zurück-)Verweisung eines Rechtsstreits ist der Umfang des gebührenrechtlichen Rechtszugs in §§ 20 und 21 RVG geregelt. § 19 RVG regelt den Umfang des Rechtszugs im Hinblick auf Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten. Werden mehrere Gerichtsverfahren nebeneinander geführt, liegen mehrere Angelegenheiten vor, solange die Verfahren nicht miteinander verbunden sind.
    Bei verschiedenen Gebührensätzen muss gesondert gerechnet werden
    Fallen innerhalb derselben Angelegenheit die Gebühren nach verschiedenen Gebührensätzen an, werden für die jeweiligen Teile des Gegenstands die Gebühren zunächst gesondert berechnet. Nach § 15 Abs. 3 RVG darf die Summe der Einzelgebühren den Wert einer Gebühr nach dem höchsten Gebührensatz nicht übersteigen. Ist dies der Fall, sind die Einzelgebühren auf diesen Betrag zu begrenzen. Gebühren nach unterschiedlichen Gebührensätzen fallen beispielsweise an, wenn ein Vergleich unter Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche geschlossen wird oder nur ein Teil des Anspruchs gerichtlich geltend gemacht wird.
    Beispiel 6: Gebührenbegrenzung
    Der Mandant erteilt Prozessauftrag für einen Anspruch in Höhe von 10.000 EUR. Anwalt R erhebt Klage auf Zahlung von 7.600 EUR, da nach seiner Prüfung der Restbetrag verjährt ist. Nach mündlicher Verhandlung wird der Klage stattgegeben. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung:  
    1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG aus 7.600 EUR 535,60 EUR
    0,8 Verfahrensgebühr Nrn. 3100, 3101 VV RVG aus 2.400 EUR 128,80 EUR
    Zusammen ergäbe sich ein Betrag von 664,40 EUR. Nach § 15 Abs. 3 RVG kann die Verfahrensgebühr aber nur in Höhe einer Verfahrensgebühr von 1,3 aus 10.000 EUR geltend gemacht werden. 631,80 EUR
    1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG aus 7.600 EUR 494,40 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
      1.146,20 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 183,39 EUR
      1.329,59 EUR
       
    R kann insgesamt 1.329,59 EUR abrechnen.  
    Kommt es im Gerichtsverfahren zum Mehrvergleich, gilt Folgendes:
    Beispiel 7: Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche
    Rechtsanwalt R klagt 10.000 EUR ein. In der mündlichen Verhandlung wird beantragt, auch die Einigung über den nicht rechtshängigen Anspruch über 5.000 EUR zu protokollieren. Es wird ein Vergleich mit Stundung und Verzicht auf Zinsen über 15.000 EUR geschlossen. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung:  
    1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG aus 10.000 EUR 631,80 EUR         
    0,8 Verfahrensgebühr Nr. 3100, 3101 VV RVG aus 5.000 EUR 240,80 EUR         
    Nach § 15 Abs. 3 RVG kann die Verfahrensgebühr nicht in dieser Höhe (872,60 EUR), sondern maximal in Höhe einer Verfahrensgebühr von 1,3 aus 15.000 EUR geltend gemacht werden 735,80 EUR
    1,0 Einigungsgebühr Nrn. 1000, 1003 VV RVG aus 10.000 EUR 486,00 EUR         
    1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG aus 5.000 EUR 451,50 EUR         
    Nach § 15 Abs. 3 RVG kann die Einigungsgebühr nicht in dieser Höhe (937,50 EUR), sondern maximal in Höhe einer Einigungsgebühr von 1,5 aus 15.000 EUR geltend gemacht werden 849,00 EUR
    1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG aus 10.000 EUR 583,20 EUR
    Für den nicht rechtshängigen Anspruch über 5.000 EUR fällt keine Terminsgebühr an, Nr. 3104 Abs. 3 VV RVG 
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
      2.188,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 350,08 EUR
      2.538,08 EUR
       
    R kann insgesamt 2.538,08 EUR abrechnen.  
    Die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG gilt nur für dieselbe Angelegenheit und nicht, wenn kraft Gesetzes verschiedene Angelegenheiten vorliegen, wie z.B. bei Verhandlung im Nachverfahren (§ 17 Nr. 5 RVG).
    Vorzeitige Erledigung berührt in der Regel entstandene Gebühren nicht
    Nach § 15 Abs. 4 RVG hat es auf entstandene Gebühren in der Regel keinen Einfluss, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder wenn der Auftrag vor seiner Erledigung endet. Ebenso wie der Pauschalcharakter der Gebühr dazu führt, dass sie sämtliche Tätigkeiten des Anwalts in derselben Angelegenheit abdeckt, bleibt sie umgekehrt auch von einer Verringerung des Tätigkeitsumfangs unberührt. Ein Auftragsende vor Erledigung der Angelegenheit liegt vor, wenn der Anwaltsvertrag endet, bevor der Anwalt den Auftrag vollständig erfüllt hat, z.B. wenn der Anwaltsvertrag gekündigt, aufgehoben oder seine Erfüllung unmöglich wird. Eine vorzeitige Erledigung der Angelegenheit liegt vor, wenn der Auftrag aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht mehr erledigt werden kann.
    Beispiel 8: Vorzeitige Erledigung der Angelegenheit
    Anwalt R wird mit der gerichtlichen Durchsetzung eines Räumungsanspruchs beauftragt. Vor der mündlichen Verhandlung räumt der Gegner freiwillig die Wohnung. Der Auftrag hat sich damit vorzeitig erledigt. Dennoch erhält der Anwalt die Verfahrensgebühr von 1,3 nach Nr. 3100 VV RVG, da er vor Erledigung des Auftrags Klage eingereicht hat.
    Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen. Abweichende Bestimmungen finden sich für Wertgebühren z.B. in Nrn. 3101, 3201, 3207, 3209, 3306 VV RVG. Während § 32 BRAGO die vorzeitige Beendigung regelte, hat der Gesetzgeber diese Regelung nun unmittelbar mit dem betreffenden Gebührentatbestand des RVG verbunden. Für Rahmengebühren gilt der Grundsatz weiter, dass das vorzeitige Ende der Tätigkeit und der damit verbundene geringere Arbeitsumfang bei der Gebührenbestimmung nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen ist.
    Bei einer einvernehmlichen Aufhebung des Anwaltsvertrags richtet sich der Gebührenanspruch primär nach der Aufhebungsvereinbarung. Enthält diese keine Regelung, ist der Rückgriff auf § 15 Abs. 4 RVG möglich und die bisher angefallenen Gebühren können voll verlangt werden.
    Im Fall einer Kündigung (§ 627 Abs. 1 BGB) gilt Folgendes:
  • Kündigt der Anwalt wegen vertragswidrigen Verhaltens des Mandanten (z.B. mangels Zahlung des Vorschusses trotz angekündigter Mandatsniederlegung, vorsätzlich falsche Information, Geltendmachung unbegründeter Ansprüche), kann er nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB i.V. mit § 15 Abs. 4 RVG sämtliche angefallenen Gebühren voll fordern.
  • Kündigt der Anwalt, ohne dass der Mandant sich vertragswidrig verhalten hat, kann er insoweit keine Vergütung mehr fordern, als die bisherige Tätigkeit des Anwalts für den Mandanten nicht mehr von Interesse ist (§ 628 Abs. 1 S. 2 BGB). Muss der Mandant einen zweiten Anwalt beauftragen, der das Mandat beendet, ist ein Vergütungsanspruch des ersten Anwalts ausgeschlossen (BGH JurBüro 84, 1659). Einer Aufrechnungserklärung des Mandanten bedarf es nicht (BGH NJW 84, 41). Der erste Anwalt kann also nur noch die Gebühren verlangen, die bei der Tätigkeit seines Nachfolgers nicht angefallen sind.
  • Kündigt der Mandant, weil sich der Anwalt vertragswidrig verhalten hat (z.B. grobe Pflichtverletzungen), erlischt der Vergütungsanspruch des Anwalts, soweit seine Leistung für den Mandanten kein Interesse mehr hat (§ 628 Abs. 1 S. 2 BGB). Zudem ist der Anwalt dem Mandanten schadenersatzpflichtig (§ 628 Abs. 2 BGB). Der Schaden kann insbesondere in den Kosten für die Erhebung einer aussichtslosen Klage liegen. In diesen Fällen kann der Anwalt keine Vergütung verlangen.
  • Kündigt der Mandant, ohne dass sich der Anwalt vertragswidrig verhalten hat, kann dieser die bereits angefallenen Gebühren sowie diejenigen Gebühren verlangen, die ohne eine Kündigung des Mandates voraussichtlich angefallen wären. Er muss sich aber diejenigen Einkünfte anrechnen lassen, die er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erzielt oder schuldhaft nicht erzielt hat.
    Wird die Vertragserfüllung für den Anwalt unmöglich, gilt allgemeines Schuldrecht, da die §§ 626 ff. BGB dies nicht regeln. Verliert z.B. der Anwalt seine Zulassung, erlischt der Anspruch des Mandanten, § 275 Abs. 1 BGB. Ob der Anwalt den Anspruch auf die Gegenleistung behält, regelt § 326 BGB: Mit Eintritt der Unmöglichkeit entfällt grundsätzlich der Vergütungsanspruch. Ob der Anwalt die entstandenen und eventuell weitere Gebühren erhält, hängt davon ab, wer die Unmöglichkeit zu vertreten hat:
  • Hat keine der Parteien den Umstand, der zur Unmöglichkeit führte, zu vertreten, z.B. bei Aufgabe der Zulassung wegen Krankheit, hat der Anwalt nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB i.V. mit § 15 Abs. 4 RVG Anspruch auf entstandene, nicht aber auf weitere Gebühren.
  • Hat der Anwalt die Unmöglichkeit zu vertreten, z.B. wegen Verlust der Zulassung, verliert er den Anspruch auf künftig entstehende Gebühren nach § 326 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus ist er nach § 275 Abs. 4, § 281, § 283 BGB dem Mandanten schadenersatzpflichtig, zumindest für den Betrag, den der Mandant für die Tätigkeit eines neuen Anwalts aufbringen muss. Darüber hinaus entstandene Gebühren stehen ihm zu.
  • Hat der Mandant die Unmöglichkeit allein oder überwiegend zu vertreten, behält der Anwalt seinen Vergütungsanspruch, § 326 Abs. 2 S. 1 BGB. Er kann die Gebühren verlangen, die ohne Eintritt der Unmöglichkeit voraussichtlich angefallen wären. Er muss sich aber das anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, § 326 Abs. 2 S. 2 BGB.
    Keine weiteren Gebühren bei neuem Auftrag in derselben Angelegenheit
    Wird der Anwalt, nach seiner Tätigkeit erneut beauftragt, erhält er nach § 15 Abs. 5 S. 1 RVG nicht mehr an Gebühren, als wenn er von vornherein auch den weiteren Auftrag erhalte hätte. Er soll für mehrere Einzeltätigkeiten nicht mehr Gebühren erhalten als beim umfassenden Auftrag (Grundsatz der Einmaligkeit der Gebühr). Es muss sich aber um dieselbe Angelegenheit handeln. Bei neuen Angelegenheiten oder nach vollständiger Erledigung der bisherigen fallen neue Gebühren an.
    Beispiel 9: Mahnverfahren und anschließender Prozess
    Nach dem Mahnverfahren wird der Anwalt im streitigen Verfahren tätig. Es sind verschiedene Angelegenheiten, § 17 Nr. 2 RVG, für die eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG und nach Nr. 3100 VV RVG anfällt. Die Anmerkung zu Nr. 3305 VV RVG sieht eine Anrechnung vor.
    § 15 Abs. 5 S. 2 RVG schränkt den Grundsatz des § 15 Abs. 5 S. 1 RVG ein. Liegen zwischen der Erledigung des ersten und der Erteilung des weiteren Auftrags zwei Kalenderjahre, gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit. Es können neue Gebühren anfallen. Die Zweijahresfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der frühere Auftrag erledigt wird. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG normiert den Wegfall der Anrechnungsvorschriften. Dieser Wegfall gilt auch, wenn zwischen zwei Aufträgen über unterschiedliche und damit der Anrechnung unterfallenden Angelegenheiten mehr als zwei Kalenderjahre liegen. Denn wenn schon bei derselben Angelegenheit die Gebühren wegen des Zeitablaufs voll verlangt werden können, muss dies erst recht für verschiedene Angelegenheiten gelten.
    Auftrag für Einzeltätigkeiten führt nicht zu mehr Gebühren
    Für Einzeltätigkeiten erhält der Anwalt nach § 15 Abs. 6 RVG nicht mehr an Gebühren, als wenn er mit der gesamten Angelegenheit beauftragt worden wäre. Soll er z.B. ohne Prozessbevollmächtigter zu sein, einen Schriftsatz entwerfen und ein Telefonat mit der Gegenseite führen, kann er dafür nicht mehr erhalten, als wenn er mit der gesamten Prozessführung beauftragt worden wäre. Im Gerichtsverfahren ist der gesamte Rechtszug die Angelegenheit i.S. von § 15 Abs. 2 S. 2 , Abs. 6 RVG.
    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 05/2004, Seite 73
    Quelle: Ausgabe 05 / 2004 | Seite 73 | ID 106622