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06.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193101

Finanzgericht Schleswig-Holstein: Urteil vom 21.11.2016 – 4 K 58/15

1. Die Einräumung des Nutzungsrechts an einer Baumgrabstätte in einem Ruhehain stellt eine steuerfreie Vermietung eines Grundstücks i.S.d. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG dar.

2. Bei der Einräumung von Angelberechtigungen handelt es sich nicht um die Lieferung von Fischen, sondern um sonstige Leistungen, die nicht der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterliegen.


Finanzgericht Schleswig-Holstein

Urt. v. 21.11.2016

Az.: 4 K 58/15

In dem Rechtsstreit

wegen Umsatzsteuer 2007 - 2010

hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts am 21. November 2016
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Umsatzsteuerbescheide für 2007 bis 2010 vom 2. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2015 werden dahin abgeändert, dass die festgesetzte Umsatzsteuer für 2007 auf 2.333,35 €, für 2008 auf 2.661,75 €, für 2009 auf 2.487,24 € und für 2010 auf 2.320,19 € herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 19 % und der Beklagte zu 81 %.

Das Urteil ist - soweit der Klage stattgegeben wurde - wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen in den Streitjahren 2007 bis 2010 der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen. Zwischen den Beteiligten ist weiter streitig, ob die Ruhehain A GmbH (R-GmbH) steuerbare und steuerpflichtige Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten erzielt, die dem Kläger im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zuzurechnen sind.

Der Kläger betreibt einen Angelsee in A, für den er Anglern gegen Entgelt Angelberechtigungen in Form von Tageskarten einräumt. Die Angler dürfen nach Erwerb einer Angelberechtigung am jeweiligen Tag bis zu 20 Fische fangen. Die Fische werden zuvor vom Kläger in den Angelsee eingesetzt und gemästet; hierbei wird mit einer durchschnittlichen Fangmenge pro Angler von 21/4 kg kalkuliert. Bei den Fischen im Angelsee handelt es sich im Wesentlichen um Forellen und Karpfen; Zierfische befinden sich nicht im Angelsee. Der Kläger betreibt am See zudem einen Kiosk, in dem u.a. Getränke und Angelköder verkauft werden.

Der Kläger ist Eigentümer eines Waldgebiets in der Gemeinde A (Gemeinde). Mit Vertrag vom 1. Mai 2006 mietete die R-GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Kläger ist, vom Kläger bis zum 31. Dezember 2105 ein Nutzungsrecht an den Bäumen, die durch die R-GmbH an Interessenten in Form von Urnenplätzen oder sog. Familienbäumen weitervermietet werden sollten. Die Miete betrug bis zum 30. April 2010 75% der an die R-GmbH gezahlten Mieteinnahmen und ab dem 1. Mai 2010 80%. Der Kläger sollte nach dem Vertrag die Ruhehainbäume auswählen, einmessen, einen Lageplan erstellen und den Wald nach forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten pflegen. In einem am 2. Mai 2006 zwischen dem Kläger und der R-GmbH abgeschlossenen Vertrag wurde abweichend vom Vertrag vom 1. Mai 2006 geregelt, dass die R-GmbH Nutzungsrechte an den Bäumen im Wald des Klägers an Interessenten in Form von Urnenplätzen oder sog. Familienbäumen vermitteln und die entsprechenden Verträge abschließen sollte. Als Provision sollte die R-GmbH bis zum 30. April 2010 25% und ab dem 1. Mai 2010 20% der von ihr vereinnahmten Mieteinnahmen erhalten.

Am 10. Oktober 2006 erließ die Gemeinde eine Gebührensatzung für den Ruhehain Gemeinde A sowie eine Satzung über die Benutzung des Ruhehains Gemeinde A -Satzung-. § 1 Abs. 2 der Satzung regelt die zum Ruhehain gehörenden Waldflächen, bei denen es sich um die Waldflächen des Klägers handelt, auf die sich der zwischen dem Kläger und der R-GmbH abgeschlossene Vertrag vom 1. Mai 2006 bezieht.

Der Gemeinde obliegt nach § 1 Abs. 3 der Satzung als Betreiberin die Verwaltung des Ruhehains. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung kann im Ruhehain jeder bestattet werden, der ein Nutzungsrecht an einer Baumgrabstätte erworben hat. Hierzu werden nach § 2 Abs. 2 der Satzung im Ruhehain Familienbäume, Freundschaftsbäume und Gemeinsame Bäume unterschieden. Das Nutzungsrecht an Familienbäumen bezieht sich nach § 2 Abs. 3 der Satzung auch auf die Familienangehörigen und Lebenspartner, die in dem mit der R-GmbH abzuschließenden Vertrag bezeichnet sind. Das Nutzungsrecht wird nach § 6 der Satzung für einen Zeitraum bis zu 99 Jahren verliehen; die Ruhezeit beträgt vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen 25 Jahre.

Mit Vertrag zwischen dem Kläger und der Gemeinde vom 20. November 2006 wurde in § 1 vereinbart, dass der Kläger der R-GmbH die in der Satzung bezeichneten Waldflächen zur Errichtung des Ruhehains zur Verfügung stellt. Die Verwaltung des Ruhehains sollte von der Gemeinde besorgt werden. In der Einleitung wurde hierzu Folgendes ausgeführt:

"In A wird auf dem Grundeigentum des Herrn C und dessen Rechtsnachfolger (Waldeigentümer) ein kommunaler Friedhof zum Betrieb eines Ruhehaines eingerichtet. Die Beisetzung in einem Ruhehain ist eine Alternative zu einer traditionellen Friedhofsbestattung. Im Ruhehain wird in einem Wald im Wurzelbereich eines ausgewählten Baumes (Ruhehainbaum) eine letzte Ruhestätte ausgewählt. Dort wird die Asche Verstorbener in biologisch abbaubaren Urnen beigesetzt. Die als Ruhehainbäume ausgewählten Bäume des als Friedhofsfläche ausgewiesenen Waldstücks werden markiert und in ein Baumregister eingetragen. Menschen, die eine solche Ruhestätte ausgewählt und das Nutzungsrecht daran erworben haben, werden ebenfalls in diesem Baumregister aufgeführt."

Das Recht der Gemeinde zur Nutzung des Wurzelbereichs der ausgewählten Bäume als letzte Ruhestätte der Asche Verstorbener wurde gemäß § 2 des Vertrags durch eine im Grundbuch eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesichert.

Mit Vertrag zwischen der R-GmbH und der Gemeinde vom 20. November 2006 wurde vereinbart, dass die R-GmbH für die Betreuung der Kunden verantwortlich ist und ein Baumregister mit der Lage der Bäume und den an diesen bestehenden Nutzungsberechtigungen führt (§ 1 Abs. 1). Zu den Rechten und Pflichten der R-GmbH gehörten nach § 2 des Vertrags u.a. die Festlegung der Nutzungsentgelte, der Verkauf der Nutzungsrechte, der Abschluss der Nutzungsverträge und das Inkasso der Nutzungsentgelte. Die Gemeinde verpflichtete sich nach § 3 Abs. 1 des Vertrags, die rechtlichen Voraussetzungen für die Einrichtung und den Betrieb des Ruhehains zu schaffen. Nach § 3 Abs. 2 des Vertrags handelt die Gemeinde als Friedhofsverwalter (Träger und Betreiber). Die Gemeinde verpflichtete sich nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 des Vertrags, die Nutzung einer Ruhestätte von einer Nutzungsvereinbarung zwischen Nutzer und R-GmbH abhängig zu machen. Der wirtschaftliche Ausgleich für die Flächennutzung im vertragsgemäßen Umfang sollte nach § 3 Abs. 3 Satz 1 des Vertrags unmittelbar zwischen der R-GmbH und dem Waldeigentümer geregelt werden.

Der Nutzungsberechtigte erhielt bei Erwerb eines Nutzungsrechts für einen Ruhehainbaum eine Rechnung der R-GmbH, mit der folgende Leistungen in Rechnung gestellt wurden:

- Nutzung einer Urnenstätte
- Ersatz des Baums durch einen 3-4 Jahre alten Baum für den Fall, dass der Baum völlig vernichtet wird (z.B. durch Sturm, Waldbrand) und noch kein Baum in unmittelbarer Nähe entstanden ist
- Eintragung des Baums und des Nutzungsrechts in das Baumregister der Gemeinde. Die im Baumregister eingetragenen Bäume werden forstlich nicht genutzt.
- Ausstellung der Baumurkunde
- Lageplan.

Der Nutzungsberechtigte erhielt zudem eine von der R-GmbH ausgestellte Baumurkunde über den Erwerb des Rechts, im Wurzelbereich eines Ruhehainbaums gemäß Lageplan eine biologisch abbaubare Urne beizusetzen.

Mit den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre meldete der Kläger Umsätze in Höhe von -27,14 € (2007), -140,56 € (2008), -91,82 € (2009) und -99,86 € (2010) an. Den Steueranmeldungen lagen ausschließlich Umsätze aus dem Betrieb des Kiosks zugrunde. Die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen ordnete der Kläger der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG zu. Die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten im Ruhehain behandelte der Kläger als nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Umsätze der R-GmbH. Der Beklagte stimmte den Steueranmeldungen zu. Für das Streitjahr 2010 reichte der Kläger am 9. Dezember 2011 eine berichtigte Steueranmeldung ein, die eine Umsatzsteuer in Höhe von -91,82 € auswies und inhaltlich mit der Steueranmeldung für 2009 übereinstimmte.

Auf der Grundlage des Auftrags des Beklagten vom 20. August 2012 sowie der Prüfungsanordnung für die Jahre 2008 bis 2010 vom 31. August 2012 und deren Erweiterung auf das Jahr 2007 vom 11. Dezember 2012 führte das Finanzamt E (FA) beim Kläger eine Außenprüfung für die Streitjahre durch. Der Prüfungsbericht erging am 3. Dezember 2013. Zeitgleich zur Außenprüfung beim Kläger nahm das FA eine Außenprüfung bei der R-GmbH vor, die mit dem Prüfungsbericht vom 21. November 2013 abgeschlossen wurde.

Zu den Umsätzen aus der Einräumung von Angelberechtigungen stellte der Prüfer fest, dass diese mit dem Regelsteuersatz zu besteuern seien. Der Prüfer ermittelte die steuerpflichtigen Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen und schätzte die hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge jeweils in folgender Höhe:

    steuerpflichtige Umsätze    Vorsteuerbeträge      
2007    18.004 €    1.060,27 €      
2008    18.507 €    769,69 €      
2009    18.060 €    1.000,16 €      
2010    16.356 €    864,48 €     

Im Hinblick auf die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten im Ruhehain stellte der Prüfer fest, dass die Umsätze als einheitliche Leistung zu beurteilen seien, da die abgerechneten Leistungen als Leistungspaket anzusehen seien. Die Leistung sei steuerpflichtig, da bei der Urnenbestattung nicht der Ausschluss des Eigentümers von einer bestimmten Grundstücksfläche, sondern die Aufbewahrung der Urnen in der Erde Leistungsmerkmal sei. Die steuerpflichtigen Umsätze rechnete der Prüfer dem Kläger auf der Grundlage einer umsatzsteuerlichen Organschaft zu, da aufgrund der Vermietung der Waldflächen durch den Kläger an die R-GmbH eine finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung in das Unternehmen des Klägers vorliege. Die Höhe der steuerpflichtigen Umsätze und der hierauf entfallenden Vorsteuerbeträge stellte der Prüfer wie folgt fest:
 
    steuerpflichtige Umsätze    Vorsteuerbeträge      
2007    55.630 €    1.828,81 €      
2008    69.832 €    1.050,35 €      
2009    79.412 €    1.891,49 €      
2010    63.773 €     2.057,72 €     

Im Rahmen der umsatzsteuerlichen Organschaft rechnete der Prüfer dem Kläger weitere - zwischen den Beteiligten unstreitige - steuerpflichtige Umsätze der R-GmbH (Schilder) in Höhe von 293 € (2008), 778 € (2009) und 931 € (2010) zu.

Der Beklagte schloss sich den Ergebnissen der Außenprüfung an und erließ am 2. Januar 2014 Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen er die Umsatzsteuer in Höhe von 11.074,24 € (2007), 14.879,48 € (2008), 15.684,03 € (2009) und 12.387,38 € (2010) festsetzte.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 31. Januar 2014 Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30. April 2015 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Umsätze aus der Einräumung der kurzfristigen Angelberechtigungen unterlägen der Regelbesteuerung, da es sich um Verträge besonderer Art und nicht um den Verkauf von Fisch handele. Der Kunde wünsche das Angelvergnügen und nicht den Verkauf von Fisch. Das Entgelt sei zudem unabhängig vom Angelerfolg. Der ermäßigte Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG finde keine Anwendung, da aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers keine Lieferung der Fische, sondern eine sonstige Leistung vorliege. Die Umsätze unterlägen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG, da sie nicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs ausgeführt worden seien. Denn der Kläger betreibe mit dem Verkauf von Angelberechtigungen eine gewerbliche Tätigkeit.

Die Einräumung des Rechts zur Nutzung einer Ruhestätte an einer Baumgrabstätte bilde einen von der R-GmbH ausgeführten steuerpflichtigen Umsatz, da der Ruhehain von der R-GmbH betrieben werde. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG finde keine Anwendung, da es bei der Einräumung des Nutzungsrechts nicht um bestimmte Grundstücksflächen gehe, von deren Nutzung Dritte ausgeschlossen werden könnten. Der Einräumung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an die Gemeinde komme in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht keine Bedeutung zu, da die Gemeinde den Ruhehain nicht selbst betreibe. Die steuerpflichtigen Umsätze aus der Einräumung der Nutzungsrechte seien dem Kläger zuzurechnen, da zwischen dem Kläger und der R-GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliege. Die Stellung des Klägers als Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer führe zu einer finanziellen und organisatorischen Eingliederung der R-GmbH in das Unternehmen des Klägers. Die wirtschaftliche Eingliederung ergebe sich aus der Überlassung der Waldflächen durch den Kläger an die R-GmbH zum Betrieb des Ruhehains und der daraus folgenden Betriebsaufspaltung.

Hiergegen richtet sich die am 2. Juni 2015 beim Finanzgericht eingegangene Klage. Der Kläger trägt zur Begründung vor, dass die Umsätze aus der Veräußerung der Angelberechtigungen der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG unterlägen, da Angelteiche eine besondere Vermarktungsform der Teichwirtschaft darstellten. Dies ergebe sich auch aus vergleichbaren forstwirtschaftlichen Vertriebsformen, bei denen der Leistungsempfänger gegen Zahlung eines pauschalen Betrags eine unbestimmte Menge Holz sammeln dürfe.

Der vom Kläger betriebene Angelsee sei zudem dadurch geprägt, dass die Fische vor Ort mindestens 90 Tage gemästet würden, bevor sie sukzessive in den See entlassen würden. Die selbsterzeugten Fische würden über die Angelberechtigungen verwertet und seien damit wie bei der typischen Fischmast der Durchschnittssatzbesteuerung zugänglich. Neben der Ausgabe von Angelberechtigungen habe der Kläger in den Streitjahren auch Umsätze aus dem Verkauf frischer und geräucherter Fische an Spaziergänger und "erfolglose" Angler erzielt. Von den insgesamt in den Angelsee eingesetzten Fischen entfielen in den Streitjahren nicht mehr als 10% auf den Verkauf an Spaziergänger und Angler.

Im Hinblick auf den Ruhehain ergebe sich nach den vorliegenden Verträgen folgendes Gesamtbild der Leistungsbeziehungen: Der Kläger habe die Waldflächen entgeltlich an die Gemeinde überlasen. Die R-GmbH habe gegenüber der Gemeinde entgeltliche Vermittlungsleistungen erbracht, indem sie Vertragsverhältnisse mit den Kunden vermittelt und im Namen und im Auftrag der Gemeinde abgewickelt habe. Zwischen dem Kläger und der R-GmbH habe keine Leistungsbeziehung bestanden. Die Vergabe von Grabstätten sei als Tätigkeit im Rahmen eines Hoheitsbetriebs von der Anlage und der Pflege von Grabstätten zu unterscheiden. Die R-GmbH sei nur als Verwaltungshelfer der Gemeinde tätig geworden; dies ergebe sich aus dem Vertragswerk vom 9. August 2013. Die Einräumung des Nutzungsrechts an der Begräbnisstätte sei schließlich gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei, da eine Nutzung durch einen Dritten faktisch ausgeschlossen sei. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG sei richtlinienkonform auszulegen. Die Steuerfreiheit werde nicht durch bestimmte vertragliche Beschränkungen des an der Mietsache bestehenden Nutzungsrechts ausgeschlossen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- vom 18. November 2004 C-284/03 "Temco Europe", Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes -Slg.- 2004, I-11237).

Die streitige Einräumung des Nutzungsrechts sei zudem vergleichbar mit der steuerfreien Einräumung von Rechten zur Überspannung von Grundstücken und der Überlassung von Grundstücken für die Verlegung von Erdkabeln (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 11. November 2004 V R 30/04, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2005, 802), da in beiden Fällen dem Nutzungsberechtigten das beschränkte Recht eingeräumt werde, eine bestimmte Fläche unterirdisch zu nutzen. Da die Gemeinde als Betreiberin des Ruhehains auftrete und die Leistung des Klägers in der Überlassung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit an die Gemeinde zu sehen sei, stelle die Einräumung der Dienstbarkeit eine steuerfreie Leistung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. c UStG dar.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide für 2007 bis 2010 vom 2. Januar 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2015 dahin abzuändern, dass die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen und die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten steuerfrei sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei den Umsätzen aus der Vergabe von Angelberechtigungen handele es sich nicht um land- und forstwirtschaftliche Umsätze. Der vom Kläger herangezogene Vergleich mit anderen forstwirtschaftlichen Vertriebsformen überzeuge nicht, da im Streitfall das Angelvergnügen im Vordergrund stehe. Der anteilige Verkauf von Fisch in Höhe von geschätzten 10 % des Umsatzes sei bisher nicht durch Vorlage von Aufzeichnungen nachgewiesen worden. Im Hinblick auf die Zurechnung der Umsätze aus der Einräumung des Nutzungsrechts am Urnengrab sei allein auf das Auftreten der R-GmbH nach Außen aus Sicht des Leistungsempfängers abzustellen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Gemeinde als Vertragspartner gegenüber den Kunden aufgetreten sei. Hieran ändere auch das vom Kläger eingereichte Vertragswerk vom 9. August 2013 nichts. Der Betreiber eines Friedhofs könne nach § 20 Abs. 4 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Schleswig-Holstein (Bestattungsgesetz -BestattG-) mit Zustimmung der Gemeinde auch privatrechtlicher Natur sein. Eine Steuerbefreiung der Umsätze nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG komme nicht in Betracht, da prägendes Element für die Einräumung des Nutzungsrechts nicht die Nutzungsüberlassung der Baumgrabstätte, sondern die Möglichkeit der Beisetzung einer Urne und die Nutzung derselben als Gedenkstätte im Rahmen der Satzung über die Benutzung des Ruhehains sei. Es sei nicht Gegenstand des Vertrags, dem Nutzungsberechtigten eine Fläche passiv zu überlassen und ihm dabei das Recht zuzusichern, diese Fläche wie ein Eigentümer in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Die Inbesitznahme eines Teils der Fläche innerhalb des Wurzelbereichs des Ruhehainbaums stelle nur ein Mittel zur Durchführung der Einräumung des Rechts zur Beisetzung einer Urne dar. Der Kunde sei aufgrund der Bestattungspflicht aus § 13 BestattG nur daran interessiert, das Recht zur Beerdigung einer Urne im Wurzelbereich eines bestimmten Baums zu erwerben. Die Überlassung des kleinen Grundstücksteils sei daher als bloße Nebenleistung zur Überlassung des Rechts zur Beisetzung der Urne anzusehen, die für den Kunden keinen eigenen Zweck darstelle. Im Gegensatz dazu werde die dem Urteil des BFH vom 11. November 2004 V R 30/04 (BStBl II 2005, 802) zugrunde liegende vertragliche Regelung von der Überlassung von Grundstücksteilen für die Aufstellung der Strommasten und von der Einräumung des Rechts zur Überspannung der Grundstücke geprägt. Zur weiteren Begründung verweist der Beklagte auf die Einspruchsentscheidung vom 30. April 2015.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2016 haben die Beteiligten klargestellt, dass die berichtigte Steueranmeldung für 2010 in Höhe von -91,82 € fehlerhaft ist und der ursprünglichen Steuerfestsetzung vor Erlass des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids vom 2. Januar 2014 die in der ursprünglichen Steueranmeldung für 2010 enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von -99,86 € zugrunde zu legen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 2007 bis 2010 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), soweit der Beklagte die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten als steuerpflichtig angesehen hat (1.). Im Übrigen sind die Umsatzsteuerbescheide für 2007 bis 2010 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen zutreffend der Regelbesteuerung unterworfen, da diese nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen (2.).

1. Die von der R-GmbH erbrachten steuerbaren Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten sind dem Kläger im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zur R-GmbH zuzurechnen. Die Umsätze unterliegen jedoch der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG.

a) Die Umsätze aus der Einräumung der Nutzungsrechte an Baumgrabstätten sind von der R-GmbH als Leistender aufgrund der mit den Nutzern abgeschlossenen Verträge erbracht worden.

Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen.

Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (BFH-Urteile vom 12. August 2009 XI R 48/07, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2010, 259; vom 10. September 2015 V R 17/14, BFH/NV 2016, 80 Rz. 32).

Die R-GmbH hat die Nutzungsverträge mit den Kunden in den Streitjahren ausweislich der vorliegenden Rechnungen und der Baumurkunden in eigenem Namen abgeschlossen, so dass sie im Hinblick auf die Einräumung der Nutzungsrechte an den Baumgrabstätten als Leistende anzusehen ist. Ein möglicher Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Regelungen aus § 20 BestattG ist hierbei gemäß §§ 40, 41 der Abgabenordnung unbeachtlich (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Dezember 1999 V B 81/99, BFH/NV 2000, 403; BFH-Urteil vom 28. Februar 2002 V R 19/01, BStBl II 2003, 950). Der Abschluss der Nutzungsverträge durch die R-GmbH in eigenem Namen entspricht auch dem Inhalt des zwischen der R-GmbH und der Gemeinde abgeschlossenen Vertrags vom 20. November 2006, nach dem die R-GmbH u.a. die Nutzungsentgelte festlegen, die Nutzungsrechte verkaufen und die Nutzungsverträge abschließen sollte. Die Gemeinde wurde im Gegenzug verpflichtet, die Nutzung einer Ruhestätte von einer Nutzungsvereinbarung zwischen dem Nutzer und der R-GmbH abhängig zu machen.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die R-GmbH bei Abschluss der Nutzungsverträge nicht als Vertreterin der Gemeinde aufgetreten, da es an einem für die Kunden offenkundigen Verweis auf ein Handeln als Vertreterin für die Gemeinde fehlt. Es kann dahinstehen, ob sich ein derartiger Verweis aus der im Klageverfahren vorgelegten Nutzungsvereinbarung vom 29. April 2014 und dem Vertrag zwischen dem Kläger und der R-GmbH vom 9. August 2013 ergibt, da diese Vertragsdokumente sich auf Zeiträume im Anschluss an die Streitjahre beziehen.

b) Die von der R-GmbH erbrachten Umsätze sind nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Rahmen der umsatzsteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dem Kläger zuzurechnen, da dieser alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer der R-GmbH ist und sich neben der hieraus folgenden finanziellen und organisatorischen Eingliederung aus der entgeltlichen Überlassung des Nutzungsrechts an den Ruhehainbäumen durch den Kläger an die R-GmbH auch eine wirtschaftliche Eingliederung der R-GmbH in das Unternehmen des Klägers ergibt (vgl. zu den Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 53/10 BStBl II 2013, 218, m.w.N.).

Die Überlassung des Nutzungsrechts an den Ruhehainbäumen erfolgte auf der Grundlage des zwischen dem Kläger und der R-GmbH abgeschlossenen Vertrags vom 1. Mai 2006. Der zwischen dem Kläger und der Gemeinde abgeschlossene Vertrag vom 20. November 2006 knüpft hieran mit der Regelung an, dass der Kläger der R-GmbH die in der Satzung bezeichneten Waldflächen zur Errichtung des Ruhehains zur Verfügung stellt. In dem zwischen der R-GmbH und der Gemeinde zeitgleich abgeschlossenen Vertrag vom 20. November 2006 ist ergänzend geregelt, dass die Nutzung des Ruhehains von einer zwischen dem Nutzer und R-GmbH abzuschließenden Nutzungsvereinbarung abhängig gemacht wird. Für eine Tätigkeit der R-GmbH als Vermittler für den Kläger gemäß Vertrag vom 2. Mai 2006 sprechen weder der vom Kläger im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 19. April 2016 geschilderte tatsächliche Ablauf noch die dargestellten weiteren vertraglichen Vereinbarungen. Die Zurechnung der Umsätze der R-GmbH zum Kläger war schließlich in der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig, so dass der Senat von weiteren Ausführungen hierzu absieht.

c) Auf die Umsätze aus der Einräumung der Nutzungsrechte an Baumgrabstätten findet die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG Anwendung.

aa) Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG sind von den unter § 1 Abs. 1 UStG fallenden Umsätzen steuerfrei die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen. Die Steuerbefreiung der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken findet ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie -MwStSystRL-). Ob eine Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken vorliegt, ergibt sich umsatzsteuerrechtlich nicht aus den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern aus einer richtlinienkonformen Auslegung des Begriffs der Grundstücksvermietung. Die Vermietung von Grundstücken i.S.d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL setzt danach voraus, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BStBl II 2014, 73; vom 8. November 2012 V R 15/12, BStBl II 2013, 455; vom 18. Februar 2016 V R 23/15, BStBl II 2016, 496). Eine Grundstücksvermietung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Nutzungsberechtigung auf Grundstücksteile oberhalb oder - wie im Streitfall bei der Baumgrabstätte - unterhalb der Erdoberfläche beschränkt ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 30/04, BStBl II 2005, 802 zur Einräumung des Rechts zur Überspannung eines Grundstücks).

Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung als Vermietung von Grundstücken zu behandeln ist, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen er erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (BFH-Urteil vom 28. Mai 2013 XI R 32/11, BStBl II 2014, 411). Eine Überlassung "auf bestimmte Zeit" liegt nicht vor, wenn der Überlassende die wirtschaftliche Herrschaftsmacht über das Grundstück endgültig und dauerhaft verliert und sich damit des Grundstücks letztlich vollständig entäußert (BFH-Urteile vom 11. November 2004 V R 30/04, BStBl. II 2005, 802; vom 21. Februar 2013 V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635). Hinsichtlich der Überlassung von Grundstücksteilen zur Errichtung von Strommasten und der Einräumung des Rechts zur Überspannung mit Stromleitungen hat der BFH entschieden, dass diese Vorgänge eine als Vermietung und Verpachtung zu beurteilende Nutzungsüberlassung auf Zeit darstellen. Denn bei den Grundstücken führt weder die Überlassung einer verhältnismäßig geringfügigen Grundfläche für die Aufstellung von Strommasten noch die Überspannung zu einem endgültigen und vollständigen Verlust der Herrschaftsmacht (BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 30/04, BStBl. II 2005, 802).

bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die Einräumung des Nutzungsrechts an einer Baumgrabstätte eine Vermietung eines Grundstücks i.S.d. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG dar (a.A. -ohne weitere Begründung - Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein, Erlass vom 4. April 2011 VI 358-S 7168-110, [...]; Oberfinanzdirektion Niedersachsen, Verfügung vom 30. Juli 2012 S 7168-113-St 173, [...]). Der prägende Charakter der von der R-GmbH eingeräumten Nutzungsrechte liegt nach dem objektiven Inhalt der Nutzungsvereinbarungen mit den Kunden darin, dass die Kunden hierdurch das entgeltliche Recht erhalten, eine konkret vermessene Baumgrabstätte für eine vertraglich festgelegte Zeit in Besitz zu nehmen und damit wie ein Eigentümer zu verfahren. Die Kunden erwerben mit der Nutzungsvereinbarung über die Baumgrabstätte das in der Baumurkunde festgehaltene Recht, im Wurzelbereich eines in einem Lageplan verzeichneten und im Baumregister eingetragenen Ruhehainbaumes eine biologisch abbaubare Urne bzw. im Wurzelbereich eines Familien- oder Freundschaftsbaumes mehrere Urnen beizusetzen. Das wesentliche Merkmal der Nutzungsvereinbarung besteht damit in einer Nutzungsüberlassung der Baumgrabstätte an den Nutzungsberechtigten unter Ausschluss anderer Nutzer.

Die Baumgrabstätte ist bei richtlinienkonformer Auslegung als Grundstück i.S.d. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG anzusehen, da die Vermietung von Grundstücken auch die Nutzung des unterhalb der Erdoberfläche gelegenen Grundstücksteils erfasst. Der Annahme einer Grundstücksvermietung steht es nicht entgegen, wenn der Erwerber des Rechts jedenfalls für einen Teil der Vertragslaufzeit verstorben und damit nicht mehr besitzfähig ist; denn das Nutzungsrecht geht auf die Erben über, sodass diese in die Position des ursprünglichen Erwerbers eintreten (vgl. zum Besitzübergang § 857 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).

Für die Annahme einer steuerbefreiten Vermietung ist unschädlich, dass die Nutzung der Baumgrabstätte nach der Baumurkunde darauf beschränkt ist, eine biologisch abbaubare Urne bzw. mehrere Urnen beizusetzen oder von einer Beisetzung abzusehen und die Baumgrabstätte unter Ausschluss anderer Personen von der Nutzung durch Beisetzung von Urnen freizuhalten. Denn eine Vermietung eines Grundstücks i.S.d. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG setzt nicht voraus, dass dem Mieter sämtliche Eigentümerbefugnisse übertragen werden und er mit dem Grundstück uneingeschränkt "wie ein Eigentümer" verfahren kann. Es ist der Vermietung immanent, dass dem Mieter stets nur ein Ausschnitt der Eigentümerbefugnisse eingeräumt wird. Diese Einschränkung liegt nicht nur in dem - typischerweise bei Mietverträgen vorliegenden - Verbot von Beschädigungen, Belastungen oder Übertragungen eines Gegenstands oder Teilen davon; sie kann sich auch auf den konkreten Inhalt der individuellen Nutzungsbefugnisse beziehen und dabei unterschiedlich stark ausgeprägt sein. So steht es der Annahme einer Vermietung nicht entgegen, wenn Räumlichkeiten mit einer sog. Betriebspflicht vermietet werden, dem Mieter also das Nutzungsrecht nur für den Betrieb eines konkreten Ladenlokals gestattet wird. Auch ist von einer Vermietung auszugehen, wenn bei gemieteten Wohnräumen das Recht zur Untervermietung oder das Recht der Tierhaltung ausgeschlossen ist. Es ist auch möglich, dass die Vermietung lediglich Teile der Grundfläche betrifft und die Befugnis des Mieters auf die Aufstellung von Strommasten und die Überspannung mit Leitungen beschränkt ist (BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 30/04, BStBl. II 2005, 802). Nach Auffassung des Senats ist eine Vermietung daher auch bei der Einräumung eines Nutzungsrechts an einer Baumgrabstätte anzunehmen, die lediglich die Urnenbeisetzung oder das Freihalten der Grabstätte ermöglicht, da es sich hierbei um einen vertraglich konkretisierten Ausschnitt von Eigentümerbefugnissen handelt.

Der Annahme einer steuerbefreiten Vermietung steht nicht entgegen, dass die R-GmbH an den Kunden neben der Einräumung des Nutzungsrechts an der Baumgrabstätte weitere Leistungen wie die Eintragung des Baums und des Nutzungsrechts in das Baumregister, die Ausstellung der Baumurkunde und die Erstellung eines Lageplans sowie den Ersatz des Baums für den Fall der völligen Vernichtung erbringt, da diese Leistungen lediglich das Mittel darstellen, die Hauptleistung - die Einräumung des Nutzungsrechts an der Baumgrabstätte - unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Denn die weiteren Leistungen dienen nach der insoweit maßgeblichen Sicht eines Durchschnittsverbrauchers unmittelbar dem Nutzungsrecht an der Baumgrabstätte und erfüllen kein gesondertes und hiervon getrenntes Bedürfnis. Sie sind damit Nebenleistungen, die das Schicksal der Hauptleistung teilen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BStBl II 2013, 352 Rz. 20, m.w.N.).

Schließlich liegt auch kein endgültiger und vollständiger Verlust der Herrschaftsmacht vor. Ein wirtschaftlicher Verlust des Eigentums ist bereits dadurch ausgeschlossen, dass nur die einzelnen Bäume des Ruhehains, die als Baumgrabstätten im Baumregister eingetragen sind, von einer forstwirtschaftlichen Nutzung ausgenommen sind und der Ruhehain im Übrigen vom Kläger im Rahmen der diesem übertragenen Pflege forstwirtschaftlich genutzt werden kann (vgl. zur Aufstellung von Strommasten und zur Überspannung mit Stromleitungen BFH-Urteil vom 11. November 2004 V R 30/04, BStBl. II 2005, 802, BFHE 207, 560 [BFH 11.11.2004 - V R 30/04]). Bei der Einräumung der Nutzungsrechte ist ferner stets eine zeitlich begrenzte Vertragsdauer vorgesehen, die - auch wenn sie nach § 6 der Satzung bis zu 99 Jahre betragen kann - nicht zur Annahme eines faktischen wirtschaftlichen Eigentumsverlusts führt.

2. Die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen sind nach § 12 Abs. 1 UStG mit dem allgemeinen Steuersatz von 19 % zu besteuern. Entgegen der Auffassung des Klägers findet die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG insoweit keine Anwendung.

a) Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die übrigen Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG werden die Vorsteuerbeträge, soweit sie den "übrigen Umsätzen" zuzurechnen sind, ebenfalls auf 10,7 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Satz 4 UStG). Durch die Regelungen der Durchschnittssatzbesteuerung gleichen sich die Umsatzsteuer und die Vorsteuer aus, so dass der Unternehmer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführten Umsätze im Ergebnis keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.

§ 24 UStG beruht auf Art. 295 ff. MwStSystRL und ist richtlinienkonform auszulegen (BFH-Urteile vom 25. November 2004 V R 8/01, BStBl II 2005, 896; vom 13. November 2013 XI R 2/11, BStBl II 2014, 543, m.w.N.). Zu den der Durchschnittsatzbesteuerung unterliegenden übrigen landwirtschaftlichen Umsätzen i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gehören daher nur die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL und landwirtschaftliche Dienstleistungen i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL (BFH-Urteile vom 14. Juni 2007 V R 56/05, BStBl II 2008, 158 Rz. 35; vom 13. November 2013, XI R 2/11, BStBl II 2014, 543, jeweils m.w.N.).

Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL lautet:

"Landwirtschaftliche Erzeugnisse" sind Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten von land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben der einzelnen Mitgliedstaaten erzeugt werden.

Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL lautet:

"Landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mithilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, und zwar insbesondere die in Anhang VIII aufgeführten Dienstleistungen.

Die Pauschalregelung ist als Ausnahme von der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung der Richtlinie grundsätzlich eng auszulegen (EuGH-Urteile vom 15. Juli 2004, C-321/02 "Harbs", Slg. 2004, I-7101; vom 26. Mai 2005, C-43/04 "Stadt Sundern", Slg. 2005, I-4491).

Landwirtschaftliche Dienstleistungen i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL liegen nur dann vor, wenn die Leistungen "normalerweise" zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 V R 5/05, BStBl 2011, 289).

b) Nach diesen Grundsätzen unterliegen die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Die Teichwirtschaft bzw. die Fischzucht für die Teichwirtschaft gelten zwar nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG als landwirtschaftlicher Betrieb. Die Einräumung von Angelberechtigungen gehört jedoch bei richtlinienkonformer Auslegung nicht zu den übrigen landwirtschaftlichen Umsätzen i.S.d. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG.

aa) Die Einräumung von Angelberechtigungen führt nicht zu einer Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL. Der Kläger betreibt in seinem Angelsee zwar eine Fischzucht, die nach Nr. 4 Buchst. b der Anlage VII zu den Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL gehört. Durch die Einräumung von Angelberechtigungen kommt es indessen nicht zu einer Lieferung der vom Kläger gezüchteten Fische an die einzelnen Angler, da der prägende Charakter der Angelberechtigung nach der insoweit maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht in der Verschaffung der Verfügungsmacht an den geangelten Fischen besteht. Dies ergibt sich schon daraus, dass die entgeltlich erteilte Angelberechtigung unabhängig vom konkreten Angelerfolg ist. Auch wenn der Kläger den Einsatz der Fische im Angelsee nach einer durchschnittlichen Fangmenge vorgenommen hat, erlangten die einzelnen Angler noch keine Verfügungsmacht an den vom Kläger eingesetzten Fischen (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 41/01, BFH/NV 2002, 1622, unter II.a). Mit der Einräumung der Angelberechtigung war zudem kein garantierter Angelertrag verbunden, der Gegenstand einer Lieferung sein könnte. Für die Angler stand beim Erwerb der Angelberechtigung vielmehr das Angelvergnügen im Vordergrund, das ihnen mit der Einräumung der Angelberechtigung durch den Kläger im Rahmen einer sonstigen Leistung verschafft worden ist (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 41/01, BFH/NV 2002, 1622, unter II.b.bb; BFH-Beschluss vom 12. November 2009 V B 60/09, BFH/NV 2010, 480). Der vom Kläger vorgenommene Fischeinsatz im Angelsee diente den Angeln hierbei dazu, die Angelberechtigung und das hiermit verbundene Angelvergnügen unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, so dass auch insoweit im Hinblick auf die konkret geangelten Fische keine selbständige Lieferung, sondern eine unselbständige Nebenleistung vorliegt, die das Schicksal der sonstigen (Haupt-)Leistung teilt (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 41/01, BFH/NV 2002, 1622, unter II.b.bb).

Eine gesonderte Lieferung von Fischen ergibt sich im Streitfall auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, dass in geringem Umfang auch Fische aus dem Angelsee unmittelbar an Spaziergänger und "erfolglose" Angler verkauft worden seien. Denn der Kläger hat den Umfang dieser Verkäufe weder aufgezeichnet noch in anderer Form näher dargelegt, so dass dem Senat eine Schätzung dieser - der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegenden (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 V R 56/05, BStBl II 2008, 158) - Umsätze nicht möglich ist.

bb) Die Einräumung der Angelberechtigungen stellt auch keine landwirtschaftliche Dienstleistung i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL dar (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 41/01, BFH/NV 2002, 1622; BFH-Beschluss vom 12. November 2009 V B 60/09, BFH/NV 2010, 480). Die Leistung gehört nicht zu den in Anhang VII aufgeführten landwirtschaftlichen Dienstleistungen i.S.d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL. Sie ist nach Auffassung des Senats unter Berücksichtigung des exemplarischen Charakters dieses Leistungskatalogs auch nicht mit den dort genannten Leistungen vergleichbar, da die Einräumung der Angelberechtigung nicht gemäß Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL als Beitrag zur landwirtschaftlichen Erzeugung anzusehen ist, den der Kläger mithilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines fischwirtschaftlichen Betriebs erbringt. Denn die im Anhang VII aufgeführten Dienstleistungen sind dadurch geprägt, dass sie in einem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Erzeugung stehen, indem sie unmittelbar der Herstellung (z.B. Anbau von Pflanzen, Mästen von Vieh) oder der Gewinnung und Verwertung (z.B. Ernte, Dreschen, Verpacken) landwirtschaftlicher Produkte dienen. Die Einräumung der Angelberechtigung ist nicht mit einer bestimmten Fangmenge verbunden, so dass sie nicht unmittelbar auf eine Gewinnung der vom Kläger gezüchteten Fische angelegt ist. Soweit die Angler durch die Angeltätigkeit die vom Kläger gezüchteten Fische fangen, ist diese Tätigkeit nicht als Beitrag des Klägers zur landwirtschaftlichen Erzeugung anzusehen, da die Angler nicht zu den Arbeitskräften des Klägers gehören. Für den einzelnen Angler steht beim Erwerb der Angelberechtigung vielmehr das Angelvergnügen im Vordergrund, das in keinem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Erzeugung steht und durch den konkreten Angelerfolg lediglich abgerundet wird (BFH-Urteil vom 4. Juli 2002 V R 41/01, BFH/NV 2002, 1622, unter II.b.bb).

3. Die festzusetzende Umsatzsteuer berechnet sich danach wie folgt:

    2007    2008    2009    2010      
Umsatzsteuer lt. urspr. Seueranmeldungen    27,14 €    -140,56 €    -91,82 €    -99,86 €      
zzgl. Umsatzsteuer auf Umsätze Angelberechtigungen    3.420,76 €    3.516,33 €    3.431,40 €    3.107,64 €      
abzgl. Vorsteuer auf Umsätze aus Angelberechtigungen    1.060,27 €    769,69 €    1.000,16 €    864,48 €      
zzgl. Umsatzsteuer auf Umsätze Schilder        55,67 €    147,82 €    176,89 €      
= festzusetzende Umsatzsteuer     2.333,35 €    2.661,75 €    2.487,24 €    2.320,19 €     

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision wird zugelassen, da der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Senat weicht im Hinblick auf die Streitfrage der Steuerbefreiung der Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten von den Verwaltungsanweisungen mehrerer Landesverwaltungen ab. Zudem fehlt es an einer höchstrichterlichen Entscheidung zu dieser Streitfrage.

RechtsgebietUStGVorschriften§ 4 Nr. 12a UStG; § 24 UStG

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