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07.12.2005 · IWW-Abrufnummer 053506

Amtsgericht Riesa: Urteil vom 25.10.2005 – 5 C 0696/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht
Riesa

Postanschrift: Lauchhammerstr. 10, 01591 Riesa
Tel: (03525) 745-10 * Fax: (03525) 745-111

5 C 0696/05

Verkündet am 25.10.2005

Hommel, Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

IM NAMEN DES VOLKES

Endurteil

In dem Rechtsstreit

...
...
...

-Kläger-

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Frauenheim, Enzmann & Collegen
Salzstrasse 24
01640 Coswig

- C 439/05BE06 ME -

gegen

... Autovermietung
...
...
...

-Beklagte-

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Bosse, Ralf
Dölzschener Ring 34 a
01187 Dresden

- 05/00025 -

wegen Auskunft

hat das Amtsgericht Riesa auf die mündliche Verhandlung vom 04.10.2005
durch den Richter am Amtsgericht Hauger

für RECHT erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 350,00 EUR abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagte Sicherheit in gleich Höhe leistet.

4. Der Gegenstandswert beträgt 690,47 EUR (= 1.380,94 EUR geteilt durch 2).

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Auskunft über die Kalkulation der Mietwagenklasse 5 für den Zeitraum Februar 2004.

Am 17.02.2004 wurde der Renault Scénic des Klägers auf der Spitzhausstraße in Dresden in einen Verkehrsunfall verwickelt.

Unfallgegner war ein Fahrer eines Mietfahrzeuges der Firma Europcar, das bei der HDI Industrie Versicherungs AG Hannover haftpflichtversichert war.

Zwischen den Unfallbeteiligten sowie der Haftpflichtversicherung des schädigen Pkw´s war unstreitig, dass dem Grunde nach der Fahrer des Miet-Pkw´s der Fa. Europcar den Unfall allein verursacht hat und somit die Haftpflichtversicherung HDI dem Grunde nach zu 100 % den dem Kläger entstandenen Schaden zu ersetzen hat.

Während der Reparaturdurchführung mietete der Kläger bei der Beklagten einen Mietwagen der Mietwagenklasse Nr. 5 an.

Mit Rechnung vom 03.03.2004 berechnete die Beklagte mit der Rechnungs-Nr. 152/04 gegenüber dem Kläger einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.027,68 EUR.

Nach Vorlage der Rechnung durch den Kläger gegenüber der HDI Industrie Versicherungs AG Hannover regulierte diese von diesem Rechnungsbetrag lediglich 596,00 EUR und wendet in ihrem Schreiben vom 13.04.2004 einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ein.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers machte sodann, nach außergerichtlicher Mahnung, gegenüber der Fa. Europcar Autovermietung GmbH und der Haftpflichtversicherung HDI Industrie Versicherung AG als Gesamtschuldner den sich aus der vorbezeichneten Rechnung ergebenden Rest der Mietwagenkosten in Höhe von 1.380,94 EUR gerichtlich geltend beim Amtsgericht Dresden und erhob am 1.09.2004 Klage, die dort unter dem Aktenzeichen 104 C 7938/04 registriert worden ist.

Im Rahmen des Rechtsstreits bestritten die HDI und die Europcar die Erstattungsfähigkeit der eingeklagten restlichen Mietwagenkosten.

In der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2005 vor dem Amtsgericht Dresden erging in der öffentlichen Sitzung der Hinweis, dass der Kläger aus betriebswirtschaftlicher Sicht den in der Regel höheren Unfallersatztarif darlegen müsse, insbesondere, inwieweit dieser gerechtfertigt sei.

Im Einzelnen sei hierzu vorzutragen, welche Unkosten dem Unternehmen im Unfallersatztarif entstünden und welche Einnahmen demgegenüber stünden.

Der Kläger habe daher eine Kalkulation über Einnahme und Ausgaben der Autovermietung ... für einen bestimmten, insbesondere den hier streitgegenständlichen Zeitraum, vorzulegen. Er sei darauf verwiesen, den bestehenden Auskunftsanspruch gegenüber der Autovermietung ... einzufordern, gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm im Hinblick auf diesen Hinweis gegenüber der Beklagten ein solcher Auskunftsanspruch zustehe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über die Kalkulation der Mietwagenklasse 5 im Februar 2004 zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass ein Auskunftsanspruch nicht bestehe.

Die Schadensminderungspflicht des Geschädigten könne nicht so weit gehen, dass er gehalten sei, betriebsinterne Geheimnisse von Autovermieter-Firmen aufklären zu müssen.

Es gebe auch bereits zahlreiche Rechtsprechungen von Amtsgerichten, die ausdrücklich einen Auskunftsanspruch verneint hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten im Hinblick auf das zwischen beiden Parteien streitige Vorbringen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Kläger hat keinen Auskunftsanspruch. Ein solcher käme nach § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 242 BGB in Betracht.

Die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch im Sinne der genannten Bestimmungen liegen jedoch nicht vor. Nach § 242 BGB hat der Schuldner, hier die Beklagte, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Im konkreten Fall wäre der Maßstab für diesen generalklauselartig umfassten Anspruch in § 241 Abs. 2 BGB begründet.

Danach kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt ihren Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teiles verpflichten.

§ 241 Abs. 2 BGB begründet eine vertragliche Nebenpflicht, die früher im Rahme der positiven Forderungsverletzung regelmäßig diskutiert und auch anerkannt wurde.

Bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsgüter beider Vertragspartner, kann eine Auskunftsanspruch gegenüber der beklagten nicht begründet werden.

Ein Auskunftsanspruch gegenüber der Beklagten wäre gegeben, wenn das Interesse des Klägers hieran so groß wäre im Hinblick auf seine Rechtsgüter, so dass - für die Beklagte als Vertragspartnerin erkennbar - die Durchführung des Vertrages wesentlich hiervon mit abhinge.

Gerade an einer solchen eindeutigen Interessenlage zu Gunsten des Klägers fehlt es hier jedoch.

Daran ändert auch nichts die insbesondere im Jahre 2003 und 2004 entwickelte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage der Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten.

In seinen jüngsten Entscheidungen zu diesen Fragestellungen hat sich der Bundesgerichtshof nicht ausdrücklich zu einer etwaigen Auskunftspflicht des Autovermieters geäußert.

Aus dem Sinnzusammenhang dieser Entscheidungen wird seitens des Gerichts kein Auskunftsanspruch selbst begründet, ausgehend von dem seit bereits in den 1970´er Jahren entwickelten Grundsatz, dass nur die erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen seien. Erforderlich seien jedoch nur solche Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten dürfe.

Im Allgemeinen hält der BGH unter bestimmten Voraussetzungen auch den so genannten ?Unfall-Ersatztarif? für erstattungsfähig. In den seit Mai 2003 hierzu entwickelten Entscheidungen werden die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Mietwagenkosten näher umrissen.

Nicht stets sei der zur Wiederherstellung erforderliche ?Geldbetrag? gleichzusetzen mit dem ?Unfallersatztarif?. Vielmehr sei dieser nur dann zu ersetzen, inwieweit gerade auch im Hinblick auf diesen höheren Tarif eine Erforderlichkeit gegeben sei.

Dies sei jedoch nur insoweit der Fall ...?, als die Besonderheiten dieses Tarifes mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalles mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u. ä.) einen gegenüber dem ?Normaltarif? höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.? (BGH VersR 2005 Heft 12, Seite 568 ff., 850 f., insbesondere 568, 570, 850).

Anknüpfungspunkt könne nur ein so genannter ?Normaltarif? sein. Der Unfallersatztarif müsse gegenüber dem so genannten Normaltarif erforderlich sein, wobei der Tatrichter auf Grund des Vortrages des Geschädigten, gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen, gemäß § 287 Abs. 1 ZPO die Erforderlichkeit zu schätzen habe.

Auf welche Weise der Geschädigte die Erforderlichkeit des Unfallwagenersatztarifes zu prüfen hat im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht , konkretisiert der Bundesgerichtshof gegenüber der im Versicherungsheft 2005 in den Ss. 569 und 570 zitierten Entscheidung vom 15.02.2005 in seiner Entscheidung vom 19.04.2005 (vgl. VersR 2005, Seite 850, 851, näher 851).

Im Schwerpunkt hat der Geschädigte - ausdrücklich im zumutbaren Umfange - Alternativ-Angebote einzuholen. Insbesondere hat er, so die zuletzt zitierte Entscheidung, unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen in seiner Lage im zeitlich und örtlich relevanten Markt nach einem günstigen Tarif Ausschau zu halten.

Die Rechtfertigung dieses Erfordernisses ergebe sich aus der nunmehr sich entwickelnden alternativen Tendenz seitens der Mietwagenunternehmen, nicht nur Mietwagen zum Unfallersatztarif anzubieten.

Der BGH hat hingegen in keiner der zitierten Entscheidungen Direkt-Erkundungen bei dem Mietwagenunternehmen gefordert.

Das Gericht vermag aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes keine Verpflichtungen des Geschädigten, Auskünfte der Autovermieter über deren Kalkulationsgrundlage herbeizuführen und im Gegenzug auch keine Verpflichtung der Autovermieter auf Erteilung solcher Auskünfte herzuleiten.

Wenngleich der BGH in seiner Entscheidung vom 15.02.2005 (VersR 2005 Seite 568, 569, insbesondere 568) darauf hinweist, dass ein höherer Tarif deswegen gerechtfertigt sein könne, da er darauf beruhen könne, dass diese auf besondere Leistungen des Vermieters zurückzuführen seien, ist nach Auffassung des Gerichts dies nur eine unter mehreren Möglichkeiten der Rechtfertigung für das Erfordernis eines Unfallwagen-Ersatztarifes in der Art, dass bereits aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Mietwagenunternehmen heraus selbst erkennbar ist, welche die Mehrleistungen des Vermieters sein sollen.

Sofern aus dem Mietverhältnis heraus eine solche Mehrleistung nicht erkennbar ist, kann auch hiermit eine Miete nach dem Unfallwagen-Ersatztarif nicht als Schadensersatz gefordert werden, was jedoch nicht bedeutet, dass andere, vorgenannte Gründe, dies rechtfertigen könnten.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass auch im Licht der neuesten Rechsprechung des BGH eine eindeutige Güterabwägung im Bereich der Nebenpflichten nach § 242, 241 Abs. 2 BGB nicht dazu führt, dass eine Auskunftspflicht über die Kalkulation der Unfallwagen-Ersatztarife besteht.

Das Gericht sieht auch keinen, auf irgendeinen bestimmten Sachverhalt konkretisierten Auskunftsanspruch im Hinblick auf die im Rahmen der bestehenden Nebenpflichten vorzunehmenden Güterabwägungen beider Parteien im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB.

Die Frage der Erforderlichkeit des Unfallwagen-Ersatztarifes an und für sich begründet sonach keine Verpflichtung des Vermieters, mithin hier der Beklagten, eine solche Auskunft zu erteilen.

Eine hauptvertragliche Pflicht besteht darüber hinaus seinerseits nicht und wurde auch nicht von dem Kläger in diesem Rechtsstreit vorgetragen.

Insoweit schließt sich das Gericht im Ergebnis der Auffassung des Amtsgerichtes Chemnitz in seiner Entscheidung vom 12.05.2005 - Az.: 21 C 5078/04 - an.

Auch das Amtsgericht Meiningen gelangte in seiner Entscheidung vom 22.07.2005 unter dem Az.: 21 C 146/05 zu diesem Ergebnis.

Das Gericht stimmt der dortigen Auffassung zu, dass ein zur Beweisführung erforderliches Sachverständigengutachten auch nicht dazu führen darf, die Kalkulationsgrundlagen von Mietwagenunternehmen vollständig zu überprüfen.

Sofern das Gericht einen Sachverständigen einschaltet, um eine Schätzung nach § 287 ZPO vorzunehmen, darf dies, auch unter Berücksichtigung des Vorgenannten, nur dazu führen, dass der Sachverständige die Kalkulationsgrundlagen des Mietwagenunternehmens allenfalls seinerseits zu schätzen hat.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass ein Auskunftsanspruch, wie hier begehrt, nicht besteht.

Die Klage war somit - wie geschehen - abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 3 ZPO.

Nach den Grundsätzen der Schätzung des Streitwertes anhand der Bedeutung der Sache war auszugehen von dem angegebenen wirtschaftlichen Wert von 1.380,94 EUR.

Da hier - in der Vorstufe zur Durchsetzung des Zahlungsanspruches gegenüber der Unfallgegnerin - lediglich Auskunft begehrt wurde, war für diesen Auskunftsanspruch ein Bruchteil des darauf aufbauenden Zahlungsanspruches als Streitgegenstand anzusehen, der hier mit ½ aus 1.380,94 EUR gesehen wird.

Hauger
Richter am Amtsgericht

RechtsgebietBGBVorschriften§ 241 Abs. 2 BGB § 242 BGB

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